Protocol of the Session on March 7, 2019

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Aber die ernährungspolitische Kompetenz der AfD sieht man ja an der Bundestagsfraktion, wo mehrere Tausend Euro Steuergelder für Mettigel verschwendet worden sind. Also das haben Sie hier munter weitergeführt.

Der Antrag ist in der Tat – das kann man so sagen – eher unspektakulär.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Das ist nett formuliert!]

Es geht im Kern um den Beitritt zu einem Städtenetzwerk. Das ist die zentrale Aussage dieses Antrages. Herr Freymark, da müssen Sie auch gar nicht so viel hineingeheimnissen. Es geht nicht um „100 Prozent Bio für alle“, sondern es geht erst mal darum, diesem Städtenetzwerk beizutreten, um dann zu gucken, wie man sich mit anderen Städten vernetzen kann. Aber natürlich haben wir im Koalitionsvertrag klare Ziele festgelegt. Wir wollen den Bio-Anteil in öffentlichen Kantinen erhöhen.

Ich mag es auch ein bisschen, Politik wissenschaftlich zu fundieren und zu begründen. Deswegen habe ich mir das mal angeguckt und bin bei einer Metastudie fündig geworden, und zwar der größten Studie überhaupt zum Thema ökologischer Landbau, die den ökologischen Landbau mit der konventionellen Landwirtschaft anhand von 33 Kriterien verglichen hat. Bei 26 von 33 Kriterien sind deutliche Vorteile für den ökologischen Landbau herausgekommen. Deutliche Vorteile z. B. beim Gewässerschutz, bei der Bodenfruchtbarkeit, bei der Artenvielfalt und beim Tierschutz. Für mich als Klimaaktivisten, Klimapolitiker war ganz besonders wichtig: Ökologische, vor allem regionale Landwirtschaft ist mit erheblich weniger Treibhausgasemissionen verbunden.

Was auch ganz entscheidend ist: Das Netzwerk soll auch das Thema Lebensmittelverschwendung angehen. Es ist ein Skandal, dass in einem reichen Industrieland wie

(Marc Vallendar)

Deutschland jährlich – ich weiß nicht, wie viele – Tonnen von Lebensmitteln verschwendet werden. Das ist wirklich nicht haltbar, und dagegen wollen wir vorgehen. Das soll auch dieses Netzwerk machen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für uns als Linke und als Linksfraktion ist es immer wichtig, jeden Politikbereich auch sozial zu unterfüttern. Das gilt auch für die Ernährungspolitik. Wir wollen natürlich kein gesundes und ökologisches Essen nur für Besserverdiener. Das darf kein Privileg werden. Wir wollen selbstverständlich biologisches Essen, gutes Essen für alle haben. Das werden wir nicht von heute auf morgen erreichen. Das ist auch nicht der Regelungsgehalt. Wie wir das jetzt genau umsetzen, das ist Teil der Ernährungsstrategie, der Haushaltsverhandlungen und weiterer Sachen, die noch kommen werden. Aber hier haben wir einen guten Aufschlag gemacht, und wenn Sie dagegen sind, dann stimmen Sie halt dagegen. Wir gehen diesen Weg weiter. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Förster-Festspiele! Jetzt vielleicht die Büttenrede!]

Nein, nicht ganz! Dafür ist es jetzt wahrscheinlich zu spät um diese Jahreszeit. Aber gut! – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Efler! Ein bisschen Wasser in den Wein muss ich doch gießen bei diesem Thema. Gesundes Essen ist sicher ein gemeinsames Anliegen, das man vertreten kann, aber wir Liberalen legen Wert darauf, dass man es ohne erhobenen Zeigefinger vertritt.

[Beifall bei der FDP]

Schon der erste Satz der Begründung zeigt, wessen Geistes Kind der Antrag ist:

Die Koalition leitet mit verschiedenen Aktivitäten die Ernährungswende ein.

Das ist nichts anderes als ein Aufruf zur Umerziehung. Nach Energiewende, Verkehrswende und anderen Volten soll der Staat wieder einmal das Verhalten der Menschen regulieren.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Marc Vallendar (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Efler?

Bitte schön!

Bitte schön!

Herr Kollege Förster! Worin in diesem Antrag sehen Sie eine Umerziehung der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die Ernährung? Worin sehen Sie das?

[Stefan Evers (CDU): Es steht ja nichts drin in diesem Antrag!]

Es ist richtig, dass der Antrag relativ substanzlos ist, aber manchmal sind ja auch die Begründungen entlarvend. Wenn man schon sieht, dass die Ernährungswende eingeläutet werden soll – wir haben ja bei diesem Senat mit Wenden aller Art, zuletzt mit der Verkehrswende und Ähnlichem, nur negative Erfahrungen gemacht –, da müssen ja die Alarmglocken schrillen. Das ist allein schon Befürchtung genug.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Besonders schön – und da kommen wir auf die ideologische Komponente – ist ja der Aufruf: Der Anteil an veganem oder vegetarischem Essen soll erhöht werden. – Also doch der „Veggie Day“ durch die Hintertür, und künftig gibt es dann am Donnerstag im Abgeordnetenhaus statt Gulasch einen Grünkernbratling. Ich bedanke mich jetzt schon dafür.

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der FDP und der AfD]

Ich habe nichts dagegen, wenn sich Leute vegan oder vegetarisch ernähren möchten. Es soll aber nicht als das Wunschmodell vorgegeben werden, zumal wir alle wissen, dass ernährungsmedizinisch mittlerweile längst festgestellt ist, dass zu einer ausgewogenen Ernährung neben Obst und Gemüse eben auch Eier, Käse, Fisch und Fleisch gehören – im richtigen Maß, versteht sich. Das ist ausgewogen.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das bezweifelt doch keiner!]

Um es klar zu sagen: Jeder sollte essen, was ihm schmeckt oder worauf er Appetit hat. Das ist ein Bereich, wo sich der Staat nicht einmischen sollte.

(Dr. Michael Efler)

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wenn es denn so einen großen Bedarf an Bioessen gibt, werden die Restaurantbetreiber und Kantinenpächter doch im eigenen Interesse diese Produkte einführen. Das wäre ja Marktwirtschaft.

[Beifall bei der FDP – Sebastian Walter (GRÜNE): Der Markt regelt es nicht!]

Ja, eben! – Wir wissen aber auch, das Interesse hält sich in Grenzen. Das können Sie bei jedem Büffet beobachten: Erst sind die Lachs- und Eierbrötchen weg, dann Käse und Wurst, und der vegetarische Aufstrich bleibt liegen. Das ist die Wahrheit bei jedem Büffet.

[Heiterkeit – Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Dann sage ich auch mal – aus der Praxis gesprochen: In meinem Heimatbezirk Treptow-Köpenick, im Rathaus Köpenick sucht der Bezirksbürgermeister Oliver Igel, ein Sozialdemokrat, gerade einen neuen Kantinenpächter, weil der alte aufgegeben hat, und es ist gar nicht so einfach, jemand zu finden, und dann kommen die Grünen genau mit so einem Antrag in der BVV TreptowKöpenick, wo dann drinsteht, dass der neue Kantinenpächter veganes Essen anbieten soll, vegetarisches Essen anbieten soll – und alles Bio und dann noch mit Preisen wie zu DDR-Zeiten.

[Heiterkeit]

Na, da finden Sie keinen Einzigen mehr, der dort eine Kantine betreiben will. Das muss man auch mal ganz klar sagen.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Heiterkeit – Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

Ganz abgesehen davon, wenn wir schon faktenbasiert argumentieren wollen, ist der Nutzen von Bioprodukten wissenschaftlich keinesfalls belegt. Es gibt zahlreiche Studien, wo auch bei solchen Produkten Belastungen festgestellt werden. Da gilt dann das geflügelte Wort, dass bei „Bio“ die dioxinbelasteten Eier einfach einen Euro mehr kosten, und das kann es dann auch nicht sein.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich will auch darauf verweisen: „Bio“ ist nicht öko. Das kann sogar das Gegenteil dessen sein. Spargel aus Israel, der im Winter hier eingeführt wird, kann „Bio“ sein, ohne Zweifel, öko ist er aber nicht – aufgrund der Energie- und der Transportbilanz. Öko wäre der saisonale Spargel aus Beelitz vor der Haustür.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das argentinische Hüftsteak kann „Bio“ sein, aber öko ist es nicht.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Das wäre das Steak von der Weide in Brandenburg. Insofern ist die Bio-Argumentation weder öko noch logisch in diesem Punkt. Das muss man auch mal ganz klar sagen.

Sie wollen auch noch ein „House of Food“ einrichten. Diese Koalition und dieser Senat sind ja groß darin, neue Gremien einzurichten – neue Arbeitskreise, neue Institutionen, neue Häuser. Das ist dann wieder eine Institution mehr, die Geld kostet, ein Institution, die Dinge tun wird, die den Staat nichts angehen, und wo sicher wieder verdiente Grüne einen Arbeitsplatz finden werden. Aber in diesem Fall nicht mit uns.

[Beifall bei der FDP und der AfD]