Unsere Stadt profitiert von den Berlin-Machern, also von denjenigen, die einfach loslegen und Berlin besser machen. Deswegen sagen wir ganz deutlich: Unser Berlin, unsere Stadt, muss eine Stadt der Möglichkeiten bleiben.
Es kommt in den nächsten Jahren besonders darauf an, dem Wachstum unserer Stadt eine Richtung zu geben. Unser Ziel muss sein, dass alle Menschen in unserer Stadt von der Dynamik profitieren, dass Berlin nicht mehr die Hauptstadt der prekären Beschäftigung ist – im Übrigen auch im öffentlichen Bereich, Stichwort: Musikschulen und Co. –, sondern dass Arbeitsplätze und Einkommen endlich mit der wirtschaftlichen Entwicklung Schritt halten hier bei uns in der Stadt. Wir müssen es schaffen, dass auf dem umkämpften Wohnungsmarkt nicht weiter massive Verdrängung von Geringverdienern und von Familien mit Kindern stattfindet. Wir müssen vor allem das erhalten, was Berlin lebenswert macht: die Offenheit und die Freiheit, aber auch das viele Grün und das gesunde Wasser.
Jahrzehntelang haben wechselnde Senate – da hat sich keiner vom anderen unterschieden – die Infrastruktur kategorisch auf Verschleiß gefahren – egal, ob Verkehrswege, Schulen, Kitas oder Krankenhäuser. Unterlassene Instandhaltung ist eine besonders teure Form der Verschuldung. Diese Einsicht ist inzwischen bei allen gereift. Jedes Schlagloch ist ein Haushaltsloch, und jedes kaputte Schuldach ist zugleich ein Haushaltsdefizit, das wir unseren Kindern hinterlassen. Über das Umsteuern in der Investitionspolitik sind wir froh. Wir haben als Grüne lange dafür gestritten. Und auch bei der letzten Haushaltsberatung hat Torsten Schneider – jetzt ist er leider gerade draußen – an der Stelle besonders laut geschrien. „Finanzpolitischer Irrsinn“, „Blindflug“ und ähnliche Worte kamen hier vorne an. Seinerzeit sind wir für den Vorschlag gescholten worden, die Hälfte der Jahresüberschüsse in Investitionen zu stecken. Heute heißt das SIWA, und die Koalition ist stolz wie Bolle darauf, als ob sie es allein erfunden hätte. Damit ist es aber noch lange nicht getan. Abgesehen davon, schaffen Sie es nicht, das Geld, das Sie da eingestellt haben, auszugeben. Wir brauchen aber eine nachhaltige Investitionsstrategie, die mehr ist als die momentane Wohlfühlpolitik termingerecht zum Ende der Legislaturperiode.
Die 75 Seiten der Nachträge, wo man auf jeder Seite ungefähr die Wahlkreise einzelner Abgeordneter aus der Koalition erkennen kann, die alle noch ein Pölsterchen gekriegt habe, habe ich leider nicht mit zum Rednerpult genommen. Diese Gießkannenpolitik der großen Koalition ist uns aber wohlbekannt. Stattdessen bräuchte es Investitionen in eine vernünftige, nachhaltige Infrastruktur für die Energie, das Wasser, die Abfallwirtschaft, eine
moderne Mobilität und nicht den S-Bahnmurks, für eine energetische Modernisierung und mehr Stadtgrün. Bei SPD und CDU ist das Fehlanzeige. „Und täglich grüßt das Murmeltier“ heißt es im Übrigen auch, wenn zwischen SPD und CDU mal wieder in der Energiepolitik die Fetzen fliegen. Schlimmer noch: Nachhaltige Investitionen in eine ressourcensparende und klimaverträgliche Infrastruktur sind für Sie tatsächlich Neuland.
Die Berliner Wirtschaft hat vor einigen Wochen einen Green New Deal für die Stadt abgeschlossen – und zwar ohne Beteiligung der Politik, denn der Senat hält sich bei dem Thema lieber raus. Mit der Energiewende, der Digitalisierung und dem Internet der Dinge stecken wir mitten in einer großen industriellen Revolution, die sich rasend schnell vollzieht und bei der Infrastruktur und Verkehrspolitik nicht nur mithalten müssten, sondern eigentlich vorne sein müssten, um die richtigen Impulse zu geben. Davon ist Berlin trotz der digitalen Agenda der letzten Woche noch sehr weit entfernt. Aber ich glaube, dass Berlin die große und einmalige Chance hat zu zeigen, dass nachhaltige Technologie und Ressourcennutzung in einer modernen Großstadt nicht unmöglich ist, sondern zum Motor von ökonomischer Renaissance werden kann und sogar zu einem grünen Wirtschaftswunder für die Stadt werden könnte.
Nicht nur an diesem Thema, sondern an der gesamten Regierung in Berlin sieht man durchaus, dass es keineswegs egal ist, wer regiert. Es geht um zentrale Fragen der Zukunftsgestaltung: Stillstand oder Dynamik, Streit oder Zuversicht, Abschottung oder Offenheit. Die Berlinerinnen und Berliner werden spätestens im September 2016 ihre Wahl treffen. Da bin ich mir sicher.
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Graf das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese große Koalition legt zum dritten Mal einen Doppelhaushalt vor, dessen Schwerpunkte die Potenziale unserer Stadt, das Engagement der Bürger und die Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen in sich tragen. – Lassen Sie mich zuerst den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen des Hauptausschusses danken. In unzähligen Stunden haben Sie in den vergangenen Wochen – das war wahre Kernerarbeit – die finanzielle
Wir beschließen diesen Doppelhaushalt 2016/2017 in einer Zeit der besonderen Herausforderungen. Tagtäglich erhalten wir Nachrichten aus aller Welt. Unterschiedliche Krisenherde, Bürgerkriege, Auseinandersetzungen im Nahen Osten und Afrika haben in den vergangenen Monaten zu einem ungeahnten Flüchtlingsstrom geführt. Allein dieses Jahr sind 72 000 Menschen als Flüchtlinge nach Berlin gekommen. Weitere 40 000 Menschen sind als Neubürger ebenfalls in die Stadt gezogen. Das verlangt in praktisch allen Ressorts zusätzliche Ausgaben: Investitionen für Unterbringung in Erstaufnahmen, Wohnungsbau, Schulen und Kitas, mehr Personal im Bereich der Lehrer und Erzieher, bei der Polizei, natürlich auch im LAGeSo und in der Ausländerbehörde. Es bedarf besonderer Anstrengungen im Integrationsbereich. Dafür stellt die Koalition rund 700 Millionen Euro bereit. Wir bringen diesen Betrag in Einklang mit dem Haushalt, weil wir dieser Herausforderung von Zuzug und Zuflucht finanziell vorsichtig, aber stets vorausschauend begegnet sind.
Frau Pop, wir sind hier nicht auf Sicht gefahren. Der Finanzsenator hat von Beginn an mit dem Senat sehr vorausschauend diese Kosten kalkuliert, und wir haben sie in den Haushalt eingestellt.
Ich möchte, noch etwas zum LAGeSo sagen, weil Sie es angesprochen haben, Frau Pop. Der Regierende Bürgermeister, Michael Müller, hat am Dienstagabend auch an Ihre Adresse gesagt:
Lieber Herr Lauer, für Sie ein Tipp zu Beginn der Debatte: Genießen Sie sie! Es wird Ihre letzte Haushaltsberatung in diesem Haus sein. Künftig geht nur noch Twitter. –
Ich füge aber hinzu: Das, was wir, Kolleginnen Pop und Kapek, in den letzten Wochen und Tagen von den Grünen gesehen haben, war eine beispiellose Inszenierung auf dem Rücken der Flüchtlinge und Beschäftigten im LAGeSo.
Da sind Leute aufgetreten, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben – nicht nur Frau Bayram. Herr Fischer tadelt Herrn Müller im Oktober öffentlich, er müsste sich mehr dort blicken lassen. Frau Jarasch stellt einen Zusammenhang zwischen dem Mord am kleinen Flüchtlingskind Mohamed und den Versäumnissen am LAGeSo her,
und Frau Pop äußert sich am Nikolaustag: „Eine Schande für Berlin.“ – Eine Schande ist, wie Sie das Thema in den letzten Tagen öffentlich inszeniert haben.
Ich weiß doch, dass Ihnen das unangenehm ist. Es ist Ihnen auch unangenehm, dass da, wo Sie Verantwortung im Zusammenhang mit Flüchtlingen getragen haben, am Oranienplatz oder in der Gerhart-Hauptmann-Schule, versagt haben und am Ende Herr Czaja Frau Herrmann helfen musste, die Leute unterzubringen.
Die Bürger erwarten zu Recht eine nachhaltige Lösung für diese außergewöhnliche Situation. Mir ist aber auch wichtig – das möchte ich betonen –, dass diese Koalition sich auch weiterhin um die vielen konkreten Probleme der Berliner, die wachsende Stadt, wirtschaftliche Prosperität, Sicherheit und Bildung kümmert. – Lieber Kollege Saleh! Ich bin froh, dass wir uns gemeinsam auf diesen Gestaltungshaushalt verständigt haben. Das zeigt, dass das uns Verbindende doch größer ist als das Trennende. – Vielen Dank auch an Ihre Fraktion.
[Beifall bei der CDU und der SPD – Antje Kapek (GRÜNE): Das war das Letzte, auf das Sie sich geeinigt haben!]
Frau Kollegin Pop! Wir haben eine gemeinsame finanzpolitische Philosophie in der Koalition: Wir bauen Schulden ab, und wir erhöhen die Investitionen. An keiner anderen Stelle verläuft die Trennlinie zwischen Koalition und Opposition so scharf. Wir haben das bei den letzten Haushaltsberatungen, aber auch vor 14 Tagen bei der Debatte der finanzpolitischen Sprecher erleben dürfen. Ich betone: Wir sind stolz darauf, dass SPD und CDU die Schulden zum Ende der Wahlperiode unter 60 Milliarden Euro gedrückt haben werden.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Steffen Zillich (LINKE): Was? Wie bitte? Nicht mal um ein Zehntel! Und wir haben die Investitionen erhöht. Vor einem Jahr haben die Koalitionsfraktionen den Zukunftsfonds SIWA auf den Weg gebracht – ein Erfolgsprojekt, 500 Millio- nen Euro Investitionen allein in diesem Jahr für die Sa- nierung und den Neubau von Schulen, für die Sanierung von Krankenhäusern, für Kitas, für den Neubau von Schwimmbädern, für die Sicherheit in dieser Stadt. Und wir erhöhen auch den Investitionsplafonds für die nächs- ten Jahre. [Steffen Zillich (LINKE): Das ist echt die Unwahrheit!]
Schauen Sie in die Finanzplanung! Sie sind doch finanzpolitischer Sprecher, Herr Zillich. – Berlin ist heute nicht mehr Schlusslicht bei den Investitionen. Wir sind heute im guten Mittelfeld, und das ist doch die gute Botschaft, die wir verkünden müssen!
Herr Wolf! Was soll eigentlich das Gerede von dem Geschachere der Koalitionsfraktionen oder, Frau Pop, vom Wahlkampfhaushalt?
Wir sind der Souverän als Parlament. Wenn wir uns nicht äußern, sind wir für Sie die nützlichen Idioten, die alles machen, was der Senat will. – Nein, wir übernehmen unsere Verantwortung als Koalitionsfraktionen, für diesen Haushalt, für künftige Haushalte!
Herr Wolf! In Wahrheit ist das eine Weichenstellung, die noch über die Legislaturperiode hinaus ihre Wirkung entfalten wird.
Und wir haben eine klare Agenda: Die Stärkung der Wirtschaft, wir sorgen für eine gute Bildungspolitik, und wir festigen die Sicherheit. Ja, die Stärkung der Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze sind zweifelsfrei die wichtigsten Ziele dieser Koalition.
Frau Pop! Eine Generaldebatte ist immer auch eine Bestandsaufnahme über die Politik, die wir hier führen. Aber dass Sie sich nun ausgerechnet mit dem Senat von Herrn Diepgen und Herrn Landowsky auseinandersetzen,