Protocol of the Session on May 26, 2016

(Präsident Ralf Wieland)

ich mir, liebe Frau Lange – wir sind uns einig –, ein bisschen mehr Freude, ein bisschen mehr Aufbruchswillen, ein bisschen mehr Lust und Vision gewünscht.

[Martin Delius (PIRATEN): Das kannst du jetzt machen!]

Ich gebe mir Mühe, Martin. – Wir finden, dass es ein freudiges Ereignis ist, über das wir heute sprechen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Unsere Sternwarten und Planetarien werden unter einem Dach vereint, nicht nur aus Gründen der Ressourcenbündelung, jedenfalls nicht in den Augen meiner Fraktion. Wir freuen uns, dass es endlich ein überzeugendes inhaltliches Konzept gibt, ein Konzept, das die drei unterschiedlichen Standorte in ihrer eigenständigen Geschichte und ihrem Profil würdigt und schätzt, gerade auch dadurch die Entwicklung dieser Profile stärkt und ermöglicht, dass sie unter dem gemeinsamen Dach eine gemeinsame Strategie fahren können, wer wofür am besten geeignet ist.

Wir sind jetzt an den Punkt gekommen, an dem alle Akteure so weit sind, gemeinsam nach vorn denken zu können mit dem großen Ziel, die Berlinerinnen und Berliner, Klein und Groß für die Sterne und damit auch für die Bildung zu begeistern.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Renate Harant (SPD)]

Aus unserer Sicht sind die Planetarien und Sternwarten nicht zufällig zu den Zeiten entstanden, zu denen sie entstanden sind. Die Archenhold-Sternwarte ist zur Gewerbeausstellung 1896 entstanden, in einer Epoche des optimistischen Technik- und Fortschrittglaubens und des Welteroberungswillens. Die Wilhelm-Foerster-Sternwarte ist direkt nach dem Zweiten Weltkrieg zur Stunde Null entstanden, gleich zu Beginn des Wiederaufbaus mit einem Nachschlag in den Sechzigerjahren, dem Planetarium am Insulaner. Schließlich wurde das Zeiss-Großplanetarium 1987 in den letzten Jahren der DDR gebaut, von einer Regierung, die sich mit etwas schmücken wollte.

Die Sterne haben immer etwas Großes und Erhabenes. Darunter sollten auch wir es nicht machen. Die Sterne erstaunen und begeistern. Sie sind geeignet, Kinder, Jugendliche und Erwachsene für die Astronomie, die Naturwissenschaften, für den Kosmos und die großen faustischen Fragen zu begeistern, dafür zu begeistern, diesen Fragen nachzugehen, nachzuforschen.

Die Sterne sind gleichermaßen dazu geeignet,

[Michael Dietmann (CDU): Danach zu greifen!]

uns demütig zu machen. Wir stehen vor ihnen so demütig wie der Mönch am Meer von Caspar David Friedrich, der ein ganz neues Naturverständnis verkörpert. Im Fall der Sterne liegt dieses Verständnis aus unserer Sicht in der

Einsicht, wie schützenswert unser kleiner Planet ist, die Erde, die als einzige bewohnbar ist. Wir wollen gut auf sie aufpassen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Sterne haben etwas Großes an sich. Es passt gut, dass das Gesetz genau zur Neueröffnung des Zeiss-Großplanetariums im Sommer fertig wird. Ich hoffe, wir sehen uns alle bei der Eröffnung als dem Startschuss zu großartigem, mitreißendem Wissenschaftstheater. „Sterne für Berlin“ ist dabei für uns ein wunderbares Motto, ein Motto, liebe Frau Lange, das viel besser wäre als das schnarchnasige – Sie wissen schon, Sie haben es selbst gesagt. Darüber können wir aber noch beraten.

Wir wollen uns jedenfalls als Grüne sehr gern gut um die Sterne über Berlin kümmern. Wenn das noch miteinschließen könnte, dass wir uns auch noch über das Thema Lichtschmutz kümmern,

[Beifall von Turgut Altug (GRÜNE)]

dann wäre meine Fraktion vollends glücklich, denn die Sterne über Berlin auch von überall in Berlin sehen zu können, wäre für uns das Allergrößte. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Remlinger! – Für die CDUFraktion spricht jetzt der Kollege Schlede und erhält das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir freuen uns alle. Wir greifen nach den Sternen. Wissen Sie, wer uns danach greifen lässt? Es sind die, die in vier Jahren diese mühsame Arbeit vollführt haben, die Planetarien und Sternwarten zusammenzuführen. Dafür sind wir außerordentlich dankbar. Das Gesetz zur Stiftungserrichtung wird von uns allen mitgetragen. Ich habe nicht einmal Beratungsbedarf, ehrlich gesagt. Ich freue mich auch über die Erleuchtung, die hier im Zusammenhang mit Planetarien und Sternwarten zum Ausdruck gebracht werden. Wir freuen uns, dass dieses Werk nach vier Jahren vollendet wird, nach 25 Jahren des getrennten Gehens. Wir freuen uns auf eine Zukunft, erleuchtet von den Sternen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Kollege Schlede! – Die Linkspartei hat Kollegen Brauer benannt. Da sitzt er auch schon und erhält das Wort. – Ich kann sogar sagen, dass Sie jetzt dem Podium entgegeneilen.

(Stefanie Remlinger)

[Wolfgang Brauer (LINKE): Ich versuche, durch das Pathos vorzudringen!]

Gemach! In der Ruhe liegt die Kraft. Zunächst einmal wurde ich gebeten, eine Irritation ein wenig zu beseitigen, die im Zusammenhang mit der vorherigen Abstimmung auftauchte. Meine Fraktion hat sich am Hammelsprung nicht beteiligt. So kommen die Zahlen zustande.

[Sven Rissmann (CDU): Zur Sache!]

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Es war jetzt eine ganze Menge Pathos im Raum. Ich verstehe es zum Teil, kann es aber nicht ganz nachvollziehen und werde mich darum nicht ganz anschließen – nicht am Pathos. Es ist so, dass sofort Namen wie Nostradamus oder der Mayakalender genannt werden, wenn im allgemeinen Alltagsbewusstsein von Astronomie die Rede ist. Darum geht es nicht. Ich finde es eine hochachtenswerte Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WilhelmFoerster-Sternwarte, der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplanetariums, die mit einer nicht versiegenden Tapferkeit gegen diesen grassierenden Vormarsch von Un- und Halbbildung auch in unserer Stadt versuchen, Front zu machen. Das ist eine tolle Arbeit, die dort geleitstet wird.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Ich finde es auch sehr gut. Wir haben das letzte Mal in diesem Haus heftig über die Archenhold-Sternwarte und das Zeiss-Großplanetarium im Umfeld des letzten Millenniums diskutiert. Erinnern Sie sich bitte! Das war auch so eine Zeit, als Nostradamus fröhliche Urständ auch in Berlin feierte. Wir waren, nicht ganz freiwillig, gezwungen, die Archenhold-Sternwarte und das ZeissGroßplanetarium aus der fachlichen Zuständigkeit der Senatsbildungsverwaltung herauszulösen – das war Ihr Vorgänger, Frau Scheeres – und der Senatskulturverwaltung zuzuordnen. Jetzt machen wir die Rolle rückwärts. Etwas anderes tun wir gar nicht und versuchen, das mit einer anderen Struktur etwas wasserdichter zu machen. Ich finde das richtig. Meine Fraktion unterstützt dieses Vorhaben, dass wir den Beschluss von Juli 2002 rückgängig machen. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Aber ein paar Fragen muss man noch stellen können. Ich werde sie jetzt auch stellen.

Erste Frage: Wer trägt die erforderlichen Mehrkosten für den Betriebshaushalt? Dazu steht einiges an. Ich habe davon noch nichts gehört und nichts gelesen!

Die zweite Frage, die in den nächsten Wochen zu klären wäre: Wer steht für die erforderlichen Sanierungs- und Investitionsmittel in den anderen Häusern ein, sprich Archenhold-Sternwarte und zuerst die Wilhelm-Foerster

Sternwarte? Da stehen 4 Millionen Euro ins Haus. Die Frage muss beantwortet werden.

Das nächste Problem, das ansteht, ist tatsächlich eine verstärkte Diskussion des Profils dieser Einrichtungen. Das ist angedeutet worden. Ich lese in der Aufgabenbeschreibung der neuen Stiftung: Hier sollen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gebündelt dargestellt und erfahrbar gemacht werden. – Das ist in Ordnung. Dann wird zugeteilt: Wilhelm-Foerster wird Bildungszentrum, das Zeiss-Planetarium wird Sternentheater mit einem Schwerpunkt auf Entertainment und Unterhaltung. Da stellen sich bei mir natürlich Fragen, Frau Senatorin – Sie werden dafür zuständig sein, wenn wir das Gesetz beschließen –: Warum soll das technisch am fittesten gemachte Haus so stark auf Entertainment und Unterhaltung fokussiert werden? Da geht doch was nicht auf. Ich finde, das wäre eine Fehlentscheidung bei den grandiosen technischen Möglichkeiten. Wir lösen zwei Einrichtungen aus der Zuständigkeit des Deutschen Technikmuseums heraus, aber bitte schön, ich weiß, die Grünen wird es jetzt krampfen: Astronomie, Raumforschung ist heutzutage nicht mehr denkbar ohne Raumfahrt. Und die Kompetenzen für Raumfahrttechnologie liegen bei der Stiftung Deutsches Technikmuseum. Also da sind Kooperationsmodelle zu entwickeln, ansonsten verschenkt Berlin eine ganze Menge.

Dann lese ich in § 2 den Stiftungszweck, dass die Schulbildung auf dem Gebiet der Astronomie gefördert werden soll. Ja, das ist toll! Das wäre für mich das Topergebnis, wenn es der neuen Stiftung gelingt, die Senatsschulverwaltung davon zu überzeugen, dass es nicht hinnehmbar ist, dass Astronomieunterricht als Fach in Berlin keine Rolle spielt.

[Beifall bei der LINKEN]

In den Rahmenlehrplänen steht nichts. Da ist so ein kleines Segment, Frau Senatorin, in der Grundschule. Ja, das ist da, aber schauen Sie es bitte mal etwas genauer an, was Sie da geschrieben haben. Das wabert so ein bisschen nach geozentrischem Weltbild hin, und das ist spätestens seit Galileo Galilei überwunden. Hier müssen wir wirklich einen kleinen Schritt weiterkommen. Sie haben da eine tolle Aufgabe vor sich, Frau Senatorin! Wir unterstützen Sie gerne. Ich wünsche Ihnen Erfolg im Interesse der Stadt Berlin. – Schönen herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Danke schön! – Die Kollegin Remlinger bat um eine Zwischenbemerkung. – Bitte sehr! Sie wissen, auf den Vorredner beziehen und nicht mehr als drei Minuten.

Lieber Herr Brauer! Sie hatten Angst um meinen Magen und wo er sich krampft. Nicht an der Stelle, wo Sie meinen! Mich krampft es, wenn automatisch – – Und das finde ich altmodisch und typisch altes deutsches Akademikertum zu sagen, wenn man sich Mühe gibt, wissenschaftliche Erkenntnis so vermitteln, dass es jemand verstehen kann – und in der Tat ist das bei uns im Bildungsbereich ein Anliegen –, dann sei es Entertainment, Populärwissenschaft oder irgendwas – vielleicht in Ihrem Denken noch – niedrig Kapitalistisches, dann tun Sie der Sache einen Bärendienst. Deshalb habe ich von Wissenschaftstheater gesprochen und eben nicht von Entertainment und sonst was.

Ich kann Ihnen sagen, das erinnert mich an mein erstes Semester, wo man den Professor gefragt hat: Warum ist Ihre Einführung in die Kulturwissenschaft so unverständlich? – Dann sagt er: Ja, aber, werte Frau Remlinger, das lesen doch auch die Kollegen! – Genau von dem Spirit müssen wir runter. Dann können wir die Kinder fürs Lernen begeistern, wenn sie kommen und staunen, da gibt sich jemand Mühe, und dafür müssen wir verdammt gut sein, das so erklären zu können, dass die Kinder das verstehen und sagen: Davon will ich mehr wissen. – Also wenn Sie mithelfen wollen, dann kommen Sie von dem altmodischen Trip endlich runter!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Danke schön! – Kollege Brauer will erwidern. – Dazu haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Liebe Frau Remlinger! Ich weiß nicht, was Sie jetzt mit altmodischem Ross meinen.

[Michael Dietmann (CDU): Ich schon!]

Ihre Philippika – so eben mal – trifft mich im Prinzip nicht. Sie sind Mitglied des Hauptausschusses, wenn ich recht orientiert bin.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Unter anderem!]

Ich möchte Sie an eine rote Nummer erinnern und empfehle Ihnen, die noch mal genauer zu lesen. Die ist schon ein bisschen alt, vom 20. April 2015. Das ist die rote Nummer 0827 E, ein Hauptausschussdokument. Sie müssten es kennen. Haben Sie es nicht gelesen? – Ich gebe es Ihnen. Da steht etwas über die Aufgabenstellung dieser Begutachtung, die vorzunehmen ist. Da findet sich tatsächlich die Zuweisung, die Wilhelm-Foerster-Sternwarte soll Bildungszentrum werden. Nichts gegen Bildung, die muss ja nicht akademisch erfolgen. Auf welchem Ross sitzen Sie denn? Was haben Sie für Vorstellungen, was wir für Vorstellungen von Bildung haben?

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Als Zweites steht da, Zeiss-Großplanetarium mit einem Schwerpunkt auf Entertainment und Unterhaltung. Ich möchte doch nicht mehr, verehrte Frau Remlinger, als dass dieses Gegensatzpaar von Bildung versus Entertainment und Unterhaltung endlich überwunden wird.