Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Herr Moritz das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sachargumente haben wir nicht gehört, und wenn Sie sich zum Lärmschutz äußern, zeigt sich nur, dass Sie davon gar keine Ahnung haben.
Lärmschutzgelder werden ja nicht im Haushalt abgebildet, sondern sind Sache der Flughafengesellschaft.
Selbstverständlich respektieren wir das Ergebnis des Volksentscheids „Berlin braucht Tegel“ – es ist doch der politische Wille knapp einer Million Berlinerinnen und Berlinern, die den Flughafen Tegel als Verkehrsflughafen unbefristet weiterbetrieben haben wollen. Der Senat wird darin aufgefordert, die Schließungsabsicht aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die für den Weiterbetrieb erforderlich sind.
Der Senat hat gehandelt: Er hat eine umfangreiche Folgenabschätzung durchgeführt. Darüber hinaus wurde Dr. Paetow beauftragt, eine juristische Begutachtung zum Umgang mit dem Volksentscheid vorzunehmen. Er kam zu dem Ergebnis, er die Umsetzung des Volksentscheids nicht empfehlen kann.
Da Berlin nicht allein über die Zukunft des Flughafens Tegel entscheiden kann, wurde die Brandenburger Landesregierung gefragt, ob sie der Änderung der gemeinsamen Landesplanung zustimmt. Und die Gesellschafter der Flughafengesellschaft wurden gefragt, ob sie vom Konsensbeschluss, also dem Single-Airport-Beschluss abrücken wollen. – Beides waren negative Antworten.
Damit hat der Senat der Handlungsverbindlichkeit des Volksentscheids in ausreichendem Maße Genüge getan.
Eine Ergebnisverbindlichkeit erwächst aus diesem Volksentscheid nach Prof. Dr. Ziekow nicht, da hier kein Gesetz, sondern eine politische Willensbekundung zur
Abstimmung stand. Der von der FDP beauftragte Prof. Dr. Ziekow hat in seinem Gutachten auch deutlich gemacht, dass im Land Berlin ein Volksentscheid zur politischen Willensbildung einem Parlamentsbeschluss zur politischen Willensbildung gleichgestellt ist und den Senat in keinem Fall bindet. Ungeachtet dessen ist der Volksentscheid, wie wir natürlich alle erwarten können, ernst genommen worden, und es ist danach gehandelt worden. Wie weit die Handlungsverbindlichkeit des Volksentscheids geht, konnte Prof. Dr. Ziekow in der Anhörung auch nicht definieren. Also ist es genug.
Er hat darüber hinaus dargestellt, dass die Initiatoren des Volksentscheids kein Gesetz zum dauerhaften Weiterbetrieb Tegels vorlegen konnten, weil das nicht in der alleinigen Entscheidungskompetenz Berlins liegt, für den Weiterbetrieb die gemeinsame Landesplanung geändert werden und ein Verfahren inklusive einer gerechten Abwägung aller Belange erfolgen müsste und weil nicht per Gesetz entschieden werden kann, ob der Weiterbetrieb möglich ist. Meine Schlussfolgerung daraus ist, dass ein Volksentscheid in der Tegel-Frage kein geeignetes Instrument ist.
Was noch bliebe, ist der Alleingang Berlins durch die Kündigung der gemeinsamen Landesplanung. Das würde aber, abgesehen von rechtlichen und zeitlichen Risiken, die für Berlin dringend notwendige Zusammenarbeit mit Brandenburg aufkündigen – mit unabsehbaren Folgen. Das kann nicht im Interesse der Berliner und der Berlinerinnen liegen.
Die Initiatoren des Volksentscheids haben diese Möglichkeit in ihrer Argumentation übrigens auch nicht gesehen. Bisher hat von der Tegel-Offenhalten-Kampagne einzig die FDP profitiert, alle anderen haben verloren:
Das ist der Volksentscheid selbst, der als Instrument der direkten Demokratie von der FDP missbraucht wurde.
Da sind die Berliner und Berlinerinnen, die dachten, sie könnten mit dem Volksentscheid den Flughafen Tegel offen halten, die Anwohner und Anwohnerinnen, die noch mehr das Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen verloren haben, und der Senat und wir, weil wir den Volksentscheid nicht in verantwortungsvoller Weise umsetzen können.
Vielen Dank, Herr Moritz! Sie sagen das so vorwurfsvoll. Ich würde gern von Ihnen erklärt bekommen, was daran verkehrt ist, wenn man sich für die Bürger einsetzt und für die Bürger stark macht und dann auch gewählt wird.
Der Volksentscheid suggerierte sozusagen, dass man mit ihm eine Entscheidung herbeiführen kann, und die kann man eben nicht damit herbeiführen – jedenfalls nicht in der Tegel-Frage. Man kann den Flughafen Tegel nicht über einen Volksentscheid offenhalten. Das geht nicht. Und Berlin allein kann es auch nicht. Das haben ja jetzt alle deutlich gemacht. Von daher ist dieser Volksentscheid in dieser Frage ein untaugliches Mittel gewesen.
Daher stimmen wir der Vorlage des Senats zu, weil wir eine verlässliche Politik für die Anwohnerinnen und Anwohner, für alle Berlinerinnen und Berliner, für den Luftverkehr und für die Stadtentwicklung machen.
Wir wollen Tegel schließen und für alle Berlinerinnen und Berliner mit neuer Nutzung öffnen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Es ist ja schön, dass wir über 300 000 Berlinerinnen und Berliner reden, die es natürlich wert sind, auch entsprechend gewürdigt zu werden, wie Herr
Stroedter das ja immer tut. Aber es geht schlichtweg um die Zukunft. Uns geht es nicht um heute, wir müssen heute die Grundlagen schaffen, dass wir ein Flughafensystem haben, das 20, 30 und 40 Jahre lang funktioniert. Und begreifen Sie es einfach: Es wird mit dem BER und den komischen modularen Geschichten, die als DritteWelt-Containerbauten und sonst etwas dorthin kommen, nicht einen würdevollen Flughafen für diese Stadt geben. Das ist eine Versündigung an der zukünftigen Infrastruktur unseres Landes.
Darum geht es. Es geht um die Zukunft. Es geht nicht um das Gestern und auch nicht um das Heute, sondern es geht um die Zukunft dieser Stadt, für die Berlinerinnen und Berliner und die Brandenburgerinnen und Brandenburger. Wir sind mit der Flughafendebatte nicht zu Ende. Das kann ich Ihnen heute sagen. Wir machen weiter, und wir werden das drei Jahre lang machen. Das ist ein Martyrium, dem Sie sich aussetzen, denn das wird Ihr Untergang. Das ist ganz klar. – Danke!
[Beifall bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): Wovon träumen Sie denn? – Zuruf von der AfD: Nicht vom Kommunismus!]
Tegel hat eine Zukunft in der Nachnutzung für Wohnen, Arbeiten, Forschen und Freizeit, aber nicht für den Flugbetrieb innerhalb der Stadt.