Erst im Dezember dieses Jahres wird die Mitgliederversammlung des DOSB entscheiden, ob es überhaupt den Versuch einer Olympiabewerbung geben soll, und zwar entweder mit Hamburg oder Berlin. Und auch dann wird erst entschieden, ob es eine Bewerbung für 2024 sein soll oder möglicherweise auch erst für die Olympischen Sommerspiele 2028.
Kollege Buchner! Interessenbekundung und Voraussetzungen: Sie kennen die Knebelverträge des IOC. Sind Sie der Auffassung, dass Berlin sein Interesse an der Ausrichtung bekunden sollte, auch unter der Voraussetzung, dass solche Knebelverträge unterzeichnet werden müssen?
Das kommt in meiner Rede zu einem späteren Zeitpunkt noch vor und sollte sich dann vielleicht ein Stück weit beantworten.
Eine Bewerbung ist es auch noch nicht, wenn der DOSB eben im Dezember entscheidet, sich bewerben zu wollen. Die Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee für das Jahr 2024 müsste bis Anfang 2017 erfolgen. Das ist also der Zeitrahmen, in dem wir uns bewegen, in dem wir in dieser Stadt eine ausführliche Diskussion über Chancen und Risiken von Olympia führen können, wollen und werden.
Olympische und Paralympische Spiele in Berlin sind nicht gegen den Willen der Bevölkerung zu machen. Deswegen sage ich auch: Es wird in dieser Debatte einen Zeitpunkt geben, an dem wir die Berlinerinnen und Berliner fragen werden. Und wir müssen uns einen Weg überlegen, wie das funktionieren kann.
Aber am Anfang muss das Gespräch mit der Stadtgesellschaft über Chancen und Risiken einer Bewerbung stehen. Wir müssen also ran an den organisierten Sport, an Wirtschaft, an Tourismusverbände, an den Bund für Umwelt- und Naturschutz, an andere Interessengruppen in dieser Stadt und gemeinsam ein Angebot zu formulieren versuchen, das wir für das Internationale Olympische Komitee formulieren.
Jetzt lassen Sie mich vielleicht fünf Punkte ansprechen, auch als Replik auf den Kollegen Herberg, die in einem solchen Angebot aus meiner Sicht zwingend enthalten sein müssen:
Erstens: Wir wollen eine beteiligungsorientierte Bewerbung, und das heißt, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft entwickelt. Wir setzen auf den Rat von Expertinnen und Experten. Wir wollen verschiedene Optionen kennen. Und dann wollen wir gemeinsam über Optionen ent
scheiden und ein Konzept entwickeln, das dann auch die Zustimmung der Berlinerinnen und Berliner finden kann.
Zweitens: Wir wollen einen transparent gestalteten Bewerbungsprozess. Das gilt auch für die Kosten einer Bewerbung, muss man hier sagen, die Berlin ja auch nicht allein stemmen müsste.
Immerhin geht es um eine Veranstaltung des IOC und eine deutsche Olympiabewerbung. Im Übrigen gehört zu dieser Transparenz eben auch genauso dazu, dass deutlich wird, dass sich das IOC – und das hat es ja angekündigt – auch reformieren will, denn das Motto von Olympia muss weiter „Höher, schneller, weiter!“ sein, aber mit „Immer größer, immer teurer und immer gigantischer!“ muss eben auch Schluss sein.
Drittens: Wir wollen nachhaltige Olympische und Paralympische Spiele. Berlin hat bereits den Großteil der sportlichen Infrastruktur. Im Unterschied zu anderen Städten, in denen das mal stattgefunden hat, wird das hier auch von Schulen, Vereinen und Individualsportlern genutzt.
Investitionen in die Infrastruktur zahlen sich also in jedem Fall aus, hat der Kollege Herberg gerade auch gesagt, weil diese den Berlinerinnen und Berlinern in einer wachsenden Stadt auch weiterhin zur Verfügung steht. Ich will auch einen Punkt sagen: Olympische Spiele haben natürlich auch einen nachhaltigen Nachhall, was das Thema Sportbegeisterung in der Stadt angeht, auf Schülerinnen und Schüler, die bei Olympischen Spielen Vorbilder finden und sich vielleicht gerade auch vor dem Hintergrund Olympischer Spiele fürs stärkere Sporttreiben entscheiden.
Das Olympische Dorf ist angesprochen worden. Wir wollen, dass sich ein Olympisches Dorf mit seinen mehr als 20 000 Wohnungen sinnvoll in diese Stadt einfügt. Ich glaube, dass in diesem Saal niemand sitzt, der behaupten würde, dass wir nicht 20 000 kleinere und barrierefreie Wohnungen in dieser Stadt wunderbar brauchen könnten.
Wir können und wollen eine Olympiabewerbung und Olympische Spiele auch dafür nutzen, wo es nötig ist, die Verkehrsinfrastruktur weiterzuentwickeln, also in den ÖPNV zu investieren oder ins Radwegenetz.
Eine Bewerbung um Olympische Spiele würde letztlich auch dazu führen, dass wir wegen der Paralympicsbe
Vierter Punkt: Wir wollen bescheidenere Spiele. Das steht auch in der Senatsvorlage. Wir müssten in Berlin kein neues Olympiastadion bauen, im Unterschied zu vielen anderen Bewerberstädten. Wir müssten keine zusätzlichen Hotelkapazitäten in dieser Stadt schaffen, die in anderen Olympiastädten heute weitgehend ungenutzt herumstehen. Und wir wollen und werden auch die geeigneten Sportanlagen im Umland einbeziehen. Das ist keine Bewerbung von Berlin ganz allein. Es gibt hervorragende Sportanlagen in Brandenburg, im Norden Sachsens, in den Segelrevieren an der Ostsee, die man wunderbar mit für Olympische Spiele nutzen kann.
Und fünftens: Olympische Spiele müssen selbstverständlich solide finanziert sein. Das ist natürlich nicht allein die Aufgabe des Landes Berlin.
Natürlich gehört der Bund dazu, der Geld geben muss. Natürlich gehört das IOC dazu, das aus den Erlösen, die mit Olympischen Spielen erzielt werden, mitfinanziert wird.
Ich rate sehr genau dazu – und die Sportexpertinnen und Sportexperten haben sich das auch schon angesehen –, sich die Finanzierung der Olympischen Sommerspiele in London 2012 mal genau anzusehen, wo man mit einer Olympialotterie eben auch Geld eingespielt hat, das man in sportliche Infrastruktur investieren konnte, –
Meine Damen und Herren! Hören wir doch bitte dem Redner zu! Zwischenrufe sind gut, aber nicht permanent.
Ich nehme hier zur Kenntnis, dass eine Fraktion nicht interessiert ist, das Thema Olympische Spiele mit all seinen Facetten zu beleuchten und zu diskutieren.
Aber ich finde, wir sollten gemeinsam mit den Gutwilligen versuchen, das Thema Olympia und Paralympische Spiele weiter gemeinsam zu diskutieren, zu entwickeln und dann bei Zeiten zu entscheiden, ob wir es versuchen wollen oder ob es vielleicht auch Argumente dafür gibt, es zu lassen.
Dass Sie heute schon genau wissen, was richtig ist, das ist meinetwegen die Politik der Linksfraktion, das müssen aber die Verantwortlichen in der Politik nicht mit sich machen lassen.
[Beifall bei der SPD – Lars Oberg (SPD): Der weiß schon alles, der braucht keine Fragen zu stellen!]