Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Nichts ist so glaubwürdig wie Taten – das gilt im Leben, das gilt aber gerade auch in der Politik. An nichts kann man Versprechen besser messen als an dem, was man zuvor getan hat. Und weil es auf die Taten und auf die Entscheidungen ankommt, haben wir in den letzten Jahren über den Schulbau und die Schulsanierung nicht nur gesprochen, sondern etwas getan: 1,2 Milliarden Euro sind seit 2012 in den Bereich der Schulsanierung und des Schulbaus geflossen.
Sie mögen das als Beschwichtigungsrhetorik bezeichnen – 1,2 Milliarden Euro sind aber erstens verteufelt viel Geld, und zweitens sind es viele Tausend Einzelmaßnahmen, die dazu führen, dass sehr viele Schülerinnen und Schüler, sehr viele Lehrerinnen und Lehrer eine deutlich verbesserte Situation erleben, die sie jeden Tag spüren.
Deshalb glaube ich auch, dass die Untergangsrhetorik von Ihnen, Frau Remlinger, nicht sehr viel mit dem zu tun hat, was die Mehrheit in dieser Stadt erlebt.
Und doch sind auch wir mit dem Zustand der Schulen nicht zufrieden, denn wären wir zufrieden, würden wir uns kaum vornehmen, in den nächsten zehn Jahren alle Schulen zu sanieren. Genau das ist es, was wir vorhaben, und wir laden alle Berlinerinnen und Berliner, aber auch Sie ein, unseren Regierenden Bürgermeister hier beim Wort zu nehmen. Er hat es wiederholt gesagt, und ich glaube, es ist ein gemeinsames Ziel der gesamten Sozialdemokratie, dafür zu sorgen, dass das in den nächsten zehn Jahren passiert.
Wir wissen aber auch, dass die Herausforderungen gewaltig sind, und wenn ich mir die eigentlich im Kern dann doch sehr tastenden und zum Teil auch unterschiedlichen Ansätze hier im Haus anschaue, so bin ich mir
doch sicher, dass wir alle wissen, dass es keine einfachen Lösungen geben kann und dass Ihre Rhetorik hier an diesem Pult auch nicht mit dem übereinstimmt, was Sie in Ihren Papieren schreiben, weil Sie wissen: Ganz so einfach ist das dann doch nicht zu lösen.
Wenn Sie der Meinung sind, Sie haben schon alles getan, und 1,2 Milliarden Euro waren genug und auch richtig so verwendet, dann erklären Sie doch bitte mal, wieso der Sanierungsstau weiter so anwachsen konnte.
Frau Kittler! Es ist ganz erstaunlich, dass Sie offenbar einen Satz hören, dann Ihr Gehör ausmachen und auf diesen Knopf drücken, eine Frage stellen und dann im Weiteren auch nicht zuhören! Ich habe gesagt, 1,2 Milliarden Euro – und Sie sind wiederum eingeladen, das im Wortprotokoll nachzulesen – haben wir investiert, und doch sind wir nicht zufrieden mit dem Zustand. – Das habe ich hier gesagt; das wiederhole ich hier. Deshalb haben wir uns vorgenommen, in den nächsten zehn Jahren alle Schulen zu sanieren. Die Rede also hat die Frage beantwortet, noch bevor Sie sie stellen konnten.
Dass die Herausforderung gewaltig ist, liegt daran, dass wir zwei Probleme zu lösen haben: Da ist einmal die Sanierung und der Sanierungsstau, und gleichzeitig müssen viele Schulen neu gebaut werden. Und da, Frau Kittler, kommt es, genauso wie bei Ihnen, Frau Remlinger, auf die Details an: Es sind eben nicht 100 Schulen, die gebaut werden müssen. Es geht bis 2024 um genau 270 Züge, und das sind, wenn man es ganz großzügig rechnet, 70 Schulen. Das ist trotzdem sehr viel, zumal die Zeit von jetzt bis 2024 nicht mehr sehr lange ist. Ich stimme Ihnen zu, da brauchen wir einen vernünftigen und tragenden Plan.
Wenn Sanierung und Neubau gleichzeitig klappen sollen, müssen wir über zwei Dinge sprechen: Erstens müssen wir über die Finanzierung sprechen, und zweitens müssen wir auch über Strukturen sprechen. Es dürfte allen klar sein, dass die gegenwärtigen Mittel, aber auch die Strukturen nicht ausreichend sind. So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Das hat der Regierende Bürgermeister heute Morgen auch gesagt; ich bin mir nur nicht sicher, ob es auch alle hören wollten: Es ist die gemeinsame
Aufgabe, und zwar jetzt, in den nächsten Monaten, eine Entscheidung hinsichtlich der Strukturen beim Neubau zu treffen. Wir sind dabei, darüber nachzudenken, ob eine stärkere Bündelung das Ganze nicht beschleunigen kann, also ob man nicht etwa durch eine Zweckgesellschaft den Neubau bündeln könnte. Ob man auch die Sanierung zusammenfasst, wie es die Grünen diskutieren, ist bei uns noch nicht abschließend beraten. Klar ist, es muss in ganz Berlin gleichlaufen, es müssen überall die gleichen Bedingungen sein. Das ist es gegenwärtig nicht, und das trägt auch zu dem Chaos bei, das man in der öffentlichen Diskussion wahrnehmen kann.
Bei den Finanzierungsfragen müssen wir feststellen, dass die Schuldenbremse vor allem eine Investitionsbremse ist. Das Ganze ist eben dann doch nicht mehr als zur Verfassung geronnene Ideologie,
die es uns jetzt schwermacht, dieses Problem zu lösen. Das ist übrigens auch keine neue Erkenntnis; das haben wir hier schon häufiger gesagt. Dummerweise waren die Mütter und Väter der Schuldenbremse nicht ganz ungeschickt, sondern ziemlich konsequent, und deshalb, liebe Freunde bei der Linken, ist die Auslagerung des Schulbaus und der Sanierung in eine Landesgesellschaft nicht ausreichend, um Kredite aufnehmen zu können. Das reicht nämlich nicht, um die Schuldenbremse zu umgehen.
Zusätzliche Finanzmittel zu erschließen ist also nicht ganz leicht, und darum ist es richtig, sich auch hier jetzt die Zeit zu nehmen, eine wasserdichte Lösung zu finden, die dann über die nächsten Jahre funktioniert. Wenn die BVG ein Beispiel sein soll, dann sehen Sie, dass die Hürden schon ziemlich hoch sind – und ich glaube ja, dass Sie mit der Systematik vertraut sind –, und da brauchen wir ein bisschen mehr als das, was wir bisher von Ihnen auf dem Tisch liegen haben.
Wenn wir jetzt gründlich sind, werden wir uns in den kommenden Jahren auf das konzentrieren können, was wir eigentlich wollen, nämlich zu bauen und zu sanieren. Genau das ist, was wir machen wollen, und wir laden Sie alle ein, diesen Weg mit uns zu gehen. Ich bin sicher, dass wir für den anstrengenden Weg zusätzlicher Finanzmittel und neuer Strukturen – da geht es dann doch ans Eingemachte – einen relativ breiten Konsens brauchen. Ansonsten schafft es nämlich die Politik in dieser Stadt, dieses Thema so lange zu zerreden, bis die Schulen dann tatsächlich einkrachen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Kind hat drei Lehrer: Der erste Lehrer sind die anderen Kinder. Der zweite Lehrer ist der Lehrer, und der dritte Lehrer ist der Raum. – Diesem Denkansatz des bedeutenden Begründers der Reggio-Pädagogik Malaguzzi verweigert sich heute niemand mehr. Den Berliner Schulgebäuden und Klassenzimmern sieht man dies allerdings kaum an. Moderner Unterricht muss in den Schulstuben von gestern mit Möbeln improvisiert werden, die meist nur für den Frontalunterricht taugen, und da stößt jeder selbstorganisierte und handlungsorientierte Unterricht auf erhebliche Widerstände. Das müssen wir ändern, weil es erhebliche Auswirkungen auf Lernerfolge haben wird.
Wer gute Beispiele erleben will, wie vorwärts bringende Reformpädagogik in dafür auch ausgestatteten Schulen funktioniert, dem empfehle ich einen Besuch in der Hannah-Höch-Gemeinschaftsschule in Reinickendorf oder der Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg – da kann man sehen, wie so etwas wirken kann.
Seit mit Bevölkerungsprognose 2013 klar war, dass wir wieder viel mehr Schulen brauchen, drängen die Oppositionsfraktionen darauf, den Schulentwicklungsplan neu zu schreiben und Schulen so, wie die Stadt sie braucht, zu sanieren und neu zu bauen. Die Anträge der Linksfraktion dazu wurden in die Warteschleife der Ausschüsse geschoben, und gestern wurde ihre abschließende Behandlung im Hauptausschuss verhindert, weil die Koalition schließlich keine Lust mehr hatte und nach Hause wollte.
Selbstverständlich werden wir die Anträge der Grünen unterstützen. Ähnliche und ergänzende Vorschläge sind in unseren Anträgen enthalten, die wir ja dann im September, wenn die Koalition es nicht wieder verhindert, abschließend diskutieren können.
Nachdem ja nun hoffentlich bis Ende des Monats der Sanierungsbedarf aller Bezirke vorliegen soll, regt sich sowohl vom Bildungs- wie Finanzsenat als auch aus der SPD-Fraktion öffentlich vorgetragene Skepsis ob der Höhe der dafür benötigten Mittel und ob die Bezirke das auch richtig gemacht haben – Frau Remlinger hat schon darauf verwiesen. Nach den ersten Zahlen, die ich kenne, können wir wohl von 4 Milliarden Euro ausgehen. Die Schelte, die in letzter Zeit mehrfach besonders aus den Reihen der SPD gegen die Bezirke vorgebracht wurde,
Ihre Begeisterung begeistert mich! Ich würde gerne wissen, wie Sie die auf die 4 Milliarden Euro kommen.
Wenn ich einmal, was wir bisher an Zahlen aus den drei Bezirken haben, die ich jetzt endgültig kenne, auf zwölf Bezirke hochrechne, dann komme ich in etwa auf 3,8 Milliarden Euro, und wenn ich das mal runden darf, dann sage ich ungefähr 4 Milliarden Euro. Wir können uns ja dann gern wieder sprechen. Sie sind ja sowieso der Meinung, dass die Bezirke das alles nicht richtig machen, und ich möchte jetzt ein Wort vermeiden, das Sie im Bildungsausschuss gesagt haben; das kann man ja im Protokoll nachlesen. Wenn Sie immer nur darstellen, dass die Bezirke zu doof sind – Entschuldigung, den Ausdruck nehme ich sofort zurück –, das zu liefern, was wir hier brauchen, dann frage ich mich aber wirklich: Sind Sie da nicht auch in den Bezirken in der Verantwortung? Die sind dann alle nicht fähig, oder wie?
Dann will ich mal hier weitermachen: Nachdem Frau Scheeres dem Antrag der Grünen vom 9. Juni offensichtlich sofort folgte und die übrigens auch von den Grünen geforderte Taskforce sofort verkündete und erklärte, wie sie jetzt die Probleme lösen will, bin ich mal sehr gespannt, wie das weitergeht. Übrigens ist „Taskforce“, das neue Modewort, aus der Militärsprache und steht immer für einen Krisenstab oder auch für eine Einheit beim Katastrophenschutz. Eine Katastrophe ist das wirklich, was wir hier in Berlin inzwischen haben.
Ich sehe bloß nicht, dass das ausreichend ist, was ich bisher von der Koalition gehört habe. Die CDU hat meiner Meinung nach überhaupt kein Konzept; mit „nur weiter, bloß ein bisschen effektiver“ wird das wohl nichts werden. Und für die SPD hat der Kollege Oberg schon erklärt, dass jetzt schon alles gut wird. Da sage ich mal, „schon“ ist wohl lachhaft, „alles“ ebenso.
Frau Scheeres will jetzt offensichtlich eine teilweise Zentralisierung, zweckgebundene Zuweisungen und eine Erhöhung der Mittel. Abgesehen davon, dass ich nicht wirklich erkennen konnte, wie der Sanierungsstau in den zehn Jahren abgebaut werden soll, fehlt mir vor allem die Ankündigung der SPD, eine Vorstellung dafür, woher das Geld denn kommen soll,
aus dem laufenden Haushalt, glaube ich nicht. Kreditaufnahme, Schuldenbremse, haben Sie gerade gesagt. Nach Meinung der Linksfraktion gibt es hier nur die Möglichkeit eines Landesbetriebs, und dann ist es nicht einfach, selbstverständlich. Wir brauchen dann einen Betrieb, der zumindest knapp über 50 Prozent die Mittel nicht aus dem Schulbau erwirtschaftet. Das ist möglich, nicht leicht, aber vielleicht fangen wir darüber zu diskutieren an. Das würde ich sehr gerne, das haben Sie, Herr Oberg, übrigens in der Vergangenheit ständig abgelehnt.
Vielen Dank, Frau Kittler! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Oberg. – Bitte!