Sie merken, dass wir im Umgang mit diesem Antrag alles, nur nicht eines tun werden, nämlich der AfD mit ihrem erneuten Versuch, auf Spaltung und Delegitimierung unserer Demokratie zu setzen, auf den Leim zu gehen.
Wir bleiben genauso gelassen wie Gail Halvorsen, der in der Tat, Kollege Schatz hat es schon erwähnt, damals zu dieser gesamten Diskussion gesagt hat: „I don’t mind.“ Vielleicht sollten wir das auch öfter mal zu Anträgen der AfD in diesem Haus sagen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Der Tagesordnungspunkt 19 war Priorität der AfDFraktion unter Nummer 3.6. Tagesordnungspunkt 20 steht auf der Konsensliste.
Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr vertagt werden. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP. Herr Kluckert hat das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Vielen Dank, Herr Präsident Wieland! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Masern, Kinderlähmung, Mumps und Röteln, um hier nur einige Beispiele zu nennen, sind keine harmlosen Kinderkrankheiten. Es sind Krankheiten, die schwerwiegende Spätfolgen verursachen können wie zum Beispiel lebenslange gesundheitliche Beeinträchtigungen, Schädigungen des Gehirns. In vereinzelten Fällen kann es sogar zu Todesfällen kommen. Weil diese Krankheiten eben nicht harmlose Kinderkrankheiten sind, ist das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, diese auszurotten. Und da gibt es ein ganz effektives Mittel, wie man diese Krankheiten auch ausrotten kann, und das ist das Impfen.
Wenn nämlich 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, so belegen Studien, dann hat die Verbreitung dieser Krankheit keine Chance. Wir sehen das zum Beispiel an den Zahlen der Polioerkrankungen in Deutschland.
Eine Krankheit, bei der wir es noch nicht geschafft haben, sie auszurotten, sind die Masern. Berlin verfehlt das Ziel, 95 Prozent zu impfen, was Masern betrifft, jedes Jahr aufs Neue. Damit werden wir Liberale heute Schluss machen zum Wohle und zum Schutze aller Kinder in dieser Stadt.
Es gibt zwei Gruppen, die besonders bedroht sind, an Masern zu erkranken. Das sind zum einen die Leute, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, weil sie eine Impfunverträglichkeit haben. Diese würden wir von einer Impfpflicht ausnehmen, das ist klar. Die Zweiten sind die Jüngsten in unserer Gesellschaft, nämlich die Kinder unter elf Monaten, die aufgrund ihres Alters gar nicht geimpft werden können. Diese beiden Gruppen brauchen unseren Schutz.
Wenn man mal ganz neutral Ursachenforschung betreibt, warum eigentlich diese 95 Prozent nicht erreicht werden, dann stellt man fest, dass ein ganz großer Teil – und nicht nur ein ganz großer Teil, sondern ein überwiegend großer Teil – der Berlinerinnen und Berliner sehr verantwortungsbewusst ist und seine Kinder impfen lässt. Aber es gibt zwei Gruppen, die daran schuld sind, dass diese Impfquote von 95 Prozent nicht erreicht wird. Das sind zum einen die Vergesser, nämlich diejenigen, die ihre Kinder zwar impfen würden, auch die erste Impfung ihren Kindern verabreichen lassen, aber dann die zweite Impfung, die das Immunsystem stärken würde, einfach vergessen. Diese Leute können wir mit unserem Erinnerungsmanagement, das wir im Antrag fordern, sehr gut erreichen und dadurch die Quote weiterhin erhöhen, um die 95 Prozent zu erreichen.
Die zweite Gruppe sind die Verweigerer. Das sind diejenigen, die an Verschwörungstheorien glauben statt an wissenschaftliche Studien und somit das Wohl ihrer eigenen Kinder, aber auch die Gesundheit anderer Kinder gefährden. Diese bekommen wir nur mit einer Pflicht, endlich ihre Kinder impfen zu lassen, in den Griff.
Viele überrascht es dabei sicherlich, dass gerade wir Liberale die Forderung nach einer Impfpflicht laut werden lassen, denn eigentlich – und das ist richtig – sagen wir Liberale, dass der Staat sich aus den Dingen des alltäglichen Lebens heraushalten solle. Ich kann Ihnen aber sagen: Wenn es um die gesundheitliche Gefährdung von Kindern geht durch so massive Krankheiten, die starke Folgeschäden mit sich bringen, dann ist es für uns Liberale eine Selbstverständlichkeit, unsere Stimme für die Schwächsten in der Gesellschaft zu erheben. Das tun wir sehr gerne, und das tun wir hier und heute.
Im Übrigen ist auch die große Mehrheit der Bevölkerung für eine Impfpflicht. Aber da gibt es hier eine rot-rotgrüne Unsitte, die immer wieder zum Vorschein kommt, wenn man Politik für die Mehrheit der Bevölkerung macht: Man behauptet einfach, es wäre rechtlich gar nicht möglich. Das ist auch das, was Sie beim Flughafen Tegel gegen den Willen der Wähler immer wieder versuchen.
Da ich kein Jurist bin, habe ich mich im Vorfeld damit auseinandergesetzt und mich mal ganz genau informiert, ob eine Impfpflicht rechtlich möglich und zulässig wäre. Da habe ich gesehen, dass es nicht nur zulässig ist, sondern dass es auch für den Nichtjuristen ganz eindeutig so im Gesetz formuliert ist, dass dieses Argument, es ginge rechtlich nicht, völliger Quatsch ist, weil jeder Laie sehen
kann, dass es möglich ist. Also bitte, wenn Sie das in Ihren Redemanuskripten drin haben, können Sie das wieder rausstreichen!
Ich sehe, meine Redezeit ist abgelaufen. Deswegen möchte ich mit einem Appell an die Berlinerinnen und Berliner enden: Helfen Sie mit, Masern, Mumps, Röteln und die anderen Krankheiten auszurotten! Hefen Sie uns dabei, die Impfquote von 95 Prozent zu erreichen zum Schutz Ihrer eigenen Kinder, zum Schutz aller Kinder in dieser Stadt! Es ist ein kleiner Piks, der kaum wehtut und großen Schaden abwenden kann. – Vielen Dank!
Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Isenberg das Wort. – Ansonsten würde ich bitten – wir befinden uns in der Schlusskurve der heutigen Plenarsitzung –, die Gespräche ein bisschen herunterzufahren. Das ist von der Akustik her schwierig. Ich finde, das Thema ist wichtig genug, dass wir da alle zuhören. – Bitte schön, Herr Kollege Isenberg!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Das ist echt spannend, wie Sie Freiheitsrechte, wie Sie bürgerliche Rechte aufgeben und hier einen Proporz hochziehen, wo Sie selber immer gegen die Impfpflicht gewesen sind. Wir hatten die Debatte in diesem Hause schon ausführlich geführt, sie ist eigentlich abgeschlossen. Ich erinnere an den CDU-Antrag, der in den bisherigen Erörterungen auch nicht mehrheitsfähig gewesen ist. Insofern: Eine Impfpflicht wird es mit Rot-Rot-Grün definitiv nicht geben, solange andere Instrumente nicht ausgereizt sind. Im Zweifelsfall greift eine Impfflicht, wenn man sie durchsetzen würde, in das Recht des Menschen auf körperliche Unversehrtheit ein und greift letztendlich auch in die Fürsorgepflicht der Eltern für ihr Kind und auch in ihre Erziehungsrechte ein.
Das heißt nicht, dass wir nicht das Ziel haben, hohe Durchimpfungsquoten zu bekommen. Ich appelliere an jeden Berliner, an jede Berlinerin, sich die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission anzuschauen und auch zu schauen, dass man einen guten Impfschutz für sich selber hat, aber auch insgesamt für die Volksgesundheit – darum geht es, das Wort muss man auch nennen. Hätten wir eine Seuche, wäre es auch angemessen, im Einzelfall in die individuellen Freiheitsrechte einzugreifen. Diese Instrumente haben wir.
Sie haben recht, man könnte auch eine Impfpflicht durchdeklinieren. Sie gehen dann aber nicht weit genug, wenn Sie das ernst nehmen, denn Sie wollen auch nicht jemanden zwangsimpfen, der sich nicht impfen lässt. Sie gehen mit einem Ordnungsinstrument heran und versuchen, ein Bußgeld anzudrohen. Sie sind nicht logisch, denn wenn Sie Ihre Argumente ernst nähmen, würden Sie in die körperliche Unversehrtheit eingreifen wollen. Zum Glück wollen Sie das nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP!
Was wir tun: Wir setzen das bundesweite Ziel der Elimination von Masern hier in Berlin um. Wir wissen: Wissen schützt am besten.
Deswegen gibt es gemeinsam mit verschiedenen Disziplinen auch neues Material in den Schulen, um auch die Kinder über die Sinnhaftigkeit von Impfen zu informieren. Deswegen haben wir die Einschulungsuntersuchung als Instrument gestärkt. Die Gesundheitsämter sind jetzt in der Lage, bei der Einschulungsuntersuchung eine Impfberatung einzuführen und auch zu impfen, wenn jemand geimpft werden möchte. Deswegen fordern die Kitas inzwischen einen Nachweis, dass in dem Moment, in dem die Kinder in die Kitas kommen, eine Impfberatung stattgefunden haben muss. Deswegen, haben wir gesagt, ist es auch richtig, dass die Gesundheitsämter die Meldung bekommen, wenn dieser Nachweis nicht erbracht worden ist. Und wir verbessern das verbindliche Einladewesen.
Ich darf darauf hinweisen: Diese Instrumente wollen wir jetzt ausgestalten, haben im Haushalt auch Mittel bereitgestellt, weil wir glauben und davon überzeugt sind, dass wir insbesondere die Zweitimpfungen auch hingekommen und die Quote derjenigen, die geimpft sind, dann auch das Label erreicht, wie wir es gemeinsam in Berlin haben wollen.