Als Sie gemerkt haben, dass auch bei IHK und Handwerkskammer das Unverständnis über Ihre Nichtinvestitionspolitik wächst, als Sie gemerkt haben, dass Sie mit der Nummer nicht mehr so einfach durchkommen, Altschuldentilgung nur um der Symbolik willen zu betreiben und gleichzeitig die Stadt auf Verschleiß zu fahren, da haben Sie sich SIWA ausgedacht.
Lieber Michael Müller! Lieber Herr Kollatz-Ahnen! SIWA ist doch ein bisschen sehr Nußbaum, oder? Sie haben das doch gar nicht nötig:
ein Investitionssondervermögen, das nur dann funktionieren kann, wenn man die Einnahmeseite im Haushalt niedriger rechnet, als sie zu erwarten ist! Denn nur so landet ja Geld im SIWA, wo dann nach Kassenlage, Geschwindigkeit einzelner Bezirke bei der Anmeldung und nach Zufallsgenerator investiert wird und automatisch die andere Hälfte der Überschüsse wieder im Altschuldenloch verschwindet. Sie behaupten hier heute, 500 Millionen Euro würden über diesen Weg investiert. Von wegen! Nicht einmal 10 Prozent dieser Summe haben Sie bisher investiert über diesen Weg.
Und wie Klaus Wowereit damals schon gesagt hat, als diese Debatte begonnen hat, das ist ein „Altschuldentilgungsfonds“. Mit nachhaltiger Investitionspolitik für die wachsende Stadt hat das nichts zu tun.
Wir haben nichts dagegen, wenn nichtgeplante, weil nichtplanbare Überschüsse, so ausgegeben werden und dabei auch, wenn es reicht, getilgt werden kann. Aber planbare Einnahmen und Minderausgaben gehören ordentlich in den Haushalt, zur Not in einen Nachtragshaushalt, und dann muss der Haushaltsgesetzgeber Prioritäten setzen, was mit begrenzten, aber nicht wenigen Mitteln erledigt werden muss.
Ein echtes Sanierungsprogramm für die öffentlichen Gebäude, insbesondere für die Schulen dieser Stadt, das wäre nicht nur ein Beitrag zur energetischen Sanierung und damit zum Klimaschutz geworden, sondern außerdem ein Konjunkturprogramm gewesen, das neue Arbeitsplätze und damit auch neue Steuereinnahmen für die Stadt generiert hätte. Aber bislang: kein Plan, keine Idee, nur die Anbetung Ihres Götzen SIWA!
Ein Plan für die Sanierung der Krankenhäuser: Was wir bisher kennen, ist nicht mal genug für den Substanzerhalt. – Eine vernünftige Eigenkapitalerhöhung für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, damit die endlich ihrer sozialen Verpflichtung nachkommen können: Herr Saleh hat behauptet, die würde jetzt kommen. In diesem Doppelhaushalt steht nichts drin. Das haben Sie für die Zeit, wenn Sie längst nicht mehr mit dieser Koalition regieren, in den Haushalt versprochen. Und zusammen mit einer vernünftigen sozialen Mietenpolitik würde so eine Eigenkapitalerhöhung mehr Sinn machen als diese ewige Publikumsbeschimpfung, wenn Bürgerinnen und Bürger berechtigte Fragen zu teuren Neubauvorhaben stellen. – Ein echtes Stadtwerk und kein BonsaiStadtwerk: Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wäre möglich gewesen. – Herr Buchholz! Schade drum, auch diese Chance vertan!
Ein Straßen- und Brückensanierungsprogramm, das auf die wachsende Stadt ausgerichtet ist, ein Programm das auch sich verändernde Bedürfnisse der Berlinerinnen und Berliner eingeht; ich sage nur Radwege! – Ein Personalentwicklungskonzept für den öffentlichen Dienst, das den Namen verdient! Eine Angleichung der Besoldung im öffentlichen Dienst an den Bundesdurchschnitt – ein Wahlversprechen der CDU, wenn ich mich recht erinnere! Bei dem, was Sie hier machen, dauert die Angleichung noch mindestens zwölf Jahre, das wäre in 2027, und das ist noch freundlich gerechnet.
Herr Melzer! Ich habe den kleinen historischen Ausflug gemacht, damit auch Sie verstehen, was Sie uns 2001 hinterlassen haben und was zehn Jahre lang aufgeräumt wurde. – Jetzt sind die Überschüsse da, jetzt könnte man handeln, und Sie vergeuden das schöne Geld.
Was Sie machen, ist nicht viel mehr als Propaganda. Sie reden ja neuerdings gerne über Personalaufbau, eben gerade schon wieder. In Wahrheit täuschen Sie darüber hinweg, dass in den vergangenen fünf Jahren gemessen am Bevölkerungswachstum weiter Personalabbau stattgefunden hat. 2011 gab es noch 31,6 Beschäftigte pro tausend Einwohner im öffentlichen Dienst, nach Ihrem Haushaltsplan sollen es nur noch 29,7 pro tausend Einwohner sein. – Unsere Forderung, dass die Zielzahl von 100 000 Vollzeitäquivalenten im öffentlichen Dienst so schnell wie möglich aufgegeben werden muss, ist ja jetzt endlich nach drei Jahren so etwas wie Allgemeingut geworden, zumindest was die Hauptverwaltung betrifft. Und Sie fangen auch zögerlich an, bei unserem Personalentwicklungskonzept abzuschreiben.
Dagegen haben wir auch nichts, es kommt nur zwei bis drei Jahre zu spät. Wenn Sie schon abschreiben, dann machen Sie es gefälligst auch richtig!
[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Tosender Applaus hier bei der Linken! – Heiko Melzer (CDU): Ihre eigene Fraktion glaubt Ihnen das nicht!]
An den Beispielen Polizei und Bezirke wird ja deutlich, dass Sie im Zweifel doch lieber wieder tricksen, schachern, alles Mögliche tun, aber bloß nicht weiter denken, als ihre haushaltspolitischen Sprecher ein Klavier werfen können.
Nehmen wir mal das Beispiel Polizei: Sie feiern sich, weil Sie mehr Polizisten einstellen. Übrigens jetzt schon das zweite Mal, die Nummer hatten Sie auch schon beim letzten Doppelhaushalt probiert. – Gleichzeitig lösen Sie die Einsparvorgaben nicht auf. Der vollzugsnahe Dienst wird weiter abgebaut. Die neuen Polizisten müssen dann, statt auf der Straße für Sicherheit zu sorgen, die Aufgaben des vollzugsnahen Dienstes erfüllen – also mehr Polizisten beim unterbesetzten Wachschutz oder im Büro, aber nicht bei der Kriminalitätsbekämpfung. Das nenne ich sicherheitspolitische Kompetenz, Herr Graf!
Beispiel Bezirke: Seit Jahren weisen wir auf den Personalmangel in den Bezirken hin. Insbesondere beim Thema Bürgerämter ist inzwischen jede Berlinerin und jeder Berliner schwer genervt. Sie haben kleckerweise nach jedem dritten Zeitungsbericht noch mal ein Almosen an die Bezirke gegeben – jetzt aktuell ganze 36 Stellen. Die
Zielvereinbarungen mit den Bezirken zum Personalabbau bleiben aber bestehen. Seriöse Personalpolitik sieht anders aus! Und weil die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der DGB diese Tricksereien auch sehen, kritisieren sie das auch völlig zu Recht.
Herr Henkel! Anstatt Ihren pampigen Herrn Krömer von der Leine zu lassen, hätten Sie einfach als Personalverantwortlicher im Senat Ihre Arbeit machen sollen. Machen Sie sich endlich beim Personal und in diesem Haushalt ehrlich!
Dass diese Koalition einfach nicht regierungsfähig ist, beweist sie seit Monaten bei der Flüchtlingspolitik. Was bitte ist so schwer daran, ein vernünftiges Konzept, einen nachvollziehbaren Plan nicht nur zur Erstaufnahme von Flüchtlingen, sondern auch zur nachhaltigen Unterbringung, zur medizinischen Versorgung, für den Kita- und den Schulbesuch auf den Tisch zu legen? Es ist doch keine Zauberei, die leerstehenden Immobilien und Flächen zu prüfen, egal ob in Landes-, Bundes- oder Privatbesitz. Es muss doch herauszukriegen sein, mit welchem finanziellen Aufwand und welcher zeitlichen Perspektive diese Immobilien oder Flächen als vernünftige Unterkunft zu ertüchtigen sind, und zwar mit vernünftigen Sanitäranlagen und Standards.
Wir bekommen jede Woche Hinweise aus den Bezirken und der Bevölkerung, wo Objekte leerstehen. Wir haben Sie seit geraumer Zeit gefragt, was mit dem Haus der Statistik ist. Das steht seit 2008 leer, und es gibt einen Vorschlag von Künstlerinnen und Künstlern, dort Flüchtlingsunterkünfte und Künstlerateliers einzurichten. Was ist damit? – Was ist mit dem Gebäude des Bundesinnenministeriums in Moabit, was ist mit den leerstehenden Büroflächen, was ist mit den illegalen Ferienwohnungen, und, und, und? – Was ist mit der medizinischen Versorgung? Wann kommt endlich die Gesundheitskarte, und vor allem, wann kommt sie bei den Flüchtlingen an? Wann gibt es endlich einen Plan für ausreichend Personal im LAGeSo?
Für all das muss auch haushälterisch Vorsorge getroffen werden. Der Bund macht sich ja weitgehend einen schlanken Fuß. Was machen Sie? – Sie spielen dieses Trauerspiel der gegenseitigen eifersüchtigen Blockade, der Strategie- und Konzeptionslosigkeit. Sie lassen keine Demonstration von Überforderung aus, selbst noch in der allerkleinsten Abstimmung untereinander. – Das LAGeSo und das organisatorische Chaos haben es zu weltweiter Berühmtheit gebracht. Längst hat das LAGeSo den BER abgelöst als Synonym für Berliner Pleiten.
Und um das deutlich zu sagen: Das liegt am wenigsten an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie sind zu wenige, die sinnlose Verfahrensregelungen an einem ungeeig
Die Hausspitze, der zuständige Senator, hat zwei Jahre gepennt. Dann ist er von seinem Innensenator in der Personalfrage hängen gelassen worden. Die vielen Freiwilligen, die zusätzlichen freiwilligen Pensionäre sind durch bürokratische Hürden und geradezu aufreizend lange Verfahrenswege nicht an die Stellen gekommen, wo sie gebraucht wurden. – Herr Müller! Wir haben zum Ende der Sommerpause darüber geredet, man macht so einen Aufruf an die Pensionäre, sich freiwillig zu melden. Heute, vier Monate später, kommt eine gesetzliche Grundlage dafür, dass man es auch organisatorisch hinkriegen kann – das ist doch ein Possenspiel!
Und dann stellt sich Ihr Senator für Dienstreisen, Sitzungsschwänzen und Sport-Zugucken hin und sagt: Der Herr Czaja ist fleißig und macht seine Arbeit ganz toll!
Es fehlt mir die Vorstellungskraft, um mir auszumalen, wie die Situation der Flüchtlinge wäre, gäbe es die vielen aufopferungsvollen Ehrenamtlichen nicht. Ihnen kann man gar nicht genug danken. Und ich würde mir wünschen, Herr Czaja und der Senat würden sich einmal bei den Flüchtlingen dafür entschuldigen, was ihnen hier in Berlin zugemutet wird.
Wer die Situation vor dem LAGeSo und den Massennotunterkünften kennt, kann die Geduld der Geflüchteten nur bewundern. Es ist ein kleines Wunder, dass es bisher nur selten zu Problemen mit Gewalt gekommen ist. Geduld brauchen offensichtlich auch die Betreiber der Unterkünfte, wie wir vor wenigen Tagen gehört haben: Bei denen hat der Senat inzwischen Außenstände in zweistelliger Millionenhöhe. Was hat sich eigentlich nach der Regierungserklärung, nach Ihrer Ruck-Rede, Herr Regierender Bürgermeister, getan? – Ich kann keine großen Fortschritte erkennen. Jetzt, nach einem Jahr, vier Wochen nach der Ruck-Rede stellen Sie fest, dass Herr Allert das Problem ist. Das nennt man ja wohl ein klassisches Bauernopfer.
Womit bitte, Herr Müller, hat Herr Czaja denn Ihr Vertrauen zurückgewonnen? Das kann doch nicht wahr sein! Startet der jetzt durch? Was ist jetzt eigentlich mit der Konsequenz aus dieser Ruck-Rede? Passiert da jetzt irgendwas? Gibt es jetzt einen Plan? Wer arbeitet im
Senat – also dort, wo die politische Verantwortung liegt – an einem nachvollziehbaren, nachhaltigen Plan, um die Flüchtlingsunterbringung endlich auf die Reihe zu kriegen? Mal abgesehen davon, dass ein solcher Plan den Geflüchteten endlich eine Perspektive aus dem Leid geben würde – ein vernünftiger Plan könnte zu einem vernünftigen Einsatz von Ressourcen führen. Das, was jetzt passiert, ist nur Stückwerk und vermutlich am Ende viel, viel teurer, als wenn man es gleich vernünftig und richtig macht.
Jetzt wollen Sie ein neues Landesamt für Flüchtlinge gründen. Das war eigentlich, wenn ich es richtig verstanden habe, das Allert-Umgehungsamt. Braucht man das jetzt eigentlich noch? Da geht es ja wieder frei nach Goethe: Wenn die Begriffe fehlen, stellt zur rechten Zeit ein Wort sich ein. – Wo soll es hin, das neue Landesamt? Gibt es dafür mehr und neues Personal? Was soll das kosten? Oder machen wir es haushaltsneutral und schrauben nur ein neues Schild an die Tür? Und jetzt zanken Sie sich auch noch darüber, ob das zum Februar, zum März oder zum Juli oder überhaupt nicht passiert! – Man steht nur noch fassungslos daneben. Wann machen Sie da endlich Ihre Arbeit, anstatt alle zwei Wochen eine neue Sau durchs Dorf zu jagen?
Jetzt hatten wir letzte Woche diesen windigen Versuch, ohne Nachweis der Notwendigkeit das Tempelhof-Gesetz zu ändern, mit Dringlichkeit. Jetzt ist den Koalitionsfraktionen nichts mehr dringlich. Da werden dann mal gemeinsam Bausenator und Regierender vorgeführt. Nicht, dass ich die Einsicht kritisieren will, dass dieser gefährliche Unsinn mit dem Tempelhof-Gesetz gestoppt werden muss – aber diese Nummer zeigt eins ganz deutlich: Diese Koalition ist in jeder wichtigen Frage blockiert. Es gibt keine Frage, in der Sie sich noch einig wären. Es gibt nur noch Formelkompromisse und windigen Koalitionsschacher!
Ein nachvollziehbares Investitions- und Konjunkturprogramm, ein Personalentwicklungskonzept für den öffentlichen Dienst – das zusammen, um einen längerfristigen Plan zur Auflösung des Sanierungsstaus zu entwickeln, die wachsense Stadt nicht als propagandistische Floskel, sondern als gestalterische Aufgabe zu begreifen – denn Wohnen muss bezahlbar und menschenwürdig sein; auch für Menschen mit geringem Einkommen: für Studenten, Rentner, Transferleistungsbeziehern, Flüchtlinge –, das waren die Aufgaben, die vernünftig in diesem Haushalt abzubilden wären, da Vorsorge zu treffen, einen Masterplan für Investitionen über den Horizont dieses Doppelhaushalts hinaus aufzuzeigen – das alles haben Sie nicht geleistet. Sie sind mit der Ihnen eigenen Chuzpe mit Anlauf unter der Messlatte durchgetaucht.