Protocol of the Session on September 24, 2015

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Piratenfraktion Herr Delius!

[Uwe Doering (LINKE): Nun bist du verwirrt!]

Sie sehen mich erstaunt! Ich glaube, Kollegin Remlinger ist auch ein wenig über die Redebeiträge erstaunt. Zunächst einmal, Herr Özışık, Ihre Rede war super. Warum Sie dann aber nicht zustimmen können, hat sich mir nicht erschlossen. Das können Sie vielleicht in einer Kurzintervention noch erklären.

Herr Schlede! Auch Sie haben, was das Lehrkräftebildungsgesetz angeht, viel Richtiges gesagt. Eines ist aber völlig klar. Es kommt doch nicht auf die Leistungspunkte an. Die Leistung wird in den Klassenzimmern erbracht. Darauf kommt es an.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die ist auch unabhängig vom Lehrkräftebildungsgesetz schon längst gleichwertig, wenn nicht sogar noch schwieriger als an manchen Oberschulen.

Vielen Dank, liebe Grünen, ich kann dem Antrag auch so zustimmen. Was Sie vorschlagen, hat alles seine Richtigkeit und Hand und Fuß. Ich gehe das jetzt nicht im Einzelfall durch. Zum Lehrkräftebildungsgesetz möchte ich noch einen Punkt anmerken, wo ich auch in der Interpretation der Qualitätssteigerung Herrn Schlede widersprechen muss: Die Konzentration der Wahl- bzw. der Hauptfächer im Grundschulbereich auf den nicht-musischen Bereich hat uns auch viele Bewerberinnen und Bewerber gekostet. Damit wird es auch in Zukunft nicht leichter sein umzugehen, auch wenn immer gesagt wird, dass wir im MINT-Bereich viele Kräfte brauchen. Gerade diejenigen, die Kunst und Musik auf Lehramt studieren und Künstler und Musiker sind und das weitergeben wollen, werden mit Ihrem Lehrkräftebildungsgesetz schlechtergestellt. Das ist auch weiterhin der Fall.

Zum Studienplatzangebot: Auch da hätte ich mir eine klare Zusage gewünscht – ich weiß, dass es an den Hochschulverträgen hängt –, dass wir grundsätzlich mehr Masterplätze insbesondere in den Lehramtsstudiengängen bekommen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Das haben wir ewig diskutiert. Eine kurze Anekdote aus der Diskussion des Lehrkräftebildungsgesetzes auf die Frage hin, was man eigentlich mit einem Bachelor im Lehramt machen kann: Anzuhörende sagten: „Nichts!“ Man kann nichts damit anfangen. Es hilft überhaupt nicht. Wir kommen schon weg von der 50/50-Quote. Das muss aber deutlich in Richtung 100 Prozent gehen, sonst ist uns mit dem Lehrkräftebedarf auch an der Grundschule nicht geholfen.

Liebe Grüne! Die Funktionsstellen haben Sie vergessen. Das ist ein wichtiger Punkt. Es ist auch nicht nur mit Tarifregelungen zu regeln. Das wissen wir alle. Das steht im Koalitionsvertrag. Herr Özışık hätte auch einen Änderungsantrag bei seinem Punkt ankündigen können. Ich hätte mich darüber gefreut.

Dann komme ich noch zu den tarifrechtlichen Regelungen, der Gleichstellung von Beamtinnen und Beamten. Das haben wir auch schon mehrfach diskutiert. Mir ist

(Stefan Schlede)

dabei besonders wichtig, dass es überhaupt erst einmal zu einer tarifrechtlichen Einstufung von angestellten Lehrkräften kommt.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Da sind wir noch gar nicht. An der Grundschule ist es klar. Frau Kittler hat es völlig richtig gesagt. Die Gleichstellung in den Lehrerzimmern – insbesondere an der Grundschule ist der Schwerpunkt richtig gesetzt, wo besonders viele beamtete Lehrerinnen und Lehrer immer noch existieren – ist nach vorn zu stellen. Darum müssen wir uns gemeinsam kümmern. Da reicht mir der Antrag noch nicht aus, dafür ist er ein bisschen zu allgemein. Vielleicht bekommen wir in der Beratung mit der Koalition da noch etwas hin und auch Haushaltsmittel dafür zur Verfügung gestellt. – Ich bedanke mich für den Antrag und fürs Zuhören. Danke!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 17/2452 wird die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Die lfd. Nrn. 16 und 17 stehen auf der Konsensliste.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 18:

Cybergewalt – Berlin muss die Beschlüsse der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz (GMFK) in die Tat umsetzen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2455

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Frau Kofbinger. – Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über ein wichtiges Thema, auch wenn die Überschrift vermuten lässt, dass die meisten sich damit nicht anfreunden können; denn da geht es um die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder. Denn dieses Thema, zu dem wir einen Antrag gestellt haben, ist eins, das zurzeit leider in aller Munde ist. Es geht im Prinzip um das, was uns in den letzten Wochen stört: Hasskom

mentare im Internet, Hasskommentare gerade bei den sozialen Medien, bei Facebook, Twitter usw. Dort wurden in unerträglichem Maße Menschen verhetzt und mit Hasstiraden überzogen. Das hatte seine Konsequenzen. Leider war die Politik – so stellt es sich uns dar – einigermaßen machtlos. Der oberste Vertreter des Staates, der dafür zuständig ist, das ist Bundesjustizminister Heiko Maas, hat sich mit einem „Facebook-Statthalter“ getroffen, um festzustellen, dass er überhaupt nichts machen kann.

Dieser Antrag – das ist das Interessante, wenn man mal ins Detail guckt – macht Vorschläge, wie man zumindest in einem bestimmten Maße etwas tun kann. Das ist gar nicht das Verdienst der Grünen allein – obwohl das der erste Antrag ist, der in einem Länderparlament dazu gestellt wird; das freut mich, das muss ich zugeben, das soll hier nicht unerwähnt bleiben –, es ist in erster Linie das Verdienst der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz des letzten Jahres in Wiesbaden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Dafür möchte ich mich auch ganz herzlich bedanken. Wenn die Minister und Ministerinnen etwas Gutes machen, dann sollen sie auch dafür gelobt werden. Leider nur von der Opposition, das verstehe ich nicht.

Also: Die Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz hat sich dieses Themas vor ziemlich genau einem Jahr angenommen. Wir verfolgen das seitdem. Es ist Bemerkenswertes passiert, es gab nämlich Entwicklungen auch in den politischen Stiftungen. Es gab dazu große Veranstaltungen in der Friedrich-Ebert-Stiftung, in der Heinrich-Böll-Stiftung, in der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Damit beschäftigt hat sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbüros und, und, und. Auch wir hier im Abgeordnetenhaus haben uns damit beschäftigt und viele Anfragen gestellt. Das ist jetzt unser Antrag, den wir Ihnen vorstellen wollen, um – sagen wir mal – einen Fuß in die Tür zu bekommen, um das Ganze aufzuhebeln. Ich glaube, das ist ein guter Weg, den wir beschreiten. Ich hoffe, das ist ein Weg, den wir gemeinsam beschreiten, wo es dann nicht immer nur heißt: Dieser Antrag ist überflüssig, er wurde zur falschen Zeit gestellt; wir machen schon alles. – Das kann nicht sein. Die drei schriftlichen Anfragen, die ich dazu gestellt habe, Cybergewalt 1, 2 und 3, zeigen da ein anderes Bild. Deshalb also dieser Antrag.

Was fordern wir? – In verstärktem Umfang Fortbildung von Polizeibeamtinnen und -beamten, Staatsanwältinnen und -anwälten sowie Richterinnen und Richtern zum Thema Cybergewalt, eine berlinweite Kampagne gegen Cybergewalt und Cybersexismus. Die bestehenden Beratungs- und Anlaufstellen für Frauen und Mädchen, die Opfer von Cybermobbing geworden sind, sollen ausgebaut und personell und finanziell ausreichend ausgestattet werden. Dann gibt es noch ein schönes Fortbildungs

(Martin Delius)

angebot. Und wir möchten die Netz- und Medienkompetenz vor allen Dingen junger Menschen stärken.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Das ist der Dreh- und Angelpunkt.

Wir möchten diese Kompetenz in die Schul- und in die Jugendfreizeiteinrichtungen bringen. Dafür brauchen wir natürlich bestimmte Mittel. Aber Sie werden lachen: Es sind unglaublich wenige. Sie konnten – das war auch eine meiner Frage – den Finanzbedarf leider nicht selbst bestimmen. Deshalb haben wir das gemacht. Wir würden sagen: Mit unter 100 000 Euro pro Jahr sind wir dabei. Das ist ein sehr überschaubarer finanzieller Rahmen, vor allen Dingen, wenn man sich überlegt – die Senatorin, die jetzt dazu nicken könnte, ist leider nicht da, aber das macht nichts, denn die Staatssekretärin ist auch nicht da – : Sie haben einen Medien- und Kampagnentopf, aus dem könnte man genau für diese Kampagne Geld abzweigen.

Wir bitten darum, dass das eine ernsthafte Diskussion wird. Ich glaube, dass wir im Augenblick ein viel größeres Problem anpacken, als es dieser Antrag in seinem Ausschnitt zeigt. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir das bald im Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen besprechen können und danach im Rechtsausschuss, der ist hier federführend. Ich bin sicher, dass wir das Ganze auf einen guten Weg bringen und auch wirklich etwas unternehmen. Lassen Sie uns die gute Arbeit dieser Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz hier in Berlin umsetzen! Lassen Sie uns die ersten sein, die dazu etwas machen mit Hand und Fuß! Ich bitte um eine anständige Diskussion dieses Antrags. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion Frau Dr. Czyborra! – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Kollegin Kofbinger ausdrücklich dafür danken, dass sie die Aufmerksamkeit auf die Beschlüsse der 25. Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz gelenkt hat.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Der 24.!]

Berlin war dieses Jahr Gastgeberland, und die GFMK hat unter dem Vorsitz unserer Frauensenatorin Dilek Kolat getagt und gemeinsam mit den anderen Ministern und Ministerinnen der Länder und unserer Frauenministerin im Bund Manuela Schwesig wirklich hervorragende Arbeit geleistet und sehr gute Beschlüsse gefasst. Den

Leitantrag „Alleinerziehende besser unterstützen“ kann ich in Berlin, der Hauptstadt der Alleinerziehenden, nur allen ans Herz legen. Darüber hinaus hat sich die GFMK mit sehr vielen Fragen der modernen Familie beschäftigt: mit Lebensformen, ökonomischen Fragen, Entgeltgleichheit, Mindestlohn, der Situation von selbstständigen Frauen in der Schwangerschaft, dem Gewaltschutz- und dem Prostitutionsschutzgesetz,

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Und mit Cybergewalt!]

der Umsetzung der Istanbul-Konvention, mit Frauen in den Wissenschaften – und eben auch mit Cybergewalt. Das hat sich die Kollegin herausgepickt, um sich daran abzuarbeiten. Ohne Frage ist das auch ein ganz wichtiges Thema, das nicht verharmlost werden darf.

Cybermobbing, Cyberbooming, Cyberstalking – da gibt es noch ein paar Begriffe mehr – sind die Fortsetzung von Gewalt im digitalen Raum. Hier spiegelt das Netz die Gesellschaft wider. Sie sind als massive Formen von Gewalt zu werten. Und was hier auch immer wieder angeführt wird: Es gibt Kampagnen von Maskulinisten, die versuchen, bestimmte Debatten im Netz zu unterdrücken und mit Formen von Gewalt gegen die Frauen dort vorzugehen. Die Folge ist dann Rückzug. Das ist keine Lappalie. Frauen dürfen nicht das Netz als demokratiefreien Raum erleben und sich daraus zurückziehen. Sie hören dann oft: Sie sollten doch einfach dort wegbleiben, wo sie Opfer solcher Angriffe werden. Sie sollten ihre Meinung nicht so provokativ äußern. Das ist aber eine Unterbewertung dieses digitalen Raumes für die persönliche Entfaltung bis hin zur beruflichen Entwicklung. Bleibt doch weg! – das ist nichts anderes als der Rat an Frauen, nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr das Haus zu verlassen oder sich von Kopf bis Fuß zu verhüllen, weil sie dann keinen Anlass zu Übergriffen geben.

Die geforderten Maßnahmen sind mir ein bisschen zu opferzentriert. Das ist etwas, was die GFMK gerade vermeiden will. Es fehlt die wichtige Forderung, dass jedes Bundesland eine digitale Agenda erarbeitet, in der dann auch dieses Thema zum Gegenstand gemacht wird. Es ist richtig, in der Begründung steht, es gibt eine ganze Menge an Prüfaufträgen. Die JuMiKo zum Beispiel tagt im November, die hat da einige Aufträge bekommen. Die Innenministerkonferenz tagt im Dezember. Ich bin dann auch gespannt, was für Beschlüsse von diesen wichtigen Konferenzen zu diesem Thema ausgehen. Ja, die bundesweite Aufklärungskampagne ist eine Forderung dieses Beschlusses der GFMK. Hier wird jetzt ein Alleingang Berlins gefordert. Ob das nun sinnvoll ist, dass man sich da – meinetwegen kann man es auch Vorreiterrolle nennen – von dem abkoppelt, was da als bundesweite Initiative ergriffen wird, darüber können wir dann ja reden. Dass wir Aufklärung brauchen und dass wir Medienkompetenz brauchen, ist unbestritten.

(Anja Kofbinger)

Es ist ganz klar, wir können Gewalt jedweder Art nicht als Mittel der Auseinandersetzung akzeptieren, und ich wünsche uns eine gute Beratung in den Ausschüssen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für eine Kurzintervention hat Frau Kofbinger das Wort. – Bitte schön!