Protocol of the Session on September 26, 2019

[Silke Gebel (GRÜNE): Ach!]

wenn wir nicht jetzt, Frau Gebel, die Reißleine ziehen und auf den Boden des rationalen Diskurses zurückkehren.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Es muss jenseits der Frage, welchen Anteil die menschliche Zivilisation am Klimawandel hat, erlaubt bleiben, mit aller Nüchternheit die Frage aufzuwerfen, wie sinnvoll es eigentlich ist, hunderte von Milliarden Euro dafür auszugeben, dass ein bestimmter CO2-Gehalt in der Atmosphäre ein paar Quartale früher oder später erreicht wird.

[Tobias Schulze (LINKE): Halten Sie die Rede auch vor Ihren Kindern?]

Denn es gibt bei grundsätzlich begrenzten Mitteln immer konkurrierende Ziele, die es abzuwägen gilt, und das sollten Sie eigentlich wissen als verantwortlich handelnde Politiker.

[Beifall bei der AfD –

Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos),

(Frank Scholtysek)

Kay Nerstheimer (fraktionslos) und

Andreas Wild (fraktionslos)]

Gerade Umweltschutz und Klimaschutz sind durchaus konkurrierende Ziele, Frau Gebel, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen. Es ist eine der propagandistischen Meisterleistungen der Grünen, dass es ihnen gelungen ist, den Eindruck zu erwecken, Umweltschutz und CO2-Reduzierung seien ein und dasselbe. Wer Hunderte von Milliarden in Dekarbonisierung steckt, kann aber nicht gleichzeitig die Meere retten, das Vordringen der Wüsten aufhalten, neue Wälder anpflanzen oder die Biodiversität stärken. Das geht nicht!

[Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE)]

Das geht nicht, und wenn Sie das trotzdem behaupten, sind Sie ein politischer Scharlatan! Nichts anderes sind Sie dann, Frau Gebel!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Antje Kapek (Grüne)]

Die Klimafrage darf nicht weiter alle anderen zentralen Zukunftsfragen überlagern. Die Menschen in Afrika, Asien und Südamerika haben andere Prioritäten als wir. Nehmen Sie das doch bitte mal zur Kenntnis!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

In einer repräsentativen Umfrage der Vereinten Nationen unter zehn Millionen Menschen stehen Gesundheit, Bildung, Ernährung, Arbeit und Sicherheit und vieles andere höher als Klima, das erst auf Platz 16 folgt. Jährlich sterben z. B. 1,6 Millionen Menschen an Tuberkulose. Warum redet darüber niemand in New York? – Wer sich vor diesem Hintergrund hinstellt und sagt, das Einzige, was zähle, sei das Klima, befindet sich auf einem verhängnisvollen Weg in einen neuen Totalitarismus.

[Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE)]

Politik ist die Kunst des Möglichen, und sie muss auch in der Lage sein, zwischen verschiedenen Handlungsoptionen rational abzuwägen. Für Berlin und zumal für RotRot-Grün muss das heißen: Kehren Sie endlich zu einer rationalen Politik zurück

[Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE)]

und entsagen Sie Ihrer apokalyptischen Angstlust, die in jedem heißen Sommertag den Weltuntergang wittert!

[Beifall bei der AfD]

Apokalyptisches Denken zerstört den Prozess des demokratischen Aushandelns von Lösungen.

[Zurufe von Silke Gebel (GRÜNE) und Antje Kapek (GRÜNE)]

Es setzt auf vermeintlich einfache Wahrheiten statt auf die demokratische Legitimität. Deshalb: Steigen Sie herab von Ihrer pseudoreligiösen Klimawolke! Hören Sie auf mit Ihrer Verklärung kindlicher Klimakreuzzügler, und kehren Sie in die Ebene der politischen Arbeit in dieser

Welt zurück! – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Herr Dr. Efler das Wort.

[Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Frank-Christian Hansel (AfD)]

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Ich werde jetzt nicht Zeit meiner Rede verschwenden, um auf diesen geistigen Sinkflug der AfD näher einzugehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielleicht nur einen Satz dazu: Halten Sie diese Rede mal in einem vom Klimawandel jetzt schon akut betroffenen Land! Gehen Sie mal zu den Pazifikinseln, oder gehen Sie zu Menschen, die ihre Lebensgrundlage verlieren, und halten Sie diese Rede! Das wäre wirklich mutig! Ich wette, das werden Sie sich nicht trauen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Der 20. September war für mich einer der politisch aufregendsten Tage in meinem Leben. Es war fantastisch, bei der bisher größten Klima-Demonstration in Deutschland dabei gewesen zu sein, auch weil man sich als Teil eines größeren Ganzen in einer globalen Bewegung für Klimagerechtigkeit gefühlt hat. Ich will wirklich aus vollem Herzen allen, ob alt oder jung, danken, die an diesem Tag gegen die Klimakrise auf die Straße gegangen sind: Ihr habt alle einen großartigen historischen Erfolg möglich gemacht!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Auch ein Dank an meine Kolleginnen und Kollegen Katalin Gennburg, Marion Platta, Georg Kössler und Stefan Gelbhaar, unseren Ex-Kollegen, die mit mir zusammen als parlamentarische Beobachterinnen und Beobachter diesen Tag begleitet haben!

Jetzt sollte man eigentlich meinen, in einer funktionierenden repräsentativen Demokratie sollte eine solche gesellschaftliche Kraft wie die Klimabewegung, die fast 1,5 Millionen Menschen auf die Straße gebracht hat, die politischen Verhältnisse zum Tanzen bringen. Deswegen waren nicht wenige gespannt auf die Inhalte des noch am gleichen Tag präsentierten Klimapakets der Bundesregierung. Als dieses dann kam, war die Reaktion vor allem Enttäuschung und Wut. – Ich kann das voll und ganz

(Martin Trefzer)

nachvollziehen; mir geht es genauso. Nach intensiver Lektüre, Herr Freymark, des 22-seitigen Pakets kann ich einfach nur feststellen: Dieses Dokument wird der historischen Aufgabe, dass Deutschland seinen Beitrag zur Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels leistet, in keiner Weise gerecht; es wird ihr einfach nicht gerecht!

[Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der AfD]

Meine Redezeit würde gar nicht ausreichen, um die vielen Defizite und Leerstellen zu benennen. Daher nur eine Worst-List aus diesem Klimapaket:

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Schon die Ziele an sich sind unzureichend: 65 Prozent Ökostrom bis 2030 – das werden wir wahrscheinlich sowieso erreichen. Da gibt es überhaupt keine neue Ambition. Die Pariser Klimaschutzziele sind nicht Grundlage des Klimapakets. Eine Sache betrifft uns vor allem in Berlin direkt: Mieterstrom. Eine sozialverträgliche Möglichkeit der Erneuerbaren-Strom-Versorgung direkt vom eigenen Dach, günstiger als der Grundversorgungstarif, entlastet Stromnetze, ist durch bürokratische Fesseln auf Bundesebene im Augenblick zu einem Nischendasein verdammt.

Das ist eigentlich allgemein anerkannt. Dieser Senat hat eine Bundesratsinitiative dazu gestartet. Was steht dazu in diesem Klimapaket? – Wir prüfen es! – Wir wissen alle in diesem Saal genau, was Prüfaufträge bedeuten. Das ist ein totales Versagen der Bundesregierung auch in diesem Punkt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Bei der Windkraft gibt es sogar Verschlechterungen: Es wird auf Bundesebene ein Mindestabstand festgelegt – ein grotesker Eingriff in die kommunale Planungshoheit. Völlig absurd! Das wird das Leben für die Berliner Stadtwerke schwerer machen. Unsere Stadtwerke sind darauf angewiesen, in Brandenburg in Windkraftanlagen zu investieren. Wenn das Klimapaket in dieser Form kommt, wird das erschwert.

Auch eine Katastrophe: Der CO2-Preis – das ist schon angesprochen worden – ist ein Placebo. Ich will nur eins kurz benennen: Die Präsidentin des Bundesumweltamts – das ist keine Linke, wahrscheinlich auch keine Grüne; ich weiß es nicht – sagt: Dieser CO2-Preis hat keinerlei Lenkungswirkung! – Wieder ein vernichtendes Urteil für die Bundesregierung.

Und dann – ehrlich gesagt, damit habe ich nicht wirklich gerechnet – muss wieder festgestellt werden: Die Bundesregierung legt sich nicht mit den wirtschaftlich Mächtigen an. Es gibt keinerlei Vorgabe für die Automobilindustrie für niedrigere CO2-Grenzwerte, keinen Zeitplan für das Ende des fossilen Verbrennungsmotors und noch nicht mal ein Tempolimit! Was ist das für eine Absurdität, dass

dieses Land als einziges in Europa nicht die Kraft hat, ein Tempolimit zu beschließen? – Selbst das hätte man wirklich machen können; es ist wirklich zum Verzweifeln!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]