Protocol of the Session on August 15, 2019

zuversichtlich, dass es gelingen wird. Heute werden wir dieser Vorlage, die Ausführungsgesetze für Pflegeberufe beinhaltet und damit diese Verwaltung ermächtigt, über Rechtsverordnungen vieles schnell zu regeln, zustimmen. Ich werde dem auch zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Kerker jetzt das Wort.

[Lars Düsterhöft (SPD): Nicht so aufregen, sonst werden Sie so rot!]

Nein! So aufregend ist das nicht. – Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Das Phänomen, dass wir in Deutschland im Schnitt immer älter werden, ist auf der einen Seite ein großes Glück, auf der anderen Seite eine zusätzliche Herausforderung, die steigende Zahl an Pflegebedürftigen würdig und gut zu versorgen. Die AfD setzt sich dies als eine ihrer zukünftigen Prioritäten ganz klar auf die Agenda.

[Beifall bei der AfD]

Leider hat es hier in knapp 14 Jahren Merkel-Regentschaft nur kleine und unzureichende Schritte, oder besser gesagt: Schrittchen, zur Verbesserung der Pflege gegeben. Nach den mutigen und oftmals unbequemen Reformen des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder – er sei an der Stelle einfach mal gelobt – ist unter seine Nachfolgerin Angela Merkel erneut ein Reformstau aufgelaufen. Die Bundesregierung hat die letzten 14 Jahre von der Substanz gelebt. Nun ist das Geld sinnlos verbraucht worden für illegale Migration, für eine undemokratische Institution namens EU und für Entwicklungshilfe an hochbedürftige Länder wie beispielsweise China.

[Beifall bei der AfD – Ülker Radziwill (SPD): Sie wissen schon, dass Sie zum Thema sprechen sollen?]

Ich komme schon zum Thema, bleiben Sie mal ganz geschmeidig! – Gleichzeitig lebt mittlerweile jedes fünfte Kind, in Berlin sogar jedes dritte Kind, in Armut. Niemals gab es so viele arme Rentner, und immer mehr Menschen sind auf einen Zweitjob angewiesen. Hier hat es jetzt auch ein prominentes Beispiel getroffen. Annegret Kramp-Karrenbauer verdient sich jetzt zu ihrem prekären Beschäftigungsverhältnis als CDU-Vorsitzende als Bundesverteidigungsministerin im Nebenjob etwas dazu.

[Beifall und Heiterkeit bei der AfD]

(Ülker Radziwill)

Nun hat der rot-rot-grün Senat also das Berliner Ausführungsgesetz zum Pflegeberufegesetz vorgelegt. Lange hat es gedauert. Das ist bereits erwähnt worden. R2G wäre nicht R2G, wenn man nicht eine ganz besondere linksideologische Note für das Land Berlin eingebracht hätte.

[Katrin Seidel (LINKE): Genau!]

Gemäß dem Landesrahmenlehrplan hat man besondere Prioritäten in diesen Lehrplan hineingeschrieben. Hier gibt es sechs Punkte, die in Berlin ein besonderes Gewicht erhalten. Das sind alles Dinge, die natürlich für die Pflege ungemein wichtig sind. Dort steht ganz oben im Plan der Punkt: Diversität. Was könnte es Wichtigeres geben im Bereich der Pflege? Der zweite Schwerpunkt lautet, wie könnte es anders sein: Interkulturelle Öffnung. Phantastisch!

[Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Ja, das sind alles Aspekte, die wir im Bereich der Pflege unbedingt brauchen. Das Ganze kann man hier wirklich nur noch mit Sarkasmus ertragen. Ach ja, nur noch einmal zu Ihrem Verständnis, was den Umgang mit Steuermitteln angeht: Der Punkt Leistungsmissbrauchsbekämpfung bildet natürlich das Schlusslicht an der Stelle. Das ist Berlin. Das ist einfach nur noch peinlich und zum Fremdschämen.

[Beifall bei der AfD]

Wir sollten hier dringend einmal ein Gesetz einbringen, das jeden Berliner verpflichtet, an einem Plenum des Berliner Abgeordnetenhauses teilzunehmen. Ich glaube spätestens dann, wenn die breite Masse der Wählerinnen und Wähler mitbekommt, was Sie hier so treiben, werden sich die linken Reihen aber ganz stark ausdünnen. Deswegen wird sich die AfD enthalten. – Danke!

[Beifall bei der AfD – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo! – Zuruf von Lars Düsterhöft (SPD)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegen Topaç das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die AfD am Ende wieder mit einem Kommentar, der zeigt, wie sehr sie aus der Zeit gefallen ist, hier das Thema, was Sie zunächst einmal verfehlt haben, abschließt, wundert uns nicht.

[Lachen bei der AfD]

Sie scheinen immer noch nicht realisiert zu haben, dass diese Gesellschaft vielfältig und bunt ist. Damit haben sie sich abzufinden. Dazu gehört eben Diversität. Dazu gehört auch interkulturelle Öffnung. Eine Dosis davon täte Ihnen gut.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Aber jetzt komme ich zurück zu unserem Thema.

[Beifall von Dr. Maja Lasić (SPD)]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kerker?

Nein! Danke schön! Kein Bedarf! – Pflege ist für die gesellschaftliche Versorgung von Pflegebedürftigen sehr wichtig. Daher ist natürlich auch eine gute und zeitgemäße Ausbildung zentral. Pflege ist eine Profession und muss dementsprechend gesellschaftlich und politisch verankert werden. Die Zeiten von Helferlein, der Ärzteschaft und aufopfernder Krankenschwester sind zu Recht passé. Die Etablierung der Selbstverwaltung der Pflege ist längst überfällig, um Pflegekräften eine gleichberechtigte Stimme zu geben und Entscheidungsprozesse aktiver mitbestimmen zu können. Starke Mitbestimmungs- und Gestaltungsrechte für Pflegekräfte beginnen aber schon an der Basis. Wir Grüne setzen uns daher seit Jahren für gute Arbeitsbedingungen in der Pflege ein.

Die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes auf Landesebene ist hierfür ein wichtiger Schritt zur Gewinnung und Verbesserung von beruflichen Chancen von Pflegekräften, aber bei Weitem noch nicht ausreichend, denn um gute Pflege für alle zu ermöglichen, brauchen wir schlicht und ergreifend mehr Fachkräfte. Dafür brauchen wir auch Zuwanderung, lieber AfD, und ein gesellschaftspolitisches Klima, das neu Zugewanderte willkommen heißt. Es vergeht jedoch kein Tag, an dem nicht Hass und Hetze gegen vermeintlich anders Aussehende gesät oder gar Auszubildende abgeschoben werden. Dem stellen wir uns im Land Berlin entgegen, aber auch die Bundesregierung muss hier deutlich mehr tun.

Am 1. Januar 2020 tritt das Pflegeberufegesetz vollständig in Kraft. In der Umsetzung des Bundesgesetzes hier in Berlin stehen wir vor einer Mammutaufgabe. Bereits seit September letzten Jahres besteht die AG Umsetzung Pflegeberufegesetz, in der im Dialog mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren die Aufgaben angegangen werden, aber auch kontrovers diskutiert wird. Immer wieder wird deutlich: Die Umsetzung stellt nicht nur das Land Berlin vor eine große Herausforderung. So hat die Bundesregierung schlichtweg vergessen, Mittel für Schulgebäude einzustellen. Auf diesen Kosten bleiben wir jetzt als Land sitzen.

Ein weiteres großes Problem: Aufgrund der neuen generalistischen Ausbildung kommt es bei Praxiseinsätzen zu einer Nadelöhrsituation. In der ambulanten Pflege, aber auch in der Pädiatrie und Psychiatrie gibt es nicht aus

(Stefan Franz Kerker)

reichend Praxiseinsatzplätze bzw. keine ausreichende, aber notwendige fachliche Begleitung für die Praxisphasen.

Eine weitere Herausforderung ist die praktische Ausbildungsplanung von kleinen Betrieben. Hier müssen sich alle neu auf den Weg machen. Gerade die ambulanten Dienste sind tatsächlich überfordert und brauchen mehr Unterstützung, denn sie sind das Rückgrat der Pflege. Im Haushalt sind Mittel dafür eingestellt, um diesen Einrichtungen bei der Ausbildung und Organisation zur Seite zu stehen. Jetzt liegt es an uns bzw. am Senat, hier ein geeignetes System zu etablieren, das gerade die ambulanten Pflegedienste ausreichend unterstützt und zum Beispiel die Verbundausbildung zur Entlastung aller Beteiligten etabliert.

Auf zwei weitere Punkte möchte ich in Kürze eingehen. Im Dialog mit den Beteiligten gab es immer wieder die Diskussion um die Mietkosten von Pflegeschulen, weil diese eben nicht über die Investitionskosten abgedeckt werden. Hier sehen wir uns als Land in der Verantwortung und haben dafür auch im Haushaltsentwurf Mittel zur Verfügung gestellt.

Ein letzter Punkt, der mir sehr am Herzen liegt, ist die berufsbegleitende Ausbildung. Meine Forderung, mein Wunsch nach einem Stipendium hierfür hat Eingang in den Haushaltsplan gefunden. Das ist sehr, sehr erfreulich, denn diese berufsbegleitende Weiterbildung ist bekanntermaßen mit erheblichen Gehaltseinbußen verbunden. Wir können es uns als Land nicht erlauben, gerade die, die wir so dringend brauchen, um den Pflegenotstand zu beheben, während der berufsbegleitenden Ausbildung auch noch finanziell auszutrocknen. Die Personen, die diese Ausbildung machen, sie stehen mitten im Leben, haben Kind und Familie und müssen auch noch diese Einbußen hinnehmen. Wir finden, das ist Wahnsinn, das geht gar nicht. Um die Weiterbildung zur Fachkraft aber trotzdem attraktiv zu machen, werden wir den Pflegehilfskräften während der Weiterqualifizierung zur Fachkraft einen Zuschuss in Höhe von 500 Euro pro Monat gewähren. Diese werden sich Arbeitgeber, Arbeitgeberinnen und Ausbildungsträger auf der einen Seite und das Land Berlin auf der anderen Seite jeweils zur Hälfte teilen.

Wir sind mit dem Pflegeberufegesetz auf dem richtigen Weg, es braucht jedoch noch mehr. Die Arbeitsbedingungen und die Vergütungen in der Pflege müssen grundsätzlich besser werden, um das Interesse von jungen Menschen an diesem Beruf wieder zu verstärken, aber auch, damit Pflegekräfte gute Pflege leisten können und ihren Beruf lange und gerne ausüben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Seerig das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat auch Vorteile, wenn man als Letzter redet, denn man kann sicher sein, dass die fünf Vorrednerrinnen und Vorredner das Interesse des Auditoriums für dieses Thema schon auf die Spitze getrieben haben.

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP – Paul Fresdorf (FDP): Genau!]

Insofern, glaube ich, habe ich jetzt die Aufmerksamkeit des gesamten Hauses.

Es geht, das haben meine Kolleginnen und Kollegen schon gesagt, um die Umsetzung eines Bundesgesetzes, und zwar eines Bundesgesetzes – da fangen bei uns die Probleme an –, das die generalistische Ausbildung festschreibt, etwas, was wir für einen falschen Weg halten. Am Ende wird es insbesondere die Altenpflege sein, die darunter leidet, wenn es diese generalistische Ausbildung gibt.

Berlin setzt jetzt um, auch das ist schon angesprochen worden – spät, man kann auch sagen zu spät, und aus unserer Sicht an vielen Stellen mangelhaft. Da kann man im jetzt Endeffekt natürlich sagen: Es gibt ein Gesetz, das in die falsche Richtung geht, das schlecht umgesetzt wird, dem kann man doch eigentlich nur zustimmen – Minus und Minus ergibt Plus. – Das ist dem Thema Pflege aber nicht angemessen, zumal einige der Kritikpunkte, die für uns auch sehr wichtig sind, bereits angesprochen wurden.

Ich glaube, wir haben vor Kurzem alle – zumindest die pflegepolitischen Sprecher – das Schreiben des Pflegeschulbundes erhalten, dass der festgesetzte Termin 1. April bedeuten kann, dass es ein zweimonatiges Moratorium für die Ausbildung gibt, etwas, was wir uns im Pflegebereich eigentlich nicht leisten können und nicht leisten sollten.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Das Thema Praxis, Praxisausbildung wurde von einigen meiner Kolleginnen schon angesprochen. – Was für mich auch nicht so ganz geklärt ist, ist das Verhältnis Richtung Brandenburg. Wenn in der Vorlage steht, man werde alles vermeiden, was eine Zusammenarbeit erschwert, dann ist mir persönlich das ein bisschen zu wenig.

Aus unserer Sicht bleiben immer noch eine Menge Strukturfragen offen, und das kurz bevor die Gültigkeit des Gesetzes eintritt. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn es nicht auch um die Planungssicherheit für die Beteiligten in diesem Bereich ginge. Ein Stichwort, das hier schon einige Male fiel, war die Frage der Mietzuschüsse

(Fadime Topaç)

und Ähnlichem. Da sollte und müsste das Land längst weiter sein.

Die Quintessenz für uns lautet: Es ist eigentlich eine Art Formalakt – Umwandlung eines Bundesgesetzes in Landesrecht. Wir denken aber, dass die handwerklichen Fehler bereits im Vorfeld so groß sind, dass wir diesem Gesetz so nicht zustimmen können. Wir werden uns enthalten. – Vielen Dank!