Dieser Schutz ist nicht gleich Asyl und kann daher wesentlich unbürokratischer gewährt werden. Verfolgte sollen aber Asyl bzw. Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention beantragen können. Unabhängig davon soll jedem dauerhaft der Zugang zum Arbeitsmarkt nach den Kriterien eines modernen Einwanderungsgesetzes offenstehen, was, obwohl es inzwischen überparteilich gefordert wird, immer noch fehlt. Da der Bund die Regeln für die Einwanderung und den Flüchtlingsschutz festlegt und der Bund darüber entscheidet, wer Asyl genießt und wer nicht, muss er auch die Kosten dafür tragen und darf diese Last nicht länger auf die Bundesländer abwälzen. Wer bestellt, bezahlt! Das ist ein altes Prinzip, für das Sie sich gerne diesbezüglich einsetzen dürfen.
Die Länder haben dann die Aufgabe, für ausreichend Plätze in den zentralen Aufnahmeeinrichtungen zu sorgen. Wir schlagen vor, dass die Asylverfahren in der Regel bereits in diesen Einrichtungen abgeschlossen werden sollen, und diejenigen ohne Bleibeperspektive sollen gar nicht erst in die Fläche verteilt werden, sondern vielmehr sollen sie direkt aus den Landeseinrichtungen ausreisen. Dazu gehört ein gut ausgestatteter, motivierter Personalkörper, für den Sie zu sorgen haben. Die anerkannten Asylbewerber können dann vor Ort in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wer seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, gewinnt Selbstvertrauen und ist auf dem besten Weg, in der Gesellschaft anzukommen.
Asylbewerber, die in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, sollten dies auch bitte dürfen. Dabei helfen schon in den Landeseinrichtungen standardisierte Qualifikationsabfragen, um ihre Fähigkeiten frühzeitig festzustellen. Sind die beruflichen Fähigkeiten der Flüchtlinge bekannt, kann man diejenigen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei uns bleiben werden, gezielt vermitteln.
Ein weiterer Punkt, den wir Ihnen ans Herz legen wollen, ist das Thema Sprache. Der beste Weg zu einer gelungenen Integration führt über die Sprache, daher fordern wir kostenlose Sprach- und Integrationskurse. Gerade Kindern muss die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen so früh wie möglich nach Ankunft in Deutschland ermöglicht werden. Allerdings muss die Teilnahme für den Antragsteller auch verpflichtend sein, und diese Kurse müssen in ausreichender Anzahl angeboten werden. Es ist doch ein Fall von schwachsinniger Willkür, dass die Integrationschancen eines Menschen davon abhängen, ob er einen Platz in einem Sprachkurs bekommt oder nicht.
Wir müssen auch die Ausbildung junger Flüchtlinge fördern. Wir verbauen jungen Flüchtlingen ihre Zukunft, wenn wir sie nicht ermutigen, eine Ausbildung zu absolvieren. Das sind wir Ihnen und auch unserem Land schuldig, denn sie werden die hochmotivierten Fachkräfte sein, die wir in Deutschland dringend benötigen.
Um die Ausbildungszeit erfolgreich bestehen zu können, brauchen die Flüchtlinge Sicherheit in jeder Hinsicht, deshalb dürfen sie während der Ausbildung und der folgenden 18 Monate nicht von Abschiebung bedroht sein. Betreuung und Schulbesuch müssen auch durch Inanspruchnahme von BAföG bis zum 25. Lebensjahr möglich sein. Dann muss niemand mehr aufgrund seiner Volljährigkeit seine Schulausbildung abbrechen.
Junge und unbegleitete Flüchtlinge sind nicht selten zwei Jahre unterwegs. Sie gelangen teilweise in einem Alter nach Deutschland, in dem junge Menschen nicht mehr in Schulen aufgenommen werden. Die Folge für die jungen Flüchtlinge ist, dass sie keine Chance haben, hier eine Zukunft in der Ausbildung zu erhalten. Nicht nur um der jungen Flüchtlinge willen, sondern auch, weil wir auf diese hochmotivierten jungen Menschen nicht verzichten können, brauchen wir flexiblere Beschulungskonzepte. Darüber hinaus muss dafür Sorge getragen werden, dass eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet wird, die die Bemühungen der Integration nicht damit zunichtemachen, dass Enge, mangelnde Privatsphäre und Gewalt die Flüchtlinge in die Fänge von Kriminellen oder gar Extremisten treiben.
Das sind unsere, wie ich finde, guten Ansätze. Beherzigen Sie diese, und sorgen Sie dafür, dass Sie Wort bei den Sporthallen halten, und es wird besser werden, versprochen!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Für den Senat hat jetzt Frau Senatorin Breitenbach das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben damit begonnen, die elende Lebenssituation der Geflüchteten in den Turnhallen zu beenden. Und viele dieser Menschen haben nicht seit Wochen dort gelebt, nicht seit Monaten, sondern sie haben über ein Jahr dort gelebt. Und wie elend diese Situation dort war, wurde von der Kollegin Radziwill und von der Kollegin Schubert schon berichtet.
Wer hier von einem Minimalerfolg spricht, hat nicht verstanden, dass es dabei nicht um Erfolge geht, sondern um die Lebenssituation von Menschen und ihr Elend zu beenden. Das war das Ziel.
Und wer die letzten fünf Jahre die Augen zugemacht hat, dem möchte ich es hier noch mal sagen: Diese Unterbringung ist menschenunwürdig, und es war gut, dass wir als neuer Senat uns sehr schnell dazu entschlossen haben, diese Notlage zu beenden und dem nicht länger tatenlos zuzusehen, wie es u. a. Ihre Partei gemacht hat, Frau Seibeld!
Unsere Umzugsplanung begann auf der ersten Sitzung des Senats, nachdem der Finanzsenator und ich eine entsprechende Vorlage vorgelegt haben. Zu der Umzugsplanung von Herrn Czaja, Frau Seibeld, komme ich später noch. Ich bin froh, dass es uns gelungen ist, noch im Dezember zehn Turnhallen freizuziehen und 850 Menschen den Umzug in eine Unterkunft oder in mehrere Unterkünfte – da stand eine übrigens schon mehrere Monate leer – zu ermöglichen.
Und ich hoffe sehr, dass diese Menschen hier die Ruhe, die Kraft und auch die Unterstützung finden, um sich eine Lebensperspektive in unserer Stadt aufbauen zu können.
Die Freizüge dieser zehn Turnhallen waren tatsächlich ein Kraftakt. Und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Flüchtlinge, der Sozialverwaltung, der Finanzverwaltung, der BIM, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bezirken und bei den Betreibern und die vielen Unterstützerinnen und Unterstützer haben dazu beigetragen, dass wir das überhaupt stemmen konnten. Und dafür möchte ich mich an dieser Stelle noch mal ganz herzlich bedanken!
Und ja, es bleibt ein Problem: Nicht alle Menschen, die jetzt in den Turnhallen leben, können direkt um die Ecke oder in der Nähe der Turnhalle eine neue Unterkunft beziehen. Und ja, Frau Seibeld, besonders für Kinder, aber auch für Erwachsene, die neue Freundinnen und Freunde gefunden haben, die neue Nachbarn gefunden haben, ist das bitter. Wir versuchen immer wieder – gemeinsam mit den Bezirken –, in Einzelfällen Lösungen zu finden.
Und jetzt sage ich Ihnen mal etwas zu Ihrem Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Vorab erwähne ich noch mal: Selbst ich als eine, die die letzten fünf Jahre auf der Oppositionsbank gesessen hat, weiß, dass es nicht immer einfach war, die Bezirke dafür zu begeistern, dass sie Flüchtlinge unterbringen. Das als Vorbemerkung! Nun zu SteglitzZehlendorf, und warum wir die Menschen in den Turnhallen nach Marzahn-Hellersdorf bringen: Es gibt in ihrem Bezirk keine Unterkunft.
Die Kapazitäten, von denen Sie jetzt sprechen, gibt es in Gemeinschaftsunterkünften, Betreiber ist die Gierso. Die Gierso weigert sich, weil es im Moment Streit mit Abrechnungen gibt, weiterhin irgendwelche Menschen aufzunehmen, die das LAF ihnen zuweist.
Zu den Rechnungen und Ähnlichem werde ich gleich auch noch etwas sagen. – Insofern, Frau Seibeld, habe ich, nachdem ich das aus dem Stadtteilzentrum erfahren habe, zugesagt, und zu dieser Zusage stehe ich: Wenn die Gierso bereit ist, Menschen aus den Turnhallen von Steglitz-Zehlendorf aufzunehmen, werden wir – gemeinsam mit dem Bezirk – Lösungen prüfen und finden, aber nicht immer auf dem Senat rumhauen, sondern erst mal gucken, was die Realitäten sind.
Und noch ein weiterer Satz: Hätte Ihr Senator Czaja, der offensichtlich für nichts verantwortlich war von dem, was ich jetzt gehört habe, dafür gesorgt, dass es nicht halbseidene Absprachen gibt, und hätte er dafür gesorgt, dass es vernünftige Verträge gibt, wäre heute einiges für uns und für die Geflüchteten einfacher.
Auch viele Unterstützerinnen und Unterstützer wenden sich an uns und suchen ja auch mit nach Lösungen. Es gibt viele Lösungsvorschläge. Wir werden auch alle Lösungsvorschläge prüfen, aber ich möchte an einem Punkt sagen: Die Aufrechterhaltung der Lebenssituation der Menschen in den Turnhallen ist definitiv keine Lösung. Deshalb werden wir weiter daran arbeiten, diese Turnhallen freizuziehen.
Es wurde an vielen Stellen immer wieder gesagt: Na ja, dieses und jenes hätte auch besser laufen können. – Ja, es kann immer alles besser laufen. Trotzdem bin ich froh, dass es uns gelungen ist. Wir haben jetzt bei den anstehenden Freizügen sehr eng mit den Bezirken zusammengearbeitet. Wir haben versucht, die Kommunikation insgesamt zu verbessern. Und wir haben bessere Abstimmungen herbeigeführt. Wenn wir die nächsten Turnhallen freigezogen haben, dann werden wir tatsächlich sehen, ob uns dies gelungen ist, aber ich glaube, wir sind einen ganzen Schritt weiter. Vielleicht können Sie das auch noch mal mit Ihren Bezirksbürgermeistern und Bezirksbürgermeisterinnen klären. Vielleicht kriegen wir von Ihnen dann auch eine Rückmeldung.
Wir werden in wenigen Tagen weitere Turnhallen räumen. Das sind die in Steglitz-Zehlendorf. Die Menschen werden nach Marzahn-Hellersdorf umziehen. Damit – das wurde auch schon gesagt – können sie zum ersten Mal eigene Wohnungen beziehen. Darüber bin ich sehr froh.
Wir werden im Februar weitermachen und noch Turnhallen freiziehen. Wir hoffen, dass wir die Turnhallen bis Ende März freigezogen haben. Es bleibt ein Restrisiko. Es deutet sich möglicherweise an, dass wir es nicht schaffen.