Protocol of the Session on October 19, 2017

Ich nehme an, ein solcher Antrag geht Ihnen mal so locker von der Hand, ohne den Einzelplan überhaupt aufgeschlagen zu haben.

Um eine lösungsorientierte Debatte zu einem tatsächlichen Problem geht es hier ganz offensichtlich nicht. Es geht nur um den Opfermythos und die Selbstdarstellung. Stattdessen wird hier mal wieder unter dem Deckmantel Linksextremismus die freie, pluralistische Stadtgesellschaft angegriffen und alle, die sich für ihren Erhalt einsetzen. Das reiht sich ein in die Versuche der AfD, Theaterhäusern die finanzielle Grundlage zu entziehen, weil ihnen die Meinung des Intendanten nicht passt, so wie es hier schon wiederholt getan wurde. Dieses Verständnis von Meinungs- und Kunstfreiheit zeigt, dass es ziemlich genau die eigene Meinung umfasst und sonst nichts.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist ja wie bei euch!]

Angesichts dieser denkwürdigen Entwicklungen bin ich dankbar, dass sich viele Berlinerinnen und Berliner für ein gelebtes Demokratieverständnis einsetzen. Es ist gut, dass es das Landesprogramm für Demokratie seit mittlerweile 15 Jahren gibt und dass es immer wieder an die aktuellen Bedarfe angepasst wurde. Das werden wir fortführen. Wir werden das Landesprogramm weiterentwickeln. Da die letzte Evaluierung schon einige Zeit her ist, wird eine umfassende Evaluierung dazugehören.

Wie Sie sehen, steigen nicht nur die Zahlen rechter Gewalt, sondern es steigt auch der Druck auf die Hilfestrukturen für die Betroffenen. – Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, Ihnen und Euch unsere Unterstützung zuzusichern. Wir ermutigen die Berlinerinnen und Berliner, sich weiterhin zu engagieren. Wir sind Ihnen sehr dankbar für ihre Arbeit, Danke für Ihren Einsatz, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gegen Benachteiligung, Ausgrenzung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für die Demokratie. Vielen Dank für die Hilfe, die Sie dem Opfern zukommen lassen! Diese Stadt ist auf Sie angewiesen.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Sie können sich weiterhin sicher sein, dass wir auch künftig an Ihrer Seite stehen werden gegen derartige Angriffe.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Zuallerletzt, Herr Lenz, möchte ich noch einmal auf Ihre Gleichmacherei von links und rechts eingehen: Es hat eine gewissen Ironie, dass es die Antifaschistinnen und Antifaschisten in dieser Stadt – von denen gibt es viele, und sie sind sehr breit aufgestellt – sind, die sich am aktivsten gegen die Aushöhlung und Abschaffung des Rechtsstaats und der Demokratie einsetzen.

[Georg Pazderski (AfD): In Hamburg beim militanten Gipfel!]

Dafür haben sie unsere Anerkennung.

[Lachen bei der AfD – Lachen von Holger Krestel (FDP) – Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU)]

Sie zeigen mal wieder deutlich, wie notwendig das ist.

[Unruhe auf der rechten Seite – Kurt Wansner (CDU): Sie beleidigen die Opfer der DDR!]

Ich bitte Sie um ein bisschen mehr Ruhe! – Frau Helm, setzen Sie fort!

Wie diese Problematiken hier weggelacht werden, wie den Opfern hier verbal ins Gesicht getreten wird, finde

ich unter aller Würde. Ich bin aber froh, dass das vor den Augen der Stadtöffentlichkeit stattfindet.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich bin überzeugt davon, dass sich Berlin, auch wenn es einigen Einsatzes bedarf, weiterhin für die pluralistische Stadtgesellschaft einsetzen wird und dass wir sie gemeinsam erfolgreich verteidigen werden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Gegen euch!]

Ich bedanke mich vielmals!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Kurt Wansner (CDU): Das Politbüro ist wieder zusammengetreten!]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Krestel das Wort. – Bitte schön!

Reinhold Brändle, Roland Pieler, Helmut Ulmer, Heinz Marcisz – das sind die Namen der bei der Entführung von Hanns Martin Schleyer ermordeten Personenschützer sowie seines Fahrers. Vier Menschen aus einer langen Reihe, die durch linken Terror in Deutschland ums Leben kamen. Ich lese diese Namen stellvertretend für alle anderen Opfer des linken Terrors vor, weil sie nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Die Baader-Meinhof-Bande war eine feige und widerwärtige Mörderbande. Jede andere Bezeichnung wie „Gruppe“ oder „Rote Armee Fraktion“ verbietet sich, denn dies ist Bestandteil der Eigenwerbung dieser Strolche.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Sie war aber auch die Spitze eines Eisbergs und konnte nur so lange und im negativen Sinne erfolgreich ihr Unwesen in diesem Land treiben, weil sie über ein näheres und weiteres Unterstützerfeld verfügte, das bis heute nie richtig aufgearbeitet wurde, und von dem Teile bis heute in unserer Gesellschaft agieren.

[Zuruf von der AfD: So ist es!]

Nur so konnte eine Verklärung zum „Mythos“ RAF stattfinden,

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Das Thema heißt „Aktuelle Stunde“! Aktuell! Keine Geschichtsvorlesung!]

die uns gerade jetzt wieder in Presse, Funk und Fernsehen den klaren Blick auf diese Kriminellen verstellen will.

(Anne Helm)

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Es gibt also seit Jahrzehnten intakte linksextreme Strukturen in diesem Land –

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Dr. West?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfragen! –, mit denen wir uns genauso wenig abfinden dürfen wie mit ihren rechtsextremen Pendants.

Über welche durchorganisierte, hoch effiziente Organisationen die verschiedenen Spielarten des linken Extremismus bei uns verfügen, hat uns erst kürzlich der G-20Gipfel in Hamburg gezeigt.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Ich dachte der „Tatort“!]

Ganze Stadtteile konnten in bürgerkriegsähnliche Zustände versetzt werden, in denen brennende Autos das Stadtbild prägten. Die Fahrzeuge von Menschen, die Behinderte, die Rollstuhlfahrer zu irgendwelchen Veranstaltungen oder ihren Arztbesuchen fahren sollten, wurden von diesen widerwärtigen Menschen in Brand gesteckt.

[Dr. Clara West (SPD): Das nennen Sie Linksextremismus?]

Das war nur möglich, weil der Linksextremismus seit Jahrzehnten über eine Art legalem Arm in diesem Land verfügt,

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Lasst den Luthe sprechen!]

der linke Kriminelle nicht nur juristisch berät, sondern sie auch vor gesellschaftlicher Ächtung mehr oder weniger schützt.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Notwendige Aufarbeitungen von Vorkommnissen wie in Hamburg werden da ganz schnell umgelenkt über eine pflaumenweiche Polizeieinsatzleitung, linkem Straßenterror und offenbar mühelos aus ganz Europa zusammengekarrten roten Schlägern. Da wird dann nämlich ganz schnell die nachfolgende Berichterstattung zu Themen wie Polizeigewalt, die Schädlichkeit von Wasserwerfern und ähnlichen Märchen und Sagen diskutiert, anstatt über den linken Extremismus zu sprechen, der Stadtteile in diesem Land in Schutt und Asche gelegt hat.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Derselbe Arm sorgt aber auch dafür, dass bestimmte Themen, wenn sie überhaupt einmal hochkommen, ganz schnell wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden. Sei es, dass rechtskräftig verurteilte Linksterroristen immer noch in diesen Strukturen aktiv sind, sei es, dass der rechtskräftig verurteilte Terrorist Christian

Klar, einen gut bezahlten Job im Bundestagsbüro eines Abgeordneten der Linkspartei ausüben darf oder durfte, oder denken wir auch einmal an den Abgeordneten Ströbele.

[Beifall von Kurt Wansner (CDU)]

Seine rechtskräftige Verurteilung als Terrorunterstützer hat seine politische Karriere in diesem Land in keiner Weise beschädigt.