eine neue Betriebserlaubnis beantragt und genehmigt werden. Sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen müssten hergestellt werden. Eine neue Rechtslage, unter anderem neue Lärmschutz- und Umweltauflagen der letzten Jahrzehnte, die in den Siebzigerjahren noch keine Rolle gespielt haben, würden jetzt in diese Betrachtung mit einfließen. Die drei Gesellschafter, zu deren Haltung ich gerade etwas gesagt habe, müssten sich einig sein, diesen Weg zu gehen. Der Landesentwicklungsplan müsste von beiden Parlamenten in Brandenburg und Berlin neu verabredet und neu beschlossen werden.
Dem würde dann ein Planfeststellungsverfahren folgen, ein neues Planfeststellungsverfahren, und von allen Seiten, von Brandenburger und von Berliner Seite, von Bürgerinnen und Bürgern, die belastet werden durch Tegel oder die Sorge haben, beim BER würde es neue Klagen geben. Das, was Sie vorschlagen, ist ein jahrelanger, rechtlich hochriskanter Irrweg. Das, was Sie vorschlagen, bedeutet Rechtsunsicherheit für Tegel und den BER. Notwendige Investitionen in Tegel oder in den BER würden entweder gar nicht stattfinden oder auf ein Mindestmaß zurückgeführt werden. Zum Schluss könnte es eine Rechtsunsicherheit oder Einschränkung für einen oder für beide Standorte geben.
Alles, was Sie vorschlagen, ist das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik. Sie schwächen den Wirtschaftsstandort Berlin, Sie schwächen den Luftverkehrsstandort, Sie schwächen die touristische Entwicklung, Sie kämpfen
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von Holger Krestel (FDP) und Paul Fresdorf (FDP)]
Ich sage auch: Unabhängig davon, unabhängig von all diesen juristischen Auseinandersetzungen, zu denen Sie nichts gesagt haben, nichts, gar nichts, außer: Man muss es eben mal probieren, – unabhängig davon geht es in unserer Stadt auch darum, 300 000 Menschen von Lärm und Gefahren zu entlasten. Ja, auch darum geht es. Über 20 Jahre wurde das diesen Menschen versprochen, angefangen mit Eberhard Diepgen, der gesagt hat, wir werden einen innerstädtischen Flughafen schließen.
Zur Verlässlichkeit von Politik gehört es eben auch, in diesem Sinne Wort zu halten und die Menschen vor Lärm und Gefahren zu schützen.
Und natürlich sind es Gefahren! Als aufgezählt wurde – ich glaube, Herr Saleh war es –, welche Flugkatastrophen es schon gegeben hat, wird von Ihrer Seite reingerufen „Blanker Populismus!“ Wir könnten auch noch Königs Wusterhausen nennen, könnten München-Riem nennen, natürlich hat es in Innenstadtlagen oder nahe an Städten Flugzeugkatastrophen gegeben. Am Sonntag habe ich Hans-Jochen Vogel sprechen können, der mir gesagt hat, selbstverständlich war es nach der Katastrophe in München-Riem die Verabredung der Politik zu sagen, wenn wir etwas neu entscheiden, nie wieder einen innerstädtischen Flughafen in München. Und sie haben es so gemacht. Sie haben ihren Flughafen jwd gebaut, dagegen ist Schönefeld sogar noch innerstädtisch.
Man muss darauf eingehen, wo die Gefahren und Risiken liegen. Und man muss es auch offen und ehrlich sagen: Diese Abstimmung, die jetzt am 24. September zu Tegel ansteht, ist eben in vielerlei Hinsicht eine Entscheidung über die Zukunft unserer Stadt und nicht über die Vergangenheit.
Es ist keine Abrechnung mit der Politik oder einzelnen Politikern oder ein Denkzettel, den man verpassen will, weil man über den BER oder irgendwelche Versäumnisse verärgert ist, die Sie ja alle aufgezählt haben und die nicht das Geringste mit Tegel oder dem BER zu tun haben.
Richtig! Ich sage selbstkritisch, dass einiges in der Stadt noch besser laufen muss. Aber am 24. September 2017 geht es um Tegel. Es geht um eine Zukunftsent
scheidung, um die Frage, wie wir mit dieser Fläche und diesem Thema in unserer Stadt umgehen. Sie wollen Tegel zu einer Gesamtabrechnung über die Politik machen. Dafür sind aber die Wahlen da und nicht dieser Volksentscheid.
Wenn ich immer wieder höre, Tegel sei so gut erschlossen: Tegel ist durch einen Bus, der alle halbe Stunde kommt, und eine Straße erschlossen.
Schönefeld hat nicht nur eine leistungsfähige Straßenanbindung, sondern eine Schienenanbindung, wie sie Tegel nie hatte und nie bekommen wird. Das wissen Sie. Sie wissen auch, dass die Terminals in Tegel völlig überlastet sind.
Sie wissen, dass die Landebahnen für die Flugzeuge, die jetzt schon fliegen, und für die nächsten Flugzeuggenerationen überhaupt nicht ausgelegt sind. Sie wissen, dass Milliardeninvestitionen anstehen würden, wenn Tegel dauerhaft in Betrieb sein würde.
Tegel soll eine Zukunftsentscheidung sein? – Nein! Der Flughafen Tegel ist keine Zukunftsentscheidung. Er ist Vergangenheit. Das muss man offen und ehrlich sagen.
Es geht darum – auch in der Hinsicht ist es eine Zukunftsentscheidung –, wie wir in der Stadt leben wollen. Wollen wir weiterhin, dass 300 000 Menschen belastet sind? – Ich sage: Nein! Wir führen an anderen Stellen Diskussionen über Umwelt- und Klimapolitik. Wir führen mit dem Dieselgipfel bundesweit eine Debatte über die Belastungen, die durch diese Schadstoffe entstehen. Und dann wollen wir einfach hinnehmen, dass nach 20 Jahren die Leute vorgeführt werden und wir sagen: Wir haben es uns anders überlegt. Ihr müsst weiter mit diesen Belastungen leben. – Nein! Das ist nicht mein Verständnis von einem guten Zusammenleben in der Stadt.
Es gehört auch zu der Zukunftsfrage, den Menschen das zu geben, was ihnen versprochen wurde, nämlich ein gutes, sorgenfreies, gesundes und gefahrloses Leben in
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist aber mit Ihnen nicht zu machen!]
Natürlich geht es um die Fläche. Die ist mir beinahe am wichtigsten. Dazu kam von Ihnen kein Wort, nichts dazu, wie diese Fläche genutzt werden kann.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Eine Stunde haben Sie dazu nichts gesagt, Sie nicht und auch die Koalition nicht!]
Ich rede erst seit 20 Minuten. – Ich freue mich über die Entwicklung Berlins. – Sie vielleicht nicht. – Ich freue mich darüber, dass wir so wachsen. 40 000 Menschen kommen pro Jahr in diese Stadt. Wir haben 180 000 Studierende. Wir schaffen 80 000 Arbeitsplätze pro Jahr. Ich freue mich über diese Entwicklung,
aber wir wissen, dass wir dranbleiben müssen. Wir müssen die nächsten Potenziale erschließen, damit es mit dieser Entwicklung weitergeht. Natürlich sind die Flächen in Tegel eine Riesenchance für die Stadtentwicklung im eigentlichen Wortsinn, für Gewerbe, Industrie, Produktion, in Verbindung mit Wissenschaft, Grünangeboten und Wohnen. Es geht tatsächlich um 9 000 Wohnungen, die dort gebaut werden können.
Herr Graf! Es geht nicht darum, hier Alternativen aufzuzeigen, nach dem Motto „Machen Sie doch erst einmal das eine, und dann können wir über Tegel reden.“ Nein! Weil die Entwicklung Berlins so ist, wie sie ist, brauchen wir alle Möglichkeiten.
Lassen Sie uns gerne darüber reden, wie man in der Stadt auch noch mehr machen kann, wie man meinetwegen verdichten oder höher bauen kann. Aber wir brauchen zusätzlich Flächen, auf denen 9 000 bezahlbare Wohnungen für die Berlinerinnen und Berliner gebaut werden, um diese Entwicklung zu unterstützen.