Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich weiß jetzt nicht genau, worüber die Kollegin Remlinger gerade geredet hat.
Ich rede mal über die Schulentwicklungsplanung. Damit versuche ich es einfach mal. – Ich weiß auch nicht, woher die Zahlen der Schulen herkommen. Ich habe den Eindruck, skandalisierungshalber steigt die Zahl der geforderten Schulen täglich. Sicherlich kann man sich da auch mal was zusammenrechnen. – Ja, Berlin wächst. Das wissen wir alle. Das sagen wir täglich ungefähr 100 Mal. Das ist unstrittig. Dazu gehört auch, dass mehr Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter in Berlin leben, hinzuziehen und hier geboren werden. Und weil es Quartiere und Kieze gibt, die bei Familien beliebter sind als andere, gibt es einige Bezirke, die unter hohem Druck stehen. In anderen Bezirken wird die Situation durch die Anzahl der Geflüchteten täglich schwieriger. Das wissen wir alle.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat auf die wachsende Stadt gerade im Schulentwicklungsplan reagiert, der bereits seit Ende 2014 vorliegt. Das Planwerk benennt pädagogische und inhaltliche Ziele mit Blick auf einzelne Schularten und stellt den gegenwärtigen und künftigen Schulbedarf dar. Es handelt sich um eine gesamtstädtische Bestandsanalyse, die über den Zeitraum bis 2018 hinaus bis zum Schuljahr 2022/2023 Aussagen zur Entwicklung von Schülerzahlen trifft. – Was wir im Augenblick natürlich nicht so gut abschätzen können, ist der Zuzug von geflüchteten Menschen, von Familien und unbegleiteten Kindern. – Nun macht man ja nicht mit viel Auswand einen solchen Plan, um ihn dann liegen zu lassen, sondern er wird permanent mit aktuellen Zahlen abgeglichen, um den Schulraumbedarf sichern zu können. Um das zu erläutern: Die Prognosen basieren auf einer Modellrechnung zur Entwicklung der Schülerzahlen, die mit den Bezirken und
ihren Raumkapazitäten abgestimmt ist. Bezugspunkt ist also nicht nur eine Bevölkerungsprognose, sondern ganz konkret die tägliche empirische ermittelte Anzahl der Schülerinnen und Schüler.
Schon im Herbst 2014 und im Sommer 2015 fanden mit allen bezirklichen Schulämtern und Stadtplanungsämtern sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Abstimmungen statt. Dabei wurden die Entwicklungen in den Bezirken und auch in den Einschulungsbereichen analysiert. Eine weitere Abstimmung wird im Sommer 2016 stattfinden. Dadurch können rechtzeitig Abweichungen von der prognostizierten Entwicklung festgestellt werden. Es kann zügig reagiert werden. Im Ergebnis wurde kurz-, mittel- und langfristiger Handlungsbedarf benannt und das im Haushalt entsprechend finanzpolitisch abgesichert.
Noch zu den beiden Anträgen: Die Grünen wollen den Schulentwicklungsplan alle drei Jahre mit den Bezirken abstimmen und fortschreiben. Dieser Zeitraum ist eindeutig zu lang. Wie ich schon sagte, muss das permanent passieren. Die dynamische Entwicklung, die sich in den nächsten Jahren fortsetzen wird, braucht eine permanente Aktualisierung.
Der Antrag der Linksfraktion stellt einen Zusammenhang mit dem Musterraumprogramm in der Schulentwicklungsplanung her, den es so gar nicht gibt, denn beim Musterraumprogramm handelt es sich um Empfehlungen für Neubau.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung der schulischen Infrastruktur prüft die Produktmentorengruppe Schule regelmäßig die Plausibilität der einzelnen Produkte, in denen auch die Infrastrukturkosten enthalten sind. Angesichts der aktuellen und dynamischen Entwicklung in Berlin ist festzustellen, dass es überhaupt nicht darum gehen kann, Schulstandorte zu schließen. Ich weiß auch nicht, woher so eine Behauptung kommt. Natürlich brauchen wir Schulneubau. Geplant sind aktuell 36 Schulneubauten und zusätzlich 27 MEBs, die selbstverständlich keine sieben oder acht Jahre dauern werden, weil wir uns das auch nicht leisten können.
Die jährlich aktualisierte Modellrechnung bildet den jeweils aktuellen Stand ab. Bestmögliche Realitätsnähe ist garantiert. Wenn die Grünen eine Kristallkugel haben, die zur weiteren Erhellung der Zukunft dienlich ist, dann bitte ich um Bereitstellung für die Senatsverwaltung. Wir reagieren jedenfalls mit Vernunft und Sachverstand auf die aktuellen Erfordernisse und deshalb haben wir empfohlen, die Anträge abzulehnen. – Vielen Dank!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Anja Kofbinger (GRÜNE): Schauen Sie doch mal Ihre Parteitagsbeschlüsse an!]
Vielen Dank! – Jetzt hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kurzintervention angemeldet. – Frau Kollegin Remlinger, Sie haben das Wort dafür. – Bitte!
Liebe Frau Czyborra! Sie haben mir Populismus und Unseriosität vorgeworfen. Sie haben sich gefragt, woher meine Zahlen kommen. Ich sage Ihnen: Ich wäre froh, wenn Sie sich auch mal hinsetzen und rechnen würden.
Das sind selbst errechnete Zahlen, selbst angestellte Schätzungen. Ich bin sehr froh, dass mir nicht zuletzt die „Berliner Zeitung“ gestern gesagt hat: Frau Remlinger! Sie rechnen ja immer so konservativ und seriös.
Sie wissen selbst – wenn Sie es nicht wissen, ist es umso schlimmer –, dass der Schulentwicklungsplan 2014 bis 2018 im Juli 2015 erschienen ist – nicht früher – und zum Zeitpunkt des Erscheinens bereits veraltet war. Keine einzige Zahl, die in diesem Schulentwicklungsplan steht, stimmt noch. Schon eine Woche später hat der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gesagt, er braucht mindestens fünf weitere Grundschulen für den Bereich Friedrichshain. Auch der Bezirk Pankow hat gesagt: Mindestens fünf weitere Grundschulen brauchen auch wir. – Die tauchen da nicht auf. Inzwischen hat der Bezirk Pankow im Zwischenergebnis seines fortentwickelten Stadtentwicklungskonzept prognostiziert, dass er allein für die Bestandsbevölkerung bis 2015 ungefähr 25 Schulen braucht, davon 16 Grundschulen – alles Schulen, die noch nicht in irgendwelchen Planungen enthalten sind.
Die Schülerzahlprognosen sind ebenfalls sehr unkorrekt. Im letzten Schuljahr hat sich die Bildungsverwaltung allein innerhalb eines Jahres um 4 000 Schülerinnen und Schüler verschätzt. Nach wie vor beziehen wir die Kinder in den Willkommensklassen nicht in die Prognosen und Planungen ein. Derzeit sind 7 300 Kinder in den Willkommensklassen.
Ich könnte fortfahren, aber ich glaube, es reicht für Sie. Wenn Sie noch einmal nach vorne kommen und sagen wollen, ich hätte unseriöse Zahlen, dann präsentieren Sie bitte bessere. Und stellen Sie bitte unseren Antrag nicht falsch dar! Wenn wir sagen, man sollte alle drei Jahre eine Schulentwicklungsplanung machen, dann sagen Sie bitte auch, dass wir gefordert haben, den Zahlenteil jährlich fortzuschreiben. Außerdem sollten Sie nicht verhehlen, dass Sie das im Moment nicht machen. Der gesetzliche Stand ist derzeit, das alle fünf Jahre fortzuschreiben. Es gibt keine Handhabe, die Bezirke dazu zu bewegen, alle im gleichen Takt mit dem Land fortzuschreiben. Das ist Inhalt unseres Antrags, und der ist so aktuell wie nie. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Remlinger! – Frau Dr. Czyborra, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern. Davon machen Sie Gebrauch. – Bitte, Sie haben das Wort!
Wenn ich mir das so anhöre, frage ich mich, ob wir nicht die ganze Schulverwaltung, die Bezirksschulämter und die Stadtentwicklungsverwaltung abwickeln können,
weil es offensichtlich reicht, ein paar Prognosen und Zahlen als Nicht-Senatsmitarbeiterin zusammenzuzählen und damit auf seriösere Daten zu kommen als all das, was die gesamte Vernunft der Verwaltung am Zahlenmaterial vorlegt.
Dass natürlich die Entwicklung der Zahl geflüchteter Menschen in dieser Stadt in einer Planung, die einen längeren Vorlauf hatte, weil sie wissenschaftlich und in zahlreichen Abstimmungsrunden aufwendig erbracht wurde, im Jahr 2014 nicht vollständig abgebildet wurde, hat hier jeder gesagt. Dass da Herausforderungen sind, die wir im Augenblick ganz ohne Kristallkugel nicht vollständig abbilden können, hat auch jeder gesagt. Dass die Zahlen der Bildungsverwaltung nicht stimmen, ist nicht wahr. Im Gegenteil! Die Prognosen sind bislang weitgehend so eingetroffen. Dass es zum Teil Verteilungsprobleme gegeben hat, ändert nichts daran, dass die Daten im Grundsatz sehr verlässlich waren, weil sie seriös ermittelt wurden. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kurz zur Historie: Wie in den anderen Bereichen auch, lebte Berlin bei der Schulentwicklung über vier Jahre völlig planlos. Der aus dem Jahr 2006 stammende Schulentwicklungsplan des Landes Berlin endete 2011. Seitdem wurde von der Opposition immer wieder nachgefragt; uns wurde quartalsweise die Vorlage eines neuen Plans versprochen, gekommen ist nichts. Damit fehlte jeglicher Orientierungsrahmen für die Schulentwicklungsplanung der Bezirke, und dadurch waren wir mittendrin im Chaos – tut mir leid, Frau Czyborra –,
in das die Bezirke in ihrer finanziellen Verantwortung und in ihrer Verantwortung für die Schulgebäude gestürzt wurden, denn dadurch kam es natürlich zur Kollision mit einer gesamtstädtischen und zukunftsorientierten Steuerung durch das Land Berlin. Im Bezirk Mitte wurden in Nähe der Bezirksgrenze zu Pankow seit Jahren Schulen aus dem Fachvermögen abgegeben – verkauft oder fremdvermietet –, obwohl Pankow nicht mehr wusste, wohin mit der immens wachsenden Schülerzahl. Das führte in der Folge zu solchen Auswüchsen, wie wir sie leider mit der Schließung des Europaschulzweigs in der Homer-Grundschule beobachten mussten und trotz heftiger Gegenwehr nicht verhindern konnten. Über die letzten Jahre entstand eine völlig paradoxe Situation: Obwohl in den Bezirken spätestens 2012 klar war, dass die Schülerzahl wieder enorm wachsen wird, haben sie unter dem Haushaltsdruck Schulen schließen und abgeben müssen.
Wir verhandeln heute die aus dieser Situation heraus entstandenen Anträge der Linksfraktion aus dem Oktober 2014 und der Grünen-Fraktion aus dem Juni 2015. Seit Juli 2015 liegt ein neuer Schulentwicklungsplan vor, gültig bis zum Jahr 2018, und nun könnte jemand meinen, dass ich endlich Ruhe geben soll – kann ich aber nicht.
Der Rat der Bürgermeister hat diesen Plan nämlich in seiner Sitzung vom 18. Juni 2015 abgelehnt und eine Überarbeitung gefordert. Begründet wurde dies mit Schwierigkeiten bei der Bedarfsplanung und bei der Kosten- und Leistungsrechnung sowie damit, dass dem Plan längst veraltetes bzw. überholtes Datenmaterial zugrunde liege. Das widerspricht dem, was Sie hier gerade behauptet haben. Der RdB sagt wörtlich:
Die Schülerzahlen von 2013/2014 können ebenso wenig wie die Einwohnerstatistik von 2012 Ausgangspunkt langfristiger Prognosen sein. Dies insbesondere auch deshalb, da selbst kurzfristige – auf der mittleren Variante beruhende – Prognosen übertroffen wurden bzw. werden und auch die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Thematik „wachsende Stadt“ nicht adäquat berücksichtigt worden sind. Um kapazitätsangemessen auf die überproportional hohen, in allen Schularten erwarteten Zuwächse reagieren zu können, sind konkrete Veränderungen notwendig. Angesichts des Stellenwertes der Schulstationen in der schulischen Sozialarbeit und der Integrationsarbeit der Schule fordert der RdB auf, allen Schulen den finanziellen Rahmen für die Personal- und Sachmittelausstattung einer eigenen Schulstation zur Verfügung zu stellen. Der SEP muss klare und finanziell unterlegte Angaben ausweisen, um Inklusion umsetzbar zu machen. Der RdB empfiehlt
daher, den vorliegenden Entwurf des SEP zu überarbeiten und dabei die Bezirke zeitnah in den Überarbeitungsprozess mit einzubeziehen.
Der Senat hat keine entsprechenden Nachbesserungen durchgeführt und die Kritik der Bezirke ignoriert. Das kritisiere ich hier nachdrücklich.
Berlin muss den Schulplatzbedarf endlich auf aktueller Datengrundlage langfristig, nachhaltig und über Bezirksgrenzen hinweg planen. Dabei muss auch der besondere Bedarf für den Ganztagsbetrieb, für Inklusion, für die Beschulung von Kindern in Willkommensklassen oder für besondere pädagogische Konzepte beachtet werden. Das genau ist das Musterraumprogramm, das hier mit ins Spiel kommt, Frau Czyborra! Darüber haben wir uns im Ausschuss auch durchaus gestritten; leider war da noch der Ihnen abhandengekommene Kollege Özışık zuständig.
Der heute abzustimmende Antrag der Linksfraktion liegt Ihnen in geänderter Fassung vor. Er unterstützt die Forderungen der Bezirke und hat sich aus den gerade genannten Gründen eben nicht erledigt. – Danke!
Vielen Dank, Frau Kollegin Kittler! – Für die CDUFraktion erteile ich jetzt dem Kollegen Schlede das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Remlinger – wo sind Sie? – Da unten! Da sitzen Sie wohl schon auf dem Platz, wo Sie hinwollen.
Ihre Rede war eine reine Bewerbungsrede für einen zukünftigen Fraktionsvorsitz. Von Schulentwicklung habe ich wenig gehört.
Eins ist richtig: Neue und mehr Schulen braucht das Land, aber eventuell auch eine neue bildungspolitische Sprecherin der Grünen. Ich gehe mal auf das ein, was Sie in Ihrem Antrag formuliert haben; ich weiß nicht, wann Sie den das letzte Mal gelesen haben. Da steht, dass der Schulentwicklungsplan des Landes Berlin in Ab