Und ich habe auch nicht gehört, dass die AfD-Fraktion dies ans Kinderflüchtlingswerk der Vereinten Nationen spenden würde oder so etwas, nein.
Sehr geehrter Herr Fresdorf! Können Sie mir mal erklären, was z. B. die Parlamentarier der Paulskirche 1848 für Diäten bekommen haben und ob dieses Parlament nicht die Grundstunde unserer Demokratie gewesen ist?
Herr Vallendar! Ich bin sehr froh, dass der Parlamentarismus in Deutschland sich seitdem deutlich verändert hat.
War Politik zu dieser Zeit doch eigentlich nur ein Zeitvertreib für die, die es sich leisten konnten, ist es jetzt möglich, dass aus allen gesellschaftlichen Schichten, mit
jedem Ausbildungshintergrund Menschen Politik für ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger machen können, und ich finde es ganz besonders wichtig, dass dies entlohnt wird, damit sie ihre Entscheidung unabhängig treffen können.
Damit es nicht zu Fehlauswüchsen kommt, haben wir sehr, sehr straffe Transparenzregeln geschaffen. Das war uns ein Herzensanliegen. Das haben wir Ihnen vorgelegt, und damit haben wir, denke ich, sehr gute Regeln getroffen.
Dass die AfD-Fraktion auf ein Drittel oder die Hälfte ihrer Kollegen verzichten kann, glaube ich gern.
Ich denke aber nicht, dass dieses Parlament leistungsfähig wäre, wenn das auf alle Fraktionen zuträfe, und daher ist eine Verkleinerung des Parlaments aus meiner Sicht nicht notwendig oder geboten, sondern würde eher zu einer Schwächung des Parlamentarismus in diesem Land führen. Darum haben wir Ihnen eine gute Reform vorgelegt. Wir werden diese heute abstimmen, auch namentlich. Wir beantragen auch noch mal für die Fraktion der Freien Demokraten, dass wir auch die Änderung zur Geschäftsordnung namentlich abstimmen. – Vielen Dank!
[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Da kann die AfD dann mal Farbe bekennen!]
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wie so häufig, ist in einer zweiten Lesung so gut wie alles gesagt – wobei man angesichts des Umstands, dass auch diese zweite Rederunde zur Parlamentsreform ausschließlich von Männern bestritten wird, hinzufügen könnte: aber noch nicht von jedem.
Ich werde trotzdem der Versuchung widerstehen, die richtigen Ausführungen und Argumente meiner vier Vorredner – Herr Hansel, damit sind nicht Sie gemeint –
Stattdessen belasse ich es bei zwei Bemerkungen: Zum einen möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die in den letzten Wochen und Monaten die Debatte um eine Berliner Parlamentsreform ebenso kritisch wie konstruktiv begleiten haben. Ausdrücklich genannt seien die Kollegen Torsten Schneider, Heiko Melzer, Steffen Zillich und Paul Fresdorf. Ich finde, es ist gerade in diesen politischen Zeiten ein wichtiges Signal, wenn sich fünf Fraktionen –
trotz tradierter Differenzen in der Sache sowie gänzlich unterschiedlicher Rollen als Regierung bzw. Opposition auf gute Kompromisse verständigen können –
[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Georg Pazderski (AfD): Das ist kein Ritterschlag, weil das keine Opposition mehr ist!]
gerade bei einem Thema, das wie wenige andere geeignet ist, von den Verächtern der parlamentarischen und Parteiendemokratie populistisch verbrämt zu werden. Wir erleben es ja gerade hier.
[Georg Pazderski (AfD): Sie sind ein Dummschwätzer, Herr Wesener! – Oh! von den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]
[Georg Pazderski (AfD): Wenn er sagte „Sie Verächter der Demokratie!“, muss man was sagen dürfen! – Weitere Zurufe der AfD]
Herr Pazderski! Ich habe Sie gar nicht angesprochen. Ich kann meinen letzten Satz gerne noch mal wiederholen. Wenn Sie sich von diesem Satz angesprochen fühlen, dann ist das alleine Ihre Angelegenheit.
Ich komme erst jetzt zu Ihnen, Herr Pazderski! Wenn Sie – und jetzt meine ich auch Sie – von der AfD glauben, dass sich andere Fraktionen in diesem Hause von richtigen und notwendigen, aber in Teilen der Öffentlichkeit womöglich unpopulären Entscheidungen abbringen lassen, nur weil Sie hier in gewohnter Manier rumtrollen, dann haben Sie sich geschnitten.
Ich bedanke mich auch bei den Mitgliedern meiner Fraktion und Partei, und zwar insbesondere bei denjenigen, die unsere grüne Meinungsbildung mit der gerade in dieser Sache notwendigen kritischen Grundhaltung begleitet haben. Ohne diese Diskussion, die vielen intensiven Fragen und den konstruktiven Widerspruch in meiner und, wie ich annehme, allen anderen Fraktionen würden die heute zur Abstimmung stehenden Anträge nicht eine so große Mehrheit in diesem Hause auf sich vereinen können. Der letzte und umso herzlichere Dank gilt meiner Referentin Nicole Ahler. Wir als Abgeordnete sitzen gerne dem Irrtum auf, dass sich unsere politischen Absichten und Vorhaben von ganz allein in parlamentarisches Handeln übersetzen. In Wirklichkeit braucht es viele, die uns dabei mit Rat und Tat zur Seite stehen, und deren Beitrag sowohl operativ als auch politisch unverzichtbar ist. Frau Ahler hat übrigens unter anderem dazu beigetragen, dass das Berliner Landesabgeordnetengesetz zukünftig auch sprachlich im 21. Jahrhundert angekommen ist und endlich der Tatsache Rechnung tragen wird, dass es im Leben wie in diesem Hause mindestens zwei Geschlechter gibt. – Vielen Dank dafür!
Ich komme zu meiner zweiten Bemerkung: Eine Parlamentsreform beschließt man nicht einfach; eine solche Reform muss letztlich von einem Parlament gelebt werden: im parlamentarischen Arbeitsalltag, dessen formalen Abläufen wie informellen Gepflogenheiten und natürlich auch im Selbstverständnis seiner Abgeordneten. Auch diese Reform wird sich letztlich in der politischparlamentarischen Realität beweisen müssen. Wir als antragstellende Fraktionen müssen dabei den Nachweis führen, dass die Reform auch hält, was wir uns von ihr versprechen. Wir Grüne stimmen für diese Reform, weil wir davon überzeugt sind, dass sie weit mehr als eine kosmetische Veränderung, sondern sehr grundsätzlicher Natur ist, und dass wir damit nicht weniger als einen Paradigmenwechsel einläuten, der dazu führt, dass sich das Abgeordnetenhaus von Berlin zu einem Landesparlament wie alle anderen auch weiterentwickelt, und das im positiven Sinne des Wortes, nämlich zugunsten von mehr parlamentarischer Professionalität und Effizienz, mehr demokratischer Kontrolle und Transparenz, einer besseren Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Politik als Beruf und infolgedessen auch einer im Bundesvergleich adäquaten Ausstattung seiner Mitglieder.
Spätestens 2021, wenn dieses Haus neu in veränderter Formation zusammentritt, werden die dann demokratisch Gewählten eine erste Zwischenbilanz ziehen können. Ich wage die Prognose, dass die heutigen Beschlüsse dieses Parlament bis dahin bereits nachhaltig verändert haben.
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Fresdorf! Nomen est omen – ich heiße Andreas Wild.
Das ist eine schöne Allianz der Parteien, die sich mit Blick auf die AfD das Etikett „demokratisch“ umhängen wollen. Gewiss, die zeitliche Belastung eines Abgeordneten, der seine Aufgaben gewissenhaft erfüllt, ist nur schwer zu stemmen. Aber der Anspruch des Abgeordnetenhauses von Berlin, ein Teilzeitparlament sein zu wollen, macht dies fast unmöglich. Deshalb hat die AfD vernünftigerweise eine Enquete-Kommission vorgeschlagen.
Das ist eine Art Runder Tisch, wo alle Fraktionen gemeinsam mit Fachleuten an einer Lösung arbeiten.
Der Versuch, durch eine Diätenerhöhung dieses Problem zu lösen, ohne so ehrlich zu sein, dass dieses Parlament ein Vollzeitparlament sein müsste, wird nicht dazu führen, dass die Bevölkerung – das sind Ihre Wähler – für diese Gesetzesinitiative Verständnis aufbringen wird. Im Gegenteil! Es sieht so aus, als würden hier diejenigen, die eigentlich Volksvertreter sein sollten, sich ungeniert die Taschen vollstopfen.