Seit zehn Jahren erzählt uns die CDU: Wir hatten aber damals einen viel besseren Entwurf, den ihr nicht angenommen habt. – Seit fünf Jahren sind Sie, Herr Krüger, in Regierungsverantwortung, und jetzt stellen Sie sich heute hier hin und sagen, wir hatten aber damals so einen tollen Gesetzentwurf, und sagen, sie finden das wichtig, und es lohnt sich, dass dieses Gesetz weiterentwickelt wird. – Ja!
Wir waren uns übrigens seit 2011 alle, die hier sitzen, einig, dieses Gesetz muss nach zehn Jahren evaluiert werden. Da gibt es Änderungsbedarfe, die richtig sind, und es muss geändert werden. So weit, so gut. Das, lieber Herr Krüger, liebe Kollegin Radziwill, diskutieren wir seit fast fünf Jahren auf jeder Seniorenveranstaltung, in jedem Bezirk jedes Jahr – alle Forderungen von den Seniorenvertretungen. Die kühnsten Forderungen haben wir diskutiert, nichts ist passiert. Vonseiten dieser Koalition gab es großartige Versprechen, auch vom Senator und seinem Staatssekretär gab es auf vielen Veranstaltungen großartige Versprechungen, man werde dieses Gesetz ändern.
Im Jahr 2014, liebe Ülker Radziwill – Herr Krüger hat es eben erwähnt –, hatten Seniorenbeirat und Seniorenvertretungen ein Papier geschrieben mit all ihren Forderungen, hatten es uns allen vorgelegt und zur Diskussion gestellt. Was ist passiert? – Die Koalition hat gesagt, vielen Dank – nein, hat sie nicht gesagt, sie hat sich nicht einmal zurückgemeldet, wie wir gelernt haben. Die Koalition hat nichts gemacht.
Und jetzt liegt ein Entwurf vor, holterdiepolter, auf den letzten Drücker. Man kann übrigens Fragen stellen, liebe Ülker, ich lasse die auch immer zu im Gegensatz zu anderen.
Alle Vorschläge, die von den Seniorenvertretungen kamen, wurden in diesem Vorschlag jetzt ignoriert. Das kann man übrigens auch genauer im Protokoll der Anhörung nachlesen, auf das die Kollegin Radziwill gerade eben verwiesen hat. Ich finde, meine Damen und Herren der Koalition, dieser Umgang mit den Seniorinnen und Senioren, die seit Jahren hier eine unermüdliche Arbeit für diese Stadt machen, die ehrenamtlich hier tätig sind, dieser Umgang mit diesen Menschen ist inakzeptabel und einfach schäbig.
Bis letzten Montag ist nichts passiert, dann lag auf einmal der Gesetzentwurf vor. Hektisch wurden die Änderungen in den Ausschuss überwiesen, eine Anhörung musste gemacht werden. Und jetzt soll alles ganz schnell durchgewinkt werden. Aber die notwendigen Diskussionen, die wir jetzt eigentlich brauchen, haben wir nicht. Dafür gibt es keine Zeit mehr.
Nun kommen wir mal zu den Änderungen. Ich finde, dass ausgesprochen viele Änderungen, die Sie vorgelegt haben, eine Farce sind.
Sie sind weit entfernt von einer nachhaltigen Stärkung der Mitbestimmung der Seniorenvertretung, von der wir seit vielen Jahren reden. Sie haben die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in den Bezirken, wo wir alle die Beispiele kennen, ignoriert, Sie fassen sie nicht an, Sie wollen da keine Veränderungen. Sie lassen die Seniorinnen und Senioren vor Ort damit im Regen stehen.
Ihren großen Wurf verkaufen Sie uns mit der Briefwahl, die jetzt eingeführt werden soll. Sorry, da gab es nur einen Dissens, der war mit der SPD, alle anderen wollten die Briefwahl. Da muss man jetzt nicht großartig darüber reden. Man muss allerdings sehr genau darüber reden, wie diese Briefwahl eigentlich stattfinden soll.
Sie sagen nämlich: Na, das machen die Bezirke, was haben wir damit zu tun? – und lehnen sich bequem zurück. Bis zum heutigen Tag konnten Sie noch nicht sagen, was das kosten, wer das bezahlen soll. Bis zum heutigen Tag haben Sie noch nicht gesagt, wie die Bezirke diese zusätzliche Aufgabe – und das ist jetzt nicht Pillepalle, eine Briefwahl vorzubereiten – personell, materiell oder technisch bewältigen sollen. Das, finde ich, geht auch nicht. Sie können sich nicht aus dieser Verant
Da letztlich die einzige wirkliche Änderung in diesem Gesetz ist, liebe Kollegin Radziwill, dass die Briefwahl eingeführt wird, die wir alle wollen, werden wir diesen Gesetzentwurf natürlich nicht ablehnen. Was genau wir machen, entscheiden wir aber am Montag, denn dann werden wir noch einmal genauer über dieses Gesetz diskutieren. Es wird Änderungsvorschläge geben, und zwar die Forderungen, über die wir seit vielen Jahren diskutiert haben und die unter anderem Sie, Kollegin Radziwill und Kollege Krüger, den Senioren immer wieder versprochen haben und die wir auch richtig finden. So können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen! Wir werden am Montag sehen, ob Sie zu Ihrem Wort und zu Ihren vielen Versprechungen stehen, ob man das gut in Sack und Tüten bringt oder ob Sie die Seniorinnen und Senioren tatsächlich so vorführen wollen, sie damit lächerlich machen und ihre Arbeit missachten.
Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Krüger.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Verehrte Kollegin Breitenbach! Die Selbstgefälligkeit Ihrer Darstellung hier ist kaum zu überbieten und grenzt an eine Zumutung für uns alle!
[Beifall bei der CDU und der SPD – Carsten Schatz (LINKE): Mit Selbstgefälligkeit kennt man sich in Ihrer Partei aus!]
Ich möchte Sie fragen: Als Sie vor 2011 Verantwortung getragen haben, wo waren da Ihre Aktivitäten, um mehr Menschen zur Wahl zu bringen? Wo waren Ihre Ansätze damals? – Nichts ist gekommen! Halbe Prozente betrug die Beteiligung in den Bezirken. Dafür tragen Sie genauso wie Ihr damaliger Partner die Verantwortung. Was wir Ihnen damals vorgeschlagen haben, ist nicht zustande gekommen.
[Beifall bei der CDU – Carsten Schatz (LINKE): Wer war der Partner noch? Sagen Sie doch mal, wer der Partner war!]
Das ist doch nicht mein Problem! – Heute werfen Sie mir vor, dass wir nicht hundertprozentig erfolgreich sind. Sie waren damals nicht einmal zu 10 Prozent erfolgreich.
Unter Ihrer Führung damals – unter Ihrer Mitführung, Sie haben sonst immer gesagt, Sie waren die führende Kraft –
ist es nicht einmal gelungen, in allen Bezirken komplette Kandidatinnen- und Kandidatenlisten aufzustellen. Wo war da das große Engagement der Linkspartei? Das darf man doch einmal fragen!
Und wie war das mit der Haushaltsvorsorge? War es nicht erst 2011, als die Kollegin Radziwill und wir gemeinsam die Landesgeschäftsstelle des Beirats finanziert haben? Da war von Ihnen vorher nichts da, das mussten wir erst in Szene setzen, um die Arbeit vernünftig abzusichern.
Verehrte Kollegin, wir haben in all den Jahren gerade im Sozialwerk Berlin so viele gemeinsame Diskussionen miteinander gehabt, dass Sie ganz genau wissen, was Sache ist. Ich habe nie etwas versprochen, was ich nicht halten kann, sondern immer gesagt: Das sind unsere Intentionen, und für die kämpfen wir!
Nun sage ich Ihnen noch ein Letztes: Wo war Ihr Engagement für das Seniorenmitwirkungsgesetz und seine Fortschreibung in den letzten Monaten?
Wir hatten einige Zeit lang immer wieder auf der Tagesordnung des Gesundheits- und Sozialausschusses unter den unerledigten Dingen
ich schreie noch lauter als Sie! – die Frage, wie es mit dem Gesetz weitergeht. Wo war Ihr Antrag, das zu diskutieren? Es gab einmal eine Anfrage an den Senat, die habe ich gelesen, aber sonst ist nichts von Ihnen gekommen. Ein bisschen Mäßigung wäre gut!
Vielen Dank, Herr Krüger! – Möchten Sie replizieren, Frau Breitenbach? – Dann haben Sie jetzt die Gelegenheit dazu.