Ja, wenn Sie aufgeregt sind, trifft das natürlich! – Ich will mal an die Linien erinnern: Die SPD-Fraktion hat auf einer Fraktionsklausur besprochen – und zwar in Ansehung auch der Kosten: Wir werden bei den Beamtenbesoldungen die Schere schließen und 0,5 Prozent auf den
Länderdurchschnitt drauflegen. – Da sind wir natürlich voll auf einer Linie mit der CDU gewesen; das will ich gar nicht für uns alleine vereinnahmen. – Das haben wir ein Jahr später hier gesetzlich durchgetragen als strategische Linie in Ansehung eines dreistelligen Millionenaufwuchses.
Ihre Hilfe kenne ich bei der Wasserrekommunalisierung! Darauf komme ich gleich zurück. – In der nächsten Fraktionsklausur haben wir uns dem Kitathema gestellt, und auch dies tragen wir jetzt durch. Das wird am Ende eine Viertelmilliarde Euro kosten. – Das nenne ich Strategie, und das, was Sie hier anbieten, nenne ich Stückwerk!
Die SPD hat auch gesagt – und zwar gemeinsam mit den Energiepolitikern, mit den Umweltpolitikern und mit den Finanzern –, dass der Weg der Rekommunalisierung für Berlin der richtige Weg ist.
Jetzt komme ich zu Ihrer Erfolgsgeschichte, Frau Kosche! Als wir diesem hohen Haus diesen Weg vorgelegt haben, da hat die Opposition, da haben die Linken und die Grünen – Piraten weiß ich gar nicht mehr – zweimal zum Rückkauf der Wasserbetriebe Nein gesagt – und das müssen Sie erklären und doch nicht wir!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]
da haben Sie auf Ihrem Parteitag einen Antrag aus Charlottenburg, das zu machen, weggedrückt. Ihr Landesvorsitzender und Spitzenkandidat war für Privatisierung, während wir den richtigen Weg gegangen sind und heute die berlinovo so dasteht, wie sie dasteht.
Deshalb lassen wir uns auch kein X für ein U vormachen. Das Credo in der Haushaltspolitik in der Gesamtbetrachtung bleibt: Wir konsolidieren; wir tilgen Schulden schon aus taktischen Gründen. Die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich werden auf unentschieden verhandelt, und da gehen wir nicht – –
Ihre Linie, Frau Dr. Schmidt, führt auf 90 Milliarden Schulden! Unsere Linie führt auf unter 60 Milliarden – das ist ein Riesenunterschied!
Und deshalb ist Berlin auch in der Lage, die gesellschaftlichen Herausforderungen, denen wir uns gemeinsam stellen, zu meistern. Wir werden da am stabilsten stehen von allen Bundesländern, weil wir eben Ihrem Gehopse nicht nachgeben, sondern vorsichtig agieren. Und deshalb haben sich auch die Fraktionen verständigt, die Einmaleffekte aus der VBL stehenzulassen – da habe ich ja von Ihnen noch gar nichts gehört außer wüstem Durcheinandergerede – und die Senatsreserven auf über 160 Millionen Euro zu verdoppeln. In Ansehung der Begehrlichkeiten auch unserer Fachleute ist doch das ein Meilenstein! Wo stehen Sie denn da an diesem Punkt? – Äußern Sie sich mal!
Und da ich hier eine Punktlandung hinzulegen gedenke – ich könnte Ihnen noch so viele Geschichten erzählen über Ihre Dialektik: Ihre Linie hat Plinius der Ältere schon gerade Kurve geheißen – neudeutsch: Zickzack! – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist jetzt eine merkwürdige Debatte, worüber wir hier diskutieren. Die zweite Lesung des Haushalts steht uns noch bevor. Ich will deswegen versuchen, zu diesem Antrag zurückzukehren und würde Ihnen in einer Sache, Kollege Schneider, recht geben. Der unmittelbare praktische Nutzen des Antrags ist angesichts der zumindest kurzfristig sehr entspannten Haushaltssituation in Berlin gering.
Der Haushaltsentwurf des Senats ist derart aufgeblasen, dass sich auch ohne Überleitung von Überschüssen von diesem Jahr ins nächste, genug Positionen finden, die wir zugunsten von Investitionen umschichten können und in unserem Antrag auch werden. Das heißt, wir brauchen das Geld, von dem hier bei Frau Schmidt die Rede war, in diesem Jahr eigentlich gar nicht und können dennoch eine vernünftige Politik machen.
Unsere Fraktion wird dennoch für den Antrag stimmen, weil man den Grundgedanken, Herr Schneider, nicht oft genug betonen kann: Unterlassene Instandhaltung ist eine
besonders teure Form der Verschuldung. Jedes Schlagloch ist auch ein Haushaltsloch und jedes kaputte Schuldach ist zugleich ein Haushaltsdefizit, das geschlossen werden muss.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]
Man muss deswegen also auf die Gesamtentwicklung von Liquidität, Schulden und Vermögen gucken und nicht nur auf den Finanzierungssaldo des Kernhaushalts schauen, wenn man ein zutreffendes Bild der realen Finanzlage gewinnen will. Es gibt da – wir haben hier oft darüber gesprochen – Tausend und eine Möglichkeit, den Landeshaushalt auf Kosten des Landesvermögens vordergründig zu entlasten. Unterlassene Instandhaltung, wie gesagt, aber auch Privatisierungen und Kapitalentnahmen bei den Landesunternehmen, wie Sie es offensichtlich bei der BSR wieder vorhaben, gehören dazu. Kaum eine dieser Operationen wurde in den letzten 25 Jahren unter den wechselnden Regierungen von CDU, SPD, aber auch von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, unterlassen. Seit der Wiedervereinigung wurden nicht nur 60 Milliarden Euro Kreditmarktschulden im Kernhaushalt angehäuft, es wurde auch ein Sanierungsstau von round about 12 Milliarden Euro zugelassen, und obendrein wurde Vermögen im Wert von mehr als 16 Milliarden Euro versilbert und für laufende Zwecke verbraucht. Dabei entfielen, nur um Ihre Erinnerung aufzufrischen, rund 2,5 Milliarden Euro auf den Verkauf von Immobilien, 5,3 Milliarden Euro auf den Bankverkauf und 8,5 Milliarden Euro waren Kapitalentnahmen und Privatisierungen anderer Landesunternehmen – GASAG, Bewag, BWB und GSW, um nur die allergrößten zu nennen. Die Partei der Tilgung und der Rekommunalisierung war da immer mit vorne dabei.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN) – Heidi Kosche (GRÜNE): Jawoll!]
So hat sich insgesamt die finanzielle Situation Berlins in den letzten 20 Jahren um rund 90 Milliarden Euro verschlechtert und nicht nur um die 60 Milliarden Verschuldung im Kernhaushalt. Dabei ist die Zukunftsblindheit der unterlassenen Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen, die ungefähr 50 Milliarden Euro betragen müssten, noch gar nicht eingerechnet.
Der vorliegende Antrag legt an dieser Stelle schon den Finger in die Wunde. Deshalb unterstützen wir ihn. Wir müssen nicht nur die Schuldenbremse umsetzen, Herr Schneider, und die Verschuldung im Kernhaushalt stoppen, sondern wir müssen gleichermaßen den Verfall der öffentlichen Infrastruktur und den Ausverkauf des Landesvermögens entgegentreten. Das ist ein höchst anspruchsvoller Dreiklang in der Haushalts- und Vermögenspolitik, den wir gemeinsam zuwege bringen müssen, zumal unsere Stadt wächst und durchgreifende ökolo
gische Modernisierung der Infrastruktur erforderlich wird. Da haben wir in Berlin etwas aufzuholen. Wir haben in der ersten Lesung zum Haushalt darüber gesprochen. Wir Grüne wollen in diesem Haushalt wenigstens Grundlagen legen.
Wir veranschlagen zusätzlich 100 Millionen Euro für die Sanierung des Gebäudebestandes, damit mindestens die vom Parlament und innerhalb der BIM längst beschlossenen Maßnahmen auch durchgeführt werden können. Wir wollen die Ausgaben für den Radverkehr auf 30 Millionen Euro verdoppeln.
Berlin hat einen großen Rückstand in der Fahrradinfrastruktur aufzuholen. Wir müssen das Radwegenetz ausbauen, und wir wollen zunächst auf zwei Radrouten schnelles und sicheres Fahren quer durch die Stadt ermöglichen. Wir wollen Fahrradparkhäuser an stark frequentierten ÖPNV-Knotenpunkten bauen und am Ostkreuz und am Hauptbahnhof damit anfangen. Radfahren muss sicherer werden. Die Radfahrer müssen runter vom Bürgersteig und für Autofahrer sichtbarer werden, und wir müssen umgehend damit beginnen, zumindest die zehn gefährlichsten Kreuzungen mit den meisten Toten umzugestalten, die der Senat selbst als solche identifiziert hat.
Dann bekommen wir 30 Millionen Euro zusätzliche Mittel für den öffentlichen Nahverkehr. Die wollen wir in ein besseres Angebot bei Bahn und Bus investieren. Was aber wollen Sie? – Sie wollen dieses Geld der S-Bahn zur Ertüchtigung ihrer veralteten Züge zuschanzen. Die Berlinerinnen und Berliner sollen also nach dem von der Deutschen Bahn verursachten S-Bahn-Chaos durch die mangelnde Wartung dieser Züge jetzt auch noch die Sache finanziell ausbaden. Ich sage Ihnen: Für die Fahrzeugschäden trägt allein die Deutsche Bahn die Verantwortung – und dabei muss es auch bleiben. Deswegen lehnen wir Grüne Ihren Vorschlag entschieden ab.
Wir sagen stattdessen: Berlin braucht mehr Stadtgrün. Wir wollen 1 000 grüne Dächer für Berlin, wir wollen mehr Straßenbäume pflanzen, wir wollen – mit Ihnen zusammen, da haben Sie sich bewegt – ein Mischwald
programm umsetzen, wir fordern grüne Innenhöfe, wir wollen 200 Trinkwasserbrunnen in der Stadt errichten.
Das ist gut für das Klima, das ist gut für Luft und Wasser, das verschönert das Stadtbild und erhöht unsere Lebensqualität insgesamt. Eine Großstadt von morgen muss klimaverträglich und ökologisch so gestaltet sein, dass sie wirklich eine lebenswerte Metropole ist.