Gut, Vergangenheitsdebatte ist das eine. Zeigen Sie aber bitte wenigstens so viel politisches Format, die Regeln dieses Hauses einzuhalten.
Wir fordern die inhaltliche Debatte unseres Antrages – lassen Sie das Krakeelen, dann können Sie diskutieren! Wir verlangen, dass er abgestimmt wird. Aus diesem Grunde beantragt die Fraktion Die Linke die Rücknahme der Ausschussüberweisung und die Behandlung dieses Antrages im Plenum dieses Hauses.
Die Überweisung an den Kulturausschuss war ein Fehler. Dieser hat sich als unfähig erwiesen, damit umzugehen. Fehler kann man aber korrigieren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Stefan Schlede (CDU): Der Altkommunist spricht!]
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor allem Frau Präsidentin: Ich nehme Ihre Rüge in Kauf. – Herr Brauer: Ich glaube, Sie haben nicht alle Latten am Zaun!
Ich habe noch nie eine derart rechtsmissbräuchliche und wie von einem hüpfenden Rumpelstilzchen dahergiftende Rede in diesem Haus gehört. Sie haben das Haus beschämt, Herr Brauer!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Martin Delius (PIRATEN)]
Nötig hatten Sie das auch nicht, und da komme ich jetzt zum rechtlichen Missbrauch. Wir haben Ihnen gestern den Weg gezeigt, wie so etwas diskret geht, indem wir Ihnen gesagt haben: Stellen Sie diesen Antrag
fragen Sie doch Ihren PGF! –, und dann kriegen Sie den auch auf diese oder die nächste Tagesordnung. – Stattdessen wollten Sie erst einmal Ihre Giftspritze auspacken
So kann ich Ihnen Ihre Peinlichkeit auch nicht ersparen: Wir sind nämlich so schon einmal umgegangen. Ich wollte das hier eigentlich gar nicht sagen, weil ich eigentlich erwartet hatte, dass dieser Antrag kommt, wir dem zustimmen oder uns der Stimme enthalten und wir uns dann in der Sache dazu verhalten können. So jedenfalls sind wir mit Ihrem lächerlichen Antrag zur Transparenz umgegangen, den Sie in 14 Ausschüsse überwiesen haben. Wenn es Ihnen also tatsächlich um eine stringente Behandlung ginge, oder wenn es Ihnen tatsächlich um die Sachfrage ginge, dann hätten Sie sich heute nicht so lächerlich gemacht!
Danke schön! – Wir haben den letzten Tagesordnungspunkt. Er ist, wie immer bei dieser Angelegenheit – er wird ja nicht zum ersten Mal im Hause beraten – ein durchaus auch emotional herausfordernder Punkt. Ich würde aber darum bitten, davon abzusehen, zum Beispiel einer Fraktion in Gänze braune Schatten auf ihrer Fraktionsvergangenheit zu unterstellen oder Ähnliches.
Auch ansonsten möchte ich dazu aufrufen, nichtsdestotrotz insgesamt den allgemein üblichen Tonfall zu bewahren. Damit können wir dann, denke ich, in der Diskussion weiter fortfahren.
Ich glaube auch, Sie verkennen das Signal, das von dieser Verweigerungshaltung ausgeht. In einer Zeit, in der
Fremdenhass, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus wieder gesellschaftsfähig werden, in einer Zeit, in der eine Partei wie die AfD mit rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Inhalten in Landesparlamente einzieht, verweigern sich die Parlamentarier von CDU und SPD im Kulturausschuss dieses Hauses einer Debatte darüber, ob Hindenburg die Ehrenbürgerwürde Berlins aberkannt wird. Sie verweigern die kritische Auseinandersetzung über einen Mann, der nachweislich aktiv zur Zerstörung der Demokratie beigetragen hat, der maßgeblich an der Machtübernahme der Nazis beteiligt war, der den Weg in die nationalsozialistische Diktatur geebnet hat, der die Meinungsfreiheit beschnitten hat und der Terrorgesetze unterzeichnet hat.
Sie verweigern sich dieser Debatte, weil die SPD der Meinung ist, dass Hindenburg eine charismatische Heldengestalt des Ersten Weltkriegs war. So hat es zumindest der Kollege Lubawinski bei der Einbringung des Antrags ausgeführt. Dass Hindenburg als Reichspräsident den Nationalsozialisten die Machtergreifung ermöglicht hat und schon deshalb keine herausragende Persönlichkeit war, die sich um unsere Stadt verdient gemacht hat, wird in der SPD anscheinend nicht reflektiert.
Sie werfen uns auch noch vor, mit der Streichung Hindenburgs von der Ehrenbürgerliste Geschichte ausradieren zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Sie verweigern sich doch der Diskussion um die Person Hindenburgs. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen!
Wie schade, denn dieses Parlament würde ein starkes Zeichen setzen, indem es einen Mann wie Hindenburg von der Ehrenbürgerliste streicht. Dieses Parlament würde damit deutlich machen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben und dass die Täter von damals nicht in Vergessenheit geraten, dass wir es nicht zulassen, dass sich Derartiges wiederholt.
Aber das will allem Anschein nach weder die SPD noch die CDU. Wir erinnern uns: Herr Lehmann-Brauns verstieg sich darin, uns zu erklären, dass der greise Hindenburg in einem verwirrten Zustand und seines ermüdeten Geistes kaum noch mächtig die Machtergreifung Hitlers ermöglicht habe. Aber auch hier müssen wir die Konsequenzen aus der Geschichte ziehen und darüber diskutieren, wie wir zukünftig verhindern, dass alte Männer, die schon gar nicht mehr wissen, was sie tun und wann es Zeit ist abzutreten, in einflussreichen politischen Ämtern verharren.
Ihr Verhalten, meine Damen und Herren von der CDU und SPD, ist ebenso unerträglich wie die Tatsache, dass Hindenburg im Jahr 2015 noch immer auf der Ehrenbürgerliste Berlins steht. Sollten Sie nach wie vor der Meinung sein, dass Sie eine Streichung Hindenburgs von der Ehrenbürgerliste Berlins unangemessen finden, dann haben Sie wenigstens den Mut, das offen zu sagen! Aber beenden Sie Ihre Spielchen und Blockadehaltung, um sich um eine Entscheidung herumzumogeln! Ein derartiges Verhalten ist unwürdig und schadet unserem Haus. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Bangert! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Dr. LehmannBrauns. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, dass ich mich an dieser Aufregung nicht beteiligen kann. Ich sehe das ganz pragmatisch so: Herr Brauer hat sich in der Sprecherrunde nicht durchgesetzt, und da macht er Klamauk und versucht, uns vorzuhalten, dass wir diesem Thema aus dem Weg gingen. – Verehrter Herr Brauer! Verehrte Frau Bangert! Wir denken überhaupt nicht daran, diesem Thema aus dem Weg zu gehen und sind immer zu einer Diskussion bereit – allerdings in einer argumentativen Form und nicht in einer Schauspieler- und Schaustellerhaftigheit, wie Sie, Frau Bangert, sie eben wieder vorgelebt haben.
Es ist eben – ganz pragmatisch – einfach so gewesen, dass Sie sich, Herr Brauer, in der Sprecherrunde mit dem Versuch der Exhumierung eines lange verstorbenen Politikers nicht durchgesetzt haben, weil andere Themen im Kulturausschuss dringender, wichtiger schienen. Das ist der Grund. Irgendwann wird es zur Diskussion kommen. Ich kann Ihnen nur versichern: Meine Partei, meine Fraktion steht dafür jederzeit zur Verfügung. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (LINKE): Aber eine Geschäftsordnung gibt es noch in diesem Haus, oder wie?]
Vielen Dank, Herr Dr. Lehmann-Brauns! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Magalski. – Bitte!