Protocol of the Session on November 24, 2016

Werte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Wir als AfD stehen für den Erhalt von Tegel und haben in unserem Wahlprogramm gefordert, Tegel als Regional- und Regierungsflughafen weiterzubetreiben. Die Kollegen von der FDP sind also beileibe nicht die Einzigen, die dieses für die Mobilität der Berliner und die Berliner Wirtschaft wichtige politische Ziel verfolgen. Jeder Realist erkennt, dass der BER bei seiner irgendwann einmal realisierten Eröffnung schon anfangs viel zu klein sein wird und die in Tegel vorhandenen Ergänzungskapazitäten erhalten bleiben müssen. Erinnern wir uns aber: Seit 2006 hat das grüne Spitzenpersonal mit Renate Künast immer wieder öffentlich schwadroniert, dass der Flughafen in Schönefeld vermeintlich viel zu groß geraten könnte. Das waren rückblickend geradezu absurde Auftritte angesichts der 2014 offiziell eingeräumten massiven Kapazitätsunterdeckung des – ich sage es mal so – aus Sicht der SPD heute wohl peinlicherweise mit dem großen Namen Willy Brandt verbundenen Flughafens.

Aber von der Realität ließen sich die herrschenden Ideologen in Berlin in Sachen Flughafensystem noch nie beeindrucken. Seit der absurden Tempelhof-Schließung 2008 gefallen sich SPD, Linke und Grüne in einer völligen Ignoranz in der Notwendigkeit eines florierenden Luftverkehrssystems für die deutsche Hauptstadt an sich. Und diesen ideologischen Starrsinn bekommen die Berliner jetzt auch mit der Tegel-Schließungsdebatte zu spüren, die sich mit dem Volksbegehren wehren, das nunmehr in die zweite Phase geht und das wir im Rahmen unseres Mottos „Mehr Demokratie wagen!“ unterstützen.

[Beifall bei der AfD]

„Mehr Demokratie wagen!“, das war einst mal das Thema desjenigen, dessen Enkel der Großbaustelle im Süden

Berlins seinen Namen gegeben haben. So ändern sich die Zeiten.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Dabei stellt sich die alte und neue Berliner Senatskoalition gegen eine rot-rote brandenburgische Landesregierung, die nichts mehr gegen einen besonders definierten Weiterbetrieb von Tegel einzuwenden hat, da es den Brandenburgern davor graut, die vollkommen unzureichende BER-Kapazität auch noch mit Regierungs- und Regionalfliegern teilen zu müssen. Sie wissen, da gehen Slots verloren, die da gebraucht werden.

Angesichts kaum kalkulierbarer Planungs- und Bauzeiten für Großprojekte wie insbesondere Flughäfen über mittlerweile mehrere Jahrzehnte ist unser Credo ganz einfach: Lasst uns den Flughafenstandort Tegel erhalten und nicht die Zukunft leichtfertig durch eine Tegel-Schließung verschenken! Und an die den Senat tragenden Fraktionen auf der linken Seite gerichtet: Sagen Sie der Öffentlichkeit, dass der Tegel-Schließungsbescheid angesichts der BER-Bedarfsunterdeckung von der Berliner Landesluftfahrtbehörde zurückzuziehen wäre und die Tegel betreffende Planfeststellung – also Schließung sechs Monate nach der Inbetriebnahme – durchaus und selbstverständlich zu verändern ist. Denn, liebe Freunde Parlamentarier – jetzt komme ich auf einen wichtigen Satz –, nichts ist alternativlos. Und meine Partei ist im Übrigen auch und vor allem genau deswegen in dieses Abgeordnetenhaus und in die zehn Landesparlamente gewählt worden.

[Bravo! und Beifall bei der AfD]

Es geht rein um den politischen Willen, und das ist Sache des Parlaments. Wir können Gesetze ändern. Wir können scheinbar in Stein gemeißelte Rechtslagen verändern. Wir können das – ich will das andere Unwort nicht gebrauchen –, wenn wir es wollen. Wir werden den parlamentarischen Vorstoß der Kollegen konstruktiv begleiten und gegebenenfalls über eine Bundesratsinitiative versuchen, eine Planfeststellung durch Bundesgesetz – das geht nämlich – zu erreichen.

Zu erwähnen bleibt, dass die gesamte Tegel-Nachnutzungspropaganda, die seit 2011 auftragsgemäß die sogenannte Tegel Projekt GmbH verbreitet hat, inzwischen in sich zusammengebrochen ist. Wie bei Tempelhof wurde mit viel Steuergeld die Geschichte erzählt, gerade hier von den Kollegen auch, dass Tausende Arbeitsplätze und Wohnungen auf den dann stillgelegten Flughafenstandorten errichtet werden könnten. Nun ist auch für Tegel kleinlaut eingeräumt worden, dass nichts übrigbleiben wird und das Flughafengelände wahrscheinlich stückchenweise verscherbelt werden muss, weil sich die vielbesungenen Hightech-Unternehmen einfach nicht einstellen wollen. Wir als AfD-Fraktion erklären unser Ja zum Offenhalten und dem Weiterbetrieb von Tegel, wenn auch mit spürbar reduziertem Flugaufkommen, und werden uns weitere Initiativen vorbehalten, den Flugha

(Harald Moritz)

fenstandort Berlin insgesamt bedarfs- und zukunftsgerecht zu gestalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags federführend an den künftig für Verkehr zuständigen Ausschuss und mitberatend an den künftig für Umwelt zuständigen Ausschuss und an den künftig für Recht zuständigen Ausschuss sowie an den Hauptausschuss empfohlen. Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so.

Ich komme zur

lfd. Nr. 4:

Viertes Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/0011

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den künftig für Bauen zuständigen Ausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann verfahren wir so.

Der Tagesordnungspunkt 5 war Priorität der Fraktion der FDP unter Nummer 3.6.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 5 A:

Dreiundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Landesabgeordnetengesetzes

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 18/0026

Erste Lesung

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich dazu nicht, dann können wir so verfahren.

Ich komme zur

lfd. Nr. 6:

Zwanzigster Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag)

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 50 Absatz 1 Satz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 18/0015

In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP und hier der Kollege Krestel. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nahezu seit der Gründung der Bundesrepublik begleitet uns die durch staatliche Verträge begründete sogenannte Staatsferne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die Bundesrepublik besteht nun aber fast 70 Jahre, und dieser Rund- und Fernsehfunk per staatlich verordneter Staatsferne besteht nach wie vor in einer Form, als ob Herr Adenauer und Herr Mende gleich um die Ecke kommen würden. Diese jedem gesellschaftlichen Wandel, z. B. der Einführung privater Rundfunk- und Fernsehsender, völlig abholde Starrheit hat dazu geführt, dass sich in unserer Gesellschaft eine Art Parallelstruktur gebildet hat, ein munteres Konglomerat meinungsstarker Funktionäre. Wir wollen hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, öffentlicher Rundfunk hat für die FDP weiterhin seinen Platz. Wir brauchen ein Korrektiv, das kulturell hochwertige Kultur-, Jugend- und andere Sendungen jenseits von Formaten wie „Bauer sucht Frau“ möglich macht und diese auch umsetzt.

[Georg Pazderski (AfD): Lindenstraße!]

Zahlreiche Mitarbeiter in den Funkhäusern, Redaktionen und den Sendehäusern tun das ja auch. Es besteht jedoch, um zwei Beispiele zu nennen, keine Notwendigkeit, für hohe Millionenbeträge Sportereignisse einzukaufen und die Zuschauer damit zwangsweise für Sendungen zahlen zu lassen, die sie, wenn sie das denn wollten, bei privaten Sendern kostenlos sehen könnten bzw. nur dann dafür zahlen müssen, wenn sie die Sendung auch sehen wollen. Unverständlich und geradezu aus der Zeit gefallen ist für uns die Tatsache, dass mittlerweile rund 30 Prozent der Haushalte öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten aus Pensionen und Pensionszusagen für die außergesetzlichen Versorgungssysteme ehemaliger öffentlich-rechtlicher Rundfunkfunktionäre besteht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist so ziemlich die letzte Insel in unserer Gesellschaft, bei der der unsägliche Norbert-Blüm-Satz „Die Rente ist sicher“ noch zutrifft, sogar mit der Erweiterung „Die fette Rente ist sicher“.

[Beifall bei der FDP]

Daher wird die sogenannte GEZ-Gebühr längst von vielen Menschen in diesem Land als heimliche Zusatzsteuer empfunden – dafür, dass man den Bürgern für teures Geld mitteilt, was sie denken sollen und wie man bitte

(Frank-Christian Hansel)

schön politische und gesellschaftliche Entwicklungen und Vorkommnisse zu bewerten habe.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

Nun hat die KEF in ihrem zwanzigsten Bericht eine Absenkung des Rundfunkbeitrags ab 2017 um 30 Cent empfohlen. Das ist noch nicht einmal ein Trinkgeld, wenn man das zuvor von mir Gesagte dagegenstellt. Es wäre das absolute Minimum gewesen, jedem GEZ-Zahler wenigstens diesen Obolus von 30 Cent im Monat zu erlassen. Stattdessen aber schafft man einen neuen Reptilienfonds, der – das ist zu befürchten – im Zweifel allen möglichen Zwecken, jedoch nicht dem Schutz vor kommenden Gebührenerhöhungen, wie es in der Vorlage steht, dienen wird. Daher werden wir uns mit der zukünftigen rechtlichen Regelung, die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten betreffend, noch ausgiebig beschäftigen müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Zimmermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Krestel! Sie haben gleich drei fundamentale Grundsätze des deutschen Mediensystems offenbar komplett falsch verstanden, und deswegen sind Sie mit Ihrem Beitrag auch haarscharf neben der Sache gelandet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Holger Krestel (FDP): Aha!]

Wir haben – erstens –, Herr Krestel, eine duale Medienordnung, die das Nebeneinander von öffentlichrechtlichen und privaten Anbietern und die Bestands- und Entwicklungsgarantie dieser Anbieter schützt. Wir haben kein Paralleluniversum oder einen andere Art von Ihnen inkriminiertem Nebeneinander. Es ist eine gewollte und vom Verfassungsgericht gestützte duale Medienordnung. Lesen Sie es noch einmal nach!

Zweiter Fehler, Herr Krestel: Über das Programm zu befinden und darüber, ob „Bauer sucht Kultur“ richtig ist oder nicht, ist hier nicht die Aufgabe.

[Holger Krestel (FDP): Sie haben ja nicht mal richtig zugehört!]

Wir haben die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für die öffentlich-rechtlichen Anstalten zu schaffen, insbesondere für den RBB, aber auch für die anderen, durch die Mitentscheidung in den Rundfunkstaatsverträgen. Diese Aufgabe müssen wir erfüllen und dürfen nicht Ihre komi

schen programmlichen Erwägungen hier zur Grundlage machen.