Berlin hat sich unter Rot-Rot in den letzten beiden Legislaturperioden konsequent auf Bundesebene für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns eingesetzt – im Bundesrat, in Ministerkonferenzen, durch eigene Initiativen, durch die Unterstützung anderer Initiativen. Das war richtig, denn es lag im unmittelbaren Berliner Interesse. In einem Bundesland, in dem über 35 Prozent der Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können und auf unterstützende und ergänzende Leistungen nach ALG II angewiesen sind, ist es von besonderem Interesse, Mindeststandards und Haltegrenzen einzuziehen, um dafür zu sorgen, dass Menschen von ihrer Arbeit in Würde leben können.
Es ist auch im Interesse vieler Berliner Unternehmer, die durch die Schmutzkonkurrenz von Dumpingunternehmen daran gehindert werden, ihren Beschäftigten faire Löhne zu zahlen, weil sie ansonsten ihre Existenz gefährden.
Es ist auch im Interesse der gesamten Berliner Wirtschaft, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, denn er bedeutet: Stärkung der Binnennachfrage, damit mehr
Wirtschaftskraft; mehr Sozialabgaben, deshalb Stärkung der sozialen Sicherungssysteme und gleichzeitig Entlastung, weil die Aufstockungsleistungen nicht mehr gezahlt werden müssen. Er bedeutet auch mehr Steuereinnahmen. All das ist im Interesse des Landes Berlin, und deshalb hat sich Berlin immer für den gesetzlichen Mindestlohn eingesetzt.
In diesem Haus gibt es vier Fraktionen, die für einen gesetzlichen Mindestlohn eintreten: die Fraktion der Linken, die Fraktion der Piraten, die Fraktion der Grünen, die das nochmals in einem Antrag dokumentiert haben, und eigentlich auch die Fraktion der SPD. Das Ganze wird durch eine kleine, radikale Minderheit von ca. 20 Prozent in diesem Abgeordnetenhaus blockiert,
Hier handelt eine Partei. Sie nutzt ihre Vetomacht innerhalb der Koalitionsvereinbarungen aus, obwohl es nicht nur in diesem Parlament, sondern nach den Umfragen auch in der Bevölkerung eine ähnlich große Mehrheit für einen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Selbst als die FDP noch als statistische Größe nachweisbar war, gab es sogar eine Mehrheit der FDP-Wähler, die für einen gesetzlichen Mindestlohn war. Ich würde mir wünschen, dass die Berliner CDU die Haltung ihrer Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern einnehmen könnte.
Dort hat nämlich der CDU-Wirtschaftsminister einen sehr einfachen und wahren Satz gesagt und auf diese Bundesratsinitiative bezogen erklärt – ich zitiere:
Wir vertreten Landesinteressen. Ein Lohn, von dem man leben kann, gehört zu diesen Landesinteressen.
Das hätte ich mir auch von der Berliner CDU erwartet, sodass hier die Berliner Linie weiter eingehalten werden kann.
Jetzt will ich der SPD nicht vorwerfen, dass sie sich an den Koalitionsvertrag hält, wobei dann bei unterschiedlichem Abstimmungsverhalten im Senat eine Enthaltung herauskommt. Das tut manchmal weh; manchmal freut man sich auch darüber. Das ist leider so in Koalitionen. Aber was ich der Berliner SPD vorwerfe, ist, dass sie in
Das, was Sellering in Mecklenburg-Vorpommern geschafft hat, nämlich der CDU klar zu sagen, dass das für die SPD essenziell ist, hättet ihr auch machen können. Sagt nicht, es sei nicht möglich gewesen! Die Berliner CDU war so scharf darauf, durch eine Regierungsbeteiligung resozialisiert zu werden, dass ihr das als Bewährungsauflage für die CDU hättet formulieren können.
Dann wäre für diese Legislaturperiode geklärt gewesen, dass Berlin für einen gesetzlichen Mindestlohn eintritt.
Im Moment kommt es wahrscheinlich nicht auf die Berliner Stimmen im Bundesrat an, aber wir haben in diesem Jahr Wahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein. Dann wird es auf die Berliner Stimmen ankommen. Deshalb werden wir die Berliner SPD und die Koalition nicht aus der Verantwortung entlassen. Eine Gestaltungsmehrheit im Deutschen Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn darf in Zukunft nicht an den Stimmen Berlins scheitern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Lesen hilft!“ sagt der Volksmund. Versuchen wir es einfach einmal gemeinsam! Werfen wir einen Blick in die Koalitionsvereinbarung!
Vielleicht können Sie einen Moment Ihr Temperament zügeln. Ich habe auch nicht die Spannung der Rede von Herrn Wolf kommentiert. – Ich zitiere:
Wird im Senat für die Abstimmung im Bundesrat zwischen den Koalitionspartnern keine Übereinstimmung erzielt, so enthält sich Berlin der Stimme.
Das war ein Zitat aus der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS/Linkspartei für die Jahre 2006 bis 2010.
Auch in der letzten Wahlperiode hat sich das Land Berlin einige Male im Bundesrat enthalten. Bei einer ersten
Es überrascht nicht wirklich, dass es einen ähnlichen Passus in der aktuellen Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD gibt.
Sofern in Fragen, die nach Auffassung einer Koalitionsfraktion von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme enthalten.
Für die Berliner Grünen trage ich den fast wortgleichen Passus aus der Koalitionsvereinbarung zwischen den Grünen und der SPD in Baden-Württemberg vor:
Sofern in Fragen, die nach Auffassung eines Koalitionspartners von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme enthalten.
An dieser Stelle sei mir eine Bitte an die Piraten erlaubt: Sie wissen fast immer fast alles, und sicherlich ist es kuschelig, Teil einer großen Oppositionsfamilie zu sein, aber eigentlich sind Sie einmal mit dem Anspruch angetreten, sich von nichts und niemandem einlullen zu lassen und hinter die Phrasen zu schauen. Tun Sie das doch bitte einmal!
Ist die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von grundsätzlicher Bedeutung? – Ja! Konnte in der Frage der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns eine Einigung erzielt werden? – Nein!
In diesem Moment setzte das große Grübeln und Stochern im Nebel ein. Die Linksfraktion musste erst einmal überlegen, und als dann das Geheimnis gelüftet war, reagierte die Linksfraktion mit einer spontanen Pressemitteilung. Es ist der 8. Februar 2012, an dem sich die übergroße, verwunderte Sorge der Linken um die SPD Bahn bricht. Ich zitiere: