Protocol of the Session on June 23, 2016

[Torsten Schneider (SPD): Überholen ohne einzuholen!]

Liebe Frau Kittler! Lassen Sie uns über die Bezirke reden, das finde ich eine schöne Idee! Lassen Sie uns doch einmal über Charlottenburg-Wilmersdorf reden! Wenn Sie hier mit Zahlen operieren, denen Sie vor allem kraft Ihrer Überzeugung Glauben schenken, dass sie schon richtig sein müssen und deshalb dann auch richtig sind, sollten wir uns doch einmal näher anschauen, wie der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf dort in den letzten Wochen agiert hat. Der Bezirk hat vor, glaube ich, knapp eineinhalb Wochen die Öffentlichkeit wissen lassen, dass ein Sanierungsbedarf von ungefähr 350 Millionen Euro an den Schulen des Bezirks bestünde, allerdings drei, vier zentrale Aspekte noch nicht berücksichtigt seien, weil sie diese nicht berücksichtigen dürften. Im Ergebnis war das eine Zahl, die darauf hinausläuft, dass jede einzelne Schule – jede! – 7,5 Millionen Euro Sanierungsbedarf hat. Ob Sie das für glaubwürdig halten, auch wenn Sie nicht im Wahlkampf sind, dann würde ich Ihre Kenntnis der einfachen Mathematik doch einmal hinterfragen wollen.

Die Zahlen sollten einen auch aus einem zweiten Grund ein bisschen skeptisch machen. Wem hat der Bezirk diese Zahlen eigentlich mitgeteilt? Ist das einer der drei Bezirke, die Sie hier zitiert haben, die dem Senat zu Ende Juni

(Regina Kittler)

ihre Zahlen schon gemeldet haben? – Nein. Charlottenburg-Wilmersdorf in Gestalt des zuständigen Bezirksamtsmitglieds von den Grünen, Herr Schruoffeneger, hat diese Zahlen der Presse, hat sie der Öffentlichkeit mitgeteilt. Der Senatsverwaltung hat er sie nicht mitgeteilt, warum auch, weil man so wunderschön Wahlkampf damit machen kann.

[Zurufe von Stefanie Remlinger (GRÜNE) und Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Er hat dann auch noch Aussagen darin getroffen, die nachweislich falsch waren. Wenn man das für seriöse Politik hält, wenn man das für einen Beitrag zur Sanierung der Schulen hält, dann ist das schon ziemlich merkwürdig. Für mich sieht das aus wie ziemlich billiger Wahlkampf mit ziemlich hohen Zahlen auf dem Rücken eines gemeinsamen Zieles.

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Schluss! Drei Minuten!]

Ich weiß nicht, wie das in irgendeiner Weise dazu beitragen soll, dass es besser wird. Verraten Sie es mir, Sie haben ja gleich drei Minuten, um mir das zu erklären! Dass Sie solche Zahlen aufgreifen, ist geschenkt, das macht man so als Opposition. Wenn es Ihnen aber um die Sache ging, dann würden Sie zumindest einmal nachrechnen, ob das überhaupt sein kann.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Dann noch eine letzte Bemerkung zu der Frage Ihres Betriebes. Nutzen Sie doch mal eine Minute der drei Minuten, die Sie gleich haben, und erklären Sie uns doch mal, wie Sie das mit dem Landesbetrieb machen wollen!

[Zuruf von Jasenka Villbrandt (GRÜNE)]

Sie wissen, dass ein solcher Landesbetrieb, um nicht unter die Schuldenbremse zu fallen, Kapitaldeckung von 50 Prozent brauchte und 80 Prozent seiner wirtschaftlichen Tätigkeit staatsfern organisieren müsste. Bei den Zahlen, die im Raum stehen, selbst bei den niedrigeren, sind das immer noch Milliardenbeträge bei der Sanierung und beim Bau, wo sollen denn dann die „80 Prozent nicht vom Staat“ herkommen? Wer soll das denn machen? Wie stellen Sie sich das denn vor? Es ist so ganz hübsch zu sagen, wir haben da einen Plan, aber wir haben den Plan gelesen und haben eine Menge Fragen, aber beantworten Sie die Fragen doch mal. Das könnte dann dazu beitragen, eine echte Lösung zu finden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Oberg! – Frau Kittler! Sie möchten replizieren – bitte.

Vielen Dank, Herr Oberg! – Ich weiß ja nicht, ob ich gerade in dem Augenblick weggehört habe,

[Björn Eggert (SPD): Ja!]

aber ich habe von Ihnen keinen Plan erkennen können.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich habe keinen Plan gehört. Was machen Sie schon wieder? – Die Bezirke schelten. Das ist das Einzige, was Ihnen einfällt.

[Lars Oberg (SPD): Dann verteidigen Sie doch Ihren Plan! Argumentieren Sie! – Vereinzelter Beifall von der SPD – Torsten Schneider (SPD): Sagen Sie was! Eine Minute, ohne was zu sagen!]

Weiter können Sie nichts, als zu sagen, alle anderen erledigen ihre Aufgaben nicht.

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Einen Lösungsvorschlag von Ihnen zu diesem Problem habe ich nicht gehört.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Sie hatten gerade erst Redezeit, nun hören Sie mir erst mal zu!

[Torsten Schneider (SPD): Fangen Sie mal an zu reden!]

Frau Scheeres hat uns mehrfach im Ausschuss erklärt, dass sie sich mit den Bezirken auf eindeutige Kriterien verständigt hat. – Sie nickt. – Falls Sie das nicht mitbekommen haben, möchte ich es Ihnen noch einmal sagen. Die Bezirke haben nach diesen Kriterien jetzt zum Teil die bereits gelieferten Zahlen noch einmal überarbeitet. Das weiß ich z. B. konkret von Lichtenberg. Damit haben sich die Beträge auch erhöht, weil einige Kriterien wie die Barrierefreiheit vorher überhaupt keine Beachtung fanden.

Dann geht es weiter mit Ihrer Schelte für Bezirke, ohne dass Sie hier konkret werden, wer denn da was falsch gemacht haben soll. Sie unterstellen einem Bezirksamt, dass es schlecht arbeitet. Na, schönen Dank auch!

[Lars Oberg (SPD): Nein, dass es politisch arbeitet!]

Das haben wir von Ihnen schon mehrfach gehört. Das hätten Sie mal gestern den Schülerinnen und Schülern, die in Steglitz auf die Straße gegangen sind,

[Joschka Langenbrinck (SPD): Das sind ganz andere Probleme!]

erklären sollen. Dann wären Sie aber schön ausgepfiffen worden. Die wissen nämlich, wie das in ihren Schulen aussieht,

[Lars Oberg (SPD): Genau!]

(Lars Oberg)

dass der Putz runterfällt, dass sie einige Räume gar nicht benutzen können und dass Fachunterricht nicht in Fachräumen stattfinden kann.

[Zurufe von der SPD]

Und wenn Sie den Adventskalender der Elternvertretung gelesen hätten, könnten Sie x Beispiele dafür benennen. Wo bitte haben Sie rechtzeitig eingegriffen? – Ich habe es nicht bemerken können.

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Ein Landesbetrieb ist sehr wohl möglich. Wir können uns gerne mal ernsthaft über dieses Konzept verständigen. Aber ich glaube, dass das von Ihnen auch bloß wieder eine Show war und Sie das gar nicht wollen. Ich hoffe, in der SPD finden sich andere Kräfte, die das mal ernsthaft mit uns und den Grünen diskutieren wollen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Joschka Langenbrinck (SPD): Das geht echt an der Realität vorbei! – Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Vielen Dank, Frau Kittler! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schlede. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist schon einige Aufregung wert, und das schon seit Jahren. Hier aber aufzutreten, Frau Remlinger und auch Frau Kittler, mit dem Hinweis, Sie hätten das probate Programm erstens erfunden und zweitens vorgelegt, das kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Ich will nur einen Kernsatz von Ihnen aufgreifen, Frau Remlinger. Sie sagen, so weiter mit dem Pingpongspiel ginge das nicht. Ich möchte mal ganz kurz den Hintergrund dieses sogenannten Pingpongspiels erwähnen. Das ist die Differenz zwischen, dem Senat, der zentralen Verwaltung, und den Bezirken, die bis zum heutigen Tage qua Gesetz Schulträger sind – die und keine anderen. Es gibt keinen Weg daran vorbei. Wenn wir dieses verändern wollen, stellen wir die zweistufige Verwaltung komplett infrage. Das ist eine verfassungsrechtliche Frage. Das haben wir immer wieder betont, und an diesem Weg kommt auch keiner vorbei. Daran kommt übrigens auch kein Landesbetrieb vorbei, weil die Bezirke nach wie vor Schulträger sind. Das Problem, das sich hier so schwierig gestaltet, das übrigens Herr Oberg trotz seiner Schelte auf die Bezirke so auch sieht, ist, dass wir eigentlich diese Problematik lösen müssen, wenn wir die Beträge, ob das nun 3 oder 3,8 oder 4 Milliarden in der Prognose sind, in den nächsten zehn Jahren effizienter als in der Vergangen- heit investieren wollen. Das ist die Frage der Finanzierung.

Die zweite Frage ist die der Grundstücke, dann des Personals und schließlich der Strukturen, wo Herr Oberg fraglos recht hat; Personal hat er ausgelassen, ist aber auch ein wichtiger Punkt. Denn die Bezirke sind in den letzten Jahren – Sie wissen das – erheblich von Personalverlusten betroffen, die sie gerade in den besonderen Fachabteilungen verloren haben – übrigens auch in der Konkurrenz mit wettbewerbsfähigen Landesbetrieben und dem Bund. Und wenn heute ein Bezirk eine Stelle ausschreibt bezüglich Schulbau, dann kriegt er als Letztes den notwendigen Ingenieur. Da ist erst der Bund dran, dann das Land und dann der Bezirk. Mit anderen Worten: Wir müssen die Bezirke also personell aufrüsten.

Und wenn Sie der CDU heute vorwerfen, sie habe keinen Plan, dann gibt es eben keinen hundertprozentigen Plan, sondern wir sehen die Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, um gemeinsam mit den Bezirken in den nächsten zehn Jahren weiterzukommen. Und wenn es dann pro Jahr 300 bis 500 Millionen Euro sind, die wir gemeinsam mit Ihnen ausgeben – Herr Birk, da können Sie sich amüsieren, wie Sie wollen –, dann müssen wir es trotzdem mit den Bezirken tun. Wir haben gar keine andere Wahl.

Wenn jetzt die Landesverwaltung, Frau Scheeres, die Bezirke aufgefordert hat, den Sanierungsbedarf und übrigens auch den Neubaubedarf festzustellen – Frau Remlinger, dann müssen auch zusätzlich die Grundstücke gefunden werden, und nicht irgendwo draußen, Elisabethaue oder sonst wo, sondern überall, wo sie vom Bedarf her notwendig sind –, dann ist dieses nur eine gemeinsam zu bewältigende Aufgabe. Denn wenn wir das Interesse der Bezirke an den Gebäuden verlieren, die 70 Prozent ihrer Investitionsmaßnahmen erfordern, und gleichzeitig Grundstücke an herausragender Stelle benötigen, dann ist die Schule aus Sicht der Bezirke nicht mehr interessant, dann ist sie mehr oder weniger für die Schulträger tot. Und das kann nicht unsere Absicht in einer 3,4Millionenstadt sein, sondern wir brauchen die Verantwortung vor Ort, und zwar dieser 300 000 Einwohner zählenden Einheiten, die ein Bezirk im Schnitt heute darstellt.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Dafür plädieren wir ausdrücklich, weil es ohne die gar nicht gehen wird. Sonst laufen wir sozusagen gegen die Mauer.

Wenn ich Ihnen nur vortragen würde, Frau Remlinger und Frau Kittler, was Sie an Unterpunkten des Problems darstellen, welche Kosten auf das Land dann zukommen, wie die notwendigen Schulneubauten, verwaltungstechnischen Abläufe beschleunigt werden können, die jeweils betroffenen Schüler, Pädagogen, Eltern an den Planungsprozessen zu beteiligen, welche Grundstücke und Standorte für die notwendigen Schulneubauten da sind, wie Schulneubauten ökologisch, energetisch und natürlich auch ohne Raumgifte – die kommen ja ausdrücklich vor –

(Regina Kittler)

gesund erbaut werden können – was glauben Sie denn, wie schnell das geht? Berichtsdatum ist der 31. Au- gust 2016. Das grenzt doch an Absurdität, das wissen wir alle. Es handelt sich hier um 700 bis 800 Schulgebäude mit einem gewaltigen Volumen und ohne die perso- nelle Ausstattung der Bezirke zu haben, die wir an Bord brauchen.