Protocol of the Session on November 29, 2018

(Harald Moritz)

lfd. Nr. 9:

Einsetzung eines Sonderausschusses „Effizientes Luftverkehrssystem Metropolenregion Berlin/Brandenburg“

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 24. Mai 2018 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 10. Oktober 2018 Drucksache 18/1384

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0484

in Verbindung mit

lfd. Nr. 10:

Doppelbetrieb TXL und SXF/BER prüfen

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 10. Oktober 2018 Drucksache 18/1387

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0660

in Verbindung mit

lfd. Nr. 11:

Flughafen Tegel im Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion berücksichtigen, Landesplanung neuen Erfordernissen zügig anpassen!

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 10. Oktober 2018 Drucksache 18/1388

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0976

In der gemeinsamen Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Hansel. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Berliner! Lieber Regierender Bürgermeister! Schön, dass Sie da sind! Wenn der Senat mit seiner Flughafenpolitik so weitermacht, wird Berlin bald ein Vorort von Warschau. Ja, von Warschau, und nein, das ist nicht lustig.

Polen plant einen neuen Großflughafen für jährlich 100 Millionen Passagiere mit Kosten von 4,7 bis 7 Milliarden Euro, mit dessen Bau schon 2021 begonnen werden soll. Die Eröffnung ist für 2027 geplant. Dann ist der BER immer noch eine Baustelle, eine permanente Erweiterungsbaustelle, und davor graut es mir schon heute.

Was sich 500 Kilometer östlich von uns abspielt, kann uns Berlinern nicht egal sein. Denn während Warschau auf Zukunft getrimmt wird, verharrt Berlin in Stagnation. Man stelle sich vor, es würde dazu eine Schnelltrasse

zwischen Berlin und Warschau gebaut, die es erlaubte, die 500 Kilometer in anderthalb Stunden zurückzulegen – dann war es das mit uns. Dann ist Warschau das Berliner Tor zur Welt, und Interkontinentalverkehr gibt es für Berliner dann nur noch über Frankfurt oder eben Warschau. BER und Tegel bleiben dann auf ewig nur Zubringer zu den richtigen Flughäfen.

Der Luftverkehr entwickelt sich mit hoher Dynamik: in Berlin zwischen 2, 3 und sogar 5 Prozent, und seit der BER-Nichteröffnung 2012 haben sich die Wachstumsfaktoren sogar noch einmal zum Positiven verändert. Das Single-Airport-Konzept stammt von 1996 – vor 22 Jahren war die Welt des Luftverkehrs noch eine ganz andere. Es ist veraltet, überholt, untauglich für die Anforderungen von heute.

Daher ist für uns und offenbar auch für die Berliner die Geschäftsgrundlage des damaligen Single-Airport-Beschlusses entfallen. Sie, der rot-rot-grüne Senat, wollen oder können darauf nicht angemessen reagieren. Darum machen wir als Oppositionsführer in Sachen Berliner Flughafenpolitik –

[Zurufe von der FDP]

Ja, Herr Czaja! – diesen Irrsinn erneut heute im Parlament öffentlich und zeigen, wie es ginge. Sie können umkehren und müssten jetzt unseren drei Anträgen zustimmen, wenn Sie sich nicht an der Zukunft Berlins, Herr Regierender Bürgermeister, versündigen wollen.

[Beifall bei der AfD]

Der Berliner Luftverkehr hat an seinen Standorten Schönefeld und Tegel bereits heute die Kapazitätsreserven überdehnt. Die maximale Belastung in den Spitzenstunden führt zu erheblichen Qualitätseinbußen, Wartezeiten und Verspätungen zur Verärgerung der Passagiere. Und auch wenn Sie es nicht hören wollen und die Augen davor weiterhin verschließen, auch wenn Sie die einhellige Meinung aller Fachleute noch so halsstarrig ignorieren: Beim neuen Flughafen BER wird dieser Ausnahmezustand vom ersten Tag an Normalzustand sein: Qualitätseinbußen, Wartezeiten und Verspätungen – vom zu erwartenden Verkehrschaos auf den zuführenden Straßen ganz zu schweigen.

Ein neuer Flughafen, aber schon am Rande der Belastungsgrenze – das ist ein Unding, eine Lachnummer; außer in Berlin an keinem Ort dieser Welt denkbar.

[Beifall bei der AfD]

Es gibt nur die eine Lösung: Nur, wenn Tegel bei Reduzierung seines Angebots auf etwa die Hälfte, so um die 10 Millionen Passagiere, weitermacht, kann der BER einem operativen Kollaps entgehen. Darum müssen wir vom Etikettenschwindel des Single-Airport-Konzepts Abstand nehmen, in das sich Schönefeld-Alt als neuer T5 und mit Double-Roof-Konzept ja schon als Zweitflughafen eingeschmuggelt hat. Nur wenn wir Tegel in den

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion einschreiben, kann sein realistisch benötigter Weiterbetrieb auch auf ein rechtlich-planerisches Fundament gestellt werden. – Stimmen Sie also unserem Antrag zu, Tegel in die Planungsgrundlage der Hauptstadtregion mit dem Land Brandenburg einzubinden!

Zweitens: Weil das Single-Airport-Konzept – ich wiederhole es solange, bis Sie es endlich begriffen haben – aufgrund der Prognosen, die heute planungsrelevant sind, obsolet ist, kann es nicht sein, dass die Flughafengesellschaft immer noch weitermacht wie 1996 beschlossen. Flughafengeschäftsführer Lütke Daldrup kann sich damit herausreden, dass er keinen anderslautenden Auftrag hat. Na, da geben wir ihm den Auftrag! Es bedarf auch vor dem Hintergrund des Volksentscheids BER für Tegel und des darin manifestierten Willens der Berliner zum Weiterbetrieb von Tegel, den Sie hier ignorieren, einer Gesellschafteranweisung an die FBB, ihre operativen Planungen und Wirtschaftsberechnungen auf einen Doppelbetrieb auszurichten. – Stimmen Sie darum heute mit uns und erlauben Sie Herrn Lütke Daldrup, den Parallelbetrieb im operativen und wirtschaftlichen Szenarien objektiv zu prüfen!

Weil diese Legislaturperiode bisher durch Pleiten, Pech und Pannen geprägt ist – nicht nur, was die Fertigstellung des BER und dessen weitere Planung betrifft – kommen Sie am Ende gar nicht drum herum – jetzt komme ich zum dritten Punkt –, in einem Sonderausschuss – ich werde es immer wieder sagen, Herr Stroedter; Sie sagen ja auch schon, das wäre richtig gewesen – ergebnisoffen über ein effizientes Flughafensystem unter Einschluss von Tegel und weiterer Aus- oder Neubauoptionen am BER zu beraten. Wir müssen verhindern, was jetzt droht: dass durch Ihre Sturheit und Ihre Ignoranz Berlin luftverkehrstechnisch ein Vorort von Warschau wird.

[Beifall bei der AfD]

Sie haben jetzt die Chance, umzukehren. Wenn Sie es nicht tun, werden Sie das alles politisch zu verantworten haben, und das geht dann positiv auf unser Wählerstimmenkonto. Das wird einmal mehr unsere Partei des politischen Realismus aus der Mitte der Gesellschaft stärken. Und das ist dann auch gut so!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Sehr gut!]

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Stroedter das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Hansel! Um mal mit dem Letzten anzufangen, mit dem Sonderausschuss: Den hätten Sie relativ leicht haben können. Sie brauchten, CDU und FDP, 43

Stimmen. Ich bezweifle entschieden, dass die CDU die Stimmen zusammenbekommen hätte. Dann hätte es keinen Untersuchungsausschuss gegeben, dann hätten Sie Ihren Sonderausschuss neu beantragen können.

Heute ist das Geschichte; das wissen Sie. Das ist leider schade, weil Sie an der Stelle der CDU nur geholfen haben, obwohl Sie ja sachlich etwas ganz anderes vertreten. Wie der Untersuchungsausschuss läuft, wissen Sie selber: Wir gucken nach hinten und gar nicht auf die Themen, die Sie hier alle ansprechen.

Zweitens, und das ist das entscheidende Thema: die Frage des Doppelbetriebs. Da sind ja viele Themen, die Sie komplett ausblenden. Fangen wir an mit dem Thema Flugrouten. Das war eine Riesenanstrengung, diese Flugrouten jetzt für diesen neuen Flughafen hinzubekommen. Und da sage ich Ihnen mal, gerade im Süden Berlins, im Südwesten Berlins – sehr CDU-lastig –, da hat man ganz bestimmte Vorstellungen gehabt, was geht und was nicht geht. Die wissen zwar gar nicht, was Flugverkehr ist, da kommen Sie mal nach Reinickendorf, wo Sie die Maschinen anfassen können, wenn sie über den KurtSchumacher-Platz fliegen. Aber trotzdem war das für die ganz wichtig, dort an dieser Stelle zu erreichen, dass die Flugrouten so sind.

Wenn Sie den Doppelbetrieb aufmachen, ist die gesamte Einigung mit den Flugrouten dahin. Wollen Sie das ernsthaft? – Wir wollen das nicht.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Florian Kluckert (FDP)]

Zudem: die rechtliche Frage. Wir haben hier eine ausgiebige Debatte darüber geführt, ob das rechtlich möglich ist oder nicht. Da geht es mir gar nicht um den Beschluss aus dem Jahr 1996, sondern um die Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht. Wir haben den Bundesrichter a. D. Paetow gebeten, ein Gutachten zu machen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Haben wir doch heute auch!]

Dieses Gutachten liegt Ihnen vor – da war er auch in der AfD-Fraktion eingeladen, Sie haben mit ihm diskutiert. – Das Gutachten ist eindeutig. Wir haben rechtlich gar nicht die Möglichkeit, das zu machen, im Gegenteil – wir riskieren Klagen ohne Ende mit dem Ergebnis, dass wir zum Schluss gar keinen Flughafen haben. Das ist die Situation.

Drittens: die Frage der Kapazität. Wir haben es uns mit dem Untersuchungsausschuss ja nicht leicht gemacht, sondern wir sind ja mal sowohl zum BER gegangen als auch nach Tegel.

Herr Kollege! Gestatten Sie Zwischenfragen von Herrn Czaja und Herrn Hansel?

(Frank-Christian Hansel)

Die Reihenfolge können Sie sich aussuchen, ist mir egal. Ich gestatte immer Zwischenfragen.

Herr Czaja hat sich zuerst eingedrückt und wäre deswegen dran.