Dem Bürger wird scheibchenweise die Bereitschaft zur völligen Aufgabe seiner bisherigen Gewohnheiten abgezwungen. Willkommen im Umerziehungslager Berlin! Das alles lehnen wir kategorisch ab – ebenso wie diesen Haushaltsentwurf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir setzen im Verkehrshaushalt die Priorität beim Umweltverbund, wie wir es im Mobilitätsgesetz festgeschrieben haben. Immerhin steigt der Verkehrsanteil inklusive Tiefbau um 250 Millionen Euro. Wir sichern damit Mobilität für alle, unabhängig davon, ob ein Auto zur Verfügung steht oder nicht oder körperliche Einschränkungen bestehen. Dieser Haushalt sichert die Umsetzung der Festlegungen aus dem Koalitionsvertrag, dem Mobilitätsgesetz und dem Nahverkehrsplan „i2030“ sowie des künftigen Verkehrsvertrags mit der BVG. Damit wird der ÖPNV deutlich
ausgebaut, gerade durch verbesserte Angebote im Außenbereich. Somit gibt es attraktivere Angebote, um vom Auto zum Umweltverbund umzusteigen, und damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag für den Klimaschutz.
Wir haben die ÖPNV-Tarife gesenkt und attraktiver gemacht, unter anderem auch mit dem Jobticket. Wir erneuern den gesamten Fuhrpark des ÖPNV – Straßenbahn, Busse –, ja, und wir stellen auch die Busse auf E-Busse um. 1 500 U-Bahnwagen werden bestellt. Die kosten 3 Milliarden Euro, die wir investieren. Eine Investition in der Größenordnung gab es bisher noch gar nicht. Eine ähnliche Summe setzen wir für die 1 300 S-Bahnwagen ein, die dann im Landesbesitz sein werden. Und wir investieren in die Infrastruktur. Wir bauen nach dem Koalitionsvertrag Straßenbahnstrecken aus. Wir sanieren bestehende U-Bahnhöfe und -tunnel. Immerhin investieren wir da auch 1,5 Milliarden Euro. Ohne die Sanierung der U-Bahn nutzt das ja auch nichts, wenn ich da ein Stück erweitere.
weil die Planungen schneller gehen und die Umsetzung leichter ist und weil es natürlich viel günstiger ist. Wir müssen effektiv schnell Infrastruktur schaffen, und das geht eben gerade nicht mit der U-Bahn. Da brauchen wir viel zu lange. Überlegen Sie mal, wie lange die U5 gedauert hat! 30 Jahre! Das ist doch unmöglich.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Warum macht ihr die Leipziger Straße kaputt?]
Wir investieren auch in die Planung des S-Bahnausbaus und die Reaktivierung von Regionalbahnstrecken. Aber, wie gesagt, die Infrastruktur steht nicht von heute auf morgen zur Verfügung. Da hätten ja vorherige Senate Grundlagen schaffen können. Herr Friederici! Sie hätten ja die U-Bahn zum Märkischen Viertel oder die U7Verlängerung schon lange in die Planung bringen können. Warum haben Sie es denn nicht gemacht?
Wir investieren natürlich auch in die Radverkehrsinfrastruktur. Immerhin gibt es da einen Anstieg von 85 Prozent. – Keine Zwischenfragen!
Nein, danke! – Mit der infraVelo haben wir inzwischen auch eine Institution, die die Planung und Umsetzung der Radverkehrsinfrastruktur voranbringen wird. Und selbstverständlich vernachlässigen wir nicht Straßen und Brücken. Auch da gibt es einen Mittelaufwuchs von immerhin 60 Prozent, die wir da mehr investieren. Im Fachausschuss haben wir noch Akzente bei der Verkehrssicherheit und hier vor allem bei der Schulwegsicherheit, der Barrierefreiheit und dem Kreuzungsumbau gesetzt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Haushalt sind wirklich viele Investitionen in die Infrastruktur vorgesehen, und die Koalition hat sich ja heute auch selbst schon genug dafür gelobt. Aber die Koalition hat diese naive Annahme: Das steht ja im Haushalt, dann wird es auch passieren. – Nun, wie wir beim letzten Haushalt sehen, stimmt das eben nicht. Das stimmt beim Radwegebau nicht, das stimmt beim Gewässerschutz nicht, das stimmt bei ÖPNV-Ausbau nicht, und das stimmt beim BEK nicht. Das müssten Sie aus dem letzten Haushalt gelernt haben: Sie müssen es eben auch umsetzen, was Sie in den Haushalt reinschreiben.
Das viele im Haushalt bereitgestellte Geld floss nicht ab. Sie haben Stellen für Planer geschaffen, diese Stellen müssen aber auch besetzt werden. Herr Ronneburg hat es ja gesagt. Aber dazu müssen Sie die Menschen, die planen, besser bezahlen, besser behandeln, ihnen flexiblere Angebote machen, denn Sie brauchen eben nicht nur Geld für Investitionen, sondern Sie brauchen auch die Menschen, die das planen und umsetzen.
Auch die Vergabeverfahren müssen vereinfacht werden. Die Verkomplizierung der Vergabeverfahren verzögert eben die Umsetzung von Maßnahmen, und deshalb müssten Sie jetzt endlich mal die unnötigen Vergaberestriktionen abschaffen.
Und wenn Sie schon eine Klimanotlage ausrufen, dann müssten sie ja eigentlich Maßnahmen ergreifen, um die Planung und Umsetzung der Maßnahmen massiv zu beschleunigen, damit überhaupt noch etwas passiert in den nächsten Jahren. Die Planungsbeschleunigung müsste jetzt eine echte Selbstverpflichtung des Senats werden.
Im Einzelplan gibt es drei Schwerpunkte, und ich beginne mal mit dem Umwelt- und Naturschutz. Der Umwelt- und Naturschutz ist ein ganz wesentliches Element für eine lebenswerte Stadt und auch für die Klimafolgenanpassung, und deshalb wollen wir als FDP-Fraktion konkrete, sinnvolle Projekte aufstocken – zum Beispiel mehr Geld für die Schiffsumrüstungen. Wir wollen auch deutlich mehr Geld, 4,5 Millionen Euro jährlich, für die Baumpflege, denn die Zahlen, die Frau Kapek genannt hat, stimmen meiner Meinung nach nicht. Die reichen nicht aus pro Baum, und deshalb wollen wir den Ansatz um 4,5 Millionen Euro erhöhen.
Wir haben uns im Naturschutz stärker auf die Bekämpfung invasiver Arten geworfen – vom Sumpfkrebs bis zur Ambrosia –, und da danke ich auch für die Zustimmung der Koalition, die hier mal einen Vorschlag von uns angenommen hat. Herzlichen Dank! Auch das ist ja mal eine gute Sache.
[Beifall bei der FDP und den GRÜNEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Daniel Buchholz (SPD): Haben wir gerne gemacht!]
Zur Gegenfinanzierung wollen wir den Kampagnenwildwuchs des Senats aber abholzen. Zu allem und jedem gibt es eine Kampagne – vom Überzeugen zum Heizen mit Holz bis zur Anleitung zum Müllsortieren in Großwohnanlagen. Die Leute ständig mit Kampagnen zu bespielen, nutzt vielleicht der Werbewirtschaft in dieser Stadt, aber nicht dem Umweltschutz.
Für uns Freie Demokraten ist der Schwerpunkt Wasserreinheit auch besonders wichtig. Wir haben immer noch Starkregenüberläufe, Abwasserüberläufe – Scheiße sozusagen – in den Landwehrkanal und in die Spree. Damit wollen wir uns nicht abfinden. Wir brauchen mehr Investitionen in Kanäle, in Regenwasserbewirtschaftung, in dezentrale Maßnahmen. Dass der Senat sich traut, uns in der roten Nummer mitzuteilen, dass die Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 mit Sicherheit nicht umgesetzt werde, das ist eine Bankrotterklärung dieses Senats. Es handelt sich um eine Rahmenrichtlinie der Europäischen Union, die umgesetzt werden muss. Da können Sie sich nicht einfach darauf zurückziehen, dass Sie es nicht schaffen. Das ist wirklich peinlich.
Zum Schwerpunkt Klimaschutz: Für uns sind neben den Klimaschutzmaßnahmen vor allem auch die Klimaanpassungsmaßnahmen wichtig. Vorsorge gegen Starkregenereignisse, Durchlüftung der Stadt, Verhinderung von Aufheizungen – das ist sinnvoll und nötig. Das BEK jedoch wollen wir kürzen, da es sich wirklich immer noch auf dem Status einer unkoordinierten und konfusen Ideensammlung befindet. Es ist kein Programm, sondern eine Ideensammlung. Für den Klimaschutz fehlt vor allem ein effizientes Monitoring. Wir müssen wissen, was die Maßnahmen bringen: Wie viel CO2 spart das? Was kostet das? Wie lange braucht es, das umzusetzen? – Da brauchen wir eine große funktionsfähige Monitoringplattform und nicht das kleine lächerliche diBEK, das wir heute haben.
Der Klimaschutz wird auch nicht durch zusätzliche Bürokratie wie Klimaschutzmanager in den Bezirken vorangebracht, sondern durch eine effiziente und priorisierte Umsetzung von Maßnahmen. Nicht darüber reden, nicht ständig verwalten, sondern einfach mal machen ist hier die Vorgabe.
Zum dritten Schwerpunkt Verkehr: Es ist natürlich richtig, auch den ÖPNV auszubauen, und natürlich hat auch die Straßenbahn ihre Berechtigung. In der verdichteten Innenstadt geht es aber eben nur mit der U-Bahn, und es geht eben nicht darum, Herr Wolf, Herr Ronneburg, was billiger ist. Es geht darum, was den größten Nutzen bringt, was das geeignete Verkehrsmittel ist.
Es zählen nicht die absoluten Kosten, es zählt das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Selbst bei der Trasse Turmstraße hat die BVG vorgerechnet, dass eine U-Bahn ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis hätte als die Straßenbahn, die dort gebaut werden soll.
Deshalb hat Herr Schopf recht, und ich wünsche ihm viel Erfolg bei seinem Kampf in der Koalition, wenn er auf der U-Bahn beharrt. Auch der Appell von Frau Dr. Nikutta für mehr U-Bahn sollte Ihnen zu Herzen gehen. Wir Freien Demokraten wollen eine Umwidmung von TramPlanung in U-Bahnplanung.
Wir wollen mutig Mittel für die U-Bahn bereitstellen. Wir müssen auch wieder den Mut entfachen, den Berlin bei dem 200-Kilometer-Plan hatte; da ist echt was zu tun.
Wir haben weitere konkrete Projekte im ÖPNV vorgeschlagen – die Station Perleberger Straße zu bauen, das Vorziehen der Stammbahnplanung –, aber wir brauchen auch Straßen in dieser Stadt, nicht nur Schienen. Wir brauchen die TVO, wir brauchen die Brommybrücke,
und die A 100 bleibt ein Dauerthema. Wir müssen die A 100 zu Ende bauen, um die Innenstadt zu entlasten, um dort Platz für andere Nutzungen zu schaffen.