Protocol of the Session on June 25, 2015

[Zuruf von Kurt Wansner (CDU)]

Auch das ist, Herr Wansner, um es vorsichtig zu formulieren, in höchstem Maße bedenklich.

Uns allen sind die Bilder des Polizeibeamten präsent, der aus dem Nichts einen unbeteiligten Passanten am 1. Mai mit Pfefferspray attackierte. Nur Kameraaufnahmen Unbeteiligter konnten zur Aufklärung des Missbrauchs beitragen, trotz der allgegenwärtigen Polizei-Doku-Trupps. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie hoch die Dunkelziffer der durch Pfefferspray geschädigten Menschen ist. Auch bei der Räumung von Sitzblockaden im Zuge der De-facto-Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule kam es zu massiven Sprühexzessen.

Wir wollen der Polizei die Arbeit nicht erschweren, nein. Natürlich haben Polizeibeamte ein Recht auf Selbstverteidigung, natürlich ist in einem solchen Fall der Einsatz von Pfefferspray dem Schusswaffeneinsatz vorzuziehen. Dabei muss es aber auch bleiben. Der Einsatz von Pfefferspray bei Versammlungen muss grundsätzlich auf solche Fälle beschränkt bleiben, bei denen eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben von Menschen nicht auf andere Art und Weise abgewendet werden kann.

(Dr. Robbin Juhnke)

Unser gemeinsamer Antrag formuliert diese Mindestbedingungen von strengen Einsatzregelungen bis zur Dokumentationspflicht. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Taş. – Nun hat das Wort zu einer persönlichen Erklärung nach § 65 unserer Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Lauer. – Bitte sehr!

Christopher Lauer (PIRATEN) [Persönliche Erklärung gemäß § 65 GO Abghs]:

Ganz kurz, zwei Sachen: Sehr geehrter Herr Juhnke! – Er ist gar nicht mehr da. – Herr Juhnke hat behauptet, ich würde die parlamentarische Demokratie abschaffen wollen. Dem ist nicht so. Ich halte das auch für ausgemachten Blödsinn als ehemaliges Mitglied einer Partei, die angetreten ist, um hier einiges zu verändern und dann an den Beharrungskräften dieses Systems hier scheiterte.

Zweitens hat Herr Juhnke behauptet, ich wäre dafür verantwortlich, dass niemand das Abgeordnetenhaus ernst nehmen würde und Politik ein nicht so angesehener Beruf wäre. Das weise ich auch in aller Schärfe zurück. Ich habe dazu sogar noch eine schöne Zahl. Beim GFKVertrauensindex aus dem Jahr 2010 – da war ich noch nicht Politiker – machten Politiker mit 14 Prozent die unbeliebteste und unvertrauenswürdigste Berufsgruppe in Deutschland aus.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ist das gestiegen?]

Da waren wohl andere Parteien, andere Spendenskandale und sonst irgendwas beteiligt, um in der Bevölkerung diesen Eindruck zu erwecken. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Sind wir jetzt gestiegen?]

Vielen Dank, Herr Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 17/2349 wird die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Den gibt es nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 4:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Berlin – V-Leute abschaffen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungsschutz vom 20. Mai 2015 Drucksache 17/2282

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1971

Zweite Lesung

Dieser Tagesordnungspunkt soll heute vertagt werden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Ich höre keinen. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 5:

Gesetz zur Neuregelung des Haltens und Führens von Hunden in Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2338

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung und an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 6:

Gesetz zur Umsetzung der Energiewende und zur Förderung des Klimaschutzes in Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2339

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Buchholz. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Wir haben heute zum ersten Mal einen Gesetzentwurf unter der Überschrift Energiewendegesetz für das Land Berlin auf dem Tisch.

[Uwe Doering (LINKE): Oh!]

Das hat sehr lange gedauert. In der letzten Legislaturperiode gab es mehrere Anläufe dazu; die Damen und Herren von der Linken nicken wissend. Es hat nicht ganz geklappt, in der letzten Legislaturperiode. Jetzt haben wir die gemeinsame Chance, es dieses Mal richtig zu machen und ein Klimaschutzgesetz für das Land Berlin zu verabschieden.

Wer im Jahre 2015 den Klimawandel leugnet, der ist nicht von dieser Welt,

[Beifall bei den GRÜNEN – Benedikt Lux (GRÜNE): Sigmar Gabriel! – Zurufe von Martin Delius (PIRATEN) und Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

(Hakan Taş)

denn er hat die Realität nicht begriffen. Das können wir an den Ergebnissen und Verlautbarungen des Weltklimarates ablesen. Wir können es selbst bei den Verlautbarungen der größten Industrienation dieser Welt – G 7, G 8 – sehen, die vor Kurzem auch festgestellt haben: Ja, es gibt einen Klimawandel, und wir müssen aktiv gegensteuern. – Selbst der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche – das wird nicht nur die CDU-Fraktion interessieren – hat eindeutig gesagt: Es reicht nicht, die Menschen zu schützen. Es reicht nicht, die Umwelt zu schützen. Wir müssen auch diesen Planeten davor bewahren, durch Übernutzung und durch falsche Impulse unterzugehen. Das Berliner Energiewendegesetz wird dafür ein sehr kleiner Baustein, für das Bundesland Berlin aber ein sehr wichtiger Baustein bei der Erreichung unserer Klimaschutzziele sein.

Der Gesetzentwurf macht klar, dass wir uns bei der Reduzierung des Treibhausgases verbindliche Ziele setzen wollen, und zwar bis zum Jahr 2020 – gegenüber dem Ursprungsjahr 1990 – von mindestens 40 Prozent beim Treibhausgas-Ausstoß, im Jahr 2030 um 60 Prozent. Im Jahr 2050 wollen wir die klimaneutrale Stadt erreicht haben. Das bedeutet, dass wir mindestens 85 Prozent der Treibhausgase reduzieren wollen. Das ist ein sehr anspruchsvolles Programm, aber es passt in den Kanon dessen, was national und international vorgesehen ist, und es ist auch notwendig.

In einem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm werden wir die konkreten Maßnahmen, die unterhalb dieses Gesetzes liegen, zusammen festlegen. Das passiert auch schon. Senator Geisel hat von seinem Vorgänger Müller die Diskussion mit der Stadtgesellschaft fortgeführt, und zwar darüber, wie die Umsetzung der Klimaschutzziele im Land Berlin verbindlich und vernünftig erfolgen kann.

Die Machbarkeitsstudie „Klimaneutrales Berlin“ hat gezeigt, dass dieses anspruchsvolle Ziel erreichbar ist. Wir sollten zusammen daran arbeiten, das auch zu schaffen, denn auch Berlin erlebt den Klimawandel. Ich weiß, dass das nicht alle so sehen. Die Studie sagt aber, dass wir in Berlin bis zum Jahr 2050 eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um 2,5 Grad erleben. Das hört sich erst einmal nett an – da braucht man nicht so weit in den Süden zu fahren für den Urlaub. Die Realität ist aber eine andere: Wir werden mehr Extremwetterereignisse haben. Wir werden erleben, dass die Sommer wärmer und trockener werden, aber auch, dass, wenn es regnet – wir haben es gerade wieder erlebt –, es aus Kübeln und Eimern regnet. Wir werden erleben, dass die Winter sich verändern. Wir werden länger anhaltende Frostperioden und extreme Niederschläge erleben, die alles mitreißen, wie auch viele Stürme. Auch das haben wir in den letzten Jahren bereits bei uns und woanders erlebt.

Ich möchte Sie dazu animieren, dass wir dieses Energiewendegesetz für das Land Berlin im Fachausschuss schnell beraten, um es noch vor Ablauf dieses Jahres im Parlament verabschieden zu können. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir zusammen mit anderen Bundesländern daran arbeiten, die ihre Verantwortung ebenfalls festgeschrieben haben – das sind die Bundesländer NordrheinWestfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz –, die auch eine Rahmengesetzgebung verabschiedet haben und auf der Ebene darunter, untergesetzlich schauen, dass sie entsprechende Aktionspläne umsetzen.

[Philipp Magalski (PIRATEN): Ja, aber dann noch Massentierhaltung befürworten, da unten! Das verursacht 50 Prozent der Treibhausgase!]

Ich weiß aber nicht, ob die Grünen das auch so sehen. In anderen Bundesländern haben die Grünen genau diesem Modell zugestimmt. Ich hoffe, dass Herr Schäfer gleich sagen wird, dass das auch für das Land Berlin der richtige Weg ist. Wir können diesbezüglich von anderen Bundesländern ein Stück weit lernen, wie es vernünftig umzusetzen ist.

Mit dem Gesetz werden wir für die öffentliche Hand verbindliche Fahrpläne aufstellen, was die Sanierung von öffentlichen Gebäuden angeht. Wir machen eine echte Bestandsaufnahme, wo wir weiter und effizienter Energie sparen können, wo die Verwaltung, mit allem, was sie tut, auch wenn sie einkauft, besser noch als bislang Vorbild sein kann. Sie wissen, wir haben im Berliner Vergabegesetz eine absolut vorbildliche ökologische Richtschnur eingeführt, die einzuhalten ist und angewendet wird.

Wenn wir dieses Gesetz – ich hoffe, wir verabschieden es nachher gemeinsam – für das gesamte Land Berlin mit der Vorbildfunktion für die öffentliche Hand – auch mit den neuen Impulsen für die Bildung und vorschulische Bildung, hin zu mehr Klimaschutz, zu mehr Energieverträglichkeit dessen, was wir als öffentliche Hand tun – einführen, dann, hoffe ich, werden wir dieses Signal sehr stark in die Stadt und das Land und darüber hinaus senden. Ich würde mich freuen, wenn wir das zusammen hinbekommen würden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Schäfer. – Bitte sehr!