Protocol of the Session on January 16, 2020

Sie können gern so weitermachen, aber wir als Rot-RotGrün haben uns entschieden und sind dafür auch gewählt worden, für die Menschen, für die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt einzutreten, und das tun wir auch gern weiterhin, und nach dieser Rederunde übrigens mit noch mehr Überzeugung als vorher schon.

[Zurufe von der AfD]

Sie können gern Kritik am Mietendeckel äußern, man kann gern auch am Modell, an bestimmten Dingen Kritik äußern. Es ist nicht alles perfekt, das stimmt auch. Aber, entschuldigen Sie mal bitte, dass es den Mietendeckel, wie gesagt, geben muss, das ist Ihre Verantwortung, daran sind Sie schuld, und deswegen sollten Sie sich die Mühe machen, mal zu überlegen, wie ein Mietendeckel aus der CDU-Sicht, aus der konservativen Sicht hier in der Stadt aussehen könnte, denn auch Ihre Wählerinnen und Wähler wissen oft nicht mehr, wie sie die Miete bezahlen sollen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Dass Sie sich jetzt auch noch erdreisten und den Leuten da draußen erklären, dass Sie jetzt die Modernisierungsumlage, die durch den Bund verursacht wird, zeitlich beschränken wollen, ja, das ist wirklich extrem dreist. Sie sagen nämlich, dass nach der Bezahlung der Modernisierung die Umlage wieder entfallen soll, verschweigen aber gleichzeitig, dass weiterhin durch das Bundesmietrecht normale Mietsteigerungen, Mieterhöhungen durch den Vermieter in den 12 Jahren ausgesprochen werden, bis das amortisiert ist, und deswegen die Miete wahrscheinlich sogar schon weit obendrüber ist. Das ist kein Angebot für die Leute. Sorry, das ist wirklich Schaumschlägerei und bringt den Menschen gar nichts. Im Gegenteil!

Wir hätten uns gern länger Zeit genommen, um an einem perfekten Modell für den Mietendeckel zu arbeiten, aber geben Sie es doch zu: Der Punkt ist, dass wir einen so großen Handlungsdruck haben, das schnell hinzubekommen, weil es eben die vielen Mieterhöhungen gab, die ausgesprochen wurden – gerade von Verbänden, die Sie hier vertreten.

[Christian Gräff (CDU): Was?]

Na, Haus und Grund zum Beispiel! Ich helfe Ihnen gern, Herr Gräff! – Aber natürlich wäre es auch besser, wenn wir mit dem Mietendeckel für jeden Mieter und auch Vermieter Einzelfallgerechtigkeit schaffen würden. Das würden wir uns auch wünschen. Es ist aber nun mal leider so, dass das öffentliche Preisrecht das nicht ermöglicht. Wir können nun mal nicht den einen Vermieter anders behandeln als den anderen. Und deswegen haben wir ja in den Mietendeckel eben die Atmung reingeschrieben. Wir haben ja gesagt, wir wollen einen Inflationsausgleich, gerade für die Mietverhältnisse, die weit unten sind. Wir wollen den Vermietern das zugestehen, genauso übrigens auch, Herr Förster, Sie haben gerade einen Fall genannt, da wird es ganz klar sein, dass es da eine Härtefallregelung geben wird. Es ist doch logisch, dass wir, das steht übrigens auch im Gesetz, wenn Sie das mal ordentlich gelesen hätten, die Leute nicht bankrott gehen lassen können, sondern dass wir auch für eine ordentliche Bewirtschaftung sorgen müssen. Und übrigens hätten wir die Genossenschaften auch ausnehmen können, liebe CDU, wenn Helmut Kohl nicht Anfang der Neunzigerjahre

[Lachen bei der CDU]

die Wohngemeinnützigkeit auf Bundesebene abgeschafft hätte und keinerlei Hilfesystem für die Leute geschaffen hat.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Entschuldigen Sie mal, so weit sollten Sie sich schon mal damit beschäftigen. Und dass hier gerade auch von der FDP oder von anderen die mögliche Mietabsenkung kritisiert wird, dass das irgendwie skandalös sei, dass überhöhte Mieten abgesenkt werden können – entschuldigen Sie mal bitte, überhöhte Mieten genießen keinen Rechtsschutz, die genießen keinen Bestandsschutz. Deswegen ist es natürlich unsere Pflicht, dass wir überhöhte Mieten absenken. Entschuldigen Sie mal, öffentliches Preisrecht soll fair sein und nicht auch noch die belohnen, die ordentlich zugelangt haben die letzten Jahre.

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Brinker von der AfD-Fraktion zulassen.

(Katrin Schmidberger)

Vielen Dank! – Ich habe auch nicht mehr viel Zeit. Ich möchte jetzt am Schluss noch mal die Zeit nutzen, um darzulegen, dass wir natürlich jetzt auch viele Änderungen in den Mietendeckel, in das Gesetz einarbeiten. Das werden vor allem Änderungen sein, die formalrechtlicher Natur sind, um eben die Rechtssicherheit zu erhöhen, um den öffentlichen Charakter des Gesetzes zu verbessern. Wir haben auch noch einige Umgehungstatbestände gefunden, die wir unter den Deckel stellen werden, genauso wie wir übrigens das Mietkataster angehen werden. Herr Gräff! Auch da erzählen Sie wieder nicht, wie die Faktenlage wirklich ist. Das Bundesmietrecht sieht eine Mietpreisdatenbank vor. Es ist also möglich; wenn wir uns bald auf den Weg begeben und ein neues Gesetz für ein Mietenkataster erarbeiten, dann werden wir die Vermieter verpflichten, die Miethöhen zu melden. Und dann werden wir aus dieser Miethöhensammlung ein Regelwerk schaffen können, das übrigens nach BGB gilt nach dem Mietendeckel, und es ist sichergestellt, dass wir eine ortsübliche Vergleichsmiete haben und dass die Leute vor überhöhten Mieterhöhungsverlangen geschützt sind.

Ganz zum Schluss möchte ich noch sagen, es wird uns immer vorgeworfen, dass wir als Koalition die Situation der Leute verschlechtern würden, weil wir jetzt eine Rechtsunsicherheit schaffen. Dazu möchte ich noch mal sagen: Wir haben von Anfang an als Rot-Rot-Grün gesagt, dass wir Neuland betreten. Es wäre unseriös, den Leuten zu erzählen, dass der Mietendeckel hundertprozentig funktioniert. Ich finde, seriöse und verantwortungsvolle Regierungspolitik liegt eben darin, dass wir den Leuten da auch die Wahrheit sagen. Deswegen werden wir uns mit den Menschen auf den Weg begeben, deswegen werden wir die Mieterberatung ausbauen, deswegen müssen wir uns ums Personal kümmern.

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Das können Sie alles gern fordern. – Ein letzter Satz. Sie können gerne die Menschen dem Markt allein überlassen, das können Sie gerne weiterhin so tun. Aber wir werden da unserer Verantwortung gerecht werden.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Den Vorabüberweisungen hat das Haus bereits in seiner Sitzung am 12. Dezember 2019 zugestimmt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6:

Gesetzesänderung: Gleichstellung auch für Richterinnen und Richter

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2358

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung des Gesetzesantrags. In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Frau Dr. JasperWinter hat das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste aus der Richterinnenschaft! Ich freue mich auch, dass Frau Becker, betroffene Frauenbeauftragte, heute hier die Debatte mitverfolgt.

Zunächst möchte ich im Namen der FDP-Fraktion darum bitten, dass die zuständige Senatorin Kalayci anwesend ist.

Dann warten wir einen Moment. Wir halten die Redezeit an. – Ich sehe Frau Senatorin Kalayci gerade kommen. Dann fahren Sie fort!

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Linken und Grünen heißt es:

Die Koalition wird sich dafür einsetzen, dass Frauen und Männer in allen Beschäftigungsbereichen und auf allen Ebenen gleichberechtigte Chancen haben.

Berlin hat in der Tat eines der fortschrittlichsten Gleichstellungsgesetze in ganz Deutschland. Doch was ist das Papier wert, auf dem es steht, wenn es jetzt in der Realität nicht für mehr Gleichstellung sorgt? Gerade die Frauenbeauftragten sind entscheidend dabei, dass Frauen angemessen bei Beförderungsrunden berücksichtigt werden. Sie sorgen für dringend notwendiges Empowerment beim Aufstieg von Frauen in Führungspositionen, und sie tragen dazu bei, dass eigene Leistung beim persönlichen Vorankommen entscheidend ist und nicht das Geschlecht. Die Frauenbeauftragten erkennen zudem strukturelle Hürden, die den Aufstieg verhindern. Und gerade bei den Berliner Richterinnen will der rot-rot-grüne Senat auf dieses Empowerment verzichten und setzt alles daran, dass die Richterinnen nicht die gleichen Chancen und Rechte haben wie alle anderen weiblichen Beschäftigten im Berliner Landesdienst.

[Paul Fresdorf (FDP): Unerhört!]

Wie glaubwürdig ist ein Senat, der einerseits gleichberechtigte Chancen für Frauen fordert und andererseits

aktiv gegen die Gleichstellung von Richterinnen vor Gericht vorgeht?

[Beifall bei der FDP]

Wir müssen feststellen, gerade bei den Berliner Richterinnen, dass eine repräsentative Vertretung der Frauen in hohen Positionen noch lange nicht erreicht ist. Wir haben zwar 55 Prozent aller Richterstellen durch Frauen besetzt, doch gerade mal 37 Prozent in den hohen Ebenen ab Besoldungsgruppe R3. Offensichtlich braucht es hier mehr Engagement. Und da scheitert der Senat schon bei der gesetzlichen Grundlage. Noch schlimmer: Der Senator für Antidiskriminierung bekämpfte vor dem Oberverwaltungsgericht die Gesamtfrauenvertreterin der Justiz und entzog ihr die Arbeitsgrundlage. Wie absurd ist das denn?

[Beifall bei der FDP]

Was bleibt, ist die gläserne Decke der Frauen in der Richterschaft. Die Ursachen liegen hier auch in der Teilzeit, von der Frauen öfter betroffen sind. Viele der hochqualifizierten jungen Frauen entscheiden sich für eine Karriere als Richterin wegen der Möglichkeit, auch flexibel zu arbeiten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist besser möglich als z. B. in einer Großkanzlei. Wenn aber die Teilzeitarbeit zum Nachteil bei der Beförderung wird, können die Gesamtfrauenvertreterinnen und überhaupt die Frauenvertreterinnen helfen. Das einzige Kriterium für den Aufstieg darf doch nur die Leistung sein und nicht der Familienstand.

[Beifall bei der FDP]

Die Situation heute ist aber: Durch den Rechtsstreit des grünen Senators für Antidiskriminierung haben alle Richterinnen in Berlin seit Dezember keine Frauenbeauftragte mehr. Das heißt, jede Mitarbeiterin der Justiz, von der Schließerin über die Geschäftsstelle bis zur Staatsanwältin, kann sich an die Frauenvertreterin wenden, nur die Richterinnen nicht. Das ist nicht nur unfair, sondern verstößt auch gegen Artikel 3 Grundgesetz. Hochnotpeinlich, Herr Justizsenator!

[Beifall bei der FDP – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Kleiner geht es nicht, Frau Jasper-Winter?]

Jetzt komme ich zur zuständigen Senatorin, Frau Kalayci. Von Ihnen als Senatorin für Gleichstellung hätte ich erwartet, dass Sie das Gesetz unmittelbar anpassen, wenn es da Unklarheiten gibt, damit die Richterinnen keinen einzigen Tag ohne Frauenbeauftragte dastehen müssen. Stattdessen legen Sie die Hände in den Schoß. Wieso übernehmen Sie als zuständige Senatorin keine Verantwortung und beheben diese Ungleichbehandlung? Zudem wissen Sie doch nur zu genau, dass die Richterinnen für die nächsten vier Jahre keine Frauenvertretung erhalten, wenn keine rechtliche Grundlage unmittelbar geschaffen wird. Denn in diesem Jahr, 2020, stehen die Neuwahlen der Frauenvertretung an, bei denen die Richterinnen, Stand heute, keine aktive oder passive Wahlberechtigung

haben. Manche argumentieren, dass die Gleichstellung der Richterinnen in die Reform des Richtergesetzes einbezogen werden sollte. Das macht systematisch nicht nur keinen Sinn, es würde auch viel zu lange dauern. Es heißt, dass der Justizsenator wahrscheinlich mindestens noch anderthalb Jahre plant, um das Richtergesetz zu reformieren.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Sie legen noch nicht mal einen hinreichenden Antrag vor!]

Diese Zeit haben die Richterinnen nicht, auf einen grünen Justizsenator zu warten, dem das Thema offenkundig gar nicht am Herzen liegt.

[Beifall bei der FDP]

Ein Justizsenator, der fast täglich von Antidiskriminierung spricht, im Handeln aber schon bei den einfachsten Grundlagen versagt, der gegen Frauenvertretung sogar juristisch vorgeht, der offenbart die eigene Unglaubwürdigkeit.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Was für ein Schwachsinn!]

Meine Damen und Herren von Rot-Rot-Grün! Sie können jetzt bei der Beratung des Antrags zeigen, worum es Ihnen bei dem Thema wirklich geht.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Ja, wir werden Ihren Antrag verbessern! Das hat er dringend nötig!]