[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von der LINKEN – Steffen Zillich (LINKE): Warum haben Sie denn einen Schattenhaushalt bei der BVG gegründet, wenn das so des Teufels ist?]
Berlin muss auf einem guten Kurs bleiben, und wir müssen in einigen Schwerpunkten besser werden, überhaupt keine Frage.
Da hat Herr Lederer danach gefragt, ob ich überhaupt zugehört habe. Ja, habe ich. Ich war in den letzten anderthalb Jahren meiner Amtszeit als Regierender Bürgermeister in allen Bezirken mehrfach in diversen Dialogveranstaltungen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich habe da viel gehört, was den Menschen wichtig ist, auch in den Sprechstunden bei mir im Roten Rathaus. Das sind aus der Erfahrung, die ich gemacht habe, ganz klar drei Themen. Es sind die Themen Mieten und Wohnen, Bildung und Arbeit. Das sind die herausragenden Themen, die die Menschen beschäftigen, wo sie sagen: Da wollen wir hören, wie es weitergeht.
Deswegen sage ich ganz bewusst an erster Stelle: Mieten und Wohnen ist in der nächsten Legislaturperiode und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus das Topthema, wo wir auch noch deutlich vorankommen müssen. Es ist viel erreicht worden dadurch, dass wir es geschafft haben. von 270 000 auf 310 000 städtische Wohnungen zu kommen, dass die städtischen Gesellschaften überhaupt wieder Bauprogramme hochgefahren haben, dass sie aktive Partner in der Mieten- und Wohnungspolitik sind. Wir haben es geschafft, die Baugenehmigungs- und die Fertigstellungszahlen hochzufahren. Aber es muss für die vielen Menschen, die kommen, weitergehen.
Das bedeutet, dass man auch Konflikte eingeht, dass man Konflikte auch austrägt; denn natürlich gibt es auch Wi
derspruch von Bürgerinnen und Bürgern, wenn vor der eigenen Haustür gebaut wird. Aber genau das ist gesamtstädtische und verantwortungsvolle Politik zu sagen, aus einem Gesamtinteresse, für eine gute Entwicklung der Stadt heraus ist es wichtig, auch Wohnungsbau durchzusetzen, und zwar mit einer klaren Schwerpunktsetzung für bezahlbare Mietwohnungen. Darum geht es. Das brauchen die Berlinerinnen und Berliner: bezahlbare Mietwohnungen in allen Teilen unserer Stadt.
Deswegen zwingen wir neben den städtischen Gesellschaften die Privaten, zu einem hohen Anteil auch sozialen Wohnungsbau darzustellen. Wir brauchen auch privates Engagement. Aber wir sagen als Politik auch ganz klar, was wir wollen und was wir von ihnen erwarten. Deswegen gehen wir in einen Konflikt mit der Bundesebene und streiten bis in den Bundesrat hinein um das Dragoner-Areal, um dort Wohnen und Kultur darstellen zu können.
Es ist – den Seitenschlenker erlaube ich mir – tatsächlich eine tolle Nummer, dass das Bundesfinanzministerium an der Stelle keine bessere Idee hat, als zu sagen: Wir sind sogar bereit, Gesetze zu ändern, um zu verhindern, dass Länder und Städte in ihren Innenstädten Bundesflächen bekommen, auf denen sie Wohnen und Kultur darstellen können. Es ist gut, dass wir uns dagegen gewehrt haben und nicht einfach akzeptieren, dass es sogar noch zu Gesetzesänderungen kommt.
Ich werde immer wieder damit konfrontiert, dass es ja eigentlich egal ist, wen man wählt, alle erzählen dasselbe. – Nein, das ist falsch, es erzählen nicht alle dasselbe! An dieser Stelle, Mieten und Wohnungspolitik, werden Unterschiede deutlich. Das hat man in den letzten Wochen und Monaten gemerkt und auch bei der Diskussion im Fernsehen vor zwei, drei Tagen. Das muss man klar benennen, was zum Beispiel auch die sogenannte Alternative für Deutschland will. Sie will nämlich keine soziale Wohnungs- und Mietenpolitik, sondern eine knallharte Eigentums- und Privatisierungspolitik. Und das geht zulasten von knapp einer Million Berlinerinnen und Berlinern, die in Mietwohnungen wohnen und leben, die sich Eigentum nicht leisten können. Was diese Partei will, ist unsoziale Politik. Sich dagegen zu engagieren, ist wichtig. Da werden Unterschiede zwischen den Parteien deutlich.
Ein zweiter Punkt, der viele bewegt, ist, wie gesagt, die Bildungsdebatte. Da sage ich ganz klar: Für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es wichtig, weiterhin in einem Gleichklang an der komplett gebührenfreien Bildungskette von der Kita bis zur Uni zu ar
beiten. Ab Sommer 2018/19 wird es auch so weit sein, dass es dann die komplette Bildungskette gebührenfrei gibt – bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung. Das ist eine Kraftanstrengung, das geht nicht alles von heute auf morgen. Ja, stimmt! Die Bildungssenatorin ist da auch in einem harten Konkurrenzkampf mit anderen Ländern und Städten. Andere Städte wachsen auch und bemühen sich um Erzieherinnen und Erzieher, um Lehrerinnen und Lehrer. Aber wir haben es eben – anders als in früheren Jahren – in den letzten Jahren geschafft, reibungslos den Schulstart zu ermöglichen mit dem entsprechenden Personal, mit entsprechenden Qualitätsmaßnahmen.
Deswegen sage ich ganz klar: Die Bildungspolitik wird zu Recht sehr sensibel von den Eltern, von den Großeltern, von den Lehrern beobachtet. Alle sorgen sich um das Wohl ihrer Kinder. Aber wir setzen hier die richtigen Akzente, sozialen Ausgleich auch in der Bildung zu organisieren, keine Barrieren und Schranken zuzulassen, sondern den Kindern einen guten Stärt in ihr Leben zu ermöglichen. Und das funktioniert mit gebührenfreier Bildung bei gleichzeitigem Qualitätsausbau. Dafür stehen wir.
Selbstverständlich gehört auch das entsprechende Lehr- und Lernumfeld dazu. Deswegen gibt es, von uns vorgeschlagen – Herr Saleh und ich haben es gemeinsam vorgestellt –, ein Über-5-Milliarden-Euro-Programm für die nächsten zehn Jahre, wo wir deutlich mehr in die Berliner Schule investieren werden.
Das setzt sich zusammen aus 2,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Schulstandorte, aus 1,5 Milliarden Euro, um den Investitionsstau zu beheben, und weiteren 1,5 Milliarden Euro, um gar nicht mehr den nächsten Investitionsstau zuzulassen, sondern laufend mehr zu investieren. Es ist richtig, auch das macht sich nicht von allein.
Das ist eben kein Schattenhaushalt und kein beliebiges Thema, wo wir einen Vorschlag nach dem anderen von Ihnen hören mit einer eigenen Gesellschaft,
sondern es ist eine städtische Gesellschaft, die wir nutzen, um vor allen Dingen nicht mehr Geld aufzunehmen – was Sie ständig vorschlagen –, sondern um schneller in die Umsetzung zu kommen. Das ist der entscheidende Unterschied zu Ihren Vorschlägen, wo Sie jede Woche eine neue Sau durchs Dorf treiben!
Das ist das Entscheidende. Das ist einer der Punkte, wo ich selbstkritisch sage: Schneller und besser werden in der Umsetzung, eben auch mit einer zentralen Einheit, die großen Baumaßnahmen steuert, damit wir nicht über zwölf Bezirke und mehrere Landesverwaltungen Reibungsverluste haben.
Ich will zum Dritten sagen, zum Thema Wirtschaft und Arbeit, das viele Menschen bewegt, dass ich mich freue, dass wir es nach 10, 15, 20 Jahren harter Arbeit in diesem Bereich endlich geschafft haben, auch als Stadt der Arbeit wahrgenommen zu werden, und zwar in wichtigen Bereichen. In Bereichen der Industrie, in Bereichen der Technologie werden wir als Stadt der Arbeit wahrgenommen. Da entstehen viele Arbeitsplätze,
im Bereich der Digitalisierung 60 000. Und auch da wieder – diesen albernen Spruch kann ich schon nicht mehr hören –: „Alles passiert trotz und nicht wegen der Politik.“ Ja, warum sind denn die Arbeitsplätze in der Digitalisierung geschaffen worden? Weil wir das entsprechende wissenschaftliche und Hochschulumfeld haben. Warum investieren wir denn jetzt in über 50 Professuren alleine in diesem Bereich? Weil wir da noch mehr Arbeitsplätze haben wollen. Darauf kommt es an, und das ist der Schwerpunkt der Politik, weiterhin dafür zu sorgen, dass noch mehr Menschen von guter Arbeit gut leben können. Das muss unser Anspruch sein, und darauf verwenden wir auch unsere Kraft.
Das ist kein Widerspruch zu Dienstleistung, Handel und Handwerk. Die Jugendberufsagenturen, die wir eingerichtet haben, ermöglichen Kindern und Jugendlichen einen guten Übergang in ihr Berufsleben. Das duale Abitur, das ich angeregt habe, wird aufgegriffen, wird umgesetzt. Wir haben Partnerschaften und Kooperationen mit der Handwerkskammer, mit Verbänden, um auch geflüchteten Menschen, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, eine Berufsperspektive zu bieten. Ja, das ist so. Von guter Arbeit gut leben können, das ist mehr als Geld verdienen. Das ist auch, einen Platz in dieser Gesellschaft haben. Und darum zu kämpfen, lohnt es sich jeden Tag.
Besser und schneller werden, unter dieser Überschrift kann man tatsächlich auch über die Berliner Verwaltung diskutieren. Ja, ist so. Aber es hat ein Umsteuern stattgefunden. Es hat in den letzten anderthalb Jahren ein Umsteuern und ein Einstellen von 4 500 Stellen gegeben. Wir haben die Bürgerämter besser ausgestattet, den Bereich, wo die B-Pläne erarbeitet werden in den Bezirken, damit wir schneller zu Wohnungsbau kommen. Die Bereiche, um das Zweckentfremdungsverbot zu überwachen, sind deutlich besser ausgestattet worden. Die Bezirke insgesamt haben mehr Personal bekommen. Ich glaube, es hat selten so harmonische Haushaltsberatungen
gegeben wie in den letzten zwei Jahren, weil die Bezirke gemerkt haben, dass sie als Partner auch ernst genommen werden.
Und es ist auch richtig: Sie sind die kommunalen Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger, und deswegen ist es auch richtig, dass sie eine entsprechende Ausstattung bekommen. Und alles das hat auch stattgefunden.
Aber ich sage, bevor immer dieser große Popanz aufgebaut wird von der Verwaltungsreform, die ansteht, wobei ja dann gar keiner mehr erklärt, was es konkret heißt, dass ich glaube, es gibt zwei, drei wichtige Stellschrauben, die eine Rolle spielen müssen in den nächsten Koalitionsverhandlungen. Das ist z. B. das Konzentrieren der Personalverantwortung in einem Ressort. Es ist nicht klug und richtig, die Steuerung und Qualifizierung und Entwicklung des Personals, die Einstellungspraxis über zwei Verwaltungen zu verteilen. Das muss man wieder in eine Hand führen.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Heiko Melzer (CDU): Vielleicht auch ein bisschen länger?]
Dann sind wichtig die bessere Ausstattung für die Ämter, die bessere IT-Ausstattung, die technische Ausstattung, Qualifizierungsprogramme für das Führungspersonal, ganz klar, aber eben auch das deutliche Formulieren der Zuständigkeiten zwischen den Bezirken und zwischen der Bezirks- und Landesebene. Ich glaube, das ist alles wichtig und richtig. Aber ich will diesen ganzen Bereich – Mieten, Bildung, Wohnen, Arbeit und auch Verwaltung – noch mal zusammenfassen mit dem, was mir sehr wichtig ist: dass wir auf dem Kurs bleiben von Konsolidieren und Investieren. Bei 60 Milliarden Euro Schulden kann man nicht sagen: Nur weil wir im Moment mal gerade keine oder kaum Zinsen zahlen, können wir wieder lustig Geld ausgeben, so, wie jeder es will. Es wird darauf ankommen, auch für die nächsten Generationen weiterhin diese Finanzen in Ordnung zu halten. Deswegen ist es richtig und wichtig, die Finanzen im Blick zu behalten und mit unseren Überschüssen weiter zu konsolidieren und in einem zweiten Schritt auch zu investieren, und das in Infrastruktur, die wir brauchen, und in Personal. Zur wachsenden Stadt gehört wachsendes Personal.
Ein Thema, mit dem ich in den öffentlichen Diskussionen auch konfrontiert werde, ist das Thema Integration und Flüchtlingszuzug in unsere Stadt. Da ist mir wichtig zu betonen, dass man aus meiner Sicht auf keinen Fall das Thema des Flüchtlingszustroms und der Integration vermischen darf mit Themen der inneren Sicherheit. Auch
hier werden Unterschiede zwischen den Parteien deutlich. Ich sage das ganz klar: Wer hier mit einer Grundunterstellung arbeitet, dass nur, weil jemand aus einem anderen Land kommt, eine andere Religion lebt, zwei Staatsbürgerschaften hat oder eine Burka trägt – – In Klammern, nur damit es da kein Missverständnis gibt: Für mich ist die Burka ein schlimmer Ausdruck von Diskriminierung der Frau.
Die Burka nimmt der Frau jede Individualität und jede Chance, ihre Persönlichkeit zu entfalten – Klammer zu. Aber noch mal: Wer mit der Grundunterstellung arbeitet, eine andere Religion, zwei Staatsbürgerschaften oder die Burka sind per se ein Sicherheitsrisiko, der spaltet und spielt mit Ängsten, um es mal ganz klar zu sagen. Das ist nicht meine Politik.