Zweiter Punkt, der Jugenddemokratiefonds: Die vergangenen drei Jahre haben gezeigt, dass der Ansatz für den Jugenddemokratiefonds dem Antragsvolumen nie gerecht geworden ist. Die aktuelle politische Situation bedarf politischer Bildungsarbeit. Wir haben mit antisemitischen und rechtspopulistischen Zuständen zu kämpfen, und die Wahlbeteiligung stagniert zunehmend. Unsere Forderung lautet daher: 1,1 Millionen Euro für gelebte Jugenddemokratie und politische Aufklärung! Das wollen Sie ablehnen?
Dritter Punkt, die Jugendarbeit: Seit zweieinhalb Jahren ist die bedarfsgerechte Jugendarbeit auf dem Tisch. Wo findet sich im Haushalt das von Frau Klebba angekündigte Jugendförderungsgesetz? Die Jugendarbeit übernimmt – falls Sie es noch nicht wussten – auch Integrationsaufgaben, die noch nie so relevant waren wie heute. Bei einem Haushaltsüberschuss von 500 Millionen Euro zählt die Aussage, es sei zu wenig Geld da, auf keinen Fall. Denken Sie hierbei auch an die Richtlinien der AG KJHG! Wir fordern 9,2 Millionen Euro für Jugendzentren, die kein nice to have sind, sondern wichtige Institutionen auf dem Weg ins Erwachsenenleben.
Vierter Punkt, die Hilfen zur Erziehung und Familienförderung: Die Bezirke pfeifen aus dem letzten Loch. Die Zahl der Kinder steigt immer mehr an. Die Aspekte der wachsenden Stadt, die Sie selbst immer so gerne erwähnen, sind in Ihrem Ansatz nicht berücksichtigt. Wir fordern daher 35 Millionen Euro für hilfsbedürftige Kinder, Jugendliche und Familien. Sind Sie auch dagegen? Sie haben die Bedürfnisse der Kinder, Jugendlichen und Familien in dieser Stadt verkannt. Wir als Piratenfraktion haben einen phantastischen Haushaltsvorschlag, der im Übrigen auch mit keinen neuen Krediten verbunden ist, Herr Simon.
[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Anja Schillhaneck (GRÜNE)]
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Es gibt weitere Wortmeldungen zur Wissenschaftspolitik. Deshalb hat jetzt für Bündnis 90/Die Grünen Frau Schillhaneck das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Kommen wir dann doch noch mal für ein paar Minuten zum Thema Wissenschaft!
Die Senatorin hat sich schon darauf bezogen: Wir werden wieder Zeugen und Zeuginnen desselben Schauspiels, das damals Ihr Amtsvorgänger, der hochgeschätzte Herr Prof. Dr. Zöllner, angefangen hat: Wenn man nur die Zeitskala groß genug wählt und die Jahresscheiben alle hübsch addiert, kommt gerade im Bereich Wissenschaft immer etwas ganz Großes heraus,
und zwar in diesem Fall 1,9 Millionen Euro für Investitionen über zehn Jahre. Da hängt die Charité mit drin und alles andere. Ist egal! Das ist eine große Zahl. Das klingt super. Danke schön!
Das Problem ist, dass Sie sich mit vielen anderen Dingen aber leider nicht richtig beschäftigen wollen. Weder haben wir bis jetzt das, was wir vor zwei Jahren über alle Fraktionen hinweg miteinander verabredet haben, nämlich endlich einmal eine verbindliche und nach einheitlichen Standards aufgestellte Gesamtschau, was wir eigentlich mit diesem vielen, vielen Geld überhaupt sanieren wollen würden und was wir an Investitionsbedarfen wirklich hätten – was wir jetzt haben, ist offensichtlich irgendwo gefundenes Geld, also alles zusammen addiert –, noch wissen wir, was man damit als Allererstes machen müsste. Aber seien wir mal frohen Mutes und voll des Vertrauens, dass die Hochschulen schon wissen werden, was sie damit eigentlich tun.
Was mir viel näher liegen würde, wäre, dass wir uns inhaltlich mit den weiteren großen Problemen beschäftigen, wie z. B. der Prekarisierung des Mittelbaus – gute Arbeit auch in der Wissenschaft.
Das ist ein Thema, da braucht man sich nur umzugucken, und das muss nicht einmal das Standarddrittmittelprojekt sein, von denen es immer mehr gibt, weil die grundsätzlichen Zuschüsse an die Hochschulen de facto gleich bleiben. Uns wird dann immer erklärt, das sei in diesen Zeiten ein großer Gewinn. – Nein, wenn ich mir angucke, wofür Sie alles Geld gefunden haben, ist das überhaupt kein großer Gewinn. Aber gut! – Es gibt immer mehr Drittmittelprojekte, eine immer stärkere Projektifizierung. Was immer mehr darunter leidet, sind die Arbeitsbedingungen. Wir brauchen über so etwas wie Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf im Wissenschaftsbereich kaum noch reden: Das ist ein mittelmäßiger Skandal.
Sie haben es geschafft – das finde ich gut; das habe ich damals schon gesagt –, eine Klausel in den Hochschulvertrag reinzukriegen, wo es um Mindestbeschäftigungszeiten geht. Nur bringt das bis jetzt nicht viel. Wir hatten Ihnen vorgeschlagen, 1,5 Millionen Euro für Maßnahmen zur Erprobung der Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Mittelbaus in die Hand zu nehmen. Das wollen Sie nicht – warum auch immer. Ich hoffe, wir kriegen es dann vielleicht in der nächsten Runde, in den nächsten Haushaltsberatungen rein
Was Sie auch nicht wollen, ist, Geld in die Hand zu nehmen, um die von der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz und Tierschutz angestoßenen Themen zu den Ersatzmethoden zu diskutieren, diese Methoden in Forschung und Lehre zu verankern. Das finde ich auch schade. – Gut, Sie müssen wissen, was Sie da tun!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Liebe Frau Schillhaneck! Das war jetzt schon eine recht beachtliche Haushaltsrede,
denn über den Haushalt haben Sie nicht ein einziges Wort verloren, außer dass Sie sich darüber beklagt haben, dass die Zahlen in der Addition zu hoch sind.
Wenn Sie sich als einziges darüber beklagen können, dass Ihnen die Investitionen in der Summe zu hoch erscheinen, weil Sie lieber mit kleineren Zahlen operieren, dann finde ich, läuft es in diesem Haushalt ziemlich gut.
Und dass es in diesem Haushalt und in der Wissenschaftspolitik ziemlich gut läuft, kann man auch noch an einer anderen Sache sehen. Heute sind in Deutschland die Leibniz-Preisträger bekanntgegeben worden. Der Leibniz-Preis ist so etwas wie ein kleiner Wissenschaftsnobelpreis in Deutschland. Sie wissen, da hängt eine Menge Geld dran. Und drei dieser Preise sind nach Berlin gegangen. Dies bedeutet 7,5 Millionen Euro zusätzlich. Das ist ganz hübsch, aber eigentlich wirklich entscheidend ist, was dahinter steht.
Das sagt nämlich erstens, dass wir eine hochgradig leistungsfähige Wissenschaftslandschaft haben, die wir übrigens aus diesem Haushalt finanzieren. Darüber hätten Sie reden können. Es zeigt zweitens, dass die Kooperation zwischen den Hochschulen, die wir übrigens auch aus diesem Haushalt finanzieren, sehr gut funktioniert und Früchte trägt. Es zeigt drittens, dass die Einstein-Stiftung, über die Sie auch nicht geredet haben, obgleich es da mehr Geld gibt, auch ein ganz hervorragendes Instrument ist, dass dafür sorgt, dass sich unsere Spitzenforschung in Berlin weiter etablieren kann und bundesweit ganz erhebliche Anerkennung gewinnt. Sie hätten dazu auch noch feststellen können, dass zwei der drei Preisträger Preisträgerinnen sind. Und in diesem Haushalt wiederum steht das Berliner Programm für Chancengleichheit in Forschung und Lehre – auch das ist etwas, bei dem man am heutigen Tag mit Händen greifen kann, wie gut es funktioniert. Darüber sagen Sie kein einziges Wort.
Ich habe auch eine Erklärung dafür, warum Sie das alles nicht tun und stattdessen über Dinge reden, die gar nicht Gegenstand des Haushaltes sind: weil Sie uns eigentlich beglückwünschen müssten und es nicht tun wollen.
Dann noch ein letztes Wort zur Sanierung: Vor zwei Jahren standen wir hier und haben über die Hochschulverträge diskutiert, und wir haben über die EinsteinStiftung diskutiert. Beides ist damals gut gelungen. Ich habe aber zugegeben – damals vor zwei Jahren –, dass es einen dritten Punkt gibt, mit dem ich unzufrieden bin, und das ist die Sanierung unserer Hochschulgebäude. Ich habe damals gefordert, dass wir ein Sonderprogramm auflegen. Heute, zwei Jahre später, wissen Sie, dass wir das haben. Sie wissen aber auch, dass wir das schon seit Anfang dieses Jahres haben. Wir haben nämlich die BAföG-Mittel dafür genutzt, die Sanierung der Hochschulen anzuschieben, und haben es jetzt über die nächsten Jahre verstetigt.
Wenn man also zwei Jahre zurückblickt, so hatten wir damals zwei von drei Punkten, die wir gut erledigt haben.
Heute – und ich glaube, das ist es, was man über diesen Doppelhaushalt sagen müsste, wenn man nicht wie Sie über andere Dinge reden würde, die nichts mit dem Haushalt zu tun haben – sind es drei von drei. Da hätten Sie uns eigentlich loben können; dann hätten Sie auch noch ein bisschen weniger Redezeit gebraucht. – Vielen Dank!
Ich verspreche Ihnen, das ist nicht abgesprochen, das ist kein taktisches Element, um mir noch ein bisschen Redemöglichkeit zu verschaffen.
Nein, Herr Kollege Oberg! Ich habe über Dinge geredet, die im Haushalt fehlen. Ich weiß nicht, wo Sie während der Haushaltsberatungen waren. Also, ich war durchaus in unserem Fachausschuss und kann mich sehr gut erinnern, dass wir ausgiebig darüber geredet haben, dass wir das als Änderungsanträge eingebracht haben – übrigens auch im Hauptausschuss. Von daher: Das hat etwas zu tun mit Haushalt. Es hat mit den Bereichen zu tun, die Sie nicht adressieren, die nun wiederum in Ihrer Darstellung fehlen. Und wenn Sie versuchen, mir anzukreiden, ich würde die gloriosen Großtaten –
Erfolge – Verzeihung! Wir wollen nicht das Ganze zu hoch heben! – Ihre Erfolge nicht angemessen würdigen: Ich habe ja gesagt, welchen Punkt ich positiv fand. Der hat in der Tat nichts mit der aktuellen Haushaltsrunde zu tun, sondern insbesondere mit dem guten Verhandeln der Senatorin gegenüber den Universitätspräsidenten. Das ist schon ein bisschen her, aber ich finde durchaus, Erfolge müssen auch benannt werden. Das Problem ist nur: In vielen anderen Bereichen stellen Sie Dinge als Erfolge dar, die aber gar keine Erfolge sind. Ihr größter Erfolg an dieser Stelle ist, dass die Stadt Ihnen das immer noch glaubt, weil Sie versuchen, sie mit ganz großen Zahlen zu blenden.
Wie gesagt, Sie zählen da ganz viel zusammen. Das ist wunderbar, aber wissen Sie noch, was wir vor zwei Jahren im Fachausschuss verabredet haben – da waren Sie auch dabei? – Das war insbesondere, eine dezidierte
Darstellung zu erhalten, was die wirklichen Investitionsbedarfe sind – geradeaus blickend –, was die Sanierungsbedarfe sind, was auch die infrastrukturellen Investitionsbedarfe sind, die wir in unserer Wissenschaftslandschaft, nicht nur an den Hochschulen, sondern insgesamt im Bereich Forschung haben. Das haben wir diskutiert. Das fanden alle fünf Fraktionen sehr wichtig.
Was ist passiert? – Nichts ist passiert. Die Hochschulen haben über ein komisches Verfahren, wo keiner genau weiß, wie es letztendlich dazu gekommen ist, im Rahmen der politischen Klärung jetzt das als Gutachten in Auftrag geben sollen. Wir haben bis heute kein Gutachten. Wir haben bis heute keine Übersicht, weil passiert ist, was leider viel zu häufig passiert, dass ein unterlegener Bewerber im Rahmen der Ausschreibung das Verfahren beklagt hat. Nun haben wir kein Gutachten, nun kriegen die Hochschulen das Geld pauschal. Bei den großen Universitäten lohnt sich das, bei den kleinen nicht so.
Was Sie auch leider gerade verschwiegen haben, ist, dass das – zumindest in den Ansätzen, die in dem Haushaltsplan stehen – jedes Jahr weniger wird. Das sagen Sie leider auch nicht, dass im Rahmen Ihres großen Investitionspaktes Hochschulen die große Zahl die erste Jahresscheibe ist und es dann jedes Jahr weniger wird. Das können Sie als politische Setzung auch so machen. Ich finde es sogar vernünftig, an der Stelle zu sagen: Wir entscheiden uns dafür, das Geld insgesamt zu nehmen – übrigens wäre das nach unserer Meinung noch mehr gewesen, nämlich alles von den BAföG-Entlastungsmitteln –, und geben es dann pointiert rein und nicht nach dem Verfahren: Hier, nehmen Sie mal, Sie werden damit schon was anfangen! – So lange Sie diesen Teil der Wahrheit nicht dazu sagen: Sorry, nichts mit Erfolgen!