Protocol of the Session on May 31, 2018

2005, Frau Kittler, hatte der rot-rote Senat den großen Sündenfall in der frühkindlichen Bildung in diesem Land herbeigeführt: die Abschaffung der Vorschule.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf von Regina Kittler (LINKE) – Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Das ist doch Quatsch!]

Wir nehmen in der Schule die Kinder so, wie sie sind! Das kriegen wir hin! – Haben Sie mal mit Lehrern in der Grundschule gesprochen, wie die aktuelle Situation ist? Wie beschulbar sind denn Kinder, die heute in die erste Klasse kommen?

[Zuruf von der AfD]

Wir haben die Situation, dass im Land Berlin Kinder in die erste Klasse kommen, die in Berlin geboren sind und zum Teil kaum ein Wort Deutsch sprechen, und das, weil Sie in den Bezirken nicht dafür sorgen, dass Sprachförderung durchgesetzt wird. Das ist eine Schande für diese Stadt und für die frühkindliche Bildung, die Sie alle zusammen zu verantworten haben!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Wir müssen dringend dafür Sorge tragen, dass die Kinder beschulbar sind, wenn sie in die Schule kommen, dass sie dem Unterricht folgen können, dass Sie nicht von der ersten Minute an Bildungsverlierer in dieser Stadt produzieren. Wir wollen Menschen, die ein selbstbestimmtes Leben führen können. Und das können sie nur, wenn sie die beste Bildung genießen. Und das – es tut mir leid – ist in Berlin kaum noch möglich.

Hier wird aus Kindertagesstäten in dieser Stadt von Situationen berichtet, wo Erzieherinnen und Erzieher am Nachmittag in der Freifläche 30 bis 50 Kinder alleine beaufsichtigen. 30 bis 50 Kinder – das ist Ihre Verantwortung! Diese Erzieherinnen stehen jeden Tag mit einem Bein im Gefängnis. Sie werden diese Leute nicht schützen, wenn etwas passiert, Sie werden als Erste sagen: Das kann nicht sein, sie hätte sich doch melden müssen!

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Sie machen das, weil sie mit Inbrunst ihren Job machen, weil sie den Kindern ermöglichen wollen, eine Kita zu

besuchen, weil Sie den Eltern ermöglichen wollen, arbeiten zu gehen. Darum melden sie sich nicht bei der Kitaaufsicht in den Bezirken. Ich warte nur darauf, dass die Hilferufe wirklich laut werden und dass die Kitas sagen: Wir können nicht mehr, wir müssen zumachen!

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Und dann haben wir beim nächsten Mal nicht 3 000, sondern 30 000 Eltern auf der Straße, wenn es um die Kitakrise geht.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Darum sprechen wir uns dafür aus – Sie haben es mit aus meiner Sicht fadenscheinigen Gründen in der letzten Plenarsitzung abgelehnt –,

[Regina Kittler (LINKE): Jetzt kommt es!]

zur Entlastung der Kitaleitung kaufmännische Mitarbeiter in den Kindertagesstätten zu beschäftigen. Sie kennen die Argumente. Und was mich ganz besonders freut: Frau Gebel teilt das. Mir wurde aus der Diskussionsveranstaltung mit dem Kollegen Kleebank in Spandau berichtet, dass Frau Gebel das als eine gute Idee bewertet hat. Kaufmännische Mitarbeiter in Kitas? – Super Sache, können wir entlasten! – In Spandau geht es, warum denn hier nicht?

[Zurufe von Silke Gebel (GRÜNE) und von Stefanie Remlinger (GRÜNE): An Schulen!]

Ja, aber auch in Kitas, Frau Gebel! – Da sollte man vielleicht mal gucken, dass man auf allen Ebenen gleich argumentiert und gleich redet!

Es ist eine praktische Lösung. Wir bekommen bei der Zahl 400 Vollzeitäquivalente von Erziehern in die Kitas. 400! Das sind Tausende von Kitaplätzen, die wir sofort schaffen können.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Das ist doch Quatsch!]

Damit können wir die Kitakrise auf einen Schlag lösen. Das ist ein guter Ansatz, den müssen wir verfolgen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Kurt Wansner (CDU) – Zurufe von den GRÜNEN]

Darüber hinaus müssen wir auch die Chancen der Digitalisierung nutzen. Ein zentrales Onlineportal zur Anmeldung neuer Kitaplätze, wo wir auch mal einen Überblick haben: Wo genau sind denn noch Plätze frei in dieser Stadt? – Das ist hilfreich.

[Zurufe von Silke Gebel (GRÜNE) und Katrin Seidel (LINKE)]

Nein, das ist nicht Planwirtschaft, das ist modern. Sie kennen sich nicht einmal mit Ihren eigenen Werkzeugen aus, Frau Seidel!

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP]

Wir müssen eine schnelle Entlastung schaffen. Wir müssen Kinder in den Kindertagesstätten wieder fördern. Wir müssen die Erzieherinnen und Erzieher besser bezahlen. Und wenn wir sagen: Das letzte Jahr in der Kita wird von der Schulpflicht eingeschlossen, und wir machen da richtige Vorschularbeit –, dann müssen wir die Ausbildung anpassen, und dann haben wir auch einen guten Grund, Erzieherinnen und Erzieher nach der Entgeltklasse 9 oder 10 zu bezahlen. Damit ist die Lücke mehr als geschlossen, und sie bekommen auch noch mehr als in anderen Ländern. – Ich freue mich darauf, wenn Sie unsere Vorschläge umsetzen.

[Katrin Seidel (LINKE): Welche denn? – Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Ich verspreche Ihnen eines: Auf unsere InkompetenzKompensationskompetenz können Sie sich verlassen. – Danke!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der CDU scheint gewissenhaft ausgearbeitet und umfassend zu sein. Den Antrag der Koalition konnte ich leider nicht lesen; da sind schon im Titel so komische Sonderzeichen drin.

[Heiterkeit bei der AfD]

Allerdings vermisse ich zwei Aspekte – erstens die Tagesmütter. Die Tagesmütter, die jetzt politisch korrekt – oder sollte man lieber sagen: politisch verrückt? – Pflegepersonen heißen, werden zwar erwähnt, doch: Bekommen die Tagesmütter die Beachtung in der Diskussion, die sie verdienen? Wird für Tagesmütter geworben? Haben Sie schon einmal ein Plakat der Bildungssenatorin – wo ist sie denn? – Dort! – gesehen, das für Tagesmütter wirbt? – Ich nicht. Es scheint auch nicht gewollt zu sein, die Anzahl der Tagesmütter zu erhöhen. In Steglitz werden zum Beispiel keine Bewerbungen für neue Tagesmütter mehr entgegengenommen. Mit wenig Aufwand könnte man ein großes Betreuungsvolumen schaffen. Allerdings scheint man bei Rot-Rot-Grün lieber an der staatlich organisierten Kinderbetreuung festhalten zu wollen. Das hat wohl mit den sozialistischen Pädagogikerfahrungen in der DDR zu tun.

Vor allem vermisse ich aber – zweitens – eine Initiative, die die Mütter unterstützt, sich selbst um ihre Kinder zu kümmern. „Umfassende Fachkräfteoffensive starten“

steht in Ihrem Papier. Sind nicht die eigentlichen Fachkräfte für die frühkindliche Erziehung die Mütter?

[Beifall bei der AfD]

Bei Kindern unter drei Jahren kann die mütterliche Fürsorge kaum durch eine noch so fürsorgliche Fremdbetreuung kompensiert werden. Insofern war der Gedanke der CDU/CSU, ein Betreuungsgeld auszuloben, eine gute Idee. Probleme ergeben sich, wenn die Mütter ihren Kindern keine adäquate sprachliche Deutschentwicklung mitgeben können. Bei allen anderen aber wäre zu überlegen, ob die betroffenen Frauen und Kinder mit der Auszahlung des für die Kitabetreuung vorgesehenen Betrags zu Hause nicht besser fahren würden. Die Anerkennung, die Frauen für ihre Rolle als Hausfrau und Mutter bekommen, ist, wie wir alle wissen, alles andere als üppig. Lieber möchte der links-grün-sozialistische Zeitgeist Frauen in der Produktion und in möglichst männlichen Berufen sehen. Wo sah man früher Frauen bei den Entwässerungswerken, beim Straßenkehren oder in den Grüngartenanlagen? Heute trifft man dort relativ häufig junge Frauen an. Interessanterweise so gut wie nie Frauen mit Migrationshintergrund. Muslimische junge Frauen haben offenbar anderes im Sinn.

Fachkräfteoffensive: Die besten Fachkräfte für die Erziehung unserer Kinder sind die Mütter. Helfen wir Ihnen, dieser Aufgabe so gut es geht gerecht zu werden! Dafür brauchen wir Geld und soziale Anerkennung. – Danke schön!

[Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Nun gebe ich Frau Senatorin Scheeres das Wort. – Bitte sehr, Frau Senatorin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Kitaplätze schaffen – Erzieherinnen und Erzieher unterstützen jetzt! – das war das Motto der Demo am Wochenende. Ja, die Situation in Berlin ist schwierig, und die Suche nach einem Kitaplatz stellt eine Belastung für die Familien dar. Deswegen nehme ich die richtigen Forderungen, die auch am Samstag ausgesprochen worden sind, sehr ernst, allerdings nicht erst seit Samstag. Nicht ohne Grund stellen die Themen frühkindliche Erziehung, Ausbau der Kita, verbesserte Qualität in der Kita einen Schwerpunkt der Arbeit der letzten Jahre dar.

Meine sehr geehrten Herren und Damen der CDU! Ich bin schon sehr erstaunt, dass Sie sich hier plötzlich als die Kitaversteher aufspielen. Wer hat denn den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auf Bundesebene durchgesetzte? Jahrelang haben Sie diesen Rechtsanspruch blockiert.

(Paul Fresdorf)

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ohne diesen Rechtsanspruch könnten die Eltern ihre Ansprüche gar nicht wahrnehmen.

Sie kommen auch nicht damit durch, eine Woche vor der Demonstration einen Siebenpunkteplan zu formulieren, wo eben schon angesprochen wurde, dass die wesentlichen Forderungen Ihres Plans Inhalt des Maßnahmenpakets des Senats darstellen.

[Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Scheinheilig!]

Damit kommen Sie nicht durch!