Protocol of the Session on December 13, 2018

Mit dem heutigen Änderungsgesetz zum Schulgesetz kommt der nächste Meilenstein, den wir gemeinsam auf den Weg bringen. Wir machen die Gemeinschaftsschule endlich zu einem Regelangebot, als moderne Schule des 21. Jahrhunderts.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Klar ist: Nicht das Schild am Schultor macht eine gute Schule aus, so wie Sie es uns immer klarzumachen versuchen, sondern die pädagogische Arbeit innerhalb dieser

Schule – individuelle Lernbegleitung und Förderung eines jeden Kindes, an seinen Stärken orientiert, allen Leistungsmöglichkeiten eines Kindes gerecht werdend. In Berlin muss noch viel geleistet werden. Das ist klar. Aber an diesem gerechten Bildungssystem arbeiten wir, egal, um welchen Schultyp es sich handelt.

[Mario Czaja (CDU): Es geht bergab, aber immer weiter geradeaus!]

Mit der Gemeinschaftsschule machen wir den Weg frei, dass sich mehr Schulen dahin entwickeln können, was andere international sehr viel erfolgreichere Bildungssysteme längst tun und wo soziale Durchlässigkeit und Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich sehr viel besser gelingen. Und was wir nicht schaffen, das ist eine Einheitsschule, wo alle das Gleiche zur gleichen Zeit lernen sollen, als homogene Masse. Das will die AfD!

Werte Opposition! Das glauben Sie nicht einmal wirklich, denn eine gute Gemeinschaftsschule ist eine Gemeinschaft,

[Georg Pazderski (AfD): Die nicht funktioniert!]

eine Gemeinschaft in Vielfalt, und diese Vielfalt beflügelt alle. Das ist Berlin; dafür steht Rot-Rot-Grün. Dass die AfD davor besonders viel Angst hat und auch Ängste schürt, liegt in der Natur der Sache.

[Zurufe von der AfD: Oh!]

CDU und FDP stünden ein bisschen mehr Optimismus gut zu Gesicht. Besuchen Sie die Schulen, deren Türen stehen auch Ihnen gerne offen!

[Mario Czaja (CDU): Weil Sie kaputt sind! – Paul Fresdorf (FDP): Weil Sie nicht mehr richtig schließen!]

Sie müssen nur durch die Türen hindurchgehen.

[Mario Czaja (CDU): Sie sind doch früher gegangen! Haben es nicht mal eine Stunde ausgehalten!]

Wir werden die Neugründung und Entwicklung von Gemeinschaftsschulen fördern und unterstützen. Dabei stehen die Gemeinschaftsschulen nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Schulen, sondern sie bereichern unser Schulsystem und entwickeln sich weiter. Und zur Enttäuschung der Kritikerinnen und Kritiker wird es auch weiterhin keinen Zwang geben. Wir werden die Gemeinschaftsschulen von unten wachsen lassen, also immer dann, wenn die Eltern, das Kollegium, nicht zuletzt die Schülerinnen und Schüler es wollen. Ihre Politik von gestern – oder im Fall der AfD von vorvorvorgestern – könnten Sie langsam mal aufgeben!

Herr Kerker! Die Welt hat sich seit 1950 weitergedreht.

[Georg Pazderski (AfD): Damals hatten wir noch Nobelpreisträger!]

Mit dem vorliegenden Gesetz ermöglichen wir den Verbund von gymnasialen Oberstufen, die Inklusion,

(Marianne Burkert-Eulitz)

Schwerpunktschulen usw., und da ist die Änderung der Koalitionsfraktionen noch gar nicht vorweggenommen.

Wir haben für die Familien in den Einzugsbereichen der Grundschulen Verbesserungen vorgesehen, dass nämlich alle Kinder in der Grundschule, da, wo sie wohnen und wo ihre älteren Geschwister eingeschult sind, eingeschult werden – die CDU hat das auch schon auf den Plan gesetzt. Das haben wir umgesetzt, weil das in der Veränderung dieser Stadt notwendig war, wenn sich Schuleinzugsgebiete auch ständig ändern. Um das Recht auf eine diskriminierungsfreie Bildung an den Schulen durchzusetzen, haben wir den individuellen Schutz vor Diskriminierung in den schulgesetzlichen Regelungen festgeschrieben, damit die Vorgaben in der Praxis in alltäglichen schulischen Situationen und Interaktionen Beachtung finden. Wir haben die Regelungen im Berliner Schulgesetz erweitert und klar festgelegt.

Bildungspolitik ist aber nicht allein eine Frage von Gesetzesentwicklung und Strukturen. Bildungspolitik ist ebenso eine Frage der Steuerung von Ressourcen und besonders auch der Qualitätsentwicklung. Die Qualitätsfrage spielt in unseren Schulen immer noch nicht die entscheidende Rolle. Hier wollen und müssen wir deutlich besser werden, um die rote Laterne einmal abgeben zu können.

[Lachen von Georg Pazderski (AfD)]

In den nächsten knapp drei Jahren gilt es, den neuen schulgesetzlichen Rahmen mit Leben zu erfüllen. Die Schulentwicklung muss weiter vorangetrieben werden.

Es gilt auch, sich noch mehr Unterstützung von außen hinein in den Schulbereich zu holen, zum Beispiel Prozess- und Organisationsberaterinnen und -berater, die gemeinsam mit dem Schulpersonal, den Eltern und Schülerinnen und Schülern hinschauen, wie der Schulalltag besser organisiert werden und wie man Synergien erreichen kann, damit alle Beteiligten ein Mehr an gelingendem Handeln wahrnehmen können.

Die Inklusion stellt uns weiter vor neue Herausforderungen. Nicht nur eine bedarfsgerechte Ausstattung und keine versteckten Kürzungen sind Voraussetzung für Inklusion; auch der bedarfsgerechte Ausbau der SIBUZ und die Weiterentwicklung der Schulhelferinnen und Schulhelfer sind zwei wichtige Aufgaben. Das Berufsbild der Schulhelfer ist noch nicht ausreichend entwickelt. Hier wäre ein viel stärkerer Einsatz bei pädagogischen Aufgaben verbunden mit einer entsprechenden Qualifizierung möglich und dringend geboten. Das würde zum Beispiel bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ Unterstützung für die Kinder und Entlastung für die Pädagoginnen und Pädagogen bedeuten. Das wird dann im Zweifelsfall auch mehr kosten, aber die Bündelung und Weiterentwicklung von bestehenden Ressourcen hin zu multiprofessionellen Teams bringt den Schulen mehr, als zu warten, bis die

Fachkräftekrise bei den Lehrkräften ausgestanden ist. Es reicht eben absolut nicht aus, sich nur um einzelne Probleme zu kümmern, sondern der Blick muss auf das große Ganze gehen. Das Ziel soll dabei sein, dass Inklusion von Schulen nicht als Herausforderung wahrgenommen wird, sondern als Chance für eine gemeinsame Arbeit am und für das Kind.

Wenn Politik, Schule und Verwaltung sich zusammentun und stärker in den Sozialraum denken und handeln und sich organisieren und auf Augenhöhe agieren, ist da auch noch sehr viel Potenzial. Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel hat sich hier mit einem sehr spannenden Ansatz auf den Weg gemacht.

[Mario Czaja (CDU): Sie meinen sicher die Hauptmann-Schule!]

Nicht nur Jugendhilfe und Schulamt organisieren sich sozialräumlich, sondern auch die Schulaufsicht und die betreuenden Schulen organisieren sich sozialräumlich. – Dass Sie sich bei der Hauptmann-Schule nicht mit Ruhm Wirklichkeit haben, Herr Czaja, das ist ja wohl allen hier klar!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Hier liegt der Schlüssel in einer gelingenden Schulentwicklung, und hier schließt sich der Kreis in der Qualitätsfrage. Nur wenn die unterschiedlichen Institutionen auf Augenhöhe in einem gemeinsamen Verbund agieren, entstehen Bedingungen für Entlastung und erfolgreiches Handeln. Dafür werden wir als Koalition in den nächsten drei Jahren gemeinsam streiten und darüber diskutieren und dann auch zu guten Ergebnissen kommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Fresdorf jetzt das Wort!

[Kurt Wansner (CDU): Jetzt wird die FDP alles klarstellen!]

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden im Bildungsbereich gerne auch mit Tempobegriffen: Wir haben Ihnen einen Turboschulbau vorgeschlagen. Die CDU kommt mit einem Sprinterpaket an, und jetzt kommt die Koalition mit dem Schweinsgalopp-Schulgesetz in dieses Haus und legt es uns vor, heute in der zweiten Lesung.

[Steffen Zillich (LINKE): Mensch!]

Wir haben von Frau Dr. Lasić gelernt: So ein Schulgesetz zu ändern, ist etwas ganz Besonderes; das macht man einmal in der Wahlperiode, vielleicht auch zweimal, aber

(Marianne Burkert-Eulitz)

weil es so etwas Besonderes ist, macht man das nicht viel öfter. Und dann sollte man auch alle wichtigen Sachen berücksichtigt haben. Ich muss Ihnen sagen: Sie haben die Chance vertan!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Ihre große Eile, die Gemeinschaftsschule als Regelschule einzuführen, ist nicht nachvollziehbar. Frau Bentele hat es eben schon ausgeführt – ich will nicht allzu redundant werden und alles wiederholen, aber die wichtigen Punkte.

Sie haben nicht mal die Zeit, einen Schülerdurchlauf, wirklich nur einen ganzen Schülerdurchlauf durch die Gemeinschaftsschule abzuwarten und diesen wissenschaftlich begleitend validieren zu lassen und zu schauen, wie die Erfolge sind. Sie sind so hektisch in diesem Bereich, dass es jetzt unbedingt sein muss, und es ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar und ein großer Fehler, den Sie hier begehen. Die Gemeinschaftsschule könnte ein anerkannter Teil unseres Bildungssystems in Berlin sein, ein Teil neben den Gymnasien und ISS. Aber Sie tun alles, damit es nicht dazu kommt, damit die Kritik aufrechterhalten werden kann, damit man sich daran stößt und reibt.

Das kann natürlich auch daran liegen, dass Sie sich selbst nicht so ganz einig sind, was die Gemeinschaftsschule betrifft. Die Grünen haben es ja gerade gesagt – seit ihrem letzten Parteitag marodieren sie in der Bildungspolitik ein bisschen durch das Land und haben gesagt: Gemeinschaftsschule ist die einzig wahre Schule, den Rest brauchen wir eigentlich gar nicht. – Vielleicht ist auch das der Grund, warum es jetzt so schnell gehen muss. Solange sie ihre Mehrheiten in diesem Haus noch haben, werden sie versuchen, die Gemeinschaftsschule zur Regelschule zu machen.

Wir reden bei diesem Punkte nicht nur über das Schulgesetz, wo Sie viele Möglichkeiten haben verstreichen lassen, die man hätte ergreifen können, wie zum Beispiel auch, die Disziplinarmaßnahmen einmal zu modernisieren. Es dauert immer noch kläglich lange, bis Sie ein störendes Mitglied aus einer Klassengemeinschaft entfernen können. Bevor Sie da einmal durchgreifen können, vergehen Wochen und Monate, weil Sie die Fristen im Schulgesetz nicht angehen. Auch hier haben Sie eine Chance vertan, indem Sie das Thema überhaupt nicht angefasst haben.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wir beraten auch den Antrag der CDU-Fraktion mit. Wir haben ihn auch schon zweimal in diesem Hohen Haus beraten. Natürlich dürfen Geschwisterkinder nicht auseinandergerissen werden – es geht ja um Vereinbarkeit von Familie und Beruf –, aber des Pudels Kern ist doch, dass

Sie hier im Schulgesetz eine weitere Chance vertan haben, endlich die Abschaffung der Einschulungsbereiche durchzusetzen. Das wäre moderne Bildungspolitik und würde die Auswahl der Eltern stärken!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Burkard Dregger (CDU)]

Ein anderer Punkt in dieser Debatte ist die Brennpunktzulage, der Geld gewordene Offenbarungseid sozialdemokratischer Bildungspolitik. Das ist wirklich nicht durchdacht, was Sie da machen, und es ist auch nicht zielführend. 300 Euro brutto, das sind maximal 50 Euro netto, die Sie als Gefahrenzulage und Schmerzensgeld monatlich auszahlen wollen; anstatt dass Sie die Schulen vernünftig ausstatten, anstatt dass Sie Brennpunktschulen zu Vorbildern in dieser Stadt machen in der Ausstattung, indem Sie multiprofessionelle Teams dort arbeiten lassen, die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen.

[Regina Kittler (LINKE): Oh, Sie haben aber gut zugehört!]