Protocol of the Session on May 17, 2018

Sie sagen uns: Das kann man doch aus den Sachmitteln bestreiten! – Das machen sie aus so einer Position heraus, wenn man die Eigenbetriebe betrachtet, die keine Mieten bezahlen und zum überwiegenden Teil in eigenen Objekten sitzen, die natürlich durch die Kitafinanzierung be

vorzugt werden. Die haben Sachmittel en masse dafür übrig. Aber die freien Träger, die die große Anzahl der Kitastellen in diesem Land stellen, die zahlen Mieten, die haben Kosten zu tragen, die die staatlichen Betriebe nicht haben. Die haben diese Spielräume eben nicht. Deswegen ist es Zeit, jetzt zu sagen: Wir brauchen eine Entlastung der Leitungskräfte, wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher an den Kindern und nicht an den Schreibtischen. Damit ist allen geholfen.

Ich freue mich, wenn Sie heute Ihre Meinung ändern werden und unserem Antrag zustimmen. Dann geht es auch wieder aufwärts, und wir können die Kitakrise Stück für Stück beenden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Kühnemann-Grunow das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Fresdorf! Angesichts des Kitaplatzmangels erscheint es vielleicht zunächst als sinnvoll, solche kaufmännischen Mitarbeiter einzustellen, damit die Erzieherinnen und Erzieher oder auch die Leitungen der Kitas ihren originären Aufgaben nachkommen können. Bei genauer Betrachtung aber – Frau Kittler hat es gerade schon bemerkt – stellen wir fest, dass in der Regel die ganze Verwaltungsarbeit von den großen Trägern wahrgenommen wird. Und auch für die kleineren Kitas, von denen Sie sprechen, gibt es durchaus Angebote vom DaKS oder anderen Verbänden, die diese Verwaltungsaufgaben für die Kitas übernehmen.

Die Kitaeigenbetriebe beschäftigen im Übrigen schon Verwaltungsangestellte und auch Geschäftsführungen, die dann für diese Angelegenheiten zuständig sind. Von daher sehen wir dort keinen Bedarf.

In der Finanzierung der Kitaplätze, die der Rahmenvereinbarung zur Finanzierung und Leistungssicherung der Tageseinrichtungen folgt, sind die Verwaltungskostenanteile enthalten.

Interessant ist auch, dass bei den RV-Verhandlungen von Verbandsseite keine Erhöhung der Verwaltungskosten gefordert wurde. Wenn das der Fall gewesen wäre, könnte man vielleicht noch mal darüber sprechen. Das war aber nicht der Fall.

Das allein ist kein Grund, Ihrem Antrag nicht zu folgen. Warum wir den Antrag dennoch abgelehnt haben, hat damit zu tun, dass wir bereits 2016 wesentliche Verbesserungen für die Entlastung der Kitaleitungen umgesetzt haben. Bis zum 31. Juli erfolgte eine Freistellung für

gruppenbezogene pädagogische Arbeit ab 120 Kindern. Heute ist es bei 100 Kindern der Fall. Und mit dem KitaFöG kommen wir noch mal zu einer Verbesserung mit einem Schlüssel von 1 : 90.

Deshalb: Ich wünsche mir auch bessere Bedingungen für unsere Kitas. Daher schaffen wir als Koalition nicht nur Kitaplätze, sondern arbeiten auch an der Qualität. Wir haben den Schlüssel gesenkt. Wir haben Ermäßigungen bei den Anleitungsstunden für Quereinsteiger. Das sind alles Verbesserungen. Man muss mal ganz ehrlich sagen: Nirgendwo in Deutschland sind die Gruppen so klein. Nirgendwo gibt es kostenfreie Angebote. Nirgends hat man einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz mit sieben Stunden ohne Bedarfsprüfung. Wir schaffen nicht nur neue Kitaplätze, sondern wir sorgen auch für die Qualität. Und langfristig – das möchte ich festhalten – werden wir den Fachkräftemangel in der Kita nur beseitigen, wenn wir für eine Verbesserung bei der Bezahlung sorgen, denn dann kommen neue Erzieherinnen und Erzieher.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Roman Simon (CDU)]

Wir haben bei den zurückliegenden Verhandlungen zum Haushalt bei den Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern begonnen. Und, ganz ehrlich: Mit dem nächsten Doppelhaushalt müssen die Erzieherinnen und Erzieher folgen. – Danke!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Simon das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht erst mit dem nächsten Doppelhaushalt! Das muss schon früher sein, bei den nächsten Tarifverhandlungen!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

Wir beraten heute aber den Antrag „Kitas unterstützen: Kaufmännische Angestellte einstellen und so Erzieherinnen und Erzieher entlasten“. Herr Fresdorf hat darauf hingewiesen: Viele baulich vorhandene Plätze an Berliner Kindertagesstätten können zurzeit auch wegen des extremen Mangels an pädagogischen Fachkräften nicht belegt werden. Auch das führt dazu, dass viele Eltern keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder finden. Ein schlimmer und nicht hinnehmbarer Zustand für die betroffenen Familien! Daher findet die CDU-Fraktion die Idee, die zu diesem Antrag geführt hat, gut. Denn ein Schritt zur Qualitätssteigerung der Kinderbetreuung, aber auch zur Stei

gerung der Attraktivität des Erzieherberufs kann man in der – je nach Größe und Potenzial einer Kita möglichen – Einbindung von Verwaltungskräften zur administrativen Entlastung der Kitaleitungen und der Erzieher sehen. Die CDU-Fraktion meint, hier könnten sich Kitas beim Schulbereich eine Scheibe abschneiden. Dort werden an vielen Schulen schon Verwaltungsleiter eingesetzt.

Wenn wir auch im Kitabereich mehr zwischen der pädagogischen Tätigkeit und der Verwaltungsarbeit trennen würden, könnte dem chronischen Erziehermangel in einem ersten Schritt begegnet werden, da durch den Verzicht auf Verwaltungstätigkeit pädagogisches Potenzial frei werden würde.

[Beifall bei der FDP]

Gestatten sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Daher haben wir in den letzten Haushaltsberatungen einen Änderungseintrag eingebracht, der als ersten Ansatz 24 Stellen für alle Bezirke schaffen sollte, die nach tatsächlichem Bedarf hätten eingesetzt werden können.

Wir werden dem vorliegenden Antrag, obwohl wir die Idee, die zu dem Antrag geführt hat, teilen, aber nicht zustimmen. Sie wissen das; wir haben uns im Ausschuss enthalten. Ich möchte das deshalb gerne erläutern.

[Zuruf von Florian Kluckert (FDP)]

Durch die Rahmenvereinbarung Kindertagespflege sind schon heute die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, die die FDP einfordert, gegeben. Und auch der weitere Beschlusstext ist aus unserer Sicht nicht ganz optimal. Weshalb sollen Verwaltungstätigkeiten erst bei Kitas ab einer Größe von 100 Kindern durch Verwaltungskräfte durchgeführt werden, weshalb mit einer 75-Prozent-Stelle? Das scheint uns alles ein wenig starr und wenig flexibel. Wir sind aber eher für Flexibilität zu haben, deshalb werden wir uns enthalten. – Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Frau Seidel das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass wir im Land Berlin alle Maßnahmen gebrauchen können, die dabei helfen, das gewaltige

(Melanie Kühnemann-Grunow)

Personalproblem in unseren Kitas zu lösen und pädagogische Fachkräfte zu entlasten. Die FDP hat sich auch bemüht:

[Lachen bei der FDP]

Alle Kitas ab 100 Plätze sollen zu Entlastung der Leitung eine Verwaltungsfachkraft beschäftigen. Das klingt erst mal gut, ist aber gar nicht notwendig – Kollegin Kühnemann hat es bereits beschrieben –, denn die Kitaträger können bereits jetzt entscheiden, wie sie die Verwaltungsarbeit regeln, und durchaus Verwaltungskräfte einstellen. – Und, Herr Simon, als wären Sie im Ausschuss nicht dabei gewesen: Die Finanzierung der nichtpädagogischen Fachkräfte erfolgt über eine Sachkostenpauschale als Bestandteil des Kitakostenblatts, mit dem die Einrichtungen flexibel je nach ihren Bedarfen umgehen können.

[Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]

Sie schlagen aber vor, Herr Fresdorf, die Trägerautonomie einzuschränken und die Träger zu einer einheitlichen Vorgehensweise zu verdonnern. Das ist speziell aus Richtung der FDP erstaunlich. Was hier als Entlastung daherkommt, ist eigentlich eine Einschränkung und außerdem realitätsfern. Deswegen will das auch keiner in der Kitalandschaft. Die Arbeitsweisen sind dort sehr vielfältig. Gerade große Träger – –

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fresdorf?

Ja, bitte!

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Können Sie uns denn sagen, wie sich dann der Freistellungstatbestand bei den Kitaleitungskräften verändert, wenn es ein externer Träger macht? Sind sie dann weiterhin zu 100 Prozent freigestellt, oder arbeiten sie dann an den Kindern?

Die sind zu 100 Prozent für die Leitungstätigkeiten freigestellt. Die neuen Änderungen nach dem KitaFöG, das ist Elternarbeit, das ist soziale Vernetzung im Kiez, das ist auch Fortbildungsmanagement für die Erzieherinnen und Erzieher, das fordern wir auch. Sie wissen, bei den großen Trägern, Herr Fresdorf, sind die Verwaltungsaufgaben oft ausgegliedert und werden zentral in den Geschäftsstellen gemacht. Die werden in den Kitas, die Sie hier meinen, ab 100 Plätzen, gar nicht mehr umgesetzt. Das wird dort gar nicht gemacht. Und es ist auch so, wie Frau Kühnemann schon gesagt hat, dass es bei den kleinen Trägern, die eher das Problem haben, die Verwaltungsaufgaben zu bewältigen, das Serviceangebot des

Dachverbands DaKS gibt, wo diese Dinge erledigt werden können für die kleinen Kitas, die es nicht schaffen. Die großen, die Sie hier meinen, sind überhaupt nicht das Problem, was die Verwaltungsaufgaben betrifft.

Würden Sie dem Herrn Fresdorf auch noch eine zweite Nachfrage gestatten?

Das ist dann aber auch die letzte.

Wenn das so ist, dann haben wir aber dadurch nicht einen Erzieher mehr in der Kita. Wir haben weiterhin die Freistellung, aber keinen Pädagogen, der mehr an den Kindern arbeitet durch diese Maßnahme. Durch unseren Vorschlag hätten Sie 400 Erzieher-Vollzeitäquivalente mehr an den Kindern, oder sehen Sie das anders, Frau Seidel?

[Steffen Zillich (LINKE): Aber niemanden, der die anderen Leitungsaufgaben macht!]

Sie unterschätzen die Leitungsaufgaben. Auch die Leiterinnen und Leiter sind schwer zu finden dieser Tage, weil die Aufgabenzuwächse so gewaltig sind, dass viele sagen: Nein, für das bisschen mehr an Gehalt, das ich als Leiterin oder Leiter bekomme, diese Masse an Aufgaben zusätzlich zu bewältigen. – Fragen Sie mal, gehen Sie mal in die Kitas und fragen Sie die Leiterinnen und Leiter, was sie den ganzen Tag machen. Die sind die wenigste Zeit in den Gruppen mit der pädagogischen Arbeit beschäftigt. Die sind mit Eltern beschäftigt und mit allen möglichen anderen Dingen, mit der Umsetzungsplanung des Bildungsprogramms.

[Steffen Zillich (LINKE): Und die Eltern arbeiten als kaufmännische Kraft?]

Die Rechnung, die Sie hier aufgemacht haben, die müssen Sie uns im Ausschuss noch einmal genau erklären, woher denn plötzlich diese 400 Fachkräfte mehr kommen, die an den Kindern arbeiten können. Die Verwaltungstätigkeit wird woanders gemacht und kann ausgelagert werden. Das praktizieren die in den Kitas auch. Die Kitalandschaft ist da sehr vielfältig. Die machen das alle unterschiedlich, und da eine Einheitlichkeit zu verdonnern, das finde ich gerade von Ihnen ausgesprochen merkwürdig, würde ich mal sagen.

Ich will nur noch mal kurz darauf eingehen, was das Land Berlin andererseits macht, nämlich nach einer anderen Systematik, um zur Entlastung der Situation beizutragen. Die Kostenblattverhandlungen, das müssen Sie auch mitbekommen haben, sind gerade erst gewesen, Ende 2017. Da ist diese Sachkostenpauschale, woraus die Verwaltungstätigkeit für nichtpädagogisches Personal bezahlt wird, erhöht worden. Sie erhöht sich bis zum Ende der Laufzeit des Kostenblatts, bis 2021, um 10,4 Prozent. Damit ist das Land Berlin diesem Problem entgegengekommen. Der siebenprozentige Eigenanteil wurde auch angefasst, das ist ein wichtiges Zeichen, 0,5 Prozent pro Jahr wird dort abgeschmolzen. Das finde ich gut. Das Kitaförderungsgesetz wurde auch gerade angefasst. Das sind die Freistellungen der Leitung, die Sie gerade angesprochen haben. Ja, ich könnte die Liste der Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen endlos fortsetzen.

Unser größtes Problem ist und bleibt, dass die vielen guten Maßnahmen leider nicht in der Praxis greifen, weil die Fachkräfte fehlen. Das stimmt, das Problem kennen wir. Das ist tragisch. Wir dürfen uns bei der Erhöhung der Attraktivität des Berufs wohl nicht zu sehr auf den Bund verlassen. Da ist die Summe für „Gute Kita“ ja abgeschmolzen von 9 auf 3,5 Milliarden Euro. Da können wir als Land Berlin nicht allzu viel erwarten, müssen weiter initiativ sein. Das passiert ja auch. Die Senatorin hat eine Fachkräfteinitiative auf Bundesebene initiiert. Das wäre auch wichtig. Wir müssen den Beruf und die Ausbildung attraktiver machen, und wir müssen neben Maßnahmen für bessere Rahmenbedingungen, die jetzt nämlich langsam ausgeknietscht sind, endlich eine angemessene Bezahlung erreichen, sonst wird es nichts mit dem Recht auf frühe Bildung für alle. Das ist das, was jetzt ganz oben auf der Tagesordnung steht. Wir werden uns gut auf die Tarifverhandlungen Anfang nächsten Jahres vorbereiten und alles versuchen, um auch für die Sozial- und Erziehungsberufe endlich mal ein angemessenes Gehalt zu erwirken. – Danke!