Protocol of the Session on June 9, 2016

Ans Parlament haben sie sich schon gewendet, deswegen kann ich Ihnen das hier vortragen, aber dann ist die Frage: Ja, was machen sie dann? – Der Schaden ist schon da, denn sie werden das ihren Journalistenfreunden beim Rotwein und auf der Arbeit erzählen, es wird gerade im Parlament debattiert, aber es gibt keine ordentliche Stelle, an die sich die Zeugen von so etwas wenden können. Es gibt keine ordentliche Stelle, an die sich die Opfer von Polizeigewalt wenden können. Es gibt auch keine or

(Dr. Robbin Juhnke)

dentliche Stelle, an die sich Polizistinnen und Polizisten wenden können, die Missstände in ihrer eigenen Behörde beobachten, Stichwort: Schießstände, das fiel hier schon mal.

Vor diesem Hintergrund ist es zynisch, wenn die CDU in Form von Herrn Juhnke das so einfach wegwischt und sagt, das sei ein Misstrauensvotum gegen die Polizei. Das ist falsch. Alle Oppositionsfraktionen haben hier mitgeteilt, dass sie der Polizei nicht misstrauen. Wir haben Ihnen auch mitgeteilt, dass wir den Kontrollauftrag, den wir nach der Verfassung haben, anscheinend ein bisschen ernster nehmen als Sie zum Beispiel. Für Sie ist Innenpolitik Wegschauen. Sie haben hier von Signalen gesprochen, die die Opposition mit ihrem Antrag aussenden würde. Was ist denn das Signal, das die CDU nach fünf Jahren Innenressort in Berlin aussendet? Was ist das Signal, außer vielleicht, das man sich fragt, wer in Berlin Innensenator ist?

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE) – Zuruf von Canan Bayram (GRÜNE)]

Die Abschnitte und Direktionen fallen nach wie vor auseinander. Wir haben noch immer einen sogenannten Sanierungsstau von fast 1 Milliarde Euro. Die Beamtinnen und Beamten fühlen sich auch von Ihnen, der CDU, komplett im Stich gelassen und nehmen das, was Sie hier sagen, nicht mehr ernst.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das stimmt!]

Es wäre an der Zeit, dass sich die deutsche Sozialdemokratie innenpolitisch mal von der CDU emanzipiert.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Sie haben tatsächlich das Problem, und es ist ja das Tragische, dass es mittlerweile jedem klar sein dürfte, dass man, wenn man der Annahme ist, die CDU hätte Ahnung von Innenpolitik, dann Scharlatanen aufsitzt.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Emanzipation!]

Das ist klassische Scharlatanerie: von nichts eine Ahnung, immer markige Sprüche, und wenn es konkret wird, kommt nichts und wird auch nichts umgesetzt. Man arbeitet mit Unterstellungen und irgendwelchen Behauptungen, wirft Nebelkerzen in der Hoffnung, die Leute gehen darauf ein.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Und im Zweifelsfall sagt man noch: Ja, ich könnte Ihnen das jetzt sagen, aber Teile meiner Antwort würden Sie verunsichern. –

[Beifall und Heiterkeit bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Die deutsche Sozialdemokratie muss doch einmal verstehen, dass sie nicht dadurch innenpolitisch punktet, dass sie diesen Scharlatanen hinterherläuft und immer sagt, ja gut, da legen wir jetzt noch ein Schippchen drauf. Es ist

ja sehr lobenswert, wenn die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen hat, dass sie eine unabhängige Beschwerdestelle haben möchte. Sie können sie noch diese Legislaturperiode kriegen, kein Problem, die Oppositionsfraktionen sind dazu bereit, Sie haben eine Mehrheit.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir können uns zusammensetzen. Ich glaube, wenn die Koalition vor dem 18. September auseinanderfliegt –

[Lachen bei der SPD]

also offiziell, denn inoffiziell ist sie wahrscheinlich schon, ich weiß gar nicht, spätestens bei der Rede von Herrn Müller damals auseinandergeflogen –, dann überlebt das dieses Land auch, vielleicht ist es sogar besser.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Canan Bayram (GRÜNE): Richtig!]

Herr Schreiber! Auf Ihr Angebot, das noch einmal im Ausschuss zu debattieren, komme ich gerne zurück. Was Sie natürlich nicht wissen, ist, dass der gute Vorsitzende des Innenausschusses, Herr Trapp, mit uns schon die Tagesordnung ausgemacht und gesagt hat, seine Fraktion sei nicht in der Lage, den Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Innenausschusssitzung zu nehmen, weil es da noch diverse Arbeitskreise gebe, in denen man sich über diesen Antrag unterhalten müsse. Aber wenn ich mir angucke, wie sich Herr Juhnke aufgrund seiner Vorurteile hier schon seine Meinung gebildet hat, kann man sich in der CDU-Fraktion die Beratung in diesen Arbeitskreisen sparen. Aber vielleicht gibt es ja andere Gründe, warum Sie da hingehen, Bier, andere Sachen, ich weiß es nicht.

[Zuruf]

Vielleicht sehen Sie sich auch einfach gerne, wobei das eher unwahrscheinlich ist. Wir können das gerne beraten. Die CDU will es nicht. Dann nehme ich Sie natürlich gerne beim Wort, Herr Schreiber, dass wir das im Innenausschuss noch behandeln.

[Canan Bayram (GRÜNE): Sehr gut!]

Wir können das auch mit Dringlichkeit beschließen und am 23. Juni hier im Parlament verabschieden.

Wenn das nicht passiert, wissen wir alle, woran es lag: an der CDU. Es ist halt falsch, mit diesen Menschen Koalitionen einzugehen. – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und

(Christopher Lauer)

Ordnung und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion Die Linke

Mietpreisbremse, aber richtig!

Dringlicher Antrag der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2988

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte!

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Mietpreisbremse war der Wahlkampfhit der Bundes-SPD 2013. Ein Jahr später wurde sie dann beschlossen. Und Die Linke hat schon seinerzeit prophezeit, dass sie nicht funktionieren wird. Zahlreiche Ausnahmen und Konstruktionsfehler machen sie zu einem reinen Symbol. Nun wissen wir, sie wirkt tatsächlich nicht, und können uns nicht darüber freuen, dass wir recht haben.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Die angebotenen Miethöhen in Berlin überschreiten bei 40 bis 100 der Fälle – je nach Erhebungsmethode – die Grenzen der Mietpreisbremse. Das geht aus einer Studie des Berliner Mietervereins hervor. Das DIW bestätigt diese Aussagen. So fließen überhöhte, mutmaßlich gesetzwidrige Miethöhen in die Mietspiegelerhebung ein und sorgen für weiteren Preisauftrieb. Der Senat weiß nichts, auch nicht darüber, ob und wie oft es zivilrechtliche Rügen gibt. Das Gesetz sieht nämlich keine öffentlich-rechtliche Kontrolle vor.

Die Mietpreisbremse in ihrer jetzigen Form ist eine Fehlkonstruktion. Das Gesetz hat zu viele Ausnahmen. Überhöhte Vormieten zum Beispiel sind geschützt. Na toll, das ist eine Einladung zum Mogeln und bevorzugt gierige Vermieter. Für Wohnungen in Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden, gilt die Mietpreisbremse gar nicht. Zugunsten der Vermieter wird die Modernisierung ausgelegt. Auch für die erste Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung gilt keine Mietpreisbremse. Und das dürfte bei fast jeder Modernisierung heutzutage gelten. Und zu guter Letzt liegt die Beweislast für Verstöße bei den Mieterinnen und Mietern. Sie müssen ihre Vermieter rügen und haben auch erst ab dann Anspruch auf Mietsenkung. Das kann nicht funktionieren.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Die SPD und Senator Geisel sind wieder im Wahlkampfmodus und kündigen Verbesserungen ihrer eigenen Fehlkonstruktion an. Die vollmundig angekündigte Bundesratsinitiative hat der Senat aber offenbar noch nicht beschlossen. Steht hier die CDU auf der Bremse? Oder ist den SPD-Strategen aufgefallen, dass allein die Auskunftspflicht über die Vormiete ein lächerlich kleines Reparaturpflaster ist?

Wir fordern den Senat deshalb heute zu einer weitergehenden Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Mietpreisbremse auf und sagen: Wenn schon Mietpreisbremse, dann richtig!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wir wollen die Vermieter nicht nur verpflichten, die bisherige Miethöhe und den Mietzeitraum offenzulegen, sondern alle Fakten, die gesetzesrelevant sind, insbesondere Zeitpunkt und Umfang von Modernisierungsmaßnahmen. Wir wollen die Ausnahmen für überteuerte Bestandmieten, Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen abschaffen. Zumindest ab der zweiten Vermietung muss die Mietpreisbremse auch für Neubauten gelten. Bei Neubaumieten zwischen 9 und 11 Euro pro Quadratmeter entfaltet die Mietpreisbremse zwar keine wirklich große Wirkung, aber sie kann zumindest den Preisanstieg ins Uferlose eindämmen.

Des Weiteren schlagen wir folgende Änderungen vor: Die Verletzung der gesetzlichen Vorschriften soll als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden, damit Behörden überhaupt tätig werden und Sanktionen verhängen können. Die Rückzahlungspflicht überhöhter Miete soll von Beginn des Mietverhältnisses an bestehen. Und Mietpreisüberhöhungen müssen nach Wirtschaftstrafrecht § 5 Mietpreisüberhöhung wieder verfolgt werden können. Mieterinnen und Mieter sollen nicht die Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen nachweisen müssen. Und die Überhöhungsgrenze soll auf 15 statt bisher 20 Prozent festgelegt werden. Diesen Vorschlag tragen wir hier permanent seit 2012 vor. Seinerzeit meinte Bausenator Müller, ja, ja, darum kümmern wir uns. – Passiert ist bisher gar nichts.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Da die Mietpreisbremse nur bei angespannter Wohnungsmarktlage gilt, und die wird in Berlin wohl länger so bleiben, ist die Befristung sinnlos. Es muss also die dauerhafte Möglichkeit gegeben werden, Mieten zu begrenzen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]