Protocol of the Session on April 26, 2018

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 19. März 2018 Drucksache 18/0977

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0345

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II – Drucksache 18/0345. Eine Beratung ist nicht vorgesehen.

Zu dem Gesetzesantrag Drucksache 18/0345 empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich – gegen CDU und AfD – die Ablehnung auch mit Änderungen. Wer dem Gesetzesantrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die AfDFraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP ist das Gesetz damit abgelehnt.

Ich komme zu

lfd. Nr. 5:

Drittes Gesetz zur Änderung des Berliner Betriebe-Gesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Betriebe vom 19. März 2018 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 18. April 2018 Drucksache 18/0992

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0797

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II – Drucksache 18/0797. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und hier der Abgeordnete Dr. Efler. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Das strucksche Gesetz wird

heute wieder einmal widerlegt werden, denn der Gesetzentwurf, über den wir nachher abstimmen, ist an keiner einzigen Stelle verändert worden. Das ist auch gar nicht notwendig, denn das Gesetz ist wunderbar klar, wunderbar kurz und auch sachlich völlig richtig.

Worum geht es? – Noch mal in aller Kürze: Wir wollen die Möglichkeit einer rechtssicheren Direktvergabe an die Berliner Stadtwerke schaffen, und dazu regeln wir ein Informations- und ein Weisungsrecht. Darüber haben wir bereits am 22. Februar hier im Plenum gesprochen. Wir haben intensiv in den Ausschüssen darüber beraten. Insofern könnte ich fast auf diese Debatte verweisen. Das wäre aber vielleicht etwas zu einfach. Deswegen will ich mich doch noch einmal mit einigen Argumenten der Opposition beschäftigen, die bei den Ausschussberatungen und auch bei der Plenumsdebatte eine Rolle gespielt haben.

Ich fange mit der FDP-Fraktion an. Die FDP sagt immer: Wir haben in Berlin 154 Stromanbieter. Wozu brauchen wir mit dem Stadtwerk noch einen 155.? Wo ist überhaupt der Mehrwert?

[Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Dieses Argument, das Sie hier fleißig beklatschen, zeigt schon, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, dass das Stadtwerk sehr viel mehr ist als nur ein Stromanbieter.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Es ist ein integriertes Energiedienstleistungsunternehmen, das die volle Palette der energiewirtschaftlichen Tätigkeit abdeckt.

Zweitens haben wir im Wirtschaftsausschuss erfahren, dass Berlin im letzten Jahr – 2017 – beim Ausbau der Photovoltaik Spitzenreiter geworden ist. Wir stehen zusammen mit dem Saarland an der Spitze. Warum ist das so? – Es ist ursächlich auf die Arbeit der Berliner Stadtwerke zurückzuführen. Das hat mit den diversen Mieterstromprojekten zu tun, die übrigens den Strom auch noch billiger an die Mieterinnen und Mieter verkaufen. Wenn das kein Mehrwert ist für ein öffentliches Unternehmen, dann frage ich, was überhaupt ein Mehrwert sein soll.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) und von Daniela Billig (GRÜNE) sowie Georg Kössler (GRÜNE)]

Dann kommen wir zu der CDU, zu Herrn SchultzeBerndt. Ich freue mich schon sehr auf Ihre Rede nachher. Das hat immer einen hohen Unterhaltungswert! Sie haben im Ausschuss zum einen gesagt, alle öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften unterliegen jetzt einem Ausschließlichkeitszwang, sie müssen mit dem Stadtwerk zusammenarbeiten und dort quasi Aufträge annehmen, und – sogar noch weiter – dass alle Landesunternehmen, alle Landesimmobilien einem Kontrahierungszwang

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

ausgesetzt werden. Das sind Fake-News. Das ist schlicht falsch. Das ist schlicht Unsinn. Das hat auch Staatssekretär Bunde bei den Beratungen klargestellt.

Es geht hier um eine Option, um eine Möglichkeit, von der Gebrauch gemacht werden kann oder auch nicht. Es geht nicht darum, hier ein VEB-Energieunternehmen zu schaffen, sondern darum, neben privaten Unternehmen, neben Genossenschaften, neben Bürgerenergieunternehmen eben auch ein öffentliches Unternehmen in die Lage zu versetzen, unsere Energiewende- und Klimaschutzziele zu erreichen. Das ist im Grunde die Substanz dieses Gesetzentwurfes, nicht mehr und nicht weniger. Es geht auch nicht um Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung; die macht einen hervorragenden Job. Wir sind im intensiven Austausch. Wenn wir da Probleme haben, können wir das besprechen. Die unterstützen auch den Gesetzentwurf. Insofern sehe ich da auch keine Schwierigkeiten.

Was, frage ich die Oppositionsfraktionen, spricht überhaupt dagegen, dem Land Berlin mehr Informationsrechte und die Möglichkeit eines Weisungsrechtes gegenüber einem öffentlichen Unternehmen zu geben?

[Weiterer Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Wenn wir schon ein solches Unternehmen haben – ich weiß, Sie lehnen das grundsätzlich ab –, dann sollten wir auch die Kontrollinstrumente und die Transparenz ausbauen. Darum geht es. Das tun wir. Und deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. Wenn Sie dagegen stimmen, ist das Ihre Sache. Wir gehen weiter mit dem Stadtwerk voran und werden ihm einen erfolgreichen Weg ebnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Schultze-Berndt das Wort.

[Stefan Förster (FDP): Jetzt kommt Sachverstand!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Dr. Efler! Ich schätze Sie sehr, und ich fand auch Ihre rhetorische Konstruktion sehr gut, aber der Inhalt ist leider nicht so richtig von Ihnen dargestellt. Wir werden diese Gesetzesänderung am heutigen Tag ablehnen, und zwar aus acht verschiedenen Gründen.

Erstens wird ein Schattenhaushalt aufgebaut. Die Konstruktion, die wir gerade präsentiert bekommen, dient dazu, dass ein Unternehmen eigenständige Kredite aufnehmen kann. Die Stadtwerke werden in die Lage versetzt, hohe eigene Schulden für die getätigten Maßnah

men aufzubauen. Die Polizeidienststellen sollen eine neue Heizung erhalten. Statt selber zu investieren, wird dem Stadtwerk ein Auftrag erteilt. Das Stadtwerk nimmt den Kredit auf, vermietet die Heizung dann wieder 20 Jahre an das Land Berlin zurück, so, wie wir das jetzt gerade mit der HOWOGE in Berlin machen. Das heißt, die HOWOGE übernimmt die Schulbaumaßnahmen und übernimmt die Schulden. Der Finanzsenator rühmt sich, mit diesem Trick auf legale Art und Weise gegen die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse verstoßen zu dürfen. Ein Finanzsenator, der sich rühmt, die Schuldenbremse der Verfassung durch Tricksereien ausbremsen zu können, ist wie ein Polizist, der dem Einbrecher sagt, in welche Richtung er rennen muss, damit er nicht gefasst wird.

Zweiter Grund: Die Zinsen, die die Gesellschaften aufnehmen – HOWOGE und Stadtwerke – sind deutlich höher als jene Zinsen, die das Land Berlin aufnehmen müsste. Damit sind die Investitionsmaßnahmen auch noch teurer, als sie wären, wenn das Land Berlin es selber machen würde.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Stimmt nicht!]

Drittens – die sogenannte Inhousevergabe, das heißt, als öffentliche Hand nicht mehr die Verpflichtung zu haben, eine Ausschreibung zu tätigen:

[Zuruf von der LINKEN: Gott sei Dank! Dann geht es schneller!]

Das heißt, es sollen keine Gültigkeitsprüfungen mehr stattfinden, was eigentlich das richtige, das günstigste, das billigste Angebot ist. Dieses soll alles entfallen, und auf einen Schlag kann sich jeder dieser Sorgfaltsverpflichtung entledigen, indem er den Auftrag an das Stadtwerk gibt.

[Christian Gräff (CDU): Pfui!]

Dieses ist de facto eine Monopolisierung auf der Angebotsseite. Das heißt, es gibt nur noch einen, der sozusagen anbieten darf.

Mit dieser Inhousevergabe geht eben doch ein Kontrahierungszwang einher, oder anders formuliert, es werden alle Beteiligten gezwungen, freiwillig eine Vereinbarung zu unterschreiben, wonach sie sich zu einer Kooperation mit dem Stadtwerk verpflichten. So wie Sie vorher einen Anschlusszwang für Fernwärme beschlossen haben, legen Sie jetzt hier einen Anschlusszwang für alle öffentlichen Betriebe fest.

Fünftens: Die Stadtwerke sind natürlich mit den heute zur Verfügung stehenden 18 Mitarbeitern völlig überfordert. Sie wissen, sämtliche Baumaßnahmen aller Schulen, aller Universitäten, aller Feuerwehren, aller Polizeien, aller Kitas der Kita-Eigenbetriebe, aller Gerichte, aller Knäste, alles soll über die Stadtwerke abgewickelt werden. Diese 18 Menschen sind dazu nicht in der Lage. Wir wünschen

(Dr. Michael Efler)

ihnen zwar alles Glück des Tüchtigen, aber das werden sie nicht können.

Diese Maßnahme ist auch extrem innovationsfeindlich. Wir haben 1 200 Start-ups in Berlin, 1200 Start-ups im Bereich energetische Sanierung.

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Diese werden auf einen Schlag verdrängt. Und wenn Herr Müller noch einmal sagt, wir hätten eine innovations- und Start-up-freundliche Atmosphäre in dieser Stadt Berlin, dann sei er an diesem Nasenring durchs Dorf gezogen. Das ist sozusagen ein Zeichen dafür, wie innovationsfeindlich wir hier sind.

Das Gleiche: Wir eliminieren die gesamte kleine und mittelständische Industrie im Bereich energetische Sanierung in Berlin. Diese werden auf einen Schlag ausgebremst.

Und die Mieterstrommodelle, Herr Dr. Efler: Mieterstrom soll das Günstigste sein für die Mieter. Künftig werden die Mieterstrommodelle der Stadtwerke das Monopolangebot für alle Mieter in städtischen Wohnungsbaugesellschaften sein. Das heißt, es wird nicht mehr das billigste sein, sondern es wird das, was in den Stadtwerken angeboten wird. Die Stadtwerke werden sich gesundstoßen, die Mieter müssen die Zeche bezahlen. Das ist unsozial. Wir als CDU lehnen so etwas Unsoziales, Monopolistisches, Innovationsfeindliches ab. Wir stehen zu unserem Mittelstand. Wir stehen für Innovation. – Vielen herzlichen Dank!