Protocol of the Session on January 12, 2017

Das wissen wir ganz genau. Das wissen wir sogar besser als Sie. Ihnen geht es aber darum, pauschal missliebige Meinungen aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen, und dagegen werden wir uns intensiv verwahren.

[Beifall bei der AfD]

Das Grundgesetz kennt keine guten oder falschen und auch keine bösen oder richtigen Meinungen, sondern nach dem Grundgesetz sind grundsätzlich alle Meinungen erst einmal im öffentlichen Diskurs legitim, solange es sich nicht um Lügen oder um Straftaten handelt. Deshalb der abschließende Appell an die Datenschutzbeauftragte und die Beauftragte für Informationsfreiheit, hierauf einen stärkeren Fokus zu richten und zu gewährleisten, dass jeder auf Facebook auch weiterhin frei seine Meinung äußern kann. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig! Bravo!]

Vielen Dank! – Für die FDP hat der Kollege Schlömer das Wort! – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Vielen Dank für Ihren Bericht! Mit dem technologischen Fortschritt und der wachsenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Digitalisierung gewinnen die Integrität, die Vertraulichkeit und die Verfügbarkeit unserer informationstechnischen Systeme enorme Bedeutung. Wir sind dabei nicht nur abhängig vom Funktionieren. Wir sind abhängig von zuverlässigen Informationssystemen, von sicheren Kommunikationsnetzen, sowie vom Schutz unserer privaten Daten und Informationen. Schädigungs-, Missbrauchs- und Zweckentfremdungspotenziale durch verschiedene Akteure nehmen stetig zu. Das betrifft auch und insbesondere unsere persönlichen Informationen. Dem Datenschutz kommt in der stetigen Vernetzung eine wichtige und vielleicht zentrale Bedeutung zu. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Privatsphäre sind hohe Schutzziele, denen gemeinhin als digitale Grundrechte Verfassungsrang zuerkannt wird. Deutschland genießt wegen seiner Standards beim Datenschutz hohes Ansehen, und mit der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung liegt nunmehr auch europaweit ein erster Standard vor, der durch die Politik noch zu konkretisieren sein wird. Für den Datenschutz und seine Aufsichtsbehörden brauchen wir in diesem Sinne einen verlässlichen Rahmen, der Sicherheit bietet, der für Verlässlichkeit und Vertrauen sorgt und Mahnungen über den nicht sachgerechten Gebrauch personengebundener Daten ernst nimmt.

Wir müssen den Berichten der Datenschutzbeauftragten eine hohe Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen und Kritik ernst nehmen. Beispielsweise berichtet die Datenschutzbeauftragte von einer steinigen Prüfung und langen Wartezeiten bei der Übermittlung von Dokumenten bei der Innenbehörde. Es reicht eben nicht aus, einfach der im Gesetz geregelten Unterstützungspflicht leidenschaftslos nachzukommen. Die Beauftragte hilft Bürgerinnen und Bürgern und der Politik bei der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften im Land und in der Stadt Berlin. Sie sichert in dieser Form ab, dass unser Recht auf informationelle Selbstbestimmung die notwendige Beachtung findet. Daher appelliere ich an den Senat sehr deutlich, der im Gesetz geregelten Unterstützungspflicht vor allem zeitnah, erschöpfend und kooperativ nachzukommen. Das erspart in jeder Hinsicht eine Menge Ärger und hilft den Bearbeitern, ihre Arbeit anforderungsgerecht zu erledigen. Auch müssen wir darauf achten, dass Datenerhebungen und die Speicherung personengebundener Daten auf Basis einer rechtlichen Grundlage vollzogen werden. Dieses ist im Falle der Bonitätsprüfung bei den Berliner Verkehrsbetrieben offenbar nicht immer der

(Hanno Bachmann)

Fall gewesen. Hier müssen die Verwaltungen und Behörden noch Hausaufgaben erledigen. Es wird zwar nachgebessert, aber unabhängig davon stellt sich die Frage, ob es überhaupt solcher Bonitätsprüfungen bedarf.

Bei den anstehenden Anpassungen im Datenschutz ist darauf zu achten, dass sich unsere Werte in den gesetzlichen Regelungen wiederfinden, die aus der Vernetzung aller Lebensbereiche entstehen: Freiheit, Bürgerrechte, Selbstbestimmung und Privatsphäre. Wir müssen darauf achten, dass Datennutzung und Technologie nicht im Gegensatz zu diesen unseren Idealen stehen, sie auch nicht diskriminieren. Wir müssen uns darüber unterhalten, wie unsere Ideale wie Bürgerrechte und ethische Prinzipien technologisch umgesetzt werden können, um Neues zu schaffen und die individuellen Rechte zu wahren. Darauf aufbauend müssen Datenschutz und Informationsfreiheit eine unabhängige und öffentliche Aufgabe sein. Hierfür brauchen wir zukunftsfeste Institutionen. Die Aufsichtsbehörden werden mit einer gestärkten Position aus den Änderungen des Datenschutzrechts hervorgehen. Sie gewinnen Unabhängigkeit und werden auch im Hinblick auf ihre Befugnisse noch einmal deutlich gestärkt, aber zugleich sind wirksame Sanktionen bei Verstößen vorgesehen. Was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, ist im Grunde genommen die Grundlage des europäischen Rechts und wird sowieso gemacht. Das muss man nicht zu seinen Gunsten auswerten.

[Beifall bei der FDP]

Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hilft uns in der Digitalisierung. Sie kontrolliert die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften. Sie ist zugleich Garantin, Garantin unseres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und sie berät uns auf dem Weg in den technologischen Fortschritt, indem sie unsere Vorstellung von Freiheit und Selbstbestimmung in die Regularien bei der Kontrolle öffentlichen Handelns stellt. Ihre Arbeit ist unersetzlich und wird angesichts der steigenden Vernetzung nicht unwichtiger werden. Vielen Dank für Ihre Arbeit, Frau Smoltczyk!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Es wird die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 7

Zwanzigstes Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0057

Erste Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0057-1

Ich eröffne die erste Lesung zum Gesetzesantrag. In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU und für die CDU der Kollege Dregger. – Bitte schön!

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Berlin ist vom Terror durch einzelne ausländische Asylbetrüger heimgesucht worden. Wie ist unsere Reaktion darauf, wie ist Ihre Reaktion darauf von der rot-rot-grünen Linkskoalition? Sie wollen nach den Darlegungen in Ihrem Koalitionsvertrag den Verfassungsschutz in seinen Kompetenzen beschränken und personell abbauen. Von der personellen Verstärkung der Berliner Polizei ist in Ihrem sogenannten Präventions- und Sicherheitspaket keine Rede mehr. Die gesetzliche Ermächtigung unserer Berliner Polizei zur Feststellung Ausreisepflichtiger und zur Durchsetzung der Ausreisepflicht wollen Sie streichen. Den Unterbindungsgewahrsam wollen Sie auf 48 Stunden verkürzen, und auf Abschiebungen vollziehbar Ausreisepflichtiger wollen Sie verzichten und hoffen, dass freundlichen Aufforderungen zur Ausreise Folge geleistet wird. Das ist an Naivität nicht zu überbieten, meine Damen und Herren von der rot-rot-grünen Koalition.

[Beifall bei der CDU und der AfD – Frank Zimmermann (SPD): Steht da doch so gar nicht drin!]

Wir hingegen haben bereits in der letzten Legislaturperiode für eine Gesetzesvorlage zum Einsatz von Videotechnik an gefährlichen Orten gesorgt. Die ist an Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, gescheitert. Das war unverantwortlich. Ich wundere mich, lieber Herr Saleh, der leider nicht im Saal ist, über Ihre heutige Rede zur Regierungserklärung, in der Sie die von uns heute wieder vorgeschlagene Ausweitung der Videotechnik überzeugt begründet haben. Dafür vielen Dank!

(Bernd Schlömer)

Aber sie steht im diametralen Widerspruch zu seinem Handeln und zu Ihrem Handeln in der letzten Legislaturperiode. Warum war das nicht Ihre Haltung im letzten Jahr, als Sie unsere Vorlage ausgebremst haben? Das war unverantwortlich.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Frank Scheermesser (AfD)]

Wie wichtig wäre es doch gewesen, noch am Abend des schrecklichen Terroranschlags am Breitscheidplatz über Bildmaterial des Attentäters zu verfügen. Dann hätte seine Identität sofort festgestellt werden können und es hätte die Chance bestanden, ihn festzunehmen, bevor er weitgehend unbehelligt und bewaffnet dreieinhalb Tage durch unser Land und halb Europa reist und dabei für viele Menschen eine Bedrohung dargestellt hat.

Meine Damen und Herren von der Linkskoalition! Sie haben in den vergangenen Wochen in Ihren öffentlichen Stellungnahmen die Wirksamkeit von Videotechnik für die Sicherheit unserer Stadt infrage gestellt – fern jeder Sachkenntnis. Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen einer Analyse den Forschungsstand zur Wirksamkeit der Videoüberwachung anhand einer Vielzahl von nationalen und internationalen Studien ermittelt. Dabei wurden u. a. elf Evaluationsstudien aus acht Bundesländern zu insgesamt 15 Videoüberwachungsprojekten in Deutschland ausgewertet. Das Ergebnis der BKA-Studie ist eindeutig: Videotechnik ermöglicht es, Straftaten, die andernfalls unaufgeklärt bleiben, aufzuklären, Straftäter zu ermitteln und schneller aus dem Verkehr zu ziehen.

Man braucht gar keine wissenschaftlichen Studien, um das zu erkennen, was offensichtlich ist: Die Bilder von den heimtückischen Angriffen im U-Bahnhof Hermannstraße und auch dem U-Bahnhof Schönleinstraße sind uns doch alle vor Augen. Ohne diese Videoaufnahmen aus den BVG-Kameras wären die Täter nicht ermittelt, festgenommen und zur Verantwortung gezogen worden. Wir erleben heute in den Medien täglich weitere Fälle, die das unter Beweis stellen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux?

Bitte schön!

Vielen Dank! – Lieber Kollege Dregger! Können Sie mir erklären, weshalb bei einer bestehenden Videoüberwachung der Fussilet-Moschee nicht festgestellt werden konnte, dass sich dort ein islamistischer Gefährder aufhält und nicht die richtigen Schlüsse gezogen worden sind, um einen terroristischen Anschlag in Berlin zu verhindern – wohlgemerkt: trotz bestehender Videoüberwachung?

Diese Frage müssen Sie an Ihren Innensenator richten. Der wird sie Ihnen vielleicht beantworten können.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Sven Rissmann (CDU)]

Die BVG macht es Ihnen doch vor. Sie rüstet alle 173 Bahnhöfe mit Videotechnik aus. Seit 2011 ist der Vandalismus um 70 Prozent zurückgegangen und die Zahl der gegen Menschen gerichteten Straftaten von 276 um 37 Prozent auf 173 jährlich zurückgegangen.

Meine Damen und Herren von der Linkskoalition! Selbst der frühere Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nach einer dpa-meldung für eine Videoüberwachung an besonders gefährdeten Orten ausgesprochen. Was muss denn jetzt noch geschehen, damit auch Sie zur Vernunft kommen?

[Steffen Zillich (LINKE): Wie sah denn das Sicherheitskonzept für die Weihnachtsmärkte aus? Dafür war doch die CDU zuständig!]

In unserer Gesetzesvorlage in der letzten Legislaturperiode haben wir dazu Folgendes ausgeführt – ich zitiere mit der Genehmigung der Frau Präsidentin wörtlich:

Mittels Videoüberwachung von größeren Plätzen und Verkehrsknotenpunkten können Vorsorgemaßnahmen getroffen und Gefahren abgewehrt werden, die in besonderem Zusammenhang zu den ausgewählten Örtlichkeiten stehen. Eingesetzt werden soll dieses neue Mittel insbesondere, um größere Menschenansammlungen aus denen heraus Straftaten begangen werden, frühzeitig zu erkennen.

Der Regierende Bürgermeister, aber auch Sie, Herr Innensenator persönlich, haben dieser Gesetzesvorlage in der letzten Legislaturperiode zugestimmt. Sie persönlich sind also im Grunde Ihres Herzens und hoffentlich auch Ihres Verstandes von der Wirksamkeit der Videotechnik zur schnellen Strafaufklärung und zur Verhinderung von Straftaten überzeugt.

Herr Kollege! Sie müssen zum Schluss kommen!

Jawohl, Frau Präsidentin, sofort. – Deshalb mein abschließender Appell: Nutzen Sie, Herr Regierender Bürgermeister, Ihre Richtlinienkompetenz und Sie, Herr Innensenator, Ihre Ressortverantwortung und bringen Sie die Realitätsverweigerer Ihrer Linkskoalition auf Kurs und sorgen Sie dafür, dass dadurch die Sicherheit in unserer Stadt erhöht wird! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der AfD]