Protocol of the Session on May 31, 2018

lfd. Nr. 33:

Antrag auf Entscheidung über die Aufhebung einer Immunität eines Mitglieds des Abgeordnetenhauses auf Antrag des Leitenden Oberstaatsanwalts in Berlin 276 Js 1933/17

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung vom 16. Mai 2018 Drucksache 18/1075

Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 18/1075 vor. Darüber hinaus hatten alle Abgeordneten die Gelegenheit, die nichtöffentlichen Unterlagen, die zu diesem Immunitätsvorgang gehören, einzusehen.

Die Fraktionen haben einvernehmlich erklärt, dass sie zu diesem Immunitätsvorgang keinen Bedarf für eine Plenaraussprache haben. Das betroffene Mitglied des Abgeordnetenhauses hat ebenfalls keinen Redebedarf angemeldet. Andere Wortmeldungen liegen mir ebenfalls nicht vor.

Ich gehe davon aus, dass zu diesem Tagesordnungspunkt keine Aussprache erfolgen soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Daher stelle ich fest, dass auf eine Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt einvernehmlich verzichtet wird.

(Marianne Burkert-Eulitz)

Damit kommen wir zur Abstimmung über die vom Leitenden Oberstaatsanwalt in Berlin beantragte Aufhebung der Immunität. Der Rechtsausschuss hat mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Aufhebung der Immunität des betroffenen Mitglieds des Abgeordnetenhauses in dem Verfahren 276 Js 1933/17 zur Durchführung der beantragten Maßnahmen empfohlen. Wer also der Aufhebung der Immunität wie beantragt gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/1075 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Bei den Oppositionsfraktionen und den beiden fraktionslosen Kollegen. – Damit hat das Abgeordnetenhaus mehrheitlich seine Zustimmung zur Durchführung der vom Leitenden Oberstaatsanwalt beantragten Maßnahmen in dem Verfahren 276 Js 1933/17 erteilt.

Tagesordnungspunkt 3 A war Priorität der Fraktion Die Linke unter 3.4.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 4:

Gesetz zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Berliner Beamtinnen und Beamte

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1055

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Hauptausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Ich darf aufrufen

lfd. Nr. 5:

a) Zukunftsweisende Grundlagen für das Berliner

Institut für Islamische Theologie legen!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 19. März 2018 Drucksache 18/0950

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0461

b) Auf den Boden des geltenden Rechts zurückkehren

Institut für Islamische Theologie rückabwickeln

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1065

[Unruhe]

Es wäre nett, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn hier ein bisschen mehr Ruhe einkehren würde! – In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion, und Herr Kollege Trefzer – bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit unserer letzten Debatte zum Thema islamische Theologie sind knapp elf Monate vergangen. Seither ist kaum etwas, was in der Planung des Instituts hätte schiefgehen können, nicht auch tatsächlich schiefgegangen. Zuletzt ist der Senat von den verbliebenen konservativen Islamverbänden mit Fristüberschreitungen und Pöbeleien regelrecht gedemütigt und lächerlich gemacht worden. Der Vorwurf des Dilettantismus war da noch einer der harmloseren.

Niemand in diesem Haus, denke ich, kann mit dem erzielten Ergebnis wirklich zufrieden sein: mit einem Beirat, in dem drei höchst zweifelhafte, konservative Islamverbände die Humboldt-Universität und den Senat nach Lust und Laune an der Nase herumführen würden. Es ist daher höchste Zeit, dass wir Abgeordnete das Heft des Handelns in die Hand nehmen, bevor weiterer Schaden für alle Beteiligten entsteht.

[Beifall bei der AfD]

Ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, Herr Müller, warum Sie nicht von sich aus die Reißlinie ziehen. Spätestens nach dem offenen Brief, den Ihnen Seyran Ateş geschrieben hat, hätte Ihnen doch klar sein müssen, dass die vom Wissenschaftsrat im Jahr 2010 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt werden können!

[Beifall bei der AfD]

Denn weder war an eine einvernehmliche Besetzung des Beirats zu denken, noch konnte sichergestellt werden, dass der Beirat die Vielfalt der muslimischen Organisationsformen in Deutschland widerspiegelt. Und schon gar nicht konnte gewährleistet werden, dass die Beiräte frei und unabhängig agieren können, wie vom Wissenschaftsrat gefordert. Oder wollen Sie uns immer noch weismachen, dass Ihr Vertragspartner Mahmood Khalilzadeh frei und unabhängig agiert, einer der einflussreichsten Propagandisten des Iran in Deutschland, oder Ihre SPDParteifreundin Lydia Nofal mit ihren guten Kontakten zur islamistischen Muslimbrüderschaft oder die Islamische Föderation, die laut Verfassungsschutz Verbindungen zur islamistischen Millî-Görüş-Bewegung hat? – Glauben Sie wirklich, dass Sie mit diesen drei Partnern ein wissenschaftliches Institut im Sinne der Kriterien des Wissenschaftsrats werden aufbauen können?

Ihre Politik ist, je nach Standpunkt, ein Scherbenhaufen und ein Missgebilde nach der Einschätzung des Kollegen Dregger oder Murks in der Bewertung der Kollegin Jarasch. Der Gipfel der Dreistigkeit aber war jetzt, Herr Müller, bei der Mauschelei mit der Islamischen Föderation erreicht.

[Frank Zimmermann (SPD): Sie müssen wirklich mal aufhören, mit Namen zu mauscheln!]

Mich würde wirklich mal interessieren, was Sie mit der Islamischen Föderation besprochen haben, um diesen

(Präsident Ralf Wieland)

Verband noch zu einer Teilnahme zu bewegen. Denn Mustafa Özdemir, der Geschäftsführer der Islamischen Föderation bewertet das Ergebnis gänzlich anders als der Senat. In der Pressemitteilung der Islamischen Föderation heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

Zum Durchbruch der zähen und gegen Ende ins Stocken geratenen Verhandlungen verhalfen deutliche Nachbesserungen im Vertragswerk zugunsten der islamischen Religionsgemeinschaften. Unter anderem sieht der Vertrag jetzt eine faktische Sperrminorität zugunsten der Religionsgemeinschaften vor.

Das, Herr Müller, passt nicht zur Aussage des Senats, die Verträge seien nicht verändert worden.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Tatsächlich, wer rechnen kann, ist im Vorteil und muss feststellen, dass sich wirklich etwas verändert hat. Während sich nach der ursprünglichen Regelung mit neun stimmberechtigten Beiratsmitgliedern vier von fünf Verbandsvertretern hätten zusammenschließen müssen, um eine Berufung zu verhindern, sind dafür in dem verkleinerten Beirat nur noch zwei von drei Verbandsvertretern erforderlich. Das heißt, Herr Özdemir von der Islamischen Föderation braucht jetzt nur noch Frau Nofal vom Zentralrat der Muslime und dann kann er jede wesentliche Entscheidung blockieren. Die Änderung der Zahlenarithmetik verschiebt das Gewicht weiter Richtung Verbände. Das ist es, was Herr Özdemir mit der faktischen Sperrminorität der Verbände meint. Und das ist genau das, wovor Frau Ateş Sie in ihrem offenen Brief gewarnt hat, Herr Müller. Sie lassen sich am Nasenring der konservativen Verbände durch die Arena ziehen. Sie verändern die ursprüngliche Geschäftsgrundlage und werden so zum Quartiermacher eines noch weiter reichenden Einflusses der konservativen Verbände. Hören Sie endlich auf zu bagatellisieren, zu tricksen und zu täuschen! Tun Sie nicht weiter so wie am Montag im Ausschuss, als verschiebe die Änderung der Zahlenarithmetik nicht die politischen Gewichte.

Noch ein entscheidendes Argument tritt hinzu: Mit der Reduzierung der Zahl der Verbände auf lediglich drei, verlassen Sie endgültig den Boden der verfassungsrechtlich gebotenen Mitwirkungsrechte der islamischen Seite bei der Ausgestaltung des Beirats. Der Senat kann sich nicht einfach ein Institut für Islamische Theologie mit einem handverlesenen Minibeirat nach Gutdünken zurechtlegen, das hat das Gutachten Dr. Munsonius klar bestätigt. Deswegen meine Aufforderung: Schauen Sie endlich den Tatsachen ins Auge, ersparen Sie dem Land Berlin, der Humboldt-Universität und allen beteiligten Wissenschaftlern die Folgen einer absehbaren Niederlage in Karlsruhe und beenden Sie Ihre Geisterfahrt beim Institut für Islamische Theologie. Kehren Sie auf den Pfad einer verantwortungsvollen Wissenschaftspolitik

zurück. Unser Antrag bietet Ihnen dafür die Gelegenheit. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Dr. Czyborra das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf den Kollegen eingehe, möchte ich mich erst einmal an dem ursprünglichen und älteren Antrag der CDU-Fraktion abarbeiten. Ich muss sagen, ich finde es ein bisschen schade, schon irgendwie traurig, dass die CDU in der Wissenschaftspolitik in den letzten Monaten eine ziemliche Ein-Themen-Partei geworden ist. Sie klammern sich an dieses Thema Institut für Islamische Theologie, und ich finde es ganz besonders traurig, weil ich ja weiß, wie sehr sich Mitglieder Ihrer Fraktion, Herr Dregger im Besonderen, in der letzten Legislaturperiode dafür eingesetzt haben. Jetzt tun Sie so als würden Sie nicht verstehen, was da passiert und holen es immer wieder hoch. Dabei wissen Sie ganz genau, worum es hier geht.

[Zuruf von der AfD: Worum geht es denn?]

Wir wollen, dass die Kinder in dieser Stadt, dass die Muslime in dieser Stadt die Chance haben, gut ausgebildete, auf wissenschaftlicher Grundlage ausgebildete Theologinnen und Theologen, Lehrkräfte, Sozialpädagogen zu haben, dass es in dieser Stadt möglich ist, sich wissenschaftlich auch mit der Religion des Islam auseinanderzusetzen. Deswegen wollen wir dieses Institut.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Natürlich ist das etwas schwierig. Das gilt aber für alle Theologien, weil wir hier bei den universitären Theologien in einer Dichotomie zwischen der staatlichen Neutralität und dem religiösen Bekenntnis stehen, zwischen der Wissenschaftlichkeit und der Wissenschaftsfreiheit auf der einen Seite und der Bekenntnisgebundenheit der Theologie. Theologie ist Bekenntnis und geht nicht ohne die Religionsgemeinschaften. Alles andere, wenn wir uns hinstellen würden und sagten: Wir bestimmen, was da gelehrt, wie da geforscht wird – selbstverständlich unter Beibehaltung der Wissenschaftlichkeit –, wäre ein staatlich verordnetes Bekenntnis. Das kann keiner wollen, und das geht auch nicht.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]