Protocol of the Session on November 28, 2019

Es ist für mich heute noch einmal Anlass, Sie daran zu erinnern, nicht immer den kleinsten Konsens, Herr Regierender Bürgermeister, in der Koalition zu suchen, sondern tatsächlich den großen Wurf für die Stadt zu wagen. Ich darf Sie daran erinnern, Sie und Ihr gesamter Senat haben auf die Verfassung geschworen. Sie haben hier eine Eidesformeln geleistet in der Mitte dieses Plenarsaals. Daran will ich Sie alle noch einmal erinnern:

Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.

So heißt es in der Eidesformel des Senatorengesetzes.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Und jetzt noch mal Artikel 28!]

Diesen Grundsatz müssen Sie sich in dieser Amtszeit einmal deutlich eintätowieren, denn Sie haben ihn nach drei Jahren schlichtweg vergessen.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das ist peinlich!]

Sie haben ihn vergessen. Sie haben ihn vergessen, weil sie nicht gerecht und nicht unparteiisch an dieser Stelle arbeiten. Auch das hat Ihre Bausenatorin sehr deutlich in den letzten zwei Jahren belegt, im Übrigen ist es in vielen Interviews dieser Stadt nachzulesen.

Und es ist gerade in diesen Zeiten – gerade in diesen Zeiten! – noch einmal unsere verdammte Pflicht als Politiker, in diesen populistischen Zeiten nicht Wirtschaftsvertretern den Klassenkampf anzukündigen und ihn zu rechtfertigen, sondern eine politische Kultur des Konsenses und der Zusammenarbeit zu prägen. Das wäre unsere Aufgabe. Ich erwarte von Ihnen, Herr Regierender Bürgermeister, dass Sie dazu Stellung beziehen, denn so geht es nicht, wie sich Ihr Senat hier verhält.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Nun kann man sagen, man nimmt die Kollegen der Linksfaktion da raus, denn die haben klar für sich verstanden, dass Zwietracht und Spaltung das Konjunkturprogramm für sie sind. Nein, das können Sie ihnen nicht durchgehen lassen, das dürfen Sie ihnen nicht durchgehen lassen, auch wenn das Ihr Koalitionspartner ist.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ich darf Sie fragen, welchen Stellenwert hat unsere politische Kultur eigentlich erreicht, wenn die verantwortliche Senatorin den Mieterinnen und Mietern indirekt rät, eingesparte Mieten bis zu einer abschließenden Gerichtsentscheidung zurückzulegen? Welchen Stellenwert hat dann unserer politische Kultur erreicht?

[Steffen Zillich (LINKE): Hä?]

Der Zweck heiligt auf keinen Fall die Mittel, Frau Lompscher! Sie haben sich verrannt und sind dabei, das langsam einzusehen. Es ist gut, dass Sie das langsam einsehen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP und der CDU]

Eine solche Aussage zu tätigen, zeigt deutlich, dass Sie das, was Sie in dieser Stadt gemäß Verfassung zu verantworten haben, nämlich auch einen Rechtsfrieden herzustellen, im Augenblick nicht leisten.

[Steffen Zillich (LINKE): Ich habe den Zusammenhang nicht verstanden!]

Sie leisten diesen Rechtsfrieden in Berlin nicht und das ist verheerend.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Steffen Zillich (LINKE): Wo ist der Zusammenhang? – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Artikel 28 Absatz 2! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Deshalb fragen sich die Menschen zu Recht in unserer Stadt, sie fragen sich völlig zu Recht: Was passiert hier eigentlich?

[Steffen Zillich (LINKE): Den Zusammenhang muss er erklären!]

Was passiert eigentlich in dieser Stadt, Herr Zillich? – Merken Sie, was in dieser Stadt passiert? Merken Sie es?

[Steffen Zillich (LINKE): Erklären Sie mal, was Sie gesagt haben! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Sie richten mit Ihrer Politik in dieser Stadt einen immensen Flurschaden an für die Zukunft von Berlin,

[Steffen Zillich (LINKE): Was wollten Sie gerade sagen?]

für die Mieterinnen und Mieter von Berlin, und sorgen dafür, dass sie sich nicht gemäß der Verfassung und dem, was Sie hier als Eidesformel geleistet haben, unparteiisch für die gesamte Stadt und das Wohl in der Stadt einsetzen.

[Beifall bei der FDP]

Wer so politisch wirkt, verspielt den letzten Respekt vor genau denen, die wir am Ende alle brauchen.

[Steffen Zillich (LINKE): Ah ja!]

Er verspielt unseren Respekt vor der Demokratie und ihren Vertretern, er unterstützt sogar, nach meinem Empfinden, die indirekten Feinde unserer freien und offenen Gesellschaft.

[Udo Wolf (LINKE): Gott!]

Damit müssen Sie sich auch auseinandersetzen.

[Steffen Zillich (LINKE): Das tun wir!]

Ihr Getöse bestätigt genau das. Sie wissen, mit was für einer Fahrlässigkeit Sie in dieser Stadt spielen. Wer sich selbst als Gesetzgeber nicht an Recht und Gesetz hält – davon ist auszugehen, dass Sie das nicht tun; dazu haben die Vorredner schon viel gesagt –,

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Artikel 28 Absatz 2!]

der gefährdet genau das und trägt eine Mitschuld – Sie tragen eine Mitschuld! – an dem Klima in Berlin, am Verlust auch der letzten Hemmschwellen.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Marcel Luthe (FDP): Sehr richtig!]

Deshalb erlauben Sie mir die Frage – –

[Udo Wolf (LINKE): Wenn Sie über Hemmschwellen reden, dann wird mir ganz komisch!]

Wir reden über alles Mögliche in der Stadt, zu Recht, aber wir reden nie – nie! – über die Angriffe auf die Werte unseres Miteinanders, sondern wir schweigen das tot. Die Angriffe auf die Werte unseres Miteinanders,

[Zuruf von Carola Bluhm (LINKE)]

wenn es darum geht, dass Positionen und Meinungen in einer politischen Debatte bezogen werden.

[Steffen Zillich (LINKE): Was?]

Sie fragen jetzt: wo? – Ich erinnere an den BBU.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Ich erinnere an die vielen Initiativen und Verbände, die in dieser Stadt Meinungen und Position beziehen. Dass Sie auf Ihrem Parteitag ernsthaft eine Debatte führen, dort den Maulkorb anzulegen,

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

dass Sie ernsthaft eine Debatte darüber führen, die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften aus diesem Verband herauszunehmen, ja es tatsächlich zu empfehlen, das

zeigt, dass diejenigen, die in dieser Stadt Meinungen und Positionen vertreten, jedenfalls bei Ihnen keine offenen Türen finden, sondern Sie gesellschaftspolitisch in ganz anderen Zeiten unterwegs sind.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Darüber sollten wir viel mehr miteinander reden.