Insofern kann es Sie nicht verwundern, wenn wir hier und heute ein klares Bekenntnis von Ihnen fordern, einmal mehr,
ein Bekenntnis zu den wichtigen Leitplanken unserer Demokratie, nämlich dem deutschen Grundgesetz, der Verfassung von Berlin und der sozialen Marktwirtschaft. So traurig es ist: Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Bekenntnis einmal mehr verweigern. Man darf als guter Christ und auch als Christdemokrat die Hoffnung nie aufgeben, aber Berlin wird erkennbarerweise zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte von einem Senat regiert, dem sowohl die Grenzen der Verfassung als auch die Lehren aus der Vergangenheit egal sind.
Sie können auch gar nicht mehr umkehren, jedenfalls nicht mit dieser Koalition. Sie haben sich schon viel zu weit vorgewagt auf dem Weg vom Rechts- zum Linksstaat, um mal die geschätzte Kollegin Gennburg zu zitieren, und 30 Jahre Mauerfalljubiläum hin oder her: Sie verschließen sich den Lehren der Geschichte in jeder Hinsicht und setzen ausgerechnet in dieser Stadt, ausgerechnet hier in Berlin, auf ein System, mit dessen Folgen wir bis heute zu kämpfen haben.
Wenn wir gerade schon von Geschichte sprechen, sollten wir an der Stelle auch der Geschichte unseres Grundgesetzes ein wenig Aufmerksamkeit schenken und insbesondere der Geschichte des berühmten Artikels 15.
diejenige Passage des Grundgesetzes, auf die sich einerseits die Träger des Enteignungsvolksbegehrens und andererseits extreme Kreise der Koalition berufen, wenn es um Verstaatlichung privater Wohnungswirtschaft geht.
Es ist eine scheinbar offene Tür unseres Grundgesetzes, die eine Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft ermöglichen soll, nach den Vorstellungen der Linken, die hier ihre Enteignungsfantasien vollziehen will, eine Tür, die übrigens nur aus einem Grund in der Architektur unseres Grundgesetzes vorgesehen ist – auch das sei in dieser Geschichtsstunde erlaubt –, nämlich deshalb, damit die
damals reichlich sozialistisch veranlagten Sozialdemokraten dem Gesamtkunstwerk des Grundgesetzes überhaupt nur zustimmen konnten.
Mein Eindruck ist: Diese Kategorie von Sozialdemokraten ist bis heute nicht ausgestorben, jedenfalls nicht in Berlin.
Die Geschichte unserer Bundesrepublik Deutschland hat diese Tür des deutschen Grundgesetzes allerdings glücklicherweise längst geschlossen. Artikel 15 gilt zwar als rechtsgeschichtlich interessant, aber ist praktisch vollkommen funktionslos.
Ein bisschen Lektüre, für alle, die sich interessieren, habe ich auf meinem Tisch versammelt. Sie sollen heute auch etwas lernen.
Soziale Marktwirtschaft hat sich nicht nur durchgesetzt. Sie gilt auch verfassungsrechtlich durch das Sozialstaatsprinzip und die Eigentumsgarantie fest im Grundgesetz verankert.
Die Berliner Verfassung spricht genau deswegen eine umso deutlichere Sprache. Es ist eine jüngere Verfassung. Sie datiert aus dem Jahr 1995. Die Berlinerinnen und Berliner haben ihr mit großer Mehrheit zugestimmt.
Diese Verfassung zieht Lehren aus der Geschichte Berlins, zieht Lehren aus der Geschichte der vergangenen Jahrzehnte und schützt das Eigentum so stark wie kaum eine andere bundesdeutsche Verfassung. Insofern liegt die Verfassungswidrigkeit der Massenenteignung von Wohnraum auf der Hand,
ganz zu schweigen von allen fiskalischen Folgen – derer sind Sie sich bewusst –, von den volkswirtschaftlichen Signalwirkungen, die das hätte. Aber schon die Verfassungswidrigkeit, die rechtliche Frage, ist sehr leicht zu beantworten, allein durch den Blick in die Berliner Verfassung.
Ich frage mich allerdings – und er ist jetzt leider nicht hier –, wann immer der Innensenator aus seinem Tiefschlaf erwacht. Eigentlich müssten wir diese Fragen hier gar nicht stellen, wenn die Verfassungswidrigkeit des Volksbegehrens längst festgestellt wäre,
und das gilt für seine Verwaltung insgesamt, die seit Monaten ergebnislos dieses Volksbegehren prüft.
Meine Erwartung ist, dass der Innensenator seinen Pflichten gerecht wird und das Volksbegehren schnellstmöglich stoppt.
Ich kann Ihnen jetzt schon versprechen: Wir können uns gern wieder vor dem Verfassungsgericht streiten über die Akteneinsicht in diese Prüfungen, aber die werden wir selbstverständlich vornehmen,
um zu überprüfen, ob im Innensenat alles mit buchstäblich rechten Dingen zugeht. Sie haben allerdings heute hier im Haus die Chance, und wir fordern Sie auf: Beenden Sie den Spuk mit einem klaren Bekenntnis zur freiheitlich-demokratische Grundordnung und zur sozialen Marktwirtschaft. Fällig wäre es längst. – Vielen Dank!
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen! Verehrte Herren! Auch wenn Frau Lompscher nicht meiner Partei angehört, muss ich Ihnen aber eines ganz deutlich sagen: Wenn Sie sich hierher setzen und sie als eine Senatorin, die Verfassungsbruch vollzieht, benennen, erwarte ich eine sofortige Entschuldigung von Ihnen.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Paul Fresdorf (FDP): Sie hören gar nicht zu, oder was?]
Der erste Teil war arrogant, das habe ich eben schon gesagt, und das minutenlange Schweigen, das ist offenbar Ihr Programm von der CDU. Das war noch das Beste an Ihrer Rede.
Ich sage immer: Hochmut kommt vor dem Fall. Ich hoffe, dass viele Mieterinnen und Mieter heute genau zugehört haben, genau die, die den Mietendeckel wollen, die darauf warten und hoffen, dass auch die CDU endlich einmal entdeckt, dass vielleicht der Mietenwahnsinn gestoppt wird und dass mal fünf Jahre Ruhe ist für die Mieterinnen und Mieter. Aber Sie achten ja nicht auf Ihre Wählerinnen und Wähler, denn die sind Ihnen sowieso egal. Hauptsache, Sie bekommen hier arrogant eine Rede rüber.
Die Möglichkeit der Vergesellschaftung war und ist grundsätzlich geschützt. Da brauche ich keine Lehrstunde von Herrn Evers.