Protocol of the Session on February 20, 2020

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU hat gute Innenpolitiker.

[Zuruf von der AfD: Hatte!]

Ich sehe jetzt gerade keinen, aber Sie haben welche. Ich würde daher vorschlagen, dass Sie sich künftig auch mit diesen Kollegen absprechen, bevor Sie solche Vorschläge machen.

[Beifall von Paul Fresdorf (FDP) – Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Wir haben gerade gehört, und insofern hatte ich mir in der Tat von Ihrer Zwischenintervention etwas mehr erhofft. – Da fragt jemand zwischen.

Vielen Dank, dass Sie mich darauf aufmerksam machen! – Der Kollege Zeelen hätte eine Zwischenfrage.

Sehr gerne!

Bitte schön!

Herr Luthe! Ich hatte die Hoffnung, dass Sie den Antrag gelesen haben. Aber schon im ersten Satz merkt man, dass das nicht der Fall ist. Der Kollege Trapp und der Kollege Dregger stehen als Mitunterzeichner drunter. Ich denke nicht, dass Sie die Kollegen gerade als nichterfahrene Innenpolitiker bezeichnet haben, oder?

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Zum einen, lieber Kollege Zeelen, habe ich von guten Innenpolitikern gesprochen.

[Heiterkeit bei der AfD – Zuruf von der CDU]

Zum Zweiten bedeutet das im Übrigen auch, dass die Anträge bzw. jeder Antrag inhaltlich so abgestimmt ist, dass er in der Tat auch das Innenpolitische mitdenkt, und das kann ich – da ist nicht die Frage, wer den Antrag geschrieben hat – an Ihrem Antrag nicht sehen.

(Tim-Christopher Zeelen)

Zurück zu Ihrer Zwischenfrage, die Sie gestellt haben, in die ich große Hoffnung gesetzt hatte. Die Frage, wie viele Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz tatsächlich in dieser Stadt festgestellt werden, ist keine, die bemessen kann, wie erfolgreich oder nicht erfolgreich eine Drogenpolitik ist, sondern das ist zunächst mal eine, wie auffällig oder unauffällig Dealer sind und wie intensiv auch die Polizei in der Lage ist, zu kontrollieren und zu verfolgen. Das ist in der Tat, wie richtigerweise gesagt wurde, eine Frage der Repression. Meines Erachtens, und das hätte ich gerade von Ihnen als Gesundheitspolitiker erwartet, muss man auf eine andere Zahl abstellen, nämlich auf die Zahl der BtM-, insbesondere Cannabis-induzierten Psychosen, die an den Berliner Kliniken behandelt werden. Diese Zahl hat sich seit 2011 – ich habe sie kürzlich noch einmal abgefragt – beispielsweise bei Cannabis verdoppelt.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Herbert Mohr (AfD)]

Sie haben auch das große Problemfeld – leider taucht auch dazu nichts in dem Antrag oder in der Begründung auf – der Cannabinoidmimetika übersehen und weggelassen. Sie haben eben nicht mehr denselben Inhaltsstoff wie vor 30, 40 Jahren, sondern sie haben eine Vielzahl von Zusätzen, die schlichtweg – in Anführungszeichen – da nicht reingehören, ungeachtet der Frage, ob das Produkt überhaupt in den Menschen gehört. Es sind aber viele Dinge dabei, die schlichtweg da nicht reingehören. Das kurz zum Cannabis, aber auch zu allen anderen Betäubungsmitteln.

Wenn Sie sich dann allerdings auch innenpolitisch entsprechend abgestimmt hätten, dann wüssten Sie, dass wir nun mal schlichtweg gar keine Personalkapazitäten haben, um das, was Sie hier vorschlagen, auch nur ansatzweise abzudecken. Sie können nicht ungeachtet der Frage, ob es notwendig ist – ich halte es in der Tat auch für notwendig in so einem Fall –, hinter einen aufsuchenden Sozialarbeiter zwei Polizeibeamte stellen, denn die haben wir nicht. Die haben wir deshalb nicht, weil dieser Senat in der Innenpolitik von vorne bis hinten versagt und wir nach wie vor einen eklatanten Krankenstand bei der Berliner Polizei haben.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Das ändert nichts daran, dass die rot-rot-grüne Drogenpolitik aus meiner Überzeugung, auch aus innenpolitischer Sicht gescheitert ist. Das sehen Sie an der Zahl der vielen Krankheitsfälle. Das sehen Sie vor allem daran, dass organisierte Kriminalität, die sich aus diesen Bereichen finanziert, in dieser Stadt blüht. Damit können wir alle nicht zufrieden sein, und ich denke, das sind wir auch nicht.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

Die Frage ist, welcher Weg besser ist als der, der hier von Rot-Rot-Grün beschritten wird, der sich also in der Erhöhung der Psychosen äußert. Es gibt sicherlich bessere

Wege. Es ist im Übrigen, das hat mich sehr überrascht, Portugal als Modell auch von Ihnen angesprochen worden. Ich habe durchaus Sympathien insbesondere dafür, Ressourcen dafür zu gewinnen, die Dealer zu verfolgen, die finanziellen Strukturen hinter der organisierten Kriminalität zu verfolgen und eben nicht den Drogensüchtigen gleichzeitig noch zum Kriminellen zu machen, sondern ihm tatsächlich Beratung anzubieten und diese auch verpflichtend zu machen. Das ist Kern des portugiesischen Modells. Den halte ich grundsätzlich für sehr sympathisch.

[Beifall bei der FDP]

Wie das aber im Einzelnen umgesetzt wird, müssen wir beraten. Ich bin gerade mit meinem Kollegen Kluckert in einer sehr intensiven Abstimmung, was wir dazu beraten und vorschlagen werden. Aber bis dahin können wir zumindest eines feststellen: Der Vorschlag der CDU hat so viele Lücken, dass wir ihm keinesfalls zustimmen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Lux das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fakt ist: Drogen sind gefährlich. Der übermäßige Konsum von Drogen kann zu schweren Schäden führen bei einem selbst, aber auch bei den Mitbetroffenen im familiennahen Umfeld. Deswegen ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass man lieber die Finger davon lässt. Fakt ist aber auch, dass die meisten Menschen es nicht schaffen, frei von jedem Rausch, frei von Drogen zu leben. Die Volksdroge Nr. 1 ist der Alkohol. Übrigens sinkt da der Konsum. Herr Kollege Zeelen hatte gefragt, wie der steigende Drogenkonsum, wie unsere Auffassung sich dazu entwickelt. Nun ja, bei der Volksdroge Nr. 1, dem Bier, beklagen die deutschen Brauereien gerade, dass die Deutschen 2 Millionen Hektoliter Bier weniger getrunken haben im letzten Jahr. Ob das jetzt der Erfolg einer Politik ist oder eher die gesellschaftliche Entwicklung von mündigen Bürgerinnen und Bürgern, ich würde eher das Zweite sagen, denn die Menschen in diesem Land sind mündig. Sie sind mündig, selbst zu entscheiden, was für Stoffe sie zu sich nehmen, aber sie müssen auch aufklärt werden, und man muss ihnen auch sagen, dass bestimmte Verhaltensweisen schädlich sein können.

Übrigens tut das der Gesetzgeber, und in der Zeit ist die Union hängengeblieben, denn wer Drogen nimmt, begeht ein schweres Vergehen. Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe steht auf den Besitz von Drogen, auf den Handel mit Drogen. Auf das Geben von Drogen an Minderjährige

(Marcel Luthe)

steht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Das sind Verbrechen. In dieser Situation werden Drogenkonsumentinnen und -konsumenten, Personen, die sich Drogen beschaffen und besitzen, wie Schwerstkriminelle behandelt. Unsere Gefängnisse sind voll mit Menschen, die nichts anderes gemacht haben, als Drogen zu besitzen.

In dieser Gemengelage macht sich nun eine zusätzliche Fraktion auf zu sagen: Na ja, Kriminalisierung, das kann nicht alles sein. – Das begrüße ich ausdrücklich. Ich begrüße ausdrücklich, dass Sie, Herr Zeelen, der erste Abgeordnete der CDU-Fraktion in diesem Berliner Abgeordnetenhaus sind, der den Lügen straft, der ständig sagt: Kriminalisieren, wegschließen, null Toleranz, jeden Dealer hopsnehmen, jeden Konsumenten bestrafen. Das war die Linie Ihrer Fraktion, und ich bin sehr froh, dass Sie hier einen Antrag einbringen, der zumindest ein bisschen, ein Fünkchen eine andere Perspektive aufweist.

Herr Kollege Lux! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe?

Gleich! – Sie sehen, ich bin anscheinend der Einzige, der das Optimistische, das Positive in Ihrem Antrag sieht.

[Danny Freymark (CDU): Danke!]

Wenn ich Ihre Fraktion so höre, und da so klingen lasse, was Ihre Kollegen im Innenausschuss so raushauen, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass das ein Antrag der CDU-Fraktion ist. Aber ich finde, man sollte das Gemeinsame suchen. Wir sehen gemeinsam, dass es sinnvoll ist, dass wir mit sozialer Beratung, mit Beziehungsaufbau, mit Therapie, mit sozialer Arbeit, die massiv gestärkt worden ist von Rot-Rot-Grün – auch das muss man dazu sagen –, schädlichem Drogenkonsum etwas entgegengehalten haben. Deswegen wäre es auch sinnvoll, wenn Sie sich schon gemeinsam mit uns auf den Weg machen, hier auch anerkennen, dass es dieser Senat war, der etwa 2,5 Millionen Euro zusätzlich für Drogenkonsumräume bereitgestellt hat, dass es der Senat war, der 200 000 Euro zusätzlich für die Prävention im Bereich des DrugCheckings zur Verfügung gestellt hat, dass es der GrüneBezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist, der dieses Jahr ein Gesundheits- und Sozialzentrum für Alkohol- und Heroinabhängige am Kottbusser Tor mit Beratung, Drogenkonsumraum und Notübernachtungsmöglichkeiten einrichten wird, dass sich der Verein Fixpunkt stärker engagieren wird im Bereich der Drogenhilfe, dass die Senatsgesundheitsverwaltung das Angebot von Drogenkonsumräumen ausbauen wird, sodass es zukünftig perspektivisch acht in der Stadt geben soll.

All das sind doch Leistungen, die man anerkennen muss und die auch dazu geeignet sind, schädlichen Drogenkon

sum und dessen Folgen in Berlin zu minimieren. Wir müssen uns gemeinsam die Frage stellen: Wer sucht denn Beratung auf? – Sind es nicht diejenigen, die wirklich keine andere Hilfe mehr finden; diejenigen, die sich auch vor der Abschreckung des Gesetzes, das es unter schwere Strafe stellt, aufmachen, Beratung zu suchen? Und müssen wir nicht froh sein über jede Person, die sich aktiv in die Beratung begibt? Und warum, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von der CDU-Fraktion, die angefangen hat, darüber nachzudenken, wollen wir nach wie vor, dass diese Menschen wie schwere Straftäter behandelt werden? Gerade die, die sich aufmachen und Sozialarbeiter besuchen, vielleicht aber ein paar Drogen in der Tasche haben, gerade die begeben sich doch in die Gefahr der Strafbarkeit. Dazu hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen oder bin ein bisschen der Hoffnung, dass wir gemeinsam dafür streiten, dass die Menschen in diesem Land aufgeklärt sind, sie selber entscheiden können, was sie nehmen und was nicht, dass, wenn es ein schädliches Verhalten gibt, sie dann auch die Hilfe bekommen. Dafür muss vor allen Dingen der Drogenkonsum entkriminalisiert werden. – Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung sowie an den Hauptausschuss. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 30

Berufliche Perspektiven für Integrationslots*innen – Qualifizierung durch die Verwaltungsakademie

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 12. Februar 2020 Drucksache 18/2482

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2288

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke, und hier der Kollege Taş. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Integrationslotsinnen und Integrationslotsen sind ein echtes Erfolgsmodell. Sie leisten

(Benedikt Lux)

einen unermesslich großen Beitrag zum interkulturellen Zusammenhalt der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in unserer Stadt. Sie begleiten Menschen bei Amtsterminen, erklären Rechtswege und -strukturen, vermitteln an helfende Stellen, dienen als Kultur- und Sprachmittler. Es ist unbestritten, dass ihrem tagtäglichen Einsatz ein großer Stellenwert für das gesellschaftliche Zusammenleben in unserer Stadt zu bemessen ist.