Protocol of the Session on November 27, 2014

[Allgemeiner Beifall]

Ich möchte nicht in die Gefahr kommen, die dreizehneinhalb Jahre hier mit einer politischen Leistungsbilanz zu versehen.

[Oh! von den GRÜNEN – Martin Delius (PIRATEN): Danke!]

Nicht? – Das können andere machen und bewerten, möchte aber noch einmal deutlich machen, dass diese Stadt eine ganz besondere Stadt ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Dies haben wir gerade wieder gemerkt. Am 9. November dieses Jahres – 25 Jahre friedliche Revolution und Mauerfall – ist es gelungen, dieses Jubiläum in einer wunderbaren, einzigartigen Form zu begehen. Das war auch ganz anders als beim zwanzigjährigen Jubiläum. Man hat es über die drei Tage gemerkt, man hat es davor gemerkt, wie Institutionen und Organisationen dieses Datum positiv angenommen haben, wie es einerseits dazu da war, den Opfern ein würdiges Andenken zu bewahren, daran zu erinnern, was Diktatur im ehemaligen Ostteil der Stadt, in der DDR bedeutete, wie glücklich wir am 9. November waren, dass die Mauer gefallen ist, aber eben auch, wie viele Schicksale negativ beeinflusst worden sind durch die Verhältnisse in der ehemaligen DDR, wie diese Stadt gebeutelt worden ist durch diese widernatürliche Teilung. Dies ist ein Anlass an sich.

Aber wir haben von Anfang an immer gesagt, wir wollen es auch nutzen, um weltweit deutlich zu machen, wie sich diese Stadt in den 25 Jahren entwickelt hat. Diese Stadt hat sich bei allen Schwierigkeiten, die auch heute noch da sind, in einer rasanten Art und Weise positiv entwickelt. Das ist die Leistung aller, die hier in Berlin dazu ihren Beitrag geleistet haben, der Bürgerinnen und Bürger und selbstverständlich auch dieses Hauses und des Senats von Berlin. Darauf können wir auch gemeinsam stolz sein.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Diese Stadt verändert sich, und Gott sei Dank! Heute sind die Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht worden. Die Arbeitslosenquote ist wieder um 0,3 Prozent zurückgegangen. Sie ist immer noch sehr hoch. Und es ist auch kein Trost, dass jetzt Bremen hinter uns ist und wir mit Mecklenburg-Vorpommern auf dem vorletzten Platz zusammen sitzen, aber 10,4 Prozent – wir hatten einmal Zeiten, wo wir bei fast 20 Prozent waren.

Diese Zahl sagt nicht nur aus, dass viel mehr Menschen wieder die Chance haben, einen Arbeitsplatz in dieser

Stadt zu bekommen, sondern auch, dass Maßnahmen gegriffen haben, dass ökonomische Entwicklungen passiert sind, die mit den anderen wirtschaftspolitischen Eckdaten beweisen – nicht nur immer Behauptungen sind, sondern mit Fakten belegen –, dass sich diese Stadt ökonomisch weiterentwickelt hat. Dies ist gut für die Berliner Wirtschaft. Das ist aber vor allen Dingen gut für die Menschen, die in dieser Stadt sind, die wieder eine Chance haben, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Dies ist eine so wunderbare Entwicklung, die viele nicht geglaubt haben. Daran muss man weiter arbeiten. Das sind Chancen für diese Stadt. Deshalb kommen immer mehr Menschen in diese Stadt, weil sie auch ökonomisch eine Perspektive für sich selber sehen und dann hier ihren Arbeitsplatz finden.

Diese Stadt ist eine Stadt im Wandel, ist eine wachsende Stadt. Dies ist keine Bedrohung, sondern es ist eine Herausforderung, eine positive Herausforderung. Ja, ich freue mich darüber, dass diese Stadt wächst. Die Stadt hat Potenziale. Wir wissen alle, wenn es nicht den Zweiten Weltkrieg gegeben hätte, wenn es nicht diese Teilung der Stadt gegeben hätte, dann wäre diese Region mindestens so groß wie die Metropolenregionen in London, in Paris, auf der ganzen Welt. Wir wären bestimmt im Bereich von 8 bis 10 Millionen Einwohnern in dem Ballungsraum hier, nicht nur in Berlin, sondern auch an den Rändern, und hätten hier ganz andere Chancen gehabt. Jetzt sind wir wieder bei 3,5 Millionen Einwohnern. Wenn da 50 000 pro Jahr dazukommen, dann ist das nicht so, dass das diese Stadt nicht verkraften kann, aber man muss es auch wollen. Und man muss die Voraussetzungen schaffen, dass diese Chance tatsächlich ergriffen wird, dass der Wandel dieser Stadt nicht als Bedrohung empfunden wird, sondern eben, wie gesagt, als Herausforderung. Dies muss man positiv gestalten und nicht sagen: wieder Käseglocke auf diese Stadt, alles, was neu dazu kommt, am liebsten abhalten oder noch vertreiben. Dies kann keine Politik für die wachsende Stadt Berlin sein.

[Beifall bei der SPD, der CDU und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir haben die Chance, dies auch sozialverträglich zu gestalten, anders als andere Städte, die fertig sind, die keinen Raum mehr haben. Dort hat es diesen Verdrängungsprozess in den letzten Jahrzehnten schon gegeben. Dies wollen wir nicht. Wir wollen nicht, dass die Innenstadt nur etwas für die Reichen ist. Wir wollen, dass eine soziale Mischung erhalten bleiben kann. Wir wissen alle miteinander, dass in unserem Gesellschaftssystem, mit unseren gesetzlichen Möglichkeiten nicht einfach Senat und Abgeordnetenhaus hier per Knopfdruck beschließen können, jetzt machen wir das mal alles so, dann läuft das so. Nein, da gibt es Grenzen.

Aber der Senat und das Abgeordnetenhaus haben die Chance, durch eine aktive Wohnungsbaupolitik mit den

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

eigenen Gesellschaften und der Zusammenarbeit mit den Genossenschaften ein Korrektiv zu bieten und selbstverständlich Wohnungsbau anzuregen, vor allen Dingen bezahlbaren Wohnungsbau für die Menschen in dieser Stadt, die an dem Einkommenszuwachs, den es ja auch Gott sei Dank in dieser Stadt gibt, nicht teilhaben. Das ist die Rentnerin, und das ist die Verkäuferin, die ein kleineres Einkommen hat und dementsprechend nicht die Mietsteigerung mitmachen oder sich eine teure Wohnung leisten kann. Dafür müssen wir Sorge tragen, für die soziale Gerechtigkeit in dieser Stadt. Und das wird eine zunehmende Aufgabe sein bei der wachsenden Stadt und bei dem ökonomischen Fortschritt, den es auch in den nächsten Jahren geben wird, hier ein Korrektiv und tatsächlich eine Stadt für alle zu schaffen. Das wird eine der großen Herausforderungen sein. Sie sind aber positiv zu begleiten, und sie sind zu gestalten. Da bin ich ganz optimistisch. Ich hoffe, dass damit dann erreicht wird, dass wir ein anderes Beispiel zeigen, wie sich eine internationale Metropole gestalten kann.

Wenn wir dieses Wachstum gestalten wollen, dann müssen wir eine Grundvoraussetzung schaffen – neben allen harten Themen, die heute hier auch in der Bildungspolitik oder anderen Bereichen diskutiert worden sind. Das ist mein Appell an alle. Wir haben in den entscheidenden Fragen, wie ich finde, auch in den letzten Jahren in diesem Parlament Gott sei Dank Signale gesetzt. Dieses Parlament hat heute wieder eine gemeinsame Resolution verabschiedet, dass wir ein Klima in dieser Stadt erhalten, wo es schon da ist, es verbessern, wo es noch nicht ganz so gut ist, oder schaffen – ein Klima der inneren Liberalität, einer Freiheit, einer Offenheit für die Bürgerinnen und Bürger, wo sich diese Stadt der Vielfalt widerspiegelt. Und es ist eine Stadt der Vielfalt. Wir können rausgehen aus diesem Haus, und wir werden feststellen, wie international diese Stadt mittlerweile geworden ist, wie Menschen aus unterschiedlichen Länder hierher gekommen sind, sich hier integriert haben, hier temporär oder auf Dauer leben, wie sich diese Stadt entwickelt hat und tatsächlich diese Vielfalt widerspiegelt, wie viele unterschiedliche Religionen da sind – ich freue mich immer, wenn der Dialog der Religionen gemacht wird, wie viele unterschiedliche Menschen sich in unterschiedlichen Religionsgemeinschaften zusammenfinden –, wie Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft hier zusammenkommen und sich Menschen unterschiedlicher Lebensweise hier wie selbstverständlich wohlfühlen.

Aber wir wissen auch, dass es immer wieder Menschen gibt, die das nicht akzeptieren wollen, die diskriminieren, und zwar in jeder Form. Deshalb ist es richtig, dass eine demokratische Gesellschaft wehrhaft ist, dass sie Gesicht zeigt, wo so etwas passiert. Es muss nicht immer erst zum großen Gewaltakt kommen, sondern es fängt im Kleinen an. Das ist etwas, was diese Stadt hinbekommen muss. Dafür steht Berlin. Das ist ein Vorteil für diese Stadt, wenn wir es schaffen, gemeinsam dieses offene Kima zu

schaffen, dass die Menschen sich hier wohlfühlen. Wenn das nicht passiert, dann werden sie weggehen. Sie werden nicht kommen, und das können und wollen wir uns nicht leisten. Wir stehen für diese innere Liberalität gemeinsam.

[Allgemeiner Beifall]

Und das bedeutet, Rechtsextremismus schon an den Wurzeln zu bekämpfen. Deshalb trete ich nach wie vor – und fast alle oder alle mit mir gemeinsam – für das Verbot der NPD ein – nicht, weil wir denken, dass dann das Gedankengut weg ist, sondern weil es nach wie vor unerträglich ist, sich diese absurden und menschenverachtenden Plakate anzuschauen und mit Steuergeldern die Strukturen zu unterstützen. Dies muss endlich einmal in einer wehrhalfen Demokratie auch ein Ende haben.

[Allgemeiner Beifall]

Selbstverständlich darf man nicht blind sein, weil man sich dann immer sehr schön gegeneinander positionieren kann. Jede Form von Linksextremismus oder einfach nur Gewaltausübung ohne politischen Hintergrund im Namen von irgendwelchen vermeintlichen Parolen müssen konsequent bekämpft werden, weil auch das schädlich für diese offene Atmosphäre in dieser Stadt ist. Deshalb ist es kein Gegensatz. Man muss beides tun, und man kann auch beides tun.

[Allgemeiner Beifall]

Ich bin außerordentlich zufrieden damit, dass diese Stadt es auch geschafft hat, ihre wechselvolle Geschichte mit einer hervorragenden Erinnerungskultur zu begleiten, nicht wegzuschauen, nicht zu vergessen, sondern zu erinnern. Auch das ist etwas, das Jahrzehnte gedauert hat. Die Aufarbeitung der Nazi-Diktatur hat Generationen gedauert. Es ist auch kein großes Geheimnis, dass die Aufarbeitung der DDR-Zeit auch noch Zeit in Anspruch nehmen wird und man sicherlich in zehn Jahren ganz anders bestimmte Sachverhalte diskutieren kann und betrachten wird, als das heute der Fall ist. Aber es muss geleistet werden, und zwar, weil wir es den Opfern schuldig sind, aber auch, weil wir für zukünftige Generationen, die Gott sei Dank das Glück haben, in der Demokratie groß zu werden, auch die Gefahren deutlich machen müssen, die in jeder Gesellschaft vorhanden sind, und dass Demokratie nicht auf ewig sein muss, sondern täglich gelebt und erarbeitet werden muss. Deshalb ist diese Erinnerungskultur so unendlich wichtig.

Ich freue mich darüber, dass die Einrichtungen – ob das in Hohenschönhausen, in der Bernauer Straße, das Holocaustmahnmal oder das Jüdische Museum ist – Besucherrekorde bekommen. Es wird akzeptiert. Viele kommen aus Argentinien, Korea oder aus sonstigen Regionen hier in die Stadt, um sich diese Konzepte anzuschauen. Auch das ist ein riesiges Verdienst von Menschen, die hier diese aktive Erinnerungsarbeit tragen. Und es sind nicht nur Institutionen, die hauptamtlich daran arbeiten, sondern viele Bürgerinnen und Bürger zeigen ein aktives

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich. Das trägt Früchte und ist eine Grundlage für unsere gemeinsame Zukunft.

[Allgemeiner Beifall]

Da alle auch nach Hause wollen, möchte ich nur noch einmal Danke sagen. Man hat mir in den dreizehneinhalb Jahren eigentlich ein Wort ausgetrieben, das Wort Spaß. Ich habe dann immer mal Freude gesagt. Ich habe immer dann das Wort Spaß durch Freude ersetzt, aber heute hier im Parlament sage ich: Es hat mir Spaß gemacht, und ich bedanke mich bei allen, die das mit mir gemeinsam so erlebt haben oder die es ertragen haben. Viel Erfolg! Alles Gute! Berlin soll eine blühende Metropole bleiben und noch besser werden. Daran haben wir alle gearbeitet. Sie werden jetzt weiter daran arbeiten. Sobald ich das außerhalb des Parlaments und der Regierung machen kann, werde ich das auch weiterhin unterstützen. – Vielen Dank!

[Anhaltender Beifall im Stehen bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den PIRATEN – Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Kollegin Pop, Sie haben das Wort. – Bitte schön!

[Martin Delius (PIRATEN): Viel Spaß!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Regierender Bürgermeister! So viel Begeisterung in diesem Saal nach einer Regierungserklärung war selten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wenn man geht, ist es halt immer am schönsten. Nicht wahr? Für die eine oder andere Seite!

[Allgemeine Heiterkeit]

Die Abschiedstournee hat jetzt auch das Abgeordnetenhaus erreicht. Sie haben ja noch zwei weitere Wochen in der Stadt vor sich. Das ist unsere letzte gemeinsame Sitzung hier im Haus, weil Sie uns dann verlassen und auch nicht als Abgeordneter dem Haus angehören.

Ich möchte mit einem Rückblick anfangen. Sie mögen mir verzeihen, dass wir den Länderfinanzausgleich vielleicht heute nicht so intensiv behandeln. Das werden wir sicherlich in den nächsten Wochen und Monaten noch zur Genüge hier tun. Ich möchte mit einem Rückblick auf die Zweitausenderjahre anfangen – ich weiß gar nicht, wie man sie nennt, Nullerjahre oder Zweitausenderjahre –, als sie anfing, die dann doch sehr rasante Veränderung, Be

wegung, Dynamik, das Wachstum hier in unserer Stadt. All das, was man nach der Wiedervereinigung in den Neunzigern sich erhoffte an Wachstum und auch herbeiredete, woran sich die große Koalition Ende der Neunzigerjahre verhob und Katzenjammer und den Kollaps der Bankgesellschaft als Sinnbild für überzogene Erwartungen hinterließ. Das alles, die Dynamik, die Hauptstadt, das Metropolewerden unserer Stadt, zündete dann doch, aber erst zehn Jahre später, in den Jahren nach 2000. Und das waren die Wowereit-Jahre. Ob Berlins Aufstieg zur Weltstadt, zur Metropole, zur Hauptstadt, zum Place to be, wie Sie es ja immer nennen, ungeachtet der Politik tatsächlich stattgefunden hätte, ob Klaus Wowereit der richtige Mann zur richtigen Zeit gewesen ist oder ob er doch maßgeblich die Weichenstellungen auch dazu gelegt hat, die politische Gestaltung übernommen hat, dass Berlin das geworden ist, was es heute ist, das mögen die Historiker irgendwann beurteilen. Und vermutlich wird das wie immer im Leben sein, dass es etwas von beidem gewesen ist.

Sie haben in diesen Jahren wie kein anderer für Berlins Dynamik, für den Wandel hier in der Stadt gestanden, für das offene, neue, moderne Gesicht Berlins, beispielhaft dafür natürlich auch in der Kulturpolitik, über viele Jahre. Und ein Thema – das haben wir auch heute wieder mitbekommen – zog sich über all die Jahre als Motto auch durch: das Einstehen für die Vielfalt hier in der Stadt, für die Liberalität, die Weltoffenheit Berlins, das, was unsere Stadt auch zum Anziehungspunkt und Sehnsuchtsort für viele Menschen aus der ganzen Welt macht. Das ist eines der gelebten politischen Themen Klaus Wowereits. Das hat man heute auch wieder gemerkt, genauso wie die historische Verantwortung, die in unserer Stadt an jeder Ecke bis heute spürbar ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der LINKEN und den PIRATEN]

Die Haushaltskonsolidierung – manche erinnern sich kaum noch daran – war über lange Jahre aber das beherrschende Thema mit Klaus Wowereits angekündigtem Mentalitätswechsel. Sparen, bis es quietscht, hieß es bei Klaus Wowereit, und es hat gequietscht, und es hat wehgetan, und nicht jede Kürzungsentscheidung war richtig und erst recht nicht schön. Aus der Opposition heraus haben wir aber dann doch die großen Brocken – Abbau der Wohnungsbauförderung, Solidarpakt im öffentlichen Dienst – mitgetragen. Das ist auch Verantwortung.

Doch vor allem in den letzten Jahren hat sich dann – mit Verlaub – der Eindruck verstärkt, dass nach der Phase der Haushaltskonsolidierung Klaus Wowereit keine allzu großen politischen Ideen und keinen großen politischen Schwung mehr hatte. Oder anders gesagt: Den neuen Herausforderungen unserer Stadt, die auf Antworten und politische Gestaltung warteten, begegnete Klaus Wowereit eher mit einem gewissen Desinteresse, was man auch leidvoll gemerkt hat. Das Wohnungsthema war lange kein Thema, und dann gab es sogar noch einmal Jubel

(Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit)

dafür. Klaus Wowereit sagte, es sei doch ein gutes Zeichen für die Stadt. Wir wissen inzwischen alle, dass es mindestens ambivalent ist, wenn nicht gar auch schwierig mit der Entwicklung des Wohnungsmarktes.

Vielleicht wäre sogar diese Legislaturperiode irgendwie lustlos zu Ende verwaltet worden, wenn dann nicht im Mai 2012 die Eröffnung des Flughafens geplatzt wäre. Ich glaube, dass das der Anfang vom Ende gewesen ist, der große Schaden am Macher-Image, am Mentalitätswechsel-Image und auch am Infrastruktur-Image Klaus Wowereits gewesen ist. Das Misstrauensvotum, wo die Koalition dann noch gestanden hat, Anfang 2013, nichtsdestotrotz kann man sagen: „Von da an ging’s bergab“, um hier mal einen berühmten Schlager zu zitieren. Die Hiobsbotschaften vom BER nahmen kein Ende, und auch die Regierungserfolge wollten sich nicht so richtig einstellen.

Man hatte den Eindruck, dass der Berlin-Versteher aus dem Wahlkampf zusehends zu einem granteligen BerlinBelehrer wurde, wie in der Tempelhof-Debatte, wo mit Beharren auf dem ZLB-Neubau als Wowereit-Gedenkbibliothek Kopfschütteln in der Stadt provoziert wurde. Das gepflegte Stilelement des Regierens – muss man schon sagen – über all die Jahre war meistens zwischen Hybris und Wurstigkeit, letzteres immer mehr in letzter Zeit.

[Zurufe von der SPD]

Es ist viel liegengeblieben. Sie haben gerade die Themen angesprochen: der BER sicherlich als schwerstes Erbe für den Nachfolger Michael Müller. Natürlich ist es – angetreten mit dem Mentalitätswechsel 2001 – auch Ironie der Geschichte und auch eine gewisse Tragik, dass nun eben die Kostenexplosion, das Missmanagement und die Schlamperei am BER Ihren Abgang dann heute so bestimmen.