Das Ganze ist auch keine Theorie. Das sorgt auch beim Verfassungsschutz und bei den deutschen Sicherheitsbehörden für viele Probleme, weil in der Vergangenheit deutsche Staatsanwälte und Gerichte zunehmend dazu neigten, nicht nur an Straftaten beteiligte V-Leute zu
verfolgen und zu bestrafen, sie sind in Einzelfällen auch gegen zuständige V-Mannführer vorgegangen, was dann dazu geführt hat, dass beispielsweise der Bundesverfassungsschutz keine V-Leute mehr mit Konvois nach Syrien geschickt haben soll, weil sie Angst hatten, wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt zu werden – so hörte man.
Nichts Genaues weiß man nicht, aber das Problem zeigt sich natürlich auch an der Antwort der Bundesregierung, das würde in Berlin auch nicht anders aussehen, wenn nach V-Leuten gefragt würde.
Entschuldigung, Herr Kollege Mayer! Ich muss noch mal unterbrechen. – Meine Herrschaften! Es ist ein Geräuschpegel hier im Haus. Die Sitzung dauert nicht mehr lange. Wer jetzt meint, reden zu müssen, kann hinausgehen. Ansonsten wird dem Redner zugehört.
Gut, danke! – Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken zum Thema V-Leute. Ich verkürze es mal: V-Leute bewegen sich in einem extremistischen und breiten Umfeld. Aufdeckung ihrer Identität würde hochrangige Rechtsgüter verletzen. Es ist halt alles sehr gefährlich. – Es endet damit: Die Auskunft muss auch dann verweigert werden, wenn im konkreten Fall ein Einsatz von V-Leuten nicht vorlag, da ansonsten in allen übrigen Fällen aus der Antwortverweigerung auf das Vorliegen eines Einsatzes geschlossen werden könnte. – Es ist also so hermetisch, dass man als Regierung nicht mal Nein sagen darf, wenn keine V-Leute eingesetzt werden, weil das bereits gefährlich ist. Sie sehen, VLeute sind ein geheimhaltungsbedürftiges Mittel.
Ich bin Mitglied des Verfassungsschutzausschusses und der G-10-Kommission. Wir haben durchaus einen weiten Einblick in viele Geheimnisse des Berliner Verfassungsschutzes, aber bei den V-Leuten sind wir tatsächlich außen vor. Wir kennen nicht mal ihre genaue Zahl, wir wissen es ungefähr. Und es ist richtig: Aus geheimen Meldungen können wir durchaus Rückschlüsse daraus ziehen, an welchen Stellen V-Leute zum Einsatz kommen. Wir sind also nicht völlig ahnungslos, aber Kontrolle kann man das Ganze nicht nennen.
Nach der erwähnten Änderung des Verfassungsschutzgesetzes ist geregelt, kurz gesagt, dass jetzt zumindest im Bund V-Leute Straftaten begehen dürfen, aber keine Verbrechen. Das ist im Prinzip dort geregelt. In Berlin sieht es allerdings anders aus, wobei wir im Verfas
sungsschutzausschuss mal darüber reden müssen, wie die aktuelle Beschaffungsanweisung vor dem Hintergrund des neuen Bundesverfassungsschutzgesetzes rechtlich zu sehen ist und wie hier damit umgegangen wird. Herr Henkel hatte allerdings im Ausschuss auf Nachfrage schon gesagt, dass es nicht geplant sei, dass in Berlin künftig auch V-Leute des Verfassungsschutzes Straftaten begehen dürfen. Das gibt es zwar schriftlich, aber ich würde trotzdem noch gerne darüber reden.
Mit den V-Leuten ist das ein Anachronismus, denn seit Jahrhunderten geht der Trend zu mehr Transparenz. Die V-Leute gehören eigentlich ins vergangene oder vorvergangene Jahrhundert. Das sieht man auch an dem gescheiterten Versuch in Thüringen, die V-Leute des Verfassungsschutzes abzuschaffen. Was ist passiert? – Es ist dort nicht gelungen, obwohl Rot-Rot-Grün vollmundig angekündigt hat, dass der Verfassungsschutz in Thüringen keine V-Leute mehr einsetzt. Dann wurde zurückgerudert, und gleichzeitig wurde eine bessere technische Ausstattung des Verfassungsschutzes und mehr Überwachung mit technischen Mitteln dort angekündigt. Da sind wir Piraten jetzt besonders skeptisch.
Und die Frage ist bei V-Leuten: Sie sind teuer, sie sind aufwendig, und es skaliert nicht gut, und tatsächlich ist der Einsatz einer V-Person ein geringschwelligerer Eingriff in Grundrechte, als es eine G-10-Maßnahme ist. Da war ich früher auch anderer Meinung, habe mich dort aber überzeugen lassen, dass eine V-Person, die sagt: Der hat das gesagt, – etwas anderes ist, als wenn das auf Band landet.
Zu den technischen Mitteln: Wenn man jetzt sagen würde, wir schaffen die V-Personen ab, dann ist zwangsläufig davon auszugehen, dass kompensiert werden muss. Daran führt kein Weg vorbei. Bei dem Thema technische Mittel könnte einiges auf uns zukommen, was andere Dienste haben: intelligente Abhörwanzen, die Energie aus der Umgebung beziehen und so klein sind wie Sandkörner, Kameradrohnen in Insektengröße und das ganze Thema Schadsoftware, Bundestrojaner, die sich in unseren Computern und Mobiltelefonen einnisten. Da muss sich sagen, wenn das dann kommt, halten wir Piraten V-Leute doch noch für das geringere Übel.
Letzter Punkt, warum ich meiner Fraktion geraten habe, dem Antrag nicht zuzustimmen: Wenn dieser Antrag nämlich Realität würde, wäre das Einzige, dass die V-Leute vom Verfassungsschutz zum Staatsschutz wechseln, wo sie noch weniger gut aufgehoben sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Kollege Mayer! – Zum Antrag Drucksache 17/1971 empfiehlt der Ausschuss für Verfassungsschutz mehrheitlich – gegen Grüne bei Enthaltung Die Linke – die Ablehnung. Wer dem Gesetzesantrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen und einige Piraten – vier wird gerade festgestellt. Wer enthält sich? – Das sind die gesamte Fraktion Die Linke und Teile der Piraten. Wer ist dagegen? – Das ist die Koalition. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 17. Juni 2015 Drucksache 17/2361
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2297
Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch.
Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II der Drucksache 17/2297. Eine Beratung ist nicht vorgesehen.
Zum Antrag Drucksache 17/2297 empfiehlt der Rechtsausschuss einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme. Wer dem Gesetzesantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das müssten jetzt eigentlich alle sein. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Keine Enthaltungen, keine Gegenstimmen. Damit ist das Gesetz angenommen.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Zugang zu digitalen Geodaten im Land Berlin (Geodatenzugangsgesetz Berlin – GeoZG Bln)
Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und mitberatend an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit empfohlen. Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.
Gesetz über die Sicherung und Benutzung von Archivgut des Landes Berlin (Archivgesetz des Landes Berlin – ArchGB)
Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und mitberatend an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit empfohlen. Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.
Gesetz zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Bestimmung eines Mitglieds des ZDF-Fernsehrates
Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medien empfohlen. Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.