Wir haben – das wissen Sie auch, das ist alles schriftlich fixiert – von Anfang an gesagt: Ja, die Berlinerinnen und Berliner sollten über eine solche Bewerbung mitentscheiden; wir sind bereit, mit der Koalition einen gemeinsamen Weg zu gehen. Und das ist nicht etwa gescheitert, weil Gespräche stattgefunden hätten und geplatzt wären. Noch mal zur Erinnerung: Das ist gescheitert, weil Sie das erste Gespräch schon kurz vorher abgesagt haben. Sie hatten einfach keine Lust, mit uns darüber zu reden.
Und jetzt machen Sie diesen Alleingang hier, der absolut unzureichend ist. Es war von Anfang an klar, dass Sie mit uns darüber reden müssen, um das vernünftig zu tun.
Was wollen Sie mit der Senatsvorlage? Es soll angeblich darum gehen, dass die Berliner Bevölkerung über Olympia entscheidet. In die Mikrofone sagen Sie: Ja, die Berlinerinnen und Berliner, die sollen entscheiden, und wir halten uns natürlich daran, und das bindet uns auch. Wenn man sich anguckt, was auf dem Papier steht, steht da interessanterweise das genaue Gegenteil. Da steht, das ist unverbindlich, das bindet niemanden. In der Begründung steht, es geht darum, ein unverbindliches Meinungsbild abzufragen. Das wird dann noch verglichen mit den Sachverständigenanhörungen in den Ausschüssen hier.
Ganz interessant. Warum gehen Sie diesen komischen doppelten Weg? Weil Sie wissen, dass es verbindlich nicht geht, ohne die Verfassung zu ändern.
Wer verbindliche Entscheidungen treffen kann und wann die aus der Bevölkerung getroffen werden, ist in der Verfassung klar geregelt und muss auch in der Verfassung geregelt sein. Sie wollen hier an der Verfassung herum
taktieren. Es ist auch alles andere als klar, ob dieser Doppelweg überhaupt so zulässig ist. Das wird man dann diskutieren müssen. Auf jeden Fall ist er falsch, und es ist schlicht einfach Ihrer Unlust geschuldet, mit uns über das Thema überhaupt zu diskutieren.
Und wenn Sie tatsächlich nur ein unverbindliches Meinungsbild unter den Berlinerinnen und Berlinern erheben wollen, stellt sich die Frage, warum Sie dann nicht einfach auf das bewährte Instrument der repräsentativen Umfrage zurückgreifen. Na ja, macht halt nicht so viel her, da haben nicht so viele Leute das Gefühl, dass sie sich beteiligen können. Vielleicht stört es Sie ja auch, dass bei einer repräsentativen Umfrage möglicherweise auch nichtdeutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger beteiligt sein könnten.
Und in der Tat – darauf muss auch noch mal eingegangen werden: Dass Sie, wenn Sie es schon komplett unverbindlich machen, diesen Ausschluss vornehmen, ist noch mal eine besonders kleingeistige Schäbigkeit. Aber, na ja!
Ja, bei Sachverständigenanhörungen: Da kann man ja mal gucken, ob die CDU demnächst auch darauf achtet, ob die alle einen deutschen Pass haben.
[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Heiterkeit bei den PIRATEN und der LINKEN – Sven Rissmann (CDU): Wie lustig! – Martin Delius (PIRATEN): Eigentlich nicht!]
Dass Sie keine Ausrede haben, hier so etwas Kurzgedachtes vorzulegen, zeigt sich ganz einfach an dem von uns vorgelegten Alternativvorschlag zur Verfassungsänderung, den wir jetzt in der kurzen Zeit noch erarbeiten mussten und auch erarbeitet haben. Mit diesem Vorschlag ist es möglich, erstens eine verbindliche Befragung der Berlinerinnen und Berliner durchzuführen und das – zweitens – in Zukunft auch zu anderen Anlässen als Olympia zu tun, denn es ist ja nicht so, dass die Berlinerinnen und Berliner nur bei Olympia mitentscheiden wollen und sollen.
Herr Kollege! Ich habe nur eine Frage: Gibt es in den nächsten Minuten Ihrer Redezeit noch eine Position in der vierten Rederunde, die wir zum Thema Olympia haben, wie die Piraten – die Fraktion, die Partei wie auch immer – zum Thema der Ausrichtung Olympischer Spiele in Berlin steht?
[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Unruhe]
Herr Buchner! Setzen Sie doch mal den Olympiaausschuss ein, den wir zusammen beschlossen haben, und melden Sie dann einen Besprechungspunkt an! Da kann man dann in beliebiger Länge darüber reden.
[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Martin Delius (PIRATEN): Bravo! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das war aber jetzt unfair!]
Drittens: Unser Vorschlag sieht eine tatsächliche Mitbestimmung der Berlinerinnen und Berliner vor und nicht nur eine Befragung von oben herab, mit vorgegebenem Zeitpunkt und vorgegebener Fragestellung.
Und viertens: Unser Vorschlag ermöglicht es – da ist dann ein bisschen guter Wille von der Koalition vorausgesetzt –, zum gleichen Termin, den Sie gesetzt haben bzw. den der DOSB implizit setzt, im September eine solche Befragung stattfinden zu lassen.
[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Martin Delius (PIRATEN): Wunderbar! – Christopher Lauer (PIRATEN): Bravo!]
Was bedeutet das im Einzelnen? – Unser Entwurf sieht vor: Es gibt Volksbefragungen. Dann allerdings muss
auch klar sein, unter welchen Bedingungen das geschieht. Ein solches Instrument einer Befragung von oben herab, wo von oben entschieden wird, wann, worüber und mit welcher Fragestellung abgestimmt wird, hat ein nicht unerhebliches Missbrauchspotenzial. Darauf ist schon hingewiesen worden. Deshalb setzen wir die hohe Hürde einer breiten Mehrheit im Parlament, um eine solche Befragung stattfinden zu lassen.
Ich hatte übrigens auch die Koalition, wenn man mal darüber geredet hat, immer so verstanden, dass sie sich darüber im Klaren ist, dass man da gewisse Hürden setzen muss. Das scheint jetzt aber bei Ihrem Entwurf oder beim Senatsentwurf vergessen worden zu sein, denn da, wenn ich es richtig verstehe, wollen Sie es ja jetzt mit einer einfachen Mehrheit durchbringen, womit Sie auch einen interessanten Präzedenzfall schaffen, sodass Sie in Zukunft immer mit einfacher Mehrheit, wann immer es Ihnen passt, solche Befragungen ansetzen können. Das finde ich bemerkenswert.
Zudem geht es um die Mitbestimmung, denn ein solches Instrument der Volksbefragung von oben ist kein Instrument der direkten Demokratie im klassischen Sinne. Das bedeutet, man muss dazu auch ein direktdemokratisches Gegengewicht zulassen. Das heißt in dem Fall: Es muss möglich sein, Alternativen dazu vorzuschlagen, und – das ist der zweite große Punkt unseres Vorschlags – es muss dann, wenn das Abgeordnetenhaus Abstimmungen über Entscheidungen des Abgeordnetenhauses ansetzen kann, auch möglich sein, dass die Berlinerinnen und Berliner solche Entscheidungen des Abgeordnetenhauses zur Abstimmung stellen. Das führen wir ein – mit dem Einspruchsreferendum.
Daneben kommen noch einige weitere Verbesserungen hinzu, nämlich eine Absenkung des Zugangs und eine Verbesserung des Verfahrens bei anderen direktdemokratischen Instrumenten, wo wir auch einige wichtige Lehren aus dem Tempelhofer-Feld-Volksentscheid ziehen. Ich würde mir auch immer noch wünschen, liebe Koalition, dass Sie diesen Vorschlag mit uns konstruktiv diskutieren.
Wir haben wieder die Situation, dass hier einerseits Rechtspolitiker und andererseits Sportpolitiker bzw. Sportpolitikerinnen reden. Es ist ja richtig, dass die Fragestellung – also nicht die Anträge, aber die Aktuelle Stunde mit dem Thema Olympiabewerbung allgemein – auch eine sportpolitische Dimension hat. Deshalb ist es auch nicht verkehrt, dass hier Sportpolitiker reden. Es ist aber bemerkenswert, dass dann, wenn wir hier eine
umfangreiche Verfassungsänderung vorlegen, in dem einen der beiden Redebeiträge der Koalition überhaupt nicht auf den Inhalt dieser Verfassungsänderung eingegangen wird
und in dem anderen nur mit zwei Punkten in einem Nebensatz darauf eingegangen wird, wobei der eine schon zeigt, dass der Entwurf gar nicht verständig gelesen worden ist.
[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Heiterkeit bei den PIRATEN]
Wenn Sie sich an dieser Stelle eine sportpolitische Debatte wünschen, dann sorgen Sie dafür, dass es etwas zu debattieren gibt! Sorgen Sie insbesondere dafür, dass es etwas Neues zu debattieren gibt!
[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Heiterkeit bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]
Die letzte Rederunde zu diesem Thema, wo hier die Sportpolitiker geredet haben, ist noch nicht lange her. Seitdem ist nichts passiert. Der Senat hat eine Werbekampagne vorgestellt.
Und alles, was Sie hier sportpolitisch erzählt haben, ist nichts anderes als das. Sie haben aus einer Werbebroschüre vorgelesen, oder Sie haben eine Werbebroschüre diktiert. Ich weiß nicht, ob Herr Henkel mitgeschrieben hat.
[Heiterkeit bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Christopher Lauer (PIRATEN): Der hat dafür keine Zeit!]