Protocol of the Session on May 12, 2016

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Tag, Herr Geisel! Haben Sie sich eigentlich schon einmal Berlin auf Satellitenbildern angeschaut? – Auf privaten Gebäuden, zum Beispiel am Hackeschen Markt, im Gewerbegebiet Adlershof oder der Freien Waldorfschule in Kreuzberg, da grünt es wirklich vortrefflich. Schaut man allerdings auf das Rote Rathaus, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt oder auch unser Abgeordnetenhaus, so sieht man nur Grau, kein Gründach, kein Dachgarten, keine Begrünung. Die öffentlichen Gebäude in Berlin sind kein Vorbild, wenn es um Dachbegrünung geht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Die „Morgenpost“ hat das Grün der ganzen Stadt ausgewertet und unsere Stadt kommt dabei auf Platz 63 von 79 Städten. Das ist bundesweit noch nicht einmal solides Mittelfeld.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Deshalb habe ich mit Freude in derselben Zeitung gelesen, dass sich Herr Ewers von der CDU unserer Idee für mehr Dachgrün angeschlossen hat. Die Fotomontage mit unseren „1 000 grüne Dächer“ sah richtig super aus. Das war, glaube ich, ein großer Schritt nach vorn für Sie. Bis dahin wollten Sie unseren Gründachantrag am Liebsten im Ausschuss versenken.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Was Sie jetzt nach zigmaligem Vertagen zum Einlenken gebracht hat – unser Berichtsauftrag nach § 27 GO, die Bürgerbriefe für mehr Gründächer oder die Wahl in vier Monaten –, ist mir, ehrlich gesagt, egal. Wichtig ist, dass hier fünf Fraktionen sitzen, die sich unserem Ziel für mehr Dachbegrünung in Berlin angeschlossen haben. Das ist gut für unsere Stadt.

[Starker Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Gerade in einer wachsenden Stadt wie Berlin ist die Devise „Grün statt Grau“ wichtig. Drei inhaltliche Argumente für die Dachbegrünung: Erstens: Wir alle haben die Sonnenstunden der letzten Tage genossen. Aber für viele Menschen bedeutet solch eine Hitzewelle auch enormen Stress. Berlin ist im Sonnenschein eine Hitzeinsel und in den extrem versiegelten Gegenden ist sie zum Teil bis zu zehn Grad heißer als das Umland. Wenn Sie ein angenehmes, lebenswertes Stadtklima wollen, dann brauchen sie mehr Grün statt Grau. Gründächer leisten dazu einen wichtigen Beitrag.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Zweitens: Der Klimawandel bringt nicht nur extreme Sonne, sondern auch extremen Regen. Die Folge ist, dass unsere Kanalisation bis zu 50 Mal im Jahr mit Fäkalien, Duschwasser und Co in die Spree fließt. Kein Wunder, dass man hier nicht baden kann. Unser Vorschlag ist so einfach wie komplex: Die Häuser in unserer Stadt müssen den Regen aufnehmen und nach und nach abgeben. Darüber gibt es auch viel Wissen in der Stadt, von der Technischen Universität bis hin zur boomenden Wasserwirtschaft, das man einfach nur umsetzten müsste. Das Gründach ist dabei ein wichtiger Baustein.

Drittens: Mehr Gründächer nebeneinander bilden einen Biotopverbund, der die Artenvielfalt in unserer Stadt stärkt. Der Lebensraum für Pflanzen und Tiere wächst. Gleichzeitig schafft man Freiräume und Erholungsräume für Nachbarn und Anwohnerinnen und Anwohner. Unsere Idee ist es, Räume für Roof-Gardening und Erholung auf mindestens 20 Prozent der Gründächer zu schaffen. Denn wenn die Stadt auch in der Luft grün wächst, gewinnen alle an positivem Lebensgefühl.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Für uns geht es darum, wie Berlins graue Dächer endlich grün werden. Wir haben uns dafür andere Städte angeschaut wie München, Hamburg oder Bremen. Wir haben mit den Umweltverbänden gesprochen, wir haben uns mit den Fachleuten für Dachbegrünung hingesetzt und mit Gebäudebesitzern geredet. Eine Sache kam immer wieder: Nur mit einem Förderprogramm wird man den Gebäudebestand begrünen können. Deshalb heißt unser Programm heute auch „1 000 grüne Dächer für Berlin“ und sieht eine Anschubfinanzierung für Gebäude im Bestand vor. Das haben wir vor über einem Jahr vorgelegt.

Ein Gründach ist ein Vieleskönner, aber kein Alleskönner. Wir wollen Zielzahlen und eine breite Begrünung mit dem positivsten Effekt. Viele Dinge, die in Ihrem Prüfauftrag-Antrag erwähnt werden, der heute dringlich ins Plenum gekommen ist, sind in unserer Strategie bereits enthalten. Was aber gar nicht geht, ist Ihr Vorschlag, dass Gründächer als Ausgleichsmaßnahme für Bautätigkeiten geltend gemacht werden können. Ein gefällter Baum am Boden ist nicht durch ein Moosdach im fünften Stock zu ersetzen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen können, denn das Gründach ist wichtig, aber es darf nicht zum Feigenblatt werden.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

Die Berliner Bilanz beim Dachgrün fällt mager aus. Wir Grüne haben ein Konzept vorgelegt, und Sie haben in Ihrem Antrag, der eilig eingebracht worden ist, die Hälfte kopiert, aber das Wichtigste vergessen. Der Weg zu mehr Grün statt Grau ist also noch weit. Aber vielleicht erleben wir alle es noch, dass das Rote Rathaus, dieses Hohe Haus und die Senatsverwaltung für Umwelt ein grünes Dach bekommen. Dann gäbe es immerhin neun öffentliche Gebäude mit Dachbegrünung. Gut für das Stadtklima wäre es allemal.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Gebel! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Köhne. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube gern, dass die Grünen sich nicht so wahnsinnig gefreut haben, dass wir ihren Antrag abgelehnt haben. Aber andererseits können Sie sich doch freuen, dass wir wenigstens die Anregung für dieses Thema aufgegriffen haben.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Kopiert!]

Das haben Sie vorhin schon gesagt. Wir haben die Anregung aufgenommen, um dann in die Einzelheiten zu gehen. Deshalb war unser Ansatz, dass uns Ihr Antrag nicht weitgehend genug war. Deshalb haben wir konkrete Maßnahmen beschlossen.

[Lachen bei den GRÜNEN]

Dabei ist uns gestern die Mehrheit im Umweltausschuss gefolgt und hat unseren allumfassenderen Antrag einstimmig verabschiedet. Unser Antrag heißt jetzt „Prima Klima an Berlins Gebäuden: Initiative für grüne Dächer und Fassaden“. Wir wollen, denke ich, alle das gemeinsame Ziel erreichen, durch die grünen Dächer und Fassaden im Neubau und im Bestand die kühlenden Effekte für das Stadtklima zu erreichen, Entlastung der Stadtkanalisation, Stärkung der Artenvielfalt in Berlin und höhere Aufenthaltsqualität für die Bewohner; Roof-Gardening ist ja so ein toller – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? –

[Irene Köhne (SPD): Nein!]

Keine Zwischenfrage!

Da gibt es ja nun den Antrag von den Grünen, und wenn man ihn so liest, kann der Eindruck entstehen, dass bisher

im Bereich der Dach- und Gebäudebegrünung in der Stadt nichts getan wird.

[Zuruf von den GRÜNEN: Das stimmt auch so!]

Das ist so nicht richtig. Ich habe eine ganze Liste, wo die Senatsverwaltung für Umwelt tätig ist. Nur als kurze Beispiele: Die Senatsverwaltung beteiligt sich u. a. an dem TU-Projekt mit anderen Institutionen, am KurasProjekt. Das ist das Konzept für urbane Regenwasserbewirtschaftung und Abwassersysteme. Sie stellt eine Wanderausstellung zum Thema ökologische Gebäudekonzepte zur Verfügung, zum Ausleihen übrigens. Das können Sie alle zur Info in Ihre Bezirke geben. Es gibt einen Internetauftritt „Ökologisches Bauen, ökologische Gebäudekonzepte“, der gibt schon weitere Informationen zum Thema, zu Projekten, Terminbegriffen usw. Wir bauen mit unserer Forderung nach mehr Information, Bündelung von Wissen und gezielter Öffentlichkeitsarbeit auf der Arbeit der Verwaltung auf. Wir wollen sie aber ausweiten und vor allem sichtbarer machen. Eine gute und für alle im Netz leicht zu findende aktuelle Zusammenfassung aller Möglichkeiten und Informationen soll dabei die Grundlage für eine Gesamtstrategie sein, die natürlich bei einer reinen Wissensdarstellung nicht stehen bleiben darf.

Wir wollen mit unserem Antrag weitere konkrete Maßnahmen definieren und nicht nur als Ziel x Prozent der Neubauten begrünen bzw. y Prozent des Regenwassers verwerten. Wir wollen damit langfristig alle möglichen Standorte aktivieren. Deshalb haben wir die ehrgeizigen Maßnahmen definiert: durchaus die Forderung nach einem Gründachwettbewerb nach Hamburger Modell, die Verankerung des Themas Gebäude- und Bauwerksbegrünung im Stadtentwicklungsplan Klima, klare Vorgaben für eine Gebäudebegrünung bei Neubau und Sanierung von öffentlichen Gebäuden, wobei sich die SPD-Fraktion auch alle Gebäude hätte vorstellen können; eine Änderung der Gebührenstruktur der Wasserbetriebe bis hin zur Prüfung von Änderungen im Baurecht und die Prüfung der Frage, ob Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden im Rahmen eines Biotopflächenfaktors vielleicht endlich verbindlich berücksichtigt werden können.

Frau Abgeordnete Köhne, darf ich Sie ganz kurz unterbrechen und darauf hinweisen, dass es keine Verbindung der beiden Anträge gegeben hat. Ihr Antrag ist jetzt eigentlich gar nicht zur Beratung aufgerufen.

Ja, ich muss ja darauf eingehen, warum wir den Antrag abgelehnt haben: weil unserer besser ist. Da muss ich ja dann darstellen, warum der besser ist, damit allen klar ist, warum wir den jetzt ablehnen.

[Beifall von Lars Oberg (SPD): Gute Frau!]

(Silke Gebel)

Wir sind natürlich auch der Meinung, dass im GrünenAntrag fehlt, dass sich der Senat auf Bundesebene dafür einsetzen soll, dass die Begrünung und gärtnerische Gestaltung von Dachflächen sowie die Nutzung als Aufenthaltsfläche zur Freizeitgestaltung erleichtert wird. – Die Liste an Maßnahmen ist lang und wird, konsequent umgesetzt, der Anfang einer Gesamtstrategie werden, die Berlin zu einer Vorzeigestadt im Bereich der Gebäudebegrünung wandeln kann.

Noch ein Wort zu den finanziellen Anreizen im Antrag der Grünen. Es gibt immer zwei Arten möglicher Förderung: finanziell und ideell. Finanzielle Förderung war definiert: Sie wollen ein Tausend-Dächer-Programm für fünf Jahre mit einem Etat von 7 Millionen Euro. Das macht für jedes Dach im Schnitt 7 000 Euro. Glauben Sie wirklich, dass für Hausbesitzer bei den Preisen, die bei einer Dachbegrünung angesetzt werden müssen, das das Hauptargument sein wird?

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Dann lieber ideell!]

Das ist für uns eher ein teurer Mitnahmeeffekt. Ideell ist natürlich in, weil Urban Gardening in ist, nicht nur auf dem Tempelhofer Feld, sondern die Leute wollen das auch gern in ihrer direkten Umgebung machen.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Ideell kostet nichts!]

Na, kostet schon was, wenn man beispielsweise die Mitbürger schulen wird, dass man für die bessere Bereitstellung der ganzen Informationen sorgt und noch andere Wettbewerbe machen kann, z. B. „Wer hat den schönsten Dachgarten?“. Was lässt sich am besten anbauen, kann man als Thema anbringen. Auf jeden Fall ist es dann auch noch ein Beitrag zur sozialen Stadtentwicklung. Und wenn durch die starke Nachfrage in Berlin zunehmend Brachflächen bebaut werden, bieten grüne Dächer zusätzliche Erholungsmöglichkeiten und steigern den Wohnwert. Das wollen wir auch, da der Dichtestress zurzeit schon stark zunimmt und wir die Grundlagen für einen Ausgleich legen wollen.

Wir wollen mit unserem Antrag die Randbedingungen dafür schaffen. Deswegen bitten wir um Unterstützung für unseren Antrag. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von den GRÜNEN: Wann kommt denn Ihr Antrag? – Heidi Kosche (GRÜNE): Jetzt können Sie Ihre Rede zweimal halten, das ist geschickt!]

Vielen Dank, Frau Köhne! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat Frau Abgeordnete Gebel. – Bitte!

Vielen Dank! – Frau Köhne! Da Sie mich mehrfach angesprochen haben, habe ich mich gezwungen gefühlt, noch mal kurz nach vorne zu gehen. Ich finde es schade, dass Sie einen künstlichen Widerspruch aufmachen, weil ich glaube – das habe ich vorhin deutlichzumachen versucht –, dass es schon mal ein sehr großer Schritt nach vorn ist, dass wir hier in einer seltenen Einigkeit sagen: Diese Stadt Berlin braucht grüne Dächer, braucht Dachbegrünung.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Es kann eigentlich nicht sein, dass wir auf Platz 63 von allen Städten in Deutschland rumdümpeln und noch ca. 15 Städte hinter uns sind und wir uns eigentlich auch damit rühmen, die grünste Metropole zu sein und wir eigentlich alle wissen, dass es in Zeiten des Klimawandels für die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner wichtig ist, dass wir mehr Stadt- und Dachbegrünung haben. Deswegen wollte ich auch noch mal diesen Punkt, den Sie aufgemacht haben mit dieser weitergehenden Frage, diese Diskussion hatten wir auch im Ausschuss immer wieder, ansprechen. Vielleicht können Sie das gleich in Ihrer Antwort auf meine Intervention noch mal deutlich machen, wo Ihr Antrag, den Sie hinten unter „dringlich“ vorgestellt haben, – oder wo Ihnen unser Antrag nicht weit genug geht.

Wir wollen ein Förderprogramm, wo wir eine Anschubfinanzierung machen, wo der Mieter aus dem Wedding, der bei der Genossenschaft ist, wo das Dach momentan saniert wird, den ich neulich vor Ort gesprochen habe, zu seinem Vermieter hingehen und sagen kann: Hör mal zu, du musst doch sowieso dein Dach machen! Es gibt da ein Senatsprogramm, da hast du eine Kofinanzierung für deine Dachsanierung. Dein Dach ist dann auch zehn Jahre länger haltbar. Du hast noch einen positiven Effekt für die Einsparung von Niederschlagsentgelt, das heißt, du sparst Unterhaltskosten. Du hast einen positiven Effekt, wenn es um die Kühlung und um die Wärmedämmung geht. Mach das doch einfach! Und es gibt dieses Programm vom Senat. – Das ist eine Handreichung, wo wir es schaffen, mehr Dächer zu begrünen. Deswegen ist das für uns der weitergehende Punkt. Alle anderen Städte in Deutschland haben gezeigt, dass es nur so funktioniert.