der wird sehen, dass die Eingriffsschwellen für den Schusswaffengebrauch äußerst gering und überaus veraltet sind. Sie finden in § 12 die Möglichkeit des Schusswaffengebrauchs zum Anhalten flüchtender Verdächtiger einer Straftat, während der Polizeibeamte unter den subjektiven Tatbestand subsumieren muss: Ist das ein Verbrechen oder nicht? – Höchst veraltet!
Der Schusswaffengebrauch zu Befreiungsversuchen oder auch der Schusswaffengebrauch gegen eine Menschenmenge – § 16 – sprich aus einer Zeit – andere Auffassung als die AfD –, in der wir durchaus von ganz anderen und auch größeren Bedrohungslagen ausgegangen sind, nämlich von einer revoltierenden Masse. Das ist Alliiertengesetzgebung, wenn Sie so wollen: Wenn sich eine Menschenmenge gewalttätig äußert, darf sogar gegen unbeteiligte Dritte in eine Menschenmenge geschossen werden. Das dürfte heute verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung nicht standhalten.
Deswegen ist dieses Gesetz auch veraltet. Und es ist auch richtig, darüber nachzudenken, wie man es reformiert.
Der Schusswaffengebrauch im Bereich der Demarkationslinie, geltendes Gesetz, § 17, macht – das muss ich wohl nicht noch ergänzen – jedem klar: Dieses unmittelbare Zwangsgesetz in Berlin ist zu alt und hält einer modernen Auffassung nicht stand.
Der Antrag der AfD-Fraktion kümmert sich nur um einen sehr kleinen Ausschnitt, nämlich um den sogenannten finalen Rettungsschuss oder auch, deutlicher gesagt, den gezielten Todesschuss der Polizei. Hier hat Kollege Kohlmeier meines Erachtens zutreffend ausgeführt, dass dieser rechtlich souverän gelöst wird. Da hätte ich mir mehr Respekt vor den Gerichten gewünscht, Herr Kollege Vallendar! Die §§ 32 und 34 StGB – ausgeurteilte Fälle, kaum Rechtsunsicherheiten. Es ist doch gerade richtig, wenn wir mit dem Begriff der Unsicherheit operieren, dass es ein Stück weit Unsicherheit geben muss, wenn der Staat Menschenleben nimmt. Es ist doch klar, dass das sorgfältig geprüft werden muss und dass niemand in der Situation, kein Polizeibeamter, kein Mensch, es sich leicht macht und nach Schema F verfährt. Das können Sie doch nicht so darstellen, als wäre das so!
Ich bin froh, dass die Waffe bei der Berliner Polizei nicht locker sitzt. Das ist sehr gut. Es gab wenige Todesfälle, aber wenn man sich die anschaut, dann stellen wir fest, dass das insbesondere Menschen waren, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befanden, in denen man
durchaus darüber nachdenken muss, wie Polizei konsequent deeskaliert und sich nicht in den Gefahrenbereich insbesondere eines Messers hineinbegibt und überlegt: Ist es gerade sinnvoll, einem psychisch kranken Menschen so nahe zu kommen und zuzugreifen, oder kann man nicht lieber abwarten? – Die Gerichte haben in den Fällen zugunsten der Polizeibeamten entschieden. Ich aber sage: Es sollte uns etwas wert sein, dass in diesen Momenten psychisch kranke Menschen nicht erschossen werden.
Zu dem einzig wirklichen Problem haben Sie sich nicht geäußert, nämlich: Wann darf man gegen unbeteiligte Dritte den finalen Rettungsschuss anwenden? Das haben Sie sich nicht getraut. Das wäre aber intellektuell die Aufgabe gewesen.
Ich komme zum Schluss, sehr geehrter Herr Präsident! – Diese Koalition handelt. Sie stellt erstens Einsatz- und Schießwaffentraining wieder her. Zweitens: Sie setzt auf Eigensicherung statt auf schnellen Schusswaffengebrauch.
Drittens hatte dieser Antrag – und deswegen werden wir ihn auf jeden Fall ablehnen – förmliche Mängel. Sie sprechen in Artikel II von der Begründung des Änderungsantrages ohne Bezugnahme darauf, ob Sie sich auf das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges beziehen – was ein Änderungsgesetz wäre und kein Änderungsantrag – oder ob Sie sich zum Antrag verhalten. Dieser ist dann aber ein einfacher Antrag und kein Änderungsantrag. Insofern – wir haben noch ein bisschen Zeit bis zur Ausschussberatung – bitte ich darum, dass Sie die überragenden förmlichen Mängel noch beseitigen. – Vielen Dank so weit für die Diskussion!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Wahl eines Mitglieds sowie zweier stellvertretender Mitglieder in den 1. Untersuchungsausschuss auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Frau Kollegin Bayram hat ihr Abgeordnetenmandat zum 31. Dezember 2017 niedergelegt. Damit hat mit Wirkung zum selben Tag auch ihre Mitgliedschaft im 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode geendet. Frau Abgeordnete Tomiak und Frau Abgeordnete Jarasch haben jeweils mit Wirkung vom 17. Januar 2018, und das ist das Datum des Eingangs der beiden Schreiben beim Präsidenten, ihre stellvertretende Mitgliedschaft im 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode niedergelegt. Damit ist eine Nachwahl dieser freien Positionen erforderlich. Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Untersuchungsausschusses werden nach § 3 Abs. 1 und 3 des Untersuchungsausschussgesetzes von Berlin vom Abgeordnetenhaus aus seiner Mitte gewählt. Das Vorschlagsrecht steht jeweils der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu.
Ich komme damit zur Wahl, die im Einvernehmen mit allen Fraktionen verbunden durchgeführt wird. Zur erfolgreichen Wahl ist gemäß § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden zur Wahl vorgeschlagen: Als Mitglied des 1. Untersuchungsausschusses Frau Abgeordnete Tomiak. Als stellvertretende Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses Frau Abgeordnete Schmidberger und Herr Abgeordneter Taschner. Wer die Genannten, Frau Abgeordnete Tomiak zum Mitglied sowie Frau Abgeordnete Schmidberger und Herrn Abgeordneten Taschner zu stellvertretenden Mitgliedern des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode zu wählen, einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, CDU, FDP. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Bei der AfD-Fraktion. Damit sind die Genannten gewählt. – Herzlichen Glückwunsch an Sie und viel Erfolg bei Ihrer Arbeit im Untersuchungsausschuss!
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 8. Januar 2018 Drucksache 18/0762
Vielen Dank, Herr Präsident! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ziel der Polizeiausbildung in Berlin muss es sein, aus jungen Polizeianwärtern gereifte, qualifizierte
und motivierte Polizeibeamte mit uneingeschränkter Loyalität zu unserem demokratischen Staat zu machen. Dazu gehören Führung, Orientierung und Disziplin. Die Medienberichte zu Disziplinlosigkeiten an der Polizeiakademie haben Zweifel begründet, dass eine diesen Anforderungen gerecht werdende Polizeiausbildung dort derzeitig durchgängig möglich ist. Eine Reihe von Abgeordneten, darunter auch ich, hat eine Vielzahl von Informationen von Betroffenen erhalten, und auch die öffentlich berichteten Besorgnisse über Unterwanderungsversuche durch die organisierte Kriminalität haben Fragen aufgeworfen. Daher war es der CDU-Fraktion von Anfang an wichtig, dass die geäußerte Kritik nicht marginalisiert, nicht heruntergespielt oder gar als rassistisch zurückgewiesen wird, wie es bedauerlicherweise von verantwortlicher Seite geschehen ist. Es kam uns darauf an, dass sie ernst genommen wird, auch wenn es für die Verantwortlichen der Polizeiakademie unbequem ist.
Es geht hier nicht um Nebensächlichkeiten. Es geht hier um Menschen, denen wir die Sicherheit unseres Staates, die Sicherheit unserer Bürger und die Sicherheit unserer Gäste anvertrauen. Es geht letztlich um das Vertrauen unserer Bürger in die Verlässlichkeit unserer Polizei und die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie.
Daher hat die Opposition die Sondersitzung des Innenausschusses am 8. November 2017 durchgesetzt. Wir haben gemeinsam in zwei weiteren Sitzungen des Innenausschusses einen Bericht der Polizeiführung ausgewertet und eine Anhörung zu den Verhältnissen in der Polizeiakademie durchgeführt. Dabei sind viele Besorgnisse nicht ausgeräumt worden.
Insbesondere die Auffassung der Leitung der Polizeiakademie, eine Polizeischule müsse dem Leitbild einer zivilen Berufsschule folgen, beunruhigt nicht nur mich. Wenn dieses Verständnis dazu führt, dass Polizeischüler keine ausreichende Formalausbildung erhalten – man könnte das auch Disziplinausbildung nennen –, wenn das bedeutet, dass die Polizeischüler sich selbst überlassen werden, anstatt sie unter Führung ihrer Zug- und Gruppenführung ihre Ausbildung durchlaufen zu lassen, dann muss man sich nicht wundern, wenn sich polizeinotwendige Disziplin nicht durchgehend vermitteln lässt.
Wir sehen Änderungsbedarf bei der personellen Ausstattung der voll ausgelasteten Polizeiakademie, bei der Stärkung des Unterrichts in den Fächern Deutsch, Geschichte, politische Bildung, Staats- und Verfassungsrecht und Ethik, bei der Befassung mit dem Nahostkonflikt, der seine Auseinandersetzungen in unsere Stadt trägt, ebenso wie mit dem Islamismus und dem Antisemitismus und auch bei der öffentlichen oder polizeiinternen Fehlerkultur, die doch zum Ziel haben muss, dass Kritik offen auf dem Dienstweg gemeldet und nicht anonym über Medien geäußert wird.
Wir wollen die Einstellungspraxis der Berliner Polizei dahingehend überprüft sehen, dass Bewerber aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität erkannt und abgelehnt werden.
Vielen Dank, Herr Kollege! – Trifft es zu, dass Sie gerade den Änderungsantrag der rot-rot-grünen Regierungskoalition hier inhaltlich wiedergegeben haben und sich damit die Position der rot-rot-grünen Koalition zu eigen gemacht haben?
Ich darf Sie kurz darüber aufklären, dass die Inhalte, die ich vorgetragen habe, Inhalte des zugrunde liegenden CDU-Antrages sind, und diese Inhalte finden sich auch im gemeinsamen Änderungsantrag der Koalition und der Union wieder. Darauf lege ich auch Wert, und ich war gerade dabei, das auch ausdrücklich würdigen zu wollen.
Ich will noch einen Punkt nennen, nämlich dass es uns darauf ankommt, dass weitere Untersuchungen stattfinden, weil die Fragen nicht aufgeklärt sind, und das wollen wir eben durch einen unabhängigen, externen Experten untersucht sehen. Das war Sinn des ursprünglichen CDUAntrages. Genauso wie ich mich bei den Kollegen der anderen Oppositionsfraktionen dafür bedanken möchte, dass sie unseren Untersuchungs- und Aufklärungswillen teilen, wenn auch mit anderen Wegen, die sie vorgeschlagen haben, möchte ich mich bei den Kollegen der Koalitionsfraktionen dafür bedanken, dass sie sich dem Union-Anliegen nicht verwehrt haben, und insbesondere deswegen nicht verwehrt haben, weil es ein CDU-Antrag gewesen ist.
Es ehrt Sie, dass Sie offen sind, das Richtige gemeinsam mit uns durchzusetzen, und die Tatsache, dass das übergreifend geht, von Koalition und zumindest Großteilen der Opposition, ist auch ein Signal nach außen, dass es hier nicht darum geht, Missstände kleinzureden oder unter den Teppich zu kehren, sondern sie ernsthaft aufzuklären und Missstände abzustellen. Das ist unsere Verantwortung, und das sollten wir tun. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte ein Stück weit noch einmal auf die Genese dessen eingehen, über was wir heute eigentlich debattieren und diskutieren. Herr Kollege Dregger ist ein Stück weit darauf eingegangen, wie das eigentlich damals war Anfang November, als die sogenannte WhatsApp-Sprachnachricht öffentlich wurde, wo es dann einen anonymen Brief gab zum Thema Polizeiakademie, zu der Frage von Führungskultur, von Fehlerkultur innerhalb dieser Behörde und dieser Struktur, aber auch viele Punkte, die man ein Stück weit als Skandalisierung bezeichnen kann, die im öffentlichen Raum jedenfalls eine große Rolle gespielt haben. Das war keine Geschichte, wo man sagt: Schwamm drüber, das steht man durch, das wischt man weg, und dann ist die Sache in Ordnung, sondern es war auch ein bundesweites Thema. Es war eine Situation, wo man sagen konnte: Es passt wieder ins Bild. Berlin-Bashing, das klappt. – Auf der anderen Seite war es so, dass es viele Behauptungen gab. Es gab eine Menge Legenden, und, man muss dazu sagen, es gab am Ende wenig Substanz.
Viele Dinge wurden jedenfalls in der Sondersitzung des Innenausschusses nicht nur debattiert, sondern auch ausgeräumt. Es war so, dass wir über die Situation, Stichwort: organisierte Kriminalität, Unterwanderung dessen, viel diskutiert und gesprochen haben. Auch da war nicht groß etwas Handfestes dabei, also ich will damit sagen, die Aufklärung folgte. Man muss dazusagen, dass wir von November bis Januar erheblich Aufklärung geleistet haben. An allererster Stelle möchte ich Innensenator Geisel und seinen Staatssekretär Herrn Akmann nennen, denn sie haben dazu beigetragen, zu sagen: Wir hören und schauen uns Situationen nicht nur an, sondern wir werden uns darum kümmern, dass wir dieses ganze Themenfeld noch einmal extern begleiten. – Man höre und staune: Wir haben einen Polizeibeamten aus Bayern, der sich demnächst die Situation vor Ort in der Polizeiakademie anschauen wird.