Protocol of the Session on October 16, 2014

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Man sollte sich allerdings auch nicht von diesem ganzen absurden Theater ablenken lassen, nicht ablenken lassen von der zentralen Frage, die eigentlich lautet: Welche energiepolitische Strategie- und Zielsetzung hat dieser Senat, hat diese Koalition eigentlich? Ich sage Ihnen: Sie haben keine. Sie sind blank. Nehmen wir einmal Ihren Umgang mit dem Volksentscheid Energie. Zuerst gab es die Termintrickserei, dann die Sturzgeburt, das Feigenblatt oder das Bonsai-Stadtwerk – oder wie man es auch immer nennen möchte –, und das Ganze nur, um dem Volksentscheid das Wasser abzugraben. Dieser Umgang mit dem Volksentscheid und mit direkter Demokratie war schlichtweg beschämend.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

Das alles ist geschehen, weil sich SPD und CDU nicht auf eine gemeinsame Energiepolitik einigen können. Wir entlassen Sie hier aber nicht aus der Verantwortung, dass Sie sowohl eine energiepolitische Strategie für die Energienetze vorlegen wie auch ein solides Finanzierungskonzept. Beides liegt bis heute nicht vor. Stattdessen droht jetzt mit der Art und Weise, wie Sie sich bei der Gasnetzvergabe verhalten und verstrickt haben, dass die Stromnetzvergabe für das Land Berlin für Berlin-Energie auch verpatzt ist. Sie wollten alles besser wissen, besser

als die Gerichte. Die Fragen der Opposition wollten Sie erst recht nicht zulassen.

Deswegen ist der Antrag der Linksfraktion auch richtig. Als die Koalition nämlich im März den 2. Vergabebrief Strom durch das Parlament stimmte, war nicht nur das BGH-Urteil zur Transparenz der Unterkriterien bekannt. Die Urteilsbegründung lag auch schon auf dem Tisch. Sie aber sind nach dem Motto vorgegangen: Augen zu und durch. Hätte man diesen 2. Vergabebrief Strom im März bereits vertagt und alle rechtlichen Fragen geklärt, hätten Sie sich wiederum damit beim Gasnetzverfahren selbst dementieren müssen, was zu dem Zeitpunkt kurz vor dem Abschluss stand. So schlitterten Sie ungebremst in das Chaos, das wir nun zu besichtigen haben.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Natürlich ist die Rechtslage nicht einfach, das Energiewirtschaftsgesetz hinreichend unkonkret und damit Tür und Tor offen für rechtliche Auseinandersetzungen. Aber das alles ist wahrlich nichts Neues. Wir sagen, dass ein transparentes Verfahren die Stolperfallen aufgedeckt hätte. Transparenz hätte dazu beigetragen, dass das Chaos gar nicht erst entsteht. Wir können nur sagen: Kehren Sie zurück zur Sachpolitik! Es liegen Anträge auf dem Tisch. Klären Sie Ihre Differenzen in der Sache, anstatt ständig „Befangenheit“ die einen, „juristische Bedenken“ die anderen zu rufen! Doch offensichtlich sind Sie in dieser Koalition nicht mehr in der Lage, wesentliche politische Fragen miteinander zu klären.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Eines kann ich Ihnen zum Schluss nur sagen: Das Kartellamt, das Landgericht, sie alle werden über die rechtlichen Fragen des Verfahrens Entscheidungen treffen. Die zentralen politischen Fragen, welche Energiepolitik das Land Berlin machen will, welche klimapolitischen Ziele das Land Berlin hat und wie es diese eigentlich erreichen will, wird kein Gericht der Welt für Sie lösen können. Dafür sind Sie in der Bringschuld. Hierfür haben Sie noch nichts geleistet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Pop! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Stroedter. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Pop! Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einmal eine Rede halten, die nicht eine so kleine Münze hat wie diese wieder. Sie haben uns wieder alles das gesagt, was nicht geht. Schauen Sie auf Ihren eigenen Parteitag! Erläutern Sie einmal dem Parlament, was Sie

(Ramona Pop)

auf Ihrem Parteitag zum Thema Gasnetz beschlossen haben! Das hat niemand verstanden. Es ist der übliche Formelkompromiss. Sie sind dafür, sind aber letztlich doch wieder dagegen. Deshalb seid Ihr auch leider nicht regierungsfähig, solange sich das nicht ändert.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Sie hatten selbst Herrn Schäfer bei dem Kongress dabei gehabt. Er durfte heute leider nicht reden, weil Sie das selbst machen wollten. Wenn Sie Herrn Schäfer da hatten, wird er Ihnen gesagt haben, dass alle Experten auf dem Kongress, den die Finanzverwaltung dort veranstaltet hat, gesagt haben, dass mehr Rechtsklarheit für die Konzessionsvergabe für die Energienetze benötigt wird. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, zügig mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Die aktuelle Rechtslage ist unzureichend und sorgt für große Unsicherheit bei allen Beteiligten, bei den vergebenden Kommunen, bei den Bewerbern um die Energiekonzessionen und bei den betroffenen Beschäftigten, wie wir am Montag in der Anhörung feststellen konnten.

Nicht die Aufsichtsbehörden, Frau Pop, und auch nicht die Gerichte, sondern der Gesetzgeber muss die konkreten Spielregeln für eine transparente und rechtssichere Konzessionsvergabe festlegen. Hierzu begrüßen wir als SPD ausdrücklich die Initiative des Deutschen Städtetages und anderer kommunaler Spitzenverbände zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts. Dazu gehören Regelungen, wie das Vergabeverfahren zu regeln ist, insbesondere welche Daten der Altinhaber zur Verfügung stellen muss. Da muss die Frage der Bewertungskriterien gestaltet werden sowie der Netzübergang, der im Anschluss an die Vergabeentscheidung geregelt werden muss. Auch der muss klarer geregelt werden. Dies gilt auch für die Vergütung. Das sind alles Dinge, die im Augenblick offen bleiben.

Aus unserer Sicht ist es richtig – –

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Das legen wir nicht in Berlin fest, Herr Kollege Esser. Vielleicht machen Sie sich erst einmal sachkundig und brüllen hier nicht wie immer herein. – Es ist richtig, dass der Senat beschlossen hat, das Verfahren zur Konzessionsvergabe beim Stromnetz auf den Stand des 1. Vergabebriefs zurückzusetzen. Das ist ärgerlich. Wir verlieren hier drei Monate Zeit. Es war aber die einzig richtige Entscheidung.

Wir können es uns nicht leisten, dass das Verfahren durch Klagen oder mögliche Überprüfungen von Aufsichtsbehörden, durch Gerichtsentscheidungen möglicherweise angehalten wird.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Ich denke, die Rechtslage ist unklar?]

Aus dem Grunde musste man auch die Punkte nachbessern, die hier problematisch waren. Diese will ich auch gern benennen. Die Bewerber wollen Unterkriterien. Ich halte diesen Punkt übrigens für völlig überbewertet.

[Antje Kapek (GRÜNE): Alle sind schlecht!]

Man muss ihn aber sozusagen zur Kenntnis nehmen. Der Kollege Lederer wird uns in seiner üblichen Art und Weise: „Ich weiß alles am besten“ anschließend sagen, dass die aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen ist. Das wird auch sicherlich im 2. Vergabebrief entsprechend getan werden.

[Joachim Esser (GRÜNE): Peinlich! Peinlich im Nachhinein! ]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zillich?

Gibt es die Zwischenfrage von Herrn Esser oder Herrn Zillich? Herr Esser brüllt nur. Von Herrn Zillich lasse ich eine Zwischenfrage gern zu.

Bitte, Herr Kollege Zillich!

Können Sie mir erklären, weshalb es nicht bereits möglich war, im März nach Veröffentlichung der Urteilsbegründung genau diese Urteilsgründe bei der Befassung des Abgeordnetenhauses am 19. März aufzunehmen?

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die Frage ist gut, Herr Zillich, nur der Zeitpunkt stimmt nicht. Die Entscheidung lag im Juni und nicht im März vor. Insofern ist das nicht richtig. Sie können das selbst auch noch einmal nachprüfen.

Der zweite Punkt – auch das will ich hier deutlich für unsere Fraktion sagen – ist, dass es auch wichtig ist, dass alle, die an der Vergabe teilnehmen, das auch dürfen. Deswegen war es aus meiner Sicht auch richtig, dass auch der Anschein einer Befangenheit ausgeschlossen werden muss. Auch dieser Punkt ist wichtig. Deshalb begrüße ich ausdrücklich, dass beide Senatoren eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben, dass der Senat einen Beschluss gefasst hat und wir auch aus diesem Grund das Verfahren um diesen Vergabebrief noch einmal zurückgesetzt haben.

Beim Gasnetz, auch das sprechen Sie in Ihrem Antrag an, gibt es eine einstimmige Entscheidung des Senats. Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Entscheidung. Wir halten das ausdrücklich für ein lohnendes Geschäft für das Land Berlin. Wer übrigens bei der Anhörung am Montag dabei gewesen ist, kann feststellen, dass das auch so ist. Die GASAG, der Betriebsrat, alle kämpfen darum, nur Herr Amsinck, von Unternehmerverband, hat gesagt, was das für ein schlechtes Geschäft ist. Ich habe das schon am Montag gesagt, man muss sich dann entscheiden: Ist es ein gutes Geschäft oder ist es ein schlechtes. – Wir sind der Meinung, es ist ein gutes.

Wir finden es auch richtig, dass die Change-of-Control eine Rolle spielt. Wir wollen, dass die privaten Anteilseigner der GASAG nicht eines Tages an irgendjemand verkaufen können, wir wollen nicht China oder Russland hier als Anteilseigener haben. Wir wollen auch im Sinne der Beschäftigten dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze gewährleistet sind.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Wann denn?]

Deshalb ist es auch für uns wichtig, zu gegebener Zeit mit der GASAG auch darüber zu sprechen, dass sich das Land Berlin vielleicht wieder an der GASAG beteiligt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir wollen die Fehler aus der Vergangenheit korrigieren. Wenn es nach der SPD-Fraktion geht, wollen wir rekommunalisieren. Wir haben es beim Wasser erfolgreich gemacht, die Preisreduzierung sieht der Verbraucher. Wir wollen es beim Gas und wir wollen es beim Strom machen. Deshalb wäre es schön, wenn alle im Parlament da mitmachen würden. Es wäre im Sinne der Berlinerinnen und Berliner. Die wollen das.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Das ist unsere Aufgabe als Parlamentarierinnen und Parlamentarier – auch Ihre. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Stroedter! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat nun die Frau Abgeordnete Pop. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Herr Stroedter! Das war Verzweiflungsrhetorik: Bitte helft uns, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren! – Die haben Sie allein gemacht, und da werden wir Ihnen sicher nicht heraushelfen, kann ich Ihnen nur sagen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Noch eines: Regierungsfähigkeit bemisst sich wahrlich nicht an der Fähigkeit, Milliarden Euro ohne Sinn und Verstand auszugeben, wir gucken da schon etwas genauer hin.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ihre Nebelkerzen können Sie sich auch sparen, Herr Stroedter, um hier zu verdecken, dass Sie bis heute keine energiepolitischen Ziele formuliert haben, was Sie mit der GASAG eigentlich wollen oder mit dem Gasnetz, dass Sie kein Finanzierungskonzept haben, dass Sie den Zielkonflikt zwischen dem wirtschaftlichen Interesse des Landes Berlin am Besitz des Gasnetzes und den klimapolitischen Zielen des Landes Berlin, wenn Sie denn welche hätten, nicht aufgelöst haben, genauso wenig, wie Sie eine Risikoanalyse für diese Gasnetzvergabe bzw. Übernahme durch das Land Berlin vorgelegt haben.

[Nikolaus Karsten (SPD): Ich denke, Sie gucken genau hin, Frau Pop! Weshalb kennen Sie das alles nicht?]

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Nichts anderes hat der Grünen-Parteitag letztes Wochenende beschlossen als diese Kriterien.

[Beifall bei den GRÜNEN]