Protocol of the Session on January 30, 2014

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Die CDU hat die SPD im Ausschuss bildungspolitisch um Kopf und Kragen geredet.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Berlin wird mit dem neuen Lehrkräftebildungsgesetz bei zwei verschiedenen Masterstudiengängen für Gymnasium und integrierte Sekundarschulen bleiben. Damit wird die Schulreform der letzten Jahre ad absurdum geführt, bei der alle Oberschulen bis zum Abitur führen, Frau Schillhaneck hat es hier schon ausgeführt. Die Studierenden, so schätzen es alle Hochschulleitungen ein, werden sich für den Studiengang, der nur auf die ISS ausgerichtet ist, nicht bewerben. Vielleicht werden sich ja diese zwei Studiengänge einfach mit ihrem Wahlverhalten erledigen. Ich rufe die Studierenden dazu auf. Die Koalition stellt sich mit dieser Entscheidung gegen die bildungspolitische Mehrheit in Berlin, gegen die Hochschulvertretungen, denen Sie eben nicht zugehört haben, die Sie in Ihrem Gesetz nicht aufgenommen haben,

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

gegen die Studierenden, gegen die Lehrkräfte, gegen die Expertinnen und Experten der Baumertkommission. Und das nur deshalb, weil die CDU in ihrem elitären Denken von vorgestern erstarrt ist

[Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU): So ein Quatsch!]

und die SPD sich in dieser Frage eben nicht einer Mehrheit in diesem Haus bedient, die vorhanden wäre.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

39 von 149 Abgeordneten sind jetzt also die, die die Vergangenheit, an der erfolgten Schulreform der letzten Jahre vorbei, konservieren wollen, und die SPD verhilft ihnen dazu!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die im Gesetzentwurf formulierten Vorstellungen der beiden Regierungsfraktionen stehen nicht nur in völligem Widerspruch zueinander, sondern gefährden als gesetzliche Grundlage für die Aus- und Weiterbildung der Berliner Lehrkräfte eine effiziente Ausbildung und die in der letzten Legislaturperiode umgesetzte Reform der Schulstrukturen in Berlin.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Die Forderungen des Koalitionspartners CDU stellen den schulpolitischen Frieden infrage. Sie sind rückwärtsgewandt, klientel- und standespolitisch orientiert.

[Beifall bei der LINKEN]

Ihre Berücksichtigung im Gesetzentwurf führt dazu, dass bei einer Umsetzung künftig nur noch Lehrer/-innen für die letzte Phase der schulischen Bildung als sogenannte ‘Gymnasiallehrer‘ ausgebildet werden würden – nach Regelungen, die bereits heute dazu führen, dass diese Ausbildung im bundesweiten Vergleich das Schlusslicht hält. Eine Umsetzung der Empfehlungen der Expertenkommission zur Modernisierung der Lehrer- und Lehrerinnenbildung ist mit dem Gesetzentwurf ebenso wenig verbunden wie die Ausbildung für die Bedürfnisse der Berliner Schülerinnen und Schüler.

Das kommt Ihnen bekannt vor, Genossinnen und Genossen der SPD? – Keine Frage, die letzten vier Sätze stammen aus einer Stellungnahme des Fachausschusses Stadt und Wissen des SPD-Landesverbandes. Er geht sogar noch weiter und empfiehlt, das Gesetzgebungsverfahren auszusetzen, wenn es der SPD nicht möglich ist, mit der CDU eine zukunftsorientiertere Form der Lehrerinnen- und Lehrerbildung umzusetzen.

(Lars Oberg)

Mit dem gemeinsamen Änderungsantrag von Grünen, Linken und Piraten, auf den wir uns geeinigt habe, eben weil wir bildungspolitische Grundsätze haben, eben weil wir die Stellungnahmen von Gremien und Interessenvertretungen und die Aussagen aller, die es in den Hochschulen umsetzen sollen und die wir in Ausschüssen angehört haben, ernst nehmen, wollen wir den Studierenden, den Lehrkräften an Hochschulen und Schulen, den Schülerinnen und Schülern, kurz, den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt Berlin zeigen: Es gibt eine Alternative, und sie hätte hier auch eine Mehrheit gehabt!

Sie müssten zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Ich kann mich nur dem anschließen, was Frau Schillhaneck gesagt hat: Das können Sie dann gerne mal Ihren eigenen Genossen, vor allem aber auch den Bürgerinnen und Bürgern von Berlin erklären!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön, Frau Kollegin Kittler! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt die Kollegin Bentele das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reform der Lehrerbildung ist das wichtigste Gesetzesvorhaben der Koalition im Bereich Wissenschaft und Bildung, insofern ist die heutige Verabschiedung des Gesetzes nach so vielen Wochen und Monaten intensiven Beratens für mich als Sprecherin und, ich weiß, ganz sicher auch für meinen Kollegen und Hauptverhandler Herr Schlede ein großer Tag, an dem man das gute Gefühl hat, als Parlamentarierin wirklich etwas zum Besseren für unsere Stadt bewegt zu haben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Wie war die Ausgangslage im Bereich der Lehrerbildung im Jahr 2011? Was haben wir mit diesem neuen Gesetz nun erreicht? – Als der Koalitionsvertrag ausgehandelt wurde, war klar, dass im Bereich der Lehrerbildung ein formaler Handlungsdruck bestand, da die Probephase der Master- und Bachelorstudiengänge auslief. Vor allem aber war die neue bildungspolitische Ausgangslage in der Stadt wichtig. Nach der Schulstrukturreform von 2011 gibt es nur noch zwei reguläre weiterführende Schularten. Zum einen das Gymnasium, das in sechs Jahren besonders lernstarke Schülerinnen und Schüler zum Abitur

führt, zum anderen die integrierte Sekundarschule für alle Schülerinnen und Schüler, die grundsätzlich alle Abschlüsse anbietet, aber mit dem dualen Lernen als Leitfach hauptsächlich den mittleren Schulabschluss zum Ziel hat.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wie bitte?]

Des Weiteren machten schlechte Ergebnisse für die Lese- und Rechenfähigkeiten der Grundschüler sowie die hohe Rückläuferzahl aus den Gymnasien deutlich, dass es den Grundschulen immer weniger gelang, solide Grundlagen für den weiteren Bildungsweg der Berliner Schüler zu legen. Weitere Faktoren will ich nur stichwortartig nennen: Die UN-Resolution zur Inklusion, eine ständig steigende Zahl von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und Deutsch als Zweitsprache, Lehrermangel in vielen Fächern, insbesondere an den Berufsschulen.

Auf diese Ausgangslage haben wir mit dem neuen Lehrkräftebildungsgesetz mit folgenden Maßnahmen reagiert. Erstens: Eine gleich lange und damit eine für die Grundschul- und ISS-Lehrer deutlich aufgewertete Ausbildung mit der einheitlichen Struktur von sechs Semester Bachelor, vier Semester Master, 18 Monate Vorbereitungsdienst.

Kollegin Bentele! Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zillich zu?

Nein, ich würde gerne zu Ende sprechen. Vielleicht erübrigt sich es ja auch.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Es werden eher mehr! – Christopher Lauer (PIRATEN): So machen Sie Politik!]

Wobei wir zur fachlichen Stärkung der Grundschullehrer und besseren Einsetzbarkeit als Klassenlehrer die Fächer Mathematik und Deutsch verbindlich als Studienfächer vorgeschrieben haben.

Zweitens: Alle Lehrer werden in Zukunft eine Basisqualifikation in Inklusion und Förderdiagnostik sowie in Sprachförderung in Deutsch als Zweitsprache bekommen.

Drittens: Endlich wird es auf Druck von uns Abgeordneten im Lehramtsstudium ein Praxissemester sowie ein berufsfelderschließendes Praktikum von mindestens sechs Wochen im Bachelor geben.

Viertens: Mit dem Lehramtsaufbaumaster für Absolventen mit Diplom- oder Fachhochschulabschluss erschließen wir uns neue Potenziale, gerade auch für die Berufsschulen. Mit der Möglichkeit, in Teilzeit zu studieren oder das Referendariat in Teilzeit abzulegen, machen wir

(Regina Kittler)

das Lehrerstudium auch für Familienväter oder -mütter wieder attraktiver.

Diese unvollständige Aufzählung macht klar: Dieses Gesetz gibt die notwendigen Antworten auf die bildungspolitischen Herausforderungen. Deshalb ist es ein gutes Gesetz, zu dem ich herzlich um Ihre Zustimmung bitte.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Kollegin Bentele!

Ich bin noch nicht fertig.

Ach so, Entschuldigung!

Zum Schluss noch ein Wort zur Opposition: Angesichts des langen Katalogs an Verbesserungen, die dieses Gesetz für die Lehrerbildung in Berlin bringen wird, finde ich es letztlich fast schon erbärmlich, wenn Grüne, Linke und Piraten ihre Zustimmung zum Gesetz einzig und allein daran scheitern lassen, dass die CDU mit dem Bestehen auf zwei unterschiedlichen Masterstudiengängen der Einführung eines Einheitslehrers eine klare Absage erteilt hat. Dieses Verhalten macht deutlich: Die vereinigte Linke – und dazu zähle ich in diesem Fall auch ganz ausdrücklich die Grünen – führt den ideologischen Kampf für die Einheitsschule, nachdem sie ihn bei der Schulstrukturreform verloren hat, nun mit aller Vehemenz auf Ebene der Lehrerausbildung fort. Diese Diskussion hat insofern ihr Gutes, als alle Masken fallen.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Die CDU hingegen setzt nicht auf Ideologie. Unsere Richtschnur ist die Schulrealität in Berlin. Und diese besteht, um es auf einen einzigen Nenner zu bringen,

[Martin Delius (PIRATEN): Einen Einheitsnenner!]

darin, dass bislang 50 Prozent der Schüler kein Abitur machen und 7 Prozent überhaupt keinen Abschluss. Wir haben die große Chance, mit diesem Gesetz die künftigen Lehrer zielgerichtet auf die Anforderungen ihres Schulalltags vorzubereiten. Und das tun wir am besten, wenn wir die hohe fachliche Qualität der Gymnasiallehrer erhalten und gleichzeitig für eine spezialisierte, hochwertige Ausbildung der ISS-Lehrer sorgen,

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

damit diese in Zukunft die bitter benötigten Lehrlinge und Fachkräfte in Deutschland noch mehr und noch besser ausbilden können.