Protocol of the Session on September 26, 2019

[Lachen bei Ronald Gläser (AfD)]

Es liegt an uns, diese Verantwortung anzunehmen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Auch wenn es selbst in diesem Haus Leute gibt, die das anders sehen – aber so ist es in der Demokratie –: Die Veränderungen, die durch die Klimakatastrophe kommen, sind schon heute enorm. Der Klimanotstand ist da. Besonders deutlich wird das hier in Berlin beim Berliner Wald, und das ist ein doppeltes Problem, denn wir brauchen ihn nicht nur zur Erholung, wir brauchen ihn auch als CO2-Senke. Deshalb haben wir seit Beginn der Legislaturperiode mehr Mittel für die Bäume bereitgestellt als jede Vorgängerregierung. Und wir werden auch in diesem Haushalt noch stärker die Strukturen ertüchtigen, bei den Grünflächenämtern ebenso wie bei den Berliner Forsten.

Aber die bittere Wahrheit ist auch: Viele Bäume sind für immer verloren. Die Ursachen für das Baumsterben liegen eben nicht im Wald, sie liegen auch nicht bei den Grünflächenämtern oder den Forsten, sie liegen in den CO2-Emissionen der vergangenen Jahrzehnte und daran, dass Klimaschutz damals kein Thema war.

[Frank-Christian Hansel (AfD): So ein Quatsch!]

Das zeigt eben, wie fatal ein spätes Handeln ist.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Blödsinn!]

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen – –

Keine Zwischenfragen! – Und genau aus diesem Grund macht mich das Klimapaket der großen Koalition so wütend. Es ignoriert die ausgestreckte Hand der Bevölkerung bei „Fridays for Future“, die sagt: Wir wollen mehr Klimaschutz, und zwar jetzt.

[Georg Pazderski (AfD): So ein Unsinn!]

Stattdessen wird die Verantwortung auf künftige Generationen, auf künftige Regierungen abgeschoben. Das ist nicht nur mutlos, das ist verantwortungslos.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich möchte das mal an drei Beispielen festmachen – erstens, der CO2-Preis: Ja, wahrscheinlich werden fast alle von uns einen Klimaabdruck haben, der, wenn man ihn zusammenrechnet, mehrere Erden brauchte. Und das ist so, weil klimaschädliches Handeln so bequem ist, weil das CO2 keinen Preis hat. Aus dem gleichen Grund

(Präsident Ralf Wieland)

werden z. B. auch viel zu wenige Häuser klimaneutral. Deshalb sagen ja auch alle Experten, wie wichtig es ist, CO2 einen Preis zu geben, der eine echte Lenkungswirkung hat. Und alle sagen, mindestens 40 bis 50 Euro pro Tonne. Und dann kommt die GroKo mit 10 Euro um die Ecke. Ich verstehe das nicht. Das ist so lachhaft, wenn es nicht eigentlich so ernst wäre.

In der Zeitung habe ich jetzt gelesen, dass Angela Merkel da irgendwie mehr wollte, und da kann ich nur in Richtung Kanzlerinamt sagen: Liebe Frau Merkel! Setzen Sie sich durch! Seien Sie mutig, seien Sie vernünftig! Übernehmen Sie die Verantwortung, und bessern Sie nach! – Wir in Berlin brauchen einen höheren CO2-Preis.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Zweiter Punkt: Die gleiche Mutlosigkeit und Unvernunft zeigt sich im Verkehrsbereich. Ich meine, es liegt doch auf der Hand, wir müssen uns als Autoland Deutschland erneuern und die Mobilitätswende einleiten: weil es das Klima schützt, weil es die Luft sauber macht und weil es am Ende auch der Wirtschaft Planungssicherheit gibt und damit Arbeitsplätze erhält.

[Holger Krestel (FDP): Deswegen erhöhen wir die BVG-Preise!]

Stattdessen wird der Spritpreis um 3 Cent erhöht, und das ist absurd, denn oft ist die Preisschwankung an der Tankstelle im Laufe eines Tages größer. Als ob das nicht schon mutlos genug wäre, kommt dann die Pendlerpauschale, die alle Fortbewegungsmittel, also auch spritfressende SUV, um 5 Cent erhöht. Das ist null Lenkungswirkung für klimafreundliche Mobilität.

[Paul Fresdorf (FDP): Erklären Sie doch mal die Pendlerpauschale! – Ronald Gläser (AfD): Was sagt denn Habeck dazu? – Georg Pazderski (AfD): Habeck soll mal die Pendlerpauschale erklären!]

Und dabei müssen wir jeden Cent in den ÖPNV stecken. – Und wo Sie da so reinrufen, ja, in Brandenburg muss man jeden Cent in den ÖPNV stecken. Es geht nicht nur darum, in den ÖPNV zu investieren, sondern gerade in Brandenburg auch darum, ihn schlicht am Leben zu erhalten. Deswegen haben wir dem zugestimmt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es geht nämlich um die Verkehrswende und den ÖPNV, und da müssen wir alle zusammenstehen.

[Zurufe von der CDU]

Dritter Punkt: Genau so eine Mutlosigkeit legt die Bundesregierung bei der Agrarpolitik an den Tag. Weder an den zu hohen Tierzahlen noch am zu geringen Ökolandbau wird irgendwas geändert, und das ist fatal.

[Zurufe von der CDU]

Vielleicht haben wir in Berlin keine nennenswerten Agrarflächen, aber wir konsumieren Unmengen von Lebensmitteln. Und wir leiden darunter, dass es in Brandenburg so wenig Ökolandwirtschaft gibt, denn wir würden uns gerne regionaler und nachhaltiger versorgen.

[Sibylle Meister (FDP): Deshalb machen wir das Schulessen kostenlos!]

Deshalb haben wir als Koalition gesagt: Die Gemeinschaftsverpflegung muss gesünder und ökologischer werden. Sie haben es ja gerade angesprochen: Ja, beim Schulessen haben wir auch gesagt, mindestens 50 Prozent Bio. Das ist gut für die Kinder, und das ist gut für den Klimaschutz.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP]

Bei aller Kritik, die ich an dem Klimapaket habe, es stimmt, es war für die große Koalition ein großer Schritt, und ich habe auch was zu loben. Es gibt etwas, das ich wirklich gut finde, und ich finde, darüber sollte man auch in Berlin nachdenken. Ich finde gut, dass es feste CO2Einsparungsziele für die verschiedenen Ressorts gibt, wo es klimarelevant ist. Ich bin dann schon sehr neugierig, wenn Andi Scheuer, der Bundesverkehrsminister, im Verkehrsbereich seine Einsparziele wahrscheinlich nicht halten wird und dann innerhalb von drei Monaten Verbesserungsvorschläge machen muss. Da kann ich nur sagen: Lieber Andi Scheuer! Kommen Sie nach Berlin, schauen Sie sich an, wie Verkehrswende funktioniert! Das können Sie auch gerne kopieren und übertragen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Lachen bei der AfD und der FDP]

Also kommen wir zu Berlin: Auch wenn das Paket der großen Koalition mehr Gegenwind als Rückenwind ist, wir lassen uns hier nicht von unserem Kurs abbringen, Klimahauptstadt zu sein. Und das sage ich auch ganz explizit in die Richtung der Opposition: Sie entziehen sich dem Klimakonsens, und Sie haben sogar in den Haushaltsberatungen versucht, den Klimaschutz runterzufahren.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Ihre Änderungen im Haushalt haben bei den Klimaschutzmaßnahmen und bei der Energiewende angesetzt. Das kann man machen, das macht Trump auch, aber Sie zeigen damit eindeutig: Klimaschutz ist Ihnen vollkommen egal, und von Energiewende haben Sie immer noch keine Ahnung.

[Holger Krestel (FDP): Das können Sie doch gar nicht beurteilen! – Zuruf von Franz Kerker (AfD)]

Und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Denn wir sehen die historische Verantwortung, und wir nehmen sie als Koalition an. Wir nehmen die Anliegen der nächsten Generation ernst, denn „Fridays for Future“ richtet sich eben auch an uns alle hier im Haus, auch an Sie im Abgeordnetenhaus und im Senat.

[Lachen bei der AfD und der FDP – Zurufe von der AfD und der FDP]

Unser Anspruch ist, dass Berlin Klimahauptstadt ist. Deshalb haben wir auch schon einiges in Bewegung gesetzt. Wir haben als erstes Bundesland ein Klimaschutzgesetz verabschiedet und das letzte Braunkohlekraftwerk vom Netz genommen.

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Es wäre schön, wenn wieder ein bisschen Ruhe einkehren könnte.

[Kurt Wansner (CDU): Das ist aber schwer!]

Setzen Sie fort, Frau Kollegin!

Wir haben als erstes Bundesland einen Weg aufgezeigt, wie wir spätestens 2030 aus der Steinkohle aussteigen werden. Wir haben als erstes Bundesland ein Mobilitätsgesetz verabschiedet,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ein Immobilitätsgesetz!]

welches dem klimaschonenden ÖPNV immer Vorrang vor dem Autoverkehr einräumt. Wir haben die Solaroffensive gestartet und das Ziel, mindestens 25 Prozent des Energieverbrauchs mit Solaranlagen zu decken.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Bis zum nächsten Blackout!]