Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt ein paar Unterschiede zu der Rede vorhin zum Thema Pflege und Gesundheit. Wir haben es hier im Bereich Integration, Arbeit und Soziales mit einer Senatorin zu tun, die
nicht nur mit hohem Engagement, sondern auch mit einer relativ hohen Sachkompetenz an die Aufgabe herangeht. Das ist der Vorteil, wenn man das Ressort über Jahre hinweg als Opposition gelernt hat.
Aber es kann auch ein Nachteil sein. Frau Breitenbach steckt sehr gut in den Details drin. Es gibt eine Menge Dinge, die sie angeschoben hat und die auch von unserer Seite begrüßt werden, aber das Problem ist, dass häufig die große Linie oder das Konzept – ich bin versucht zu sagen: der rote Faden – nicht zu erkennen ist.
Das kann auch Vorteile haben – beispielsweise in der Arbeitsmarktpolitik, wo wir von einer linken Senatorin ganz andere Dinge wie etwa einen aufgeblähten öffentlichen Beschäftigungssektor, eine flächendeckende Ausbildungsabgabe oder Ähnliches befürchtet hatten. Hier ist es gut, dass offensichtlich eine große Linie fehlt.
An anderen Stellen gibt es zwar gute Details. Das, was im Bereich Kältehilfe angeschoben wurde, kann von uns nur begrüßt werden, sowohl, was die höhere Zahl betrifft, als auch hinsichtlich einer Sache, die ich nie verstanden habe, nämlich der kurzen zeitlichen Befristung: man macht es jetzt also am Anfang und Ende einen Monat länger. Das findet durchaus unseren Beifall.
Keinen Beifall findet, dass die Landesregierung offensichtlich keinen Bedarf sieht, die Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik von 1999 zügig zu überarbeiten. Das heißt, das langfristige Konzept fehlt uns hier. Ebenso sehen wir das auch im Bereich der Integration. Es gibt eine Vielzahl an Fördertöpfen, an Projekten, an Initiativen, viel Stadtgesellschaft, auch viele Jobs für Sozialarbeiter, aber an vielen Stellen aus unserer Sicht doch sehr wenig Effizienz. Ich will jetzt nicht wieder die Mittel für die Förderung der Willkommenskultur für Roma in der Gropiusstadt ansprechen. Ich denke vor allem, dass wir es im Moment mit deutlich zurückgehenden Flüchtlingszahlen zu tun haben, und da erwarte ich, dass eine Integrationssenatorin den Blick über den Bereich der Flüchtlinge hinausgleiten lässt und sich auch mal ein Konzept vornimmt, wie die Integration aller Zuwanderer – mit welchem Pass auch immer – in dieser Stadt erfolgen könnte. Hier sehe ich keine Vision.
In anderen Feldern wie beispielsweise der Behindertenpolitik sieht es quasi umgekehrt aus. Da gibt es den Entwurf eines Landesgleichberechtigungsgesetzes. Das ist ein guter Entwurf – das habe ich auch schon an anderer Stelle gesagt –, der auch absolut überfällig war. Hier liegen die Mängel, die ich zu kritisieren habe, in den Details. Die Wartezeiten beim LAGeSo für Behindertenanträge steigen und steigen und steigen. Wartezeiten von einem halben Jahr für einen Menschen mit Handicap, bis er mal seinen Ausweis bekommt, sind dort normal. Für
Ähnliches gilt für den Bereich Wartezeiten bei Genehmigungsverfahren für Assistenz oder Arbeitsmittel für behinderte Menschen, die in den Arbeitsmarkt wollen, oder halt auch – anders als in Brandenburg; das heißt, es ist möglich – den Schluss der „Initiative Inklusion“, der eben nichts mehr folgt. Wir denken, dass Inklusion nicht an der Schultür enden darf, gerade dann, wenn man sie ernst nimmt.
Fazit: Der Senat bemüht sich, den Aufgaben in dieser Stadt in diesem Bereich gerecht zu werden, aber der Erfolg ist oft nicht zu erkennen. Man verliert sich im Zuwendungsdschungel und in den Verwaltungsstrukturen. Das Fazit ist folglich, dass gerade im linksregierten Berlin die Sozialpolitik immer noch ein besonderes Feld des Versagens ist. Wir sind unverändert die Hauptstadt von Hartz IV und Kinderarmut und die Metropole der Obdachlosigkeit und Suppenküchen. Das kann nicht soziale Politik sein. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wurde mehrmals gesagt, dass die Schwerpunkte nicht erkennbar sind. Rote Linien sind etwas anderes. Das sind in der Regel die Haltelinien. Das ist der Punkt, wo die Schmerzgrenze erreicht ist. Darüber reden wir heute nicht. Wir reden über einen Haushaltsentwurf, über den ich persönlich mich sehr freue, weil er die Möglichkeit bietet, viele Probleme dieser Stadt anzupacken, die in den letzten Jahren liegengeblieben sind.
Ein Schwerpunkt der Koalition liegt in der Armutsbekämpfung; das haben wir auch stets gesagt. Ich wiederhole noch einmal einige Punkte, die eingangs schon genannt worden sind. Wir stützen die soziale Infrastruktur. Die soziale Infrastruktur ist die Basis für gesellschaftliche Teilhabe und die Basis für Armutsbekämpfung. Deshalb werden die Mittel für das integrierte Sozialprogramm, das all die Beratungsprojekte und Ähnliches umfasst, noch einmal um 10 Millionen auf dann 27,5 Millionen Euro aufgestockt.
An dieser Stelle ein herzliches und großes Dankeschön an die Koalitionsfraktionen, die hier noch einmal einiges draufgepackt hat. Damit können wir tatsächlich an einem Beispiel, das hier angesprochen wurde – die Wohnungslosenhilfe –, viele Probleme anpacken. Wenn wir hier herausgegangen sind oder spätestens morgen, so vermute ich, werden die sozialpolitischen Sprecherinnen und Sprecher und auch die Fraktionen eine Mail erhalten, mit der sie zur ersten Konferenz für eine gesamtstädtische Steuerung der Wohnungslosenpolitik eingeladen werden. Vorher werden ihnen bereits die Leitlinien vorgelegt, die jetzt fertig erarbeitet und abgestimmt sind. Es gibt einen ersten Entwurf, den wir breit in der Gesellschaft und mit vielen Akteuren in der Stadt sowie den Wohlfahrtsverbänden diskutieren. Letztere werden sich an der Konferenz beteiligen und dort federführend Arbeitsgruppen leiten.
Wir werden, was die Armutsbekämpfung angeht, die unabhängige Sozialberatung ebenso wie die Schuldnerberatung in den Bezirken stärken. Das sind die Stellen, zu denen Menschen gehen, die in schwerer Not sind und nicht mehr weiterwissen. Dort erhalten sie Hilfe.
Wir werden auch die Stadtteil- und Nachbarschaftszentren stärken und ihnen mehr Geld geben. Sie machen Angebote für ganz viele Menschen, und zwar unabhängig von deren Geldbeutel. Das ist zentral wichtig bei der Armutsbekämpfung. Das sind einige der wenigen Stellen, zu denen viele Menschen gehen. Dort wird die Demokratie gestärkt, dort wird gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Dort erfahren viele Menschen einen Umgang in Solidarität und Respekt.
Zur gesellschaftlichen Teilhabe gehört auch Mobilität. Diese ist enorm wichtig für viele ältere Menschen und für Menschen mit Behinderung. Ich freue mich insofern sehr darüber, dass wir die Mobilitätshilfsdienste in ein Landesprogramm übernommen haben und sie damit endlich verstetigt und aus der unsicheren Arbeitsmarktpolitik herausgenommen werden können. Wenn wir dann noch, wenn der Haushalt beschlossen ist, die Inklusionstaxen einführen, werden wir richtige Schritte hin zu einem Gesamtkonzept in Sachen Mobilität für mobilitätseingeschränkte Menschen und für solche mit Behinderung gemacht haben. Wir werden Barrieren abbauen.
Ich würde mich übrigens freuen, wenn ihr einfach später reden könntet oder rausgeht; die Unruhe stört extrem.
Ein weiterer Schwerpunkt ist das Themenfeld Partizipation und Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Wir wollen die Vielfalt in Berlin stärken; das ist ein wichtiger Punkt und war auch schon ein wichtiger Punkt des Partizipations- und Integrationsgesetzes. Wir wollen, dass sich diese Vielfalt auch niederschlägt und sichtbar wird. Deshalb kommt der interkulturellen Öffnung, die auch im Partizipations- und Integrationsgesetz enthalten ist, ein besonders hoher Stellenwert zu. Da sind alle in der Verantwortung. Die migrantischen Communitys und die vielen Strukturen in der Stadt, die Berlinerinnen und Berliner mit Einwanderungsgeschichte unterstützen, spielen hierbei eine wichtige Rolle. Deshalb werden diese Strukturen weiterhin finanziell gefördert und weiterentwickelt. Dazu gehört der Roma-Aktionsplan, dazu gehört aber auch das Partizipations- und Integrationsprogramm oder das Willkommenszentrum. Das alles wird gestärkt, dafür stehen die Gelder in dem Einzelplan.
Natürlich ist die Unterstützung der Geflüchteten bei dem Aufbau eines unabhängigen Lebens nach wie vor eine Herausforderung. Deshalb werden auch hier die bezirklichen Strukturen weiterhin gestärkt und finanziert, ebenso wie die Arbeit der Unterstützerinnen und Unterstützer. – Liebe Frau Seibeld! Wenn man sich ein bisschen mit der Arbeit der Unterstützerinnen und Unterstützer dieser Stadt beschäftigt, die vielfältig ist, wird man feststellen, dass es sehr viele Menschen gibt, die Ihr Modell von Patenschaften, wie Sie es nennen, schon lange durchführen, indem sie Leute, einzelne Familien begleiten und unterstützen.
Wer von Geflüchteten redet, muss natürlich auch von dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten reden. An dieser Stelle will ich Ihnen sagen: Wir haben das erste Mal einen Haushaltsansatz abgebildet. Das gab es bisher noch nicht. Sie können insofern munter irgendwelche Zahlen nutzen. Spannend wäre, wenn Sie sich mal die Mühe machten und sich den alten Haushalt angucken würden. Dann würden Sie feststellen, wie viel Geld vorher ausgegeben wurde und wie viel Geld jetzt ausgegeben wird. Was Sie jetzt machen, ist relativ unterirdisch und blanker Populismus, bis hin zu Hetze.
Jetzt komme ich zu der Personalpolitik. – Frau Seibeld! Herr Czaja! – Nun sind ja beide nicht mehr da.
[Stefanie Fuchs (LINKE): Frau Seibeld sitzt dahinten! – Dr. Gottfried Ludewig (CDU): Umdrehen! – Georg Pazderski (AfD): Und wen wollen Sie?]
Ich meine jetzt den kleinen Herrn Czaja. – Frau Seibeld ist da, ja! Aber es gibt nur eine Frau Seibeld und zwei
Herr Czaja hat es heute Früh behauptet, Frau Seibeld hat es eben gesagt. – Sie sollten vielleicht einfach mal leise sein!
[Georg Pazderski (AfD): Warum soll ich leise sein? – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Weil Sie nichts zu sagen haben! – Zuruf von der LINKEN: Es wäre hilfreich!]
Weil ich gerade rede und weil man sich, wenn man ein gewisses Maß an Höflichkeit in seinem Leben gelernt hat, dann mal ein bisschen zurückhält. Das scheint Ihnen aber fremd zu sein.
Es wird behauptet, dass im LAF 130 Stellen abgebaut werden. Das stimmt nicht. Wenn Sie sich den Brief des Personalrats noch einmal durchlesen, Frau Schubert hat es schon gesagt: Ich und die Staatssekretäre sind mit dem Personalrat ganz oft im Gespräch. Wir haben da natürlich auch Differenzen; dafür sind die Personalrat, und ich bin auf der Arbeitgeberseite in diesem Fall. Wir reden schon darüber. Wenn Sie sich den Haushaltsplan anschauen, werden Sie feststellen, dass es mehr Stellen im LAF gibt. Sie werden feststellen, dass wir mit dem Nachtragshaushalt und mit dem jetzigen Haushalt insgesamt 135 Beschäftigungspositionen in feste Stellen umwandeln. Das ist ein ausgesprochen großer Erfolg, wenn ich das mal so sagen darf. Das wird auch dazu führen, dass das LAF weiter und besser arbeitet. Es gibt jetzt noch 25 befristete Stellen, und dafür suchen wir eine Lösung. Ich finde, das ist ein großer Erfolg gegenüber dem, was wir in der Vergangenheit erlebt haben.
Zu dem Thema Erwerbslosigkeit wurde schon viel gesagt. Sie finden im Haushalt ganz viele Maßnahmen dazu. Ich sage Ihnen aber auch: Bei dem Thema Erwerbslosigkeit und gute Arbeit hängt auch viel von der Bundespolitik ab. Da schauen wir, was uns da erwartet und was da Neues kommen wird. – Vielen Dank!