Bundesratsinitiative zur Einführung eines Mindestprüfungsintervalls für Steuerprüfungen bei Steuerpflichtigen mit besonderen Einkünften
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1992
In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. – Herr Abgeordneter Schlüsselburg, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Vielen Dank an den Hauptausschuss, der so zügig über unsere Bundesratsinitiative beraten hat! In der ersten Beratung im Plenum haben wir uns über die Systematik des Antrages verständigt. Wir haben uns auch ausgetauscht über die Zahlen, die wir für Berlin bisher zu konstatieren haben, und festgestellt, dass wir in Berlin einerseits schon die erschreckend geringe Zahl, die wir bei den Prüfungen als Erblast der Vorgängerregierung vorgefunden haben, deutlich hochgefahren haben und dass wir dadurch erhebliche Steuermehr- und Zinseinnahmen zum Zweck der Gemeinwohlfinanzierung erbringen konnten. Wir haben aber gleichzeitig gesagt, dass es notwendig ist, diese Bundesratsinitiative zu ergreifen, weil wir natürlich auch das Wohl des ganzen Landes im Blick haben und weil wir insgesamt wollen, dass es hier eine größere Form von Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit gibt.
Deswegen heute vielleicht nur noch ein, zwei Punkte, die in der letzten Debatte ein bisschen zu kurz gekommen sind: Werfen wir mal einen Blick auf die Investitionsquote, also den Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt! Der lag in Deutschland 1991 in Bezug auf die ganze Bundesrepublik bei 24,9 Prozent, schon nicht besonders hoch. Er war zwischendurch auch mal unter 20 Prozent. Und 2018 lag er bei 21,1 Prozent. Das ist jetzt erst einmal eine abstrakte Zahl, das bedeutet aber, wenn wir uns den Investitionsstau auf der anderen Seite angucken, dass wir hier alle Hausaufgaben zu erledigen haben. Am Beispiel Berlins nur zwei Zahlen: Wir haben 3,5 Milliarden Euro Investitionsstau in unseren Krankenhäusern – das ist ein Problem –, und wir haben mindestens 5,5 Milliarden Euro Investitionsstau an den Schulen. Die Koalition geht das sehr beherzt an, aber das kostet alles Geld, das will bezahlt werden. Das Mindeste, was wir erwarten können, ist, dass alle Leute die Steuern zahlen, die sie auch zahlen müssten.
Wir schlagen hier ein verhältnismäßiges Instrument vor – keine neue Umverteilungsorgie. Man könnte ja darüber nachdenken und problematisieren, dass 45 der reichsten
Haushalte die Hälfte des Gesamtvermögens der Bevölkerung haben; dazu schlagen wir hier nichts vor, sondern wir schlagen wirklich ein verhältnismäßiges Instrument vor, was wir im Bundesrat gerne einbringen würden.
Liebe CDU! Sie haben sich im Hauptausschuss leider enthalten. Ich bin jetzt selber nicht gläubig, aber ich habe mal in der Bibel nachgeschlagen – Sie sind ja eine christliche Partei –, Römer 13,6 sagt:
Man könnte also mit der Bibel sagen: Steuern zahlen ist Gottesdienst. – Ich fände es schön, wenn Sie sich vielleicht heute doch einen Ruck geben und in diesem Sinne dieser kleinen Initiative, die wir hier vorschlagen, Ihre Zustimmung erteilen und bei Ihren Kollegen im Bundesrat werben. – Vielen Dank!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Stefan Förster (FDP): Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen!]
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Lieber Herr Kollege! Um auf Ihr schönes Gleichnis oder Bild von eben einzugehen: Dazu braucht es aber auch Gottesdiener.
Und wir haben beim letzten Mal, als wir darüber gesprochen haben, schon deutlich gemacht, dass das unsere Kritik an der Stelle ist. Wir haben zu wenig Finanzbeamte. Wir stellen zu wenig ein. Wir haben zu wenig Nachwuchs. Und deswegen halten wir das für ein bisschen unglaubwürdig, was Sie uns hier vorschlagen. Wenn man verstärkte, intensive Kontrollen bei Steuerprüfungen haben möchte, dann braucht man natürlich auch die Menschen dafür. Da haben Sie in den Fachausschussberatungen leider keinen Beitrag in Bezug auf diese Frage geleistet, weswegen wir uns hier weiterhin nur zu einer Enthaltung durchringen können.
Ich möchte das aber insofern zu einem – wie man neudeutsch sagt – Update nutzen, weil der Finanzsenator gerade dieser Tage noch mal in der Presse veröffentlicht hat, wie erfolgreich die Steuerbehörden aus seiner Sicht bei Steuerprüfungen sind. Er hat gesagt, dass die Einkommensmillionäre in Berlin aus seiner Sicht keine besondere Zielgruppe sind, die einer intensiveren Betreuung
bedürfen. Das findet er eigentlich soweit alles ganz okay – wenn ich ihn da richtig zitiere. Und er hat das Augenmerk auf eine andere Berufsgruppe in dieser Stadt gelenkt, wo er eher den Verdacht hat, dass da nicht ordentlich Steuern gezahlt werden und dass da Schwarzgeld vorhanden ist oder Geld gewaschen wird.
Ich möchte in meiner knappen Redezeit von noch einer Minute nicht den ganzen Zeitungsartikel zitieren, Herr Kollege Lux, aber als neuer Haushälter werden Sie sicher die Gelegenheit finden, diese Zeitungsberichte nachzulesen.
Tatsächlich ist es so, dass es eine Menge Bedarf gibt, zur Steuerehrlichkeit in diesem Land beizutragen, und hier bestimmte Bereiche stärker kontrolliert werden müssten. Das können wir bei anderer Gelegenheit noch mal intensiver diskutieren. Nur dafür braucht es am Ende des Tages auch das Personal. Und unsere Forderung ist nicht erst seit heute – wir hatten das auch durch einen entsprechenden Besprechungspunkt im Hauptausschuss thematisiert –, dass das nur funktioniert, wenn wir uns die Zahlen der Finanzbeamtinnen und der Finanzbeamten nicht schönrechnen, sondern das Personal entsprechend dem tatsächlichen Bedarf haben. Dazu gibt Ihre Initiative, auch nach der Beratung im Fachausschuss, leider keine Antwort; deswegen können wir uns heute nur enthalten. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die vorliegende Beschlussempfehlung, ein Mindestprüfintervall von drei Jahren für Steuerprüfungen bei Steuerpflichtigen mit besonderen Einkünften, den sogenannten Einkommensmillionären, einzuführen. Die Bundesratsinitiative soll dabei auf die Änderung der Abgabenordnung hinwirken. Die Initiative ist vernünftig und lohnenswert. Sie leistet einen Beitrag zur Rechtssicherheit, vor allem in den Augen der Bevölkerung, damit ein effizienter Steuervollzug bei hohem Einkommen erfolgen kann und so der Eindruck gefestigt wird, dass das Gemeinwesen solidarisch finanziert wird.
Aber nicht nur das. Wir greifen die Kritik des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2006 auf, dass die Prüfquote für die besagte Zielgruppe viel zu gering ist. Sie betrug seinerzeit nur 15 Prozent, und der Rechnungshof rügte, dass es dadurch zu hohen Steuerausfällen kam. Aktuell liegen neuere Zahlen aus dem Bundesministerium der Finanzen vor, das eine Erhebung vorgenommen hat. Demnach ist die Zahl der Prüfungen zuletzt deutlich, um 36 Prozent, gesunken. Damit geht der Rückgang von zusätzlichen Steuereinnahmen von rund 138 Millionen Euro einher. Hier scheint also ein Zusammenhang zu bestehen, der Anlass für unsere Initiative ist.
Gleichwohl halte ich fest – das habe ich bereits bei der ersten Rederunde gesagt, und auch Herr Goiny adressierte das eben –, dass wir stetig die Fachkräfte ausbilden müssen, die wir in den Steuerverwaltungen brauchen, um die Validität von Risikobewertungen, also die Frage, ob eine Außenprüfung angezeigt ist oder nicht, sukzessive zu verbessern. Das gilt ebenso für die Digitalisierung dieser Prozesse. In der Berliner Finanzverwaltung funktioniert das bisher bereits sehr gut; wir sollten ihr jedoch weiter den Rücken stärken – in technischer, in sachlicher und personeller Hinsicht.
Ich schließe meine Rede mit einem Zitat des früheren Finanzministers von Nordrhein-Westfalen Norbert Walter-Borjans:
Und weiter sagt er, dass die gerechte Gestaltung der Einnahmenseite eine zentrale Voraussetzung für gerechte Politik ist. – Genauso ist es; dem füge ich nichts hinzu. Als rot-rot-grüne Koalition wollen wir einen Beitrag leisten, dass Steuergesetze mehr, gleichmäßig intensiv angewendet werden. Bitte stimmen Sie unserer Initiative zu! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wollen mehr Steuergerechtigkeit – Hallo! Hört da jemand zu? –: Sorgen Sie bitte dafür, dass Steuerverschwendung endlich bestraft wird! Ich sage nur: BER.
Sie wollen mehr Steuergerechtigkeit: Geben Sie uns ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem, geben Sie uns eine Flat Tax wie in Russland, geben Sie uns ein Steuersystem wie in der Schweiz, und die Leute werden auch bereit sein, ihre Steuern eher zu bezahlen, als das jetzt vielleicht der Fall ist.
Ich vermute, dass diejenigen, die im Bundestag für das jetzige Steuersystem verantwortlich sind, selber keinen Überblick mehr über die ganzen komplizierten Regelungen, die sie da zu verantworten haben, haben.
Ich hatte Ihnen beim letzten Mal von meinen persönlichen Erfahrungen als Selbstständiger mit Steuerprüfungen berichtet, und ich hatte gedacht, das könnte ich heute durch einen kleinen Exkurs zum Thema, was unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für Selbstständige bedeuten, fortsetzen, aber, ich glaube, ich erspare mir das mit Blick auf die Zeit und konzentriere mich auf das Wesentliche.
Sie behaupten, es ginge um die Einkommensmillionäre, und ich sage, das glaube ich Ihnen nicht. In der ersten Lesung, die wir hier hatten, haben Sie, Kollege Schlüsselburg, den Bürger mit dem bedeutenden Einkommen angeführt, sowohl in Ihrer parlamentarischen Anfrage als auch in Ihrer Rede hier. Und der geschätzte Kollege Lux hatte mir gegenüber das Beispiel der bösen Reichen erwähnt, die demnächst mehr zahlen, und deswegen würde der Durchschnittsbürger nicht stärker belastet – im Gegenteil, er werde entlastet.
Dazu möchte ich zwei Dinge feststellen – erstens: Das ist natürlich grober Unfug. Es hat in der Weltgeschichte noch nie die Situation gegeben, dass durch die Mehrbelastung einer Gruppe A die Gruppe B entlastet worden ist. Die Gier des Staates nach dem Geld seiner Bürger ist immer unersättlich. So etwas gibt es nicht, einen Automatismus, dass eine bestimmte Gruppe entlastet wird. Wer das glaubt, der glaubt auch, dass das Ordnungsamt die Küche aufräumt.
Zum Zweiten – jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Schlüsselburg –: Sie haben ja von den Einkommensmillionären gesprochen, also auf D-Mark-Basis, Leute mit 500 000 Euro und mehr, Ihrer Ansicht nach Bürger mit bedeutendem Einkommen, so haben Sie das genannt, in Ihrer Parlamentsrede und auch in Ihrer Anfrage. Jetzt steht in Ihrem Antrag aber immer „Bürger mit besonderen Einkommen“.
Bürger mit bedeutendem Einkommen, Bürger mit besonderen Einkommen, da muss man schon genau hinhören. Sie benutzen nämlich ständig unterschiedliche Begriffe
und keine von diesen Definitionen, die Sie hier vorgelegt haben, ist irgendwie allgemein verbindlich. Ich befürchte, dass Sie da die ganz normalen kleiner Berliner immer stärker überprüfen wollen, dass für die die Intervalle gelten.