Investitionen, die dringend notwendig sind, werden als Sonderprogramme verkauft. Statt bei den Bäder-Betrieben den jetzigen Sanierungsstau kontinuierlich abzubauen, setzten SPD und CDU auf zwei neue Multifunktionsbäder. Da wäre es ja noch besser gewesen, Sie hätten statt in Spaßbäder in die kostenfreie Bildung in den Kinderkrippen investiert, wie Ihr schreibender Exsenator letzte Woche in der Zeitung vorschlug.
Das Thema Krankenhäuser ist schon angesprochen worden. Sie investieren hier 108 Millionen Euro – gut, eine Menge Geld! Der Investitionsstau, das hat mein Kollege Esser schon gesagt, ist aber deutlich größer. Das trifft auch auf Schulen, auf Straßen und viele andere Bereiche zu. Deshalb ist es wichtig, im Haushalt nachvollziehbar und kontinuierlich Investitionsmittel einzustellen. Das findet sich bei Ihnen nicht wieder. Sie beschränken sich auf Zufälligkeiten.
Es bleibt dabei – als Fazit: Was Sie vorgelegt haben, ist ein Katalog von Zufälligkeiten. Transparente und realitätsnähere und vor allem an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Haushaltspolitik sieht anders aus. Diese Chance, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU und auch vom Senat, haben Sie erneut verpasst. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Schmidt! – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Herberg, dem ich hiermit das Wort erteile. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damals, bei der Einbringung des Gesetzes, haben wir Herrn Senator Kollatz-Ahnen schon dafür kritisiert, dass er trotz des von ihm abgegebenen Versprechens die nußbaumsche Politik des unscharfen Haushalts weiterverfolgt und weiterhin von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit entfernt ist. Auch die Beratungen zum Nachtragshaushalt im Hauptausschuss haben an dem Zustand de facto nichts geändert. Die rotschwarze Koalition hat den Nachtragshaushalt quasi ohne größere Anpassungen durchgewinkt und die Linie, die der Senator vorgegeben hat, toleriert. So geht es nicht!
Aber natürlich kann man sich nicht nur auf formale Sachen zurückziehen, da wird wahrscheinlich Herr Schneider – – Wo ist er jetzt gerade wieder hingelaufen? – Ich hoffe nicht, dass du aus dem Saal gehst!
Es ist immer noch die Runde hier! Ich muss dich nachher auch ansprechen, deshalb bleib mal schön hier!
Wir können den Nachtragshaushalt natürlich nicht nur aus formalen Gründen kritisieren, sondern wir als Piraten – aber auch die anderen Oppositionsfraktionen – haben klar gemacht, dass wir ihn auch aus inhaltlichen Gründen an vielen Ecken und Enden ablehnen. Haushaltsklarheit an der Stelle bedeutet, dass SPD und CDU den Antrag hätten ändern müssen, denn: Wir wissen alle, dass die Steuereinnahmen höher liegen werden, wir wissen alle, dass die Zinsausgaben niedriger ausfallen werden – das ist ein Fakt, und wer etwas anderes behauptet, erzählt die Unwahrheit. Wir wissen auch alle, dass zum Beispiel die Mehrausgaben bei Flüchtlingsunterkünften etc. höher sein werden. Das bildet sich in diesem Nachtragshaushalt nicht ab.
Die Opposition hat diese Punkte angesprochen, hat Änderungsanträge eingebracht, um der Koalition und dem Senat entgegenzuwirken und Klarheit herzustellen, damit auch die Bevölkerung, die diesen Haushalt in Zukunft zur Kenntnis nehmen wird, das versteht.
Kollege Herberg, darf ich kurz einmal unterbrechen! – Meine Damen und Herren! Es ist ein Riesengemurmel im Saal. Wer Privatgespräche führen will, möge bitte rausgehen!
Wir Piraten finden es politisch falsch, zur aktuellen Zeit weiterhin Geld in die Schuldentilgung fließen zu lassen, und zwar aus folgenden Gründen: Zurzeit muss man die Gunst der Stunde und das günstige Geld nutzen, das man momentan bekommt – so günstig wie jetzt werden wir es wahrscheinlich auf Jahrzehnte hin nicht mehr bekommen –, um jetzt Investitionen in die Stadt zu tätigen. Die Investitionen sind notwendig. Es ist nicht so, dass es on top noch draufgepackt werden muss, wie immer gesagt wird. Vielmehr gibt es in vielen Bereichen einen Investitionsstau, der eh abgearbeitet werden muss. Wir können es uns nicht leisten, den für ein paar Jahre vor uns herzuschieben und – wenn die Zinsen irgendwann wieder ansteigen – festzustellen: Oh, jetzt haben wir ja auch mehr Zinsausgaben! – Die Schuldentilgung, die wir jetzt vornehmen, hat einen marginalen Einfluss darauf, wie sich unsere Schuldentilgung in Zukunft verhält.
Ob wir 61 Milliarden Euro oder 60 oder 59 Milliarden Euro verzinsen müssen, hat einen minimalen Einfluss. Wenn wir aber 1 Milliarde Euro für einen, drei oder vier Prozent aufnehmen, um Investitionen zu tätigen, macht sich das durchaus bemerkbar. Deshalb gilt, jetzt und nicht erst in der Zukunft zu investieren. Kredite, die wir jetzt verschieben, müssen wir später viel teurer zurückkaufen.
Wir Piraten haben deshalb vorgeschlagen, das jetzt verfügbare günstige Geld den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung zu stellen, damit diese Wohnungen für 6,50 Euro/qm bauen können. Zurzeit können sie das nicht, weil die Wohnungsbauförderung so gestrickt ist, dass die Refinanzierung bei den Wohnungsbaugesellschaften dazu führt, dass sie zum größten Teil nur zu 8,50 Euro/qm bauen können. Das haben die Wohnungsbaugesellschaften im Unterausschuss Beteiligungsmanagement und -controlling ständig wiederholt. Sie können einfach nicht billiger bauen, weil ihnen das Geld, so wie es derzeit zur Verfügung steht, nicht billig genug zur Verfügung gestellt wird.
In Richtung SPD sei gesagt: Das Volksbegehren wird kommen, wenn Sie sich weiterhin so verhalten, wie Sie es aktuell tun. Sie müssen es doch nicht immer darauf hinauslaufen lassen, dass am Ende abgestimmt wird. Man kann sich mit den Initiatoren auch mal zusammensetzen und vielleicht auch einen Kompromiss bilden – wie wäre es denn damit? Sie haben es bei Tempelhof verschlafen, jetzt haben Sie die zweite Chance. Gehen Sie doch mit den Leuten mal zusammen! Für 2016/2017 stehen jetzt wieder Haushaltsberatungen an. Fangen Sie doch damit
an! Bieten Sie wenigstens Gespräche an, andernfalls läuft es darauf hinaus, dass Ihnen die Berlinerinnen und Berliner 2016 Ihre Politik um die Ohren hauen werden. Dann kriegen Sie wieder eine Klatsche, darauf können Sie sich jetzt schon einstellen!
Mit dem Nachtragshaushalt wird vor allem das SIWA verbunden. Darauf stützen sich vor allen Dingen SPD und CDU, das ist auch das, was in der Presse immer wieder verbreitet wird. Der Nachtragshaushalt wird ein bisschen unter den Tisch gekehrt, weil man dort keine großen Änderungen vorgenommen hat. Vielmehr wird immer das SIWA präsentiert. Es sind schon viele Rederunden gehalten worden, die sich inhaltlich damit beschäftigt haben, auch wie das SIWA wirklich – oder auch nicht – finanziert ist. Ich möchte dazu die Aussage von Herrn Schneider aufgreifen, dass jetzt alles dafür getan werden müsse, dass das Geld so schnell wie möglich wirklich verausgabt werde. Bei einigen Projekten, die in der SIWA-Liste enthalten sind, trifft das zu. Nehmen wir uns aber zwei Sachen heraus: zwei Spaßbäder, jeweils 30 Millionen Euro.
54 Monate Mindestzeit – mindestens! Es gibt keine Planungen dazu, gar nichts! Der aktuelle Chef der BäderBetriebe hat ausdrücklich gesagt, dass das Ding in den nächsten fünf Jahren nicht aufmachen wird. Was hat das damit zu tun, dass das Geld schnell verbaut werden soll? Solche Sachen gehören in eine ordentliche Investitionsplanung und in die Haushaltsberatungen für 2016/2017! Das hat in der SIWA-Liste überhaupt nichts zu suchen.
Deshalb haben wir als Piratenfraktion es auch herausgestrichen und gesagt, dass wir das Geld dafür nicht ausgeben.
Stattdessen haben wir gefordert, das Geld für die Schulen auszugeben – wie die Grünen auch. Man kann ihnen natürlich vorwerfen, wie Herr Schneider es gemacht hat, dass es nicht explizit die Schulen waren, die die Bezirke vorgeschlagen hatten. Das ist aber nur eine Ausflucht, denn die Grundaussage bleibt erhalten: Es gab mehr Anmeldungen, als in der SIWA-Liste enthalten waren. Es wurde also mehr Geld benötigt. 60 Millionen Euro stecken in diesen blöden Bädern, die definitiv nicht gebaut werden. Eine richtige politische Entscheidung wäre gewesen, die Bäder von der Liste zu nehmen, sie in die Investitionsplanung zu stecken und die 60 Millionen Euro jetzt freizugeben, mit genau der Maßgabe, Herr Schneider, dass man die Mittel schnell verbaut. Das wäre vernünftig gewesen.
Zu anderen Punkten – wie zum Beispiel dem experimentellen Wohnungsbau oder den zusätzlichen Mittel für Flüchtlingsunterkünfte – haben wir Fragen gestellt. Die Berichte sind, ich nenne es mal, vage, bzw. wir haben keine Ahnung, was experimenteller Wohnungsbau wirklich bedeuten soll. Dass das Geld in diesen Bereichen – also für Wohnungsbau und für Flüchtlingsunterkünfte – sinnvoll verwendet wird, stellen wir nicht infrage. Wir werden Sie aber, auch mit Blick auf die Haushaltsberatungen 2016/2017, nicht vom Haken lassen. Wir wollen ordentlich hinterlegt sehen, wie das Geld – vor allem immer unter der Maßgabe, dass es schnell verausgabt werden soll – dann auch wirklich ausgegeben werden kann. Wir haben uns gestern im Hauptausschuss zur SIWA-Liste enthalten, weil der Großteil der Investitionen, die darin enthalten sind, völlig okay ist. Wenn Sie aber mit einer politischen Maßgabe herangehen und immer wieder betonen, dass das Geld schnell verausgabt werden muss – und dann diese Bäder oder andere Projekte aufnehmen, zu denen Sie überhaupt noch keine konkreten Aussagen treffen können –, sind Sie nicht konsequent. Sie belügen sich an der Stelle einfach selbst. So kann man keine ordentliche und vernünftige Politik machen!
Ich habe noch 60 Sekunden. – Abschließend stelle ich dann fest: Wir könnten uns dieses ganze Trara mit der SIWA-Liste, mit dem Nachtragshaushalt auch sparen, wenn der Senat auf der einen Seite uns ordentliche Doppelhaushalte vorlegen würde und wenn diese Koalition während der Haushaltsberatungen, die fast sechs Monate gehen, ordentliche Einnahmen veranschlagt, ordentliche Ausgaben veranschlagt und eine ordentliche Investitionsplanung aufstellt.
Dann können wir ohne Probleme zwei Jahre lang den Senat regieren lassen, weil es normalerweise keine riesengroßen Änderungen geben dürfte. Aber es ist ja nicht so. Er verschaukelt uns von vorn bis hinten, bzw. die SPD und die CDU lassen es mit sich machen, sie haben ja die Mehrheit. Daher der Appell für den Haushalt 2016/2017 am Ende des Jahres: Geben Sie sich einen Ruck! Veranschlagen Sie ordentliche Zahlen, und hören Sie mit diesen Voodoohaushalten auf! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, und wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/2131-1 abstimmen: Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Frak
tionen Bündnis 90/Die Grünen und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Das ist die Linksfraktion. Dann ist er abgelehnt.
Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen –, das Nachtragshaushaltsgesetz 2015 mit Änderungen sowie den der Vorlage Drucksache 17/2131 beigefügten Entwurf des Nachtragshaushalts von Berlin für das Haushaltsjahr 2015 einschließlich seiner Übersichten mit Änderungen anzunehmen. Wer so entsprechend der Beschlussempfehlung Drucksache 17/2222 beschließen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion. Enthaltungen? – Enthaltungen sehe ich keine. Damit ist das Nachtragshaushaltsgesetz 2015 sowie der beigefügte Nachtragshaushaltsplan 2015 mit den vom Hauptausschuss vorgeschlagenen Änderungen angenommen.