Protocol of the Session on January 25, 2018

lfd. Nr. 3.5:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 11

Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030, Umsetzungszeitraum 2017 bis 2021

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz vom 7. Dezember 2017 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. Januar 2018 Drucksache 18/0780

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0423

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Kollege Kössler hat das Wort, bitte schön!

Schönen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute zur Abstimmung ste

henden Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm, dem BEK, kommt nun ein wirklich langer parlamentarischer Prozess zu seinem vorläufigen Ende – endlich! Jetzt kann die Verwaltung, allen voran unsere Klimasenatorin, endlich loslegen.

Berlin ist ja eine innovative Stadt. Hier wurden nicht nur Computer oder das Kondom erfunden – Berliner Startups wie Mobisol helfen Afrika beim Sprung ins Solarzeitalter, und mit „Sonnen“ sitzt bei uns ein Batteriehersteller, dem Tesla aktuell hinterherguckt.

Wir haben auch exzellente Bedingungen bei uns, um zum Praxislabor der Energiewende zu werden: Wir stehen gewissermaßen gemeinsam in einer Tüftlergarage, doch irgendjemand hat seinen alten Dieselmotor angelassen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Wir können ihn entweder ganz abstellen, oder wir bauen ihn zusammen um. Und ich sage Ihnen: Das BEK ist unser Umbauplan.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Das ist auch bei bitte nötig. Die Berliner Emissionen sind in den letzten Jahren stagniert. Ein Großteil der Reduktionen der letzten Jahrzehnte kam nicht durch politischen Willen, sondern war durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche verschuldet. Umbrüche wird es weiterhin geben, Stichwort Digitalisierung. Ich glaube aber nicht, dass sie automatisch zu weniger Emissionen führen. Deshalb muss die Politik aktiv werden; deshalb beschließen wir jetzt das BEK.

Berlin muss selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Wir, die Politik muss mit gutem Beispiel vorangehen. Die öffentliche Verwaltung wird deshalb – so steht es im BEK – eine Vorreiterrolle einnehmen: In Zukunft soll kein Staatssekretär mehr einen Verbrenner fahren, keine Schule wird betonsaniert, und die öffentliche Beschaffung wird ökologischer. – Endlich fasst sich in dieser Stadt mal jemand an die eigene Nase.

Dazu gehört auch, ganz selbstkritisch zu fragen: Werden wir das Berliner Klimaziel von minus 40 Prozent CO2Emissionen bis 2020 erreichen? – Schwierig. Zuletzt standen wir nur bei 30 Prozent, und anders als auf Bundesebene, wo das durchaus möglich wäre – weil stromgeführte Kohlekraftwerke relativ leicht in großer Menge vom Regelbetrieb weggenommen werden können –, müssen wir hier eine Wärmewende organisieren. Wir haben aber mit diesem BEK trotzdem noch einmal als Koalition nachgelegt, mehr Ambitionen reingebracht und die Ziele von Paris darin verankert.

Wir wollen hier aber nicht einfach nur über Ziele streiten. Wir wollen endlich loslegen. Das wird ein Learning-byDoing. Wir brauchen mehr Speed in dieser Stadt. Wir müssen jetzt endlich anfangen, und das wird heute der Fall sein.

(Stefan Förster)

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Nun ist dem BEK ein beispielloser Beteiligungsprozess vorangegangen. Natürlich darf man das doof finden, aber ganz ehrlich: Wer gegen dieses Programm stimmt, der stimmt gegen diese Stadt.

Und das BEK beruht auf einem breiten wissenschaftlichen Gutachten. Natürlich darf man das falsch finden. Doch dann frage ich: Wo sind Ihre wissenschaftlichen Fakten? Denn bei der Rettung des Planeten muss es doch um Fakten gehen und nicht um Ideologie!

[Lachen von Holger Krestel (FDP)]

Aber genau diese verfolgen hier ja einige, wenn sie sagen: Der Markt wird es schon richten! Oder: Der Klimawandel ist gar nicht menschengemacht!

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Drücken Sie bitte den Knopf, wenn Sie mit mir reden wollen, oder lassen Sie es!

[Holger Krestel (FDP): Wir reden ja nicht mit Ihnen, wir machen uns über Sie lustig!]

Natürlich sind Ihre beiden Argumente nicht dasselbe, aber sie sind – pardon – Bullshit, und ich bin froh, dass Ihre Argumente in dieser Stadt keine Mehrheit haben.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Das BEK wird zur zentralen Leitschnur in den kommenden Jahren. Klimaschutz wird endlich ein zentrales Kriterium, sei es in der Bauplanung oder bei der Bewertung von neuen Verkehrsprojekten – die A 100 ist dann übrigens nicht mehr. Das ist wichtig, das ist richtig, nimmt uns aber auch in der Zukunft nicht aus der Verantwortung. Wir als Koalition haben vereinbart, dass wir uns in zwei bis drei Jahren noch einmal in die Augen gucken und selbstkritisch fragen: Hat es dem Klimaschutz etwas gebracht, oder müssen wir nachsteuern? Haben wir es geschafft, Ökologie, Ökonomie und Soziales wie beabsichtigt zusammenzubringen? Haben wir mit unserem vorsichtigen Ansatz gute Prozesse angestoßen, und können wir diese beschleunigen? Oder müssen wir noch einmal nachsteuern?

Zu den Änderungsanträgen werden meine beiden Kollegen Herr Buchholz und Herr Dr. Efler bestimmt gleich noch etwas sagen. An dieser Stelle: Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit in der Koalition!

An die Opposition nur noch ein Wort: Leute! Da draußen ist Klimachaos, und wir legen hier drin Förderprogramme und Beratungshilfen auf. Merken Sie eigentlich selber noch was? So handzahm, so freundlich bekommen Sie den Klimaschutz von uns nie wieder serviert.

[Holger Krestel (FDP): Ist das jetzt eine Drohung, oder was?]

Stimmen Sie nicht mit der AfD gegen dieses Stadt, gegen den Klimaschutz! Überlegen Sie sich ganz genau, wie Sie hier abstimmen wollen!

[Holger Krestel (FDP): Was soll das jetzt?]

Sie senden ein Signal aus. Ich sage Ihnen: Jetzt geht es los. Wir haben die Haushaltsgelder, wir haben den politischen Willen,

[Holger Krestel (FDP): Ist eine Unverschämtheit!]

wir haben die Mehrheit in der Stadt, jetzt wird nicht mehr gelabert, jetzt wird investiert,

[Holger Krestel (FDP): Sie haben nicht alle Tassen im Schrank!]

jetzt wird gehandelt. Heute beschließen wir das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Marcel Luthe (FDP): Traumtänzer! – Abgeordneter Kössler (GRÜNE) geht auf den Abgeordneten Krestel (FDP) zu. – Zuruf von Heiko Melzer (CDU) – Marcel Luthe (FDP): Das ist eine Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der FDP]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion Herr SchultzeBerndt? – Gut.

Herr Kössler! Das war ja sehr pathetisch,

[Marcel Luthe (FDP): „Pathetisch“ ist das richtige Wort!]

zu Recht. Das war zu Recht, weil er nämlich ein wichtiges Thema besprochen hat, ein Thema, das uns allen am Herzen liegt. – Und wenn ich hinter diesem Redepult auch vorgucken kann, kann ich auch loslegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vorhin über den Wohnungsbau gesprochen. So ein bisschen fühlt man sich wie im Zoo früher, wie Hospitalismus, diese Tiere, die sich auf der Stelle bewegten, so haben wir es auch im Wohnungsbau, wo sich in dieser Legislaturperiode gar nichts bewegt, ein bisschen nach links, ein bisschen nach rechts. Wenn wir uns das BEK angucken, was da zum Thema Wohnungsbaubeschleunigung steht, dann stellen wir fest, dass künftig in jedem Bebauungsplan ein Energie- und Klimaschutzplan verbindlich mit aufzustellen ist. Das ist neu. Das wird natürlich zu einer irrsinnigen Beschleunigung des Bauverfahrens führen. Wenn wir über Bauverfahren in Berlin und die Attraktivität für Investoren sprechen, dann steht auch im neuen BEK drin, dass künftig die Schaffung von privaten Parkplätzen auf dem eigenen Grundstück verboten

werden soll. Man möchte die Attraktivität des Autoverkehrs nicht erhöhen. Das macht es natürlich attraktiv zu bauen.

Aber, Herr Kössler, nach dem, was Sie an pathetischen Sachen sehr richtig vorgetragen haben, stelle ich doch fest, es ist ein bisschen viel Sektkorkenmodus bei den Rot-Rot-Grünen. Es wird hier gefeiert bis auf Teufelkomm-raus was man so alles Tolles geschaffen hat, z. B. das Stadtwerk gibt es jetzt – das gab es vorher schon, Braunkohle soll abgeschaltet werden – das gab es vorher schon, Ausstieg aus der Steinkohle soll es geben – das war auch vorher schon beschlossen, sogar durch die Bundesregierung. Dass das Stromwerk jetzt Strom verkauft, ist auch eine ganz tolle Innovation. Also was ist denn nun eigentlich rausgekommen? – Ach ja, der Anschlusszwang für Fernwärme als Drohkulisse für alle, die sich im Bereich der energetischen Erzeugung austoben. Dass das ein bisschen mau ist, das wissen wir alle. Da hatten wir wirklich anderes erwartet, insbesondere angesichts der Tatsache, dass jetzt so viel Geld zur Verfügung steht.

Ganz groß angekündigt wurde zu Beginn der Legislaturperiode die neue Fassung des hier vorliegenden Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms. Wir als CDU finden dieses BEK in weiten Zügen ja richtig klasse.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Sie wissen, es ist deswegen so klasse, weil es vor Innovationen so strotzte, weil es nämlich zwischen Schwarz und Rot mehr oder weniger vereinbart wurde.

[Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE)]